Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2093137 times)

Blablublu

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9015 am: 19.12.2023 12:22 »
Optimal, Widerspruch über Anwalt einlegen und mit dem Ruhen nicht einverstanden sein. Anschließend verweisst man in der Klagebegründung auf das Besoldungsanpassungsgesetz 2021/2022 und 2023/2024 und die dortige Gesetzesbegründung.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9016 am: 19.12.2023 13:02 »
„Verwaltungsrechtlich betrachtet handelt es sich bei dem Musterwiderspruch um einen Antrag auf höhere Besoldung. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmung (BBesG) erfolgt eine negative Bescheidung. Gegen diesen kann Widerspruch erhoben werden. Erst mit negativer Widerspruchsbescheidung kann Verwaltungsklage erhoben werden (Abschluss des Rechtsbehelfsverfahren).“

Der Musterwiderspruch der Gewerkschaft wird offensichtlich entsprechend aufgefasst, wie BruBeamter es vermutet hat: nämlich als ein Antrag auf höhere Besoldung, der grundsätzlich nur abgelehnt werden kann. Entsprechend stellt sich die Frage, ob nun ein Widerspruch gestellt worden ist, der die weitere Rechtsfolge hemmt. Das würde ich ggf. telefonisch nachfragen, wobei ich vom Gefühl her ggf. bis zum 30.12.2023 den Widerspruch anhand eines anderen Musterschreibens erneut stellen würde. All diese Fragen sind allerdings ohne den vollständigen Musterwiderspruch und der vollständigen Bescheidung nicht wirklich zu beantworten. So oder so würde ich den Fall nicht auf sich beruhen lassen, da wie gesagt ggf. nun kein die weiteren Rechtsfolgen hemmender Widerspruch gestellt worden ist.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9017 am: 19.12.2023 13:04 »
Interessant finde ich, dass bei den meisten eingereichten Musterwidersprüchen (Anträgen) entweder gar nicht reagiert wird, der Eingang nur bestätigt wird oder dann sofort ruhend gestellt wird. In dem Rechtsbehelfsverfahren müsste meinem Verständnis nach anhand der geltenden gesetzlichen Regelungen eine negative (Erst-)bescheidung erfolgen. Erst bei Widerspruch darauf könnte man dem Widerspruchsführer Ruhendstellung gewähren. Man könnte also meinen es handele sich um eine absichtliche Verfahrensverzögerung, oder sehe ich das falsch?

Max Bommel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9018 am: 19.12.2023 13:05 »
Im Grunde ist es der richtige Weg, der dort gewählt wurde. Auch wenn die Schreiben als Widerspruch betitelt werden, laufen sie ins leere, da kein Verwaltungsakt vorliegt, gegen den Widerspruch erhoben wird. Die Besoldungszahlung oder die Bezügeabrechnungen sind keine Bescheide. Also wurde der Widerspruch als Antrag gewertet und dieser Antrag wurde mit Bescheid abgelehnt. Erst dann ist ein Widerspruch möglich.

Das Problem an dieser Verfahrensweise ist halt, dass man sich bei der Ablehnung nicht einfach auf eine korrekte Zahlung nach den gesetzlichen Bestimmungen berufen kann, wenn durch Rundschreiben BMI und diverse Referentenentwürfe bestätigt wurde, dass die Besoldung vermutlich aktuell nicht amtsangemessen ist. Dann müsste man im Grunde schon substanziell begründen, warum die Besoldung in diesem Einzelfall doch amtsangemessen ist. Um das zu vermeiden werden im Moment eben keine großen Umstände gemacht und die Widersprüche/ Anträge werden einfach nur registriert und der Eingang bestätigt. So zumindest die allgemeine Weisung, die aber offensichtlich noch nicht bei jedem Bearbeiter angekommen ist.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9019 am: 19.12.2023 13:33 »
Es wurde wohl von der Person ein Musterwiderspruch für 2023 verwendet, wie er auch hier im Forum zu finden ist. Der Inhalt des Bescheids entsprach dann den genannten 4 Punkten.

Ich gehe davon aus es wurde der Musterwiderspruch des vbob verwendet, den ich bereitgestellt hatte? Dort findet sich das Wort "beantragt" welches als Antrag ausgelegt werden könnte. Ich bin allerdings kein Verwaltungsbeamter, um das ordentlich beurteilen zu können.

Ich hatte meinen Widerspruch schon Anfang 2023 versendet. In der Antwort des BVA wird der Eingang des "Antrag/Widerspruchs" bestätigt und im weiteren Verlauf des Schreibens wird der "Widerspruch bis zur .. Klärung ruhend gestellt". Auf die Einrede der Verjährung wurde übrigens in keinem der Antwortschreiben verzichtet.

Auch in meinem Schreiben von Anfang 2023 widerspreche ich meiner Besoldung explizit und beantrage eine Anpassung meiner Besoldung.


lumer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9020 am: 19.12.2023 14:58 »
Im Grunde ist es der richtige Weg, der dort gewählt wurde. Auch wenn die Schreiben als Widerspruch betitelt werden, laufen sie ins leere, da kein Verwaltungsakt vorliegt, gegen den Widerspruch erhoben wird. Die Besoldungszahlung oder die Bezügeabrechnungen sind keine Bescheide. Also wurde der Widerspruch als Antrag gewertet und dieser Antrag wurde mit Bescheid abgelehnt. Erst dann ist ein Widerspruch möglich.

Das Problem an dieser Verfahrensweise ist halt, dass man sich bei der Ablehnung nicht einfach auf eine korrekte Zahlung nach den gesetzlichen Bestimmungen berufen kann, wenn durch Rundschreiben BMI und diverse Referentenentwürfe bestätigt wurde, dass die Besoldung vermutlich aktuell nicht amtsangemessen ist. Dann müsste man im Grunde schon substanziell begründen, warum die Besoldung in diesem Einzelfall doch amtsangemessen ist. Um das zu vermeiden werden im Moment eben keine großen Umstände gemacht und die Widersprüche/ Anträge werden einfach nur registriert und der Eingang bestätigt. So zumindest die allgemeine Weisung, die aber offensichtlich noch nicht bei jedem Bearbeiter angekommen ist.
Es ist insoweit richtig, dass die Bezügeabrechnung keinen VA darstellt. Dennoch handelt es sich um einen Widerspruch, denn Beamte müssen immer Widerspruch erheben, auch wenn es sich um eine Leistungs- oder Feststellungsklage handelt, s. § 54 Abs. 2 BeamtStG (https://www.gesetze-im-internet.de/beamtstg/__54.html). (Und die Alimentation kann man nach BVerwG einzig und allein mit einer Feststellungsklage überprüfen lassen.)

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9021 am: 19.12.2023 15:26 »
Aus dem Rehm-Verlag:
Die Verjährung wird gehemmt durch den Widerspruch – bei Soldaten die Wehrbeschwerde – gegen einen ablehnenden Bescheid (§ 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB), wobei die Hemmung hinsichtlich aller besoldungsrechtlichen Ansprüche eintritt, die das beantragte Ziel wirtschaftlich erreichen würden. Fehlt es an einem Verwaltungsakt, so hemmen auch Feststellungs- oder Leistungswiderspruch, soweit aus dem Vorbringen des Beamten zu erkennen ist, dass er ein Dienstherrnverhalten beanstandet. Zudem muss binnen drei Monaten nach Widerspruchserledigung Klage eingelegt worden sein. Dafür ist allerdings ein für den Betroffenen unmissverständlich erkennbarer förmlicher Bescheid erforderlich (vgl. § 73 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Untätigkeit der Behörde führt nicht zur Erledigung, selbst wenn die Behörde von der Aussichtslosigkeit überzeugt ist und dies dem Widerspruchsführer mitteilt. Die wirksame Klageeinreichung hemmt ebenfalls die Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wobei es im Übrigen auf die Zulässigkeit der Klage nicht ankommt. Keine Hemmung der Verjährung bewirkt das dem Widerspruch oder der Klage vorausgehende Gesuch (Antrag) auf Gewährung einer bestimmten Besoldungsleistung, da dieses noch nicht auf die „Vorentscheidung einer Behörde“ im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gerichtet ist.

59

Der Hemmungstatbestand der Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger (§ 203 BGB) setzt ein Gesprächsbereitschaft signalisierendes Schuldnerverhalten und da der Schuldner der Dienstherr ist, ein entsprechendes Dienstherrnverhalten voraus, nachdem der Beamte als Gläubiger seinen Anspruch geltend gemacht hat. Der Leistungsantrag des Beamten, Richters oder Soldaten allein ist daher kein Verhandlungsbeginn. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Dienstherr Vergleichsbereitschaft in Aussicht stellt. Sie endet, wenn Dienstherr oder Beamter signalisieren, dass einer den Versuch, eine einvernehmliche Lösung zu finden, aufgibt. Dies kann ausdrücklich durch die Verweigerung weiterer Verhandlungen erfolgen. Ebenso ist dieses Ergebnis durch konkludentes Verhalten denkbar. Lässt z. B. der Beamte die Verhandlungen einschlafen, sind sie in dem Zeitpunkt beendet, in dem der nächste Schritt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre.

Die weiteren denkbaren Hemmungstatbestände sind im Rundschreiben des BMI vom 3.9.2002 unter Nr. 3 – Teil A V/9 – aufgeführt. Zur Beendigung der Hemmung siehe § 204 Abs. 2 BGB. Danach endet die Hemmung insbesondere sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren bzw. der anderweitigen Erledigung.

60

Gemäß § 209 BGB bleibt der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, bei der Berechnung der Verjährungsfrist unberücksichtigt, sodass sich die Verjährungsfrist um die Dauer der Hemmung verlängert. Sie endet damit – anders als im Standardfall des § 195 BGB – nicht regelmäßig am Jahresende.

61

Die Einrede der Verjährung kann im Einzelfall als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässige Rechtsausübung sein. Ein derartiger Verstoß gegen Treu und Glauben liegt vor, wenn der Dienstherr – sei es auch unbeabsichtigt – beim Beamten, Richter und Soldaten durch sein Handeln den Eindruck erweckt hat, er werde leisten, sodass die Verjährung hemmende Handlungen nicht notwendig seien. Am Handeln des Dienstherrn fehlt es, wenn ein internes Schreiben des für Besoldung zuständigen Ministeriums durch eine Gewerkschaft veröffentlicht wird, in dem der Verzicht enthalten ist oder eine Gewerkschaftauf ein derartiges Rundschreiben verweist. Meines Erachtens muss das Dienstherrnhandeln gegenüber dem Beamten, Richter oder Soldaten erfolgen. Denkbar ist insbesondere die Mitteilung in einer Bezügebescheinigung oder die Veröffentlichung des Rundschreibens im Gemeinsamen Ministerialblatt bzw. vergleichbarer Bekanntmachungsorganen des Dienstherrn. Ein derartiger Sachverhalt liegt auch vor, wenn die Verwaltung sachliche Rückfragen anstellt. Gleiches gilt für das pflichtwidrige Unterlassen an sich gebotener Maßnahmen. Eine unrichtige Sachbehandlung durch die Verwaltung allein, begründet das notwendige qualifizierte Fehlverhalten nicht, und zwar auch dann nicht, wenn der Beamte deshalb seine wirklichen Ansprüche nicht kannte. Sie macht die Berufung auf die Verjährung deshalb nicht zur unzulässigen Rechtsanwendung. Insbesondere kann der Beamte der Verjährungseinrede nicht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn entgegenhalten. Denn aus der Fürsorgepflicht resultiert keine allgemeine Beratungspflicht gegenüber dem Beamten. Die Rechtsprechung geht vielmehr umgekehrt von einer Pflicht des Beamten aufgrund seiner Treuepflicht aus, seinerseits dem Dienstherrn die Abwicklung von Ansprüchen durch zügige Geltendmachung zu erleichtern.

62

Der Dienstherr trägt das Risiko der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen der Verjährung, sofern er sich im Prozess darauf berufen hat. Weist der Beamte auf Hemmungstatbestände hin, so trägt er das Risiko der Nichterweislichkeit

BB2014

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Einigung2023

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9023 am: 19.12.2023 17:12 »
Damit dürften sich die Hoffnungen erübrigt haben (vgl. Seite 5):

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975228/2250312/6fc279292e1cd7a71d62fa31d7aaf7bb/2023-12-19-haushalt-data.pdf?download=1

Ja und? Es waren im „alten“ Haushalt 2024 1,9 Milliarden vorgesehen. Ich denke, dass 150 Millionen sich nicht so doll auswirken. Mal sehen was die Bereinigungssitzung noch bringt.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9024 am: 19.12.2023 17:16 »
Damit dürften sich die Hoffnungen erübrigt haben (vgl. Seite 5):

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975228/2250312/6fc279292e1cd7a71d62fa31d7aaf7bb/2023-12-19-haushalt-data.pdf?download=1

Ich sehe das sogar ziemlich positiv. Offensichtlich will man den Entwurf tatsächlich bringen. Die 150 Millionen dürften bei dem ohnehin verfassungswidrigen Unterfangen keine größere Rolle spielen.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9025 am: 19.12.2023 17:48 »
Nunja. Immerhin scheint es einen Konsens zu geben. Irritierend finde ich allerdings wieder einmal das wording.

Durch Gesetzesanpassung können Mehrausgaben um 150 Mio. abgesenkt werden. Ich hätte jetzt erwartet dort das Wort müssen vorzufinden.

Das ist die vielgepriesene Wertschätzung. Ist angekommen und wird entsprechend honoriert.

toomoon

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9026 am: 19.12.2023 17:49 »
Ist in den 1,9 Milliarden nicht auch die Besoldungserhöhung inkludiert?

Im alten Entwurf sind für das Jahr 2024 für den AEZ und höhere Beihilfesätze ca. 250 Millionen eingeplant. 150 Millionen weniger finde ich schon extrem.

Einigung2023

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9027 am: 19.12.2023 17:57 »
Ist in den 1,9 Milliarden nicht auch die Besoldungserhöhung inkludiert?

Im alten Entwurf sind für das Jahr 2024 für den AEZ und höhere Beihilfesätze ca. 250 Millionen eingeplant. 150 Millionen weniger finde ich schon extrem.

„Zur Umsetzung eines Verfassungsgerichtsurteils von 2020, in dem letztlich eine bessere Vergütung im einfachen und mittleren Dienst verlangt wurde, sind jetzt 1,9 Milliarden Euro zusätzlich veranschlagt.“

toomoon

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #9028 am: 19.12.2023 18:06 »
Hey Einigung, danke für die Aufklärung!
Wenn ich von den von dir geposteten höheren Werten im aktuellen Entwurf ausgehe, schätze ich die Kosten für 2024 auf 300 Millionen. Dazu noch die Nachzahlungen für 2021-2023, geschätzt 600 bis 700 Millionen. Dann wären wir bei knapp 1 Milliarde. Dann noch ein paar Millionen für die Kollegen, die vor 2021 Widerspruch eingelegt haben. Wofür sind dann die restlichen 900 Millionen eingeplant?


Bastel

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« Antwort #9029 am: 19.12.2023 18:14 »
Damit dürften sich die Hoffnungen erübrigt haben (vgl. Seite 5):

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975228/2250312/6fc279292e1cd7a71d62fa31d7aaf7bb/2023-12-19-haushalt-data.pdf?download=1

Der Blitz soll sie beim scheißen treffen. Mein Widerspruch ging heute raus.