Mich ärgert besonders, dass für die Nachzahlung von Beamtenbesoldung Verzugszinsen gesetzlich ausgeschlossen sind. Dies widerspricht m.E. sowohl dem GG als auch EU-Recht. Deshalb suche ich nach Begründungen, die doch noch die Erhebung von Verzugszinsen ermöglichen. Hier meine neuesten Erkenntnisse.
Ein Betrag von 1.000,00 € hat nach 10 Jahren noch eine Kaufkraft von 744,09 € bei einer angenommenen jährlichen Inflationsrate von 3 %.
Bei Ansprüchen auf Beamtenbesoldung ist jedoch der Schutz durch Art. 33 V GG spezieller, insbesondere weil der dort gewährte Schutz nicht nur dem finanziellen Interesse des Beamten als Gläubiger dient, sondern in die öffentliche Funktion des Berufsbeamtentums eingebettet ist. Soweit der Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG reicht, verdrängt er aus Gründen der Spezialität die Eigentumsgarantie des Art.14 Abs.1 GG. Im Hinblick auf Gehalts- und Versorgungsbezüge aus öffentlichen Kassen vermitteln beide Grundrechte ohnehin dasselbe Schutzniveau (BVerfGE 53, 257, 308; 80, 297, 313 f.;… BVerwGE 141, 210 Rn. 24). Eines gesonderten Schutzes durch Art. 14 Abs. 1 GG bedürfen die bereits durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Ansprüche daher nicht. (sind aber vergleichbar nach m.E.).
Es wäre deshalb zu prüfen, ob Art. 4 Abs. 4 BayBesG (Ausschluss von Verzinsung, ähnlich in allen anderen Besoldungsgesetzen) mit dem GG vereinbar ist, da durch die lange Verfahrensdauer eine Teilenteignung von der eigentumsgleichen Besoldung/Versorgung gegeben ist und somit ein Verstoß gegen Art. 14 GG vorliegt.
Gleichzeitig wäre § 288 BGB zu prüfen, der als Gesetzesgrundlage für Verzugszinsen dienen könnte.
In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAG – 8 AZR 26/18 wird in
den Rn. 9 bis 22 umfangreich dargelegt, dass § 288 BGB grundsätzlich auch für Arbeitnehmer gilt.
Lediglich § 12 a ArbGG hat aufgrund der lex-specialis-Regel den Vorrang. Diese Regelung gilt aber nicht im Beamtenbereich. Beamte sind aber nach EU-Recht Arbeitnehmern gleichzusetzen. Folglich müsste § 288 BGB für Beamte anwendbar sein.
Auch im EU-Recht findet sich die Verankerung des Rechts auf Eigentum in Art. 1 des 1. ZP, das bereits 1951 angenommen wurde (ratifiziert von 45 Staaten/Stand: April 2014). Die Bundesrepublik Deutschland ratifizierte das 1. Zusatzprotokoll bereits im Jahre 1957. Auf Ebene der EU bildete die Eigentumsgarantie nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ein selbständiges Gemeinschaftsgrundrecht auf Basis der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten. Die GRC-Charta, die heute Primärrecht neben den Verträgen EUV/AEUV ist, enthält in Art. 17 eine Eigentumsgarantie, welche Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK entspricht.
Artikel 1 – Schutz des Eigentums
1. Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
2. Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.
Gegenstand des Schutzbereiches ist das Recht auf Achtung des Eigentums („peaceful enjoyment of his possessions“ bzw. „droit au respect des biens“).Der Eigentumsbegriff ist im weiten völkerrechtlichen Sinne zu verstehen, er umfasst alle „erworbenen Rechte“ mit Vermögenswert.
Diese Urteil habe ich im Internet gefunden und könnte unseren Belangen nahe kommen: Auch die Bevorzugung öffentlich- rechtlicher Krankenhäuser bei der Berechnung der Verzugszinsen von geschuldetem Lohn zu Lasten der Arbeitnehmer stellt einen sonstigen Eingriff iSd Art. 1. ZP dar (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008). Leider habe ich zu diesem Urteil keine weiteren Unterlagen im Internet gefunden.
Allen die Rechtsschutz für ihre Klage erhalten, bitte ich mit den obigen Hinweisen, Verzugszinsen für ihre Forderungen zu verlangen, und diesbezüglich einen Vorlagebeschluss für das BVerfG und den EuGH zu beantragen. Ich selbst werde meine Erkenntnisse an die Richterverbände senden, mit der Bitte um Berücksichtigung in ihren Musterklagen.