Das könnte man eventuell als Fehler im System betrachten. Die Priorisierung der Verfahren wird in Eigenregie durch das BVerfG durchgeführt. Das führt dazu das die Bearbeitung nicht nach Eingangsdatum erfolgt sondern nach gesellschaftlicher Relevanz und die gesellschaftliche Bedeutung der Beamtenbesoldung dürfte nahe Null liegen. Es gibt aber weitere Behörden die genauso verfahren.
So, wie Du das hier beschreibst, PolareuD (s. meine Hervorhebung im Zitat), hat das BVR Maidowski allerdings nicht begründet. Fassen wir noch einmal die Begründung der Stellungnanhme (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/12/vb20231221_vz000323.html) zusammen (I.) und prüfen danach, soweit wie das möglich ist (Teile dessen, was er schreibt, unterliegen dem Beratungsgeheimnis), die Stichhaltigkeit der Darlegung (II.), um daraufhin zum einem Fazit zu kommen (III):
I. Zusammenfassung der Stellungnahme von BVR Maidowski:1. Der Berichterstatter hebt zunächst implizit hervor, dass (a) bis 2020 über alle vor 2016 eingegangenen Richtervorlagen entschieden worden sei. (b) Seit 2016 sei es zu einer hohen Zahl an Vorlagen gekommen, sodass heute 51 Normenkontrollverfahren aus elf Bundesländern anhängig seien (erster Absatz).
2. Für die elf Rechtskreise sei jeweils eine unterschiedliche Zahl an Verfahren anhängig. Während für das Land Berlin elf anhängige Verfahren zu verzeichnen seien, sei es für die anderen Rechtskreise eine jeweils kleinere Zahl (erster Absatz).
3. Um seinem Rechtsschutzauftrag gerecht zu werden, habe der Senat seinem Handeln folgende leitende Gedanken zugrunde gelegt:
a) Aus Effizienzgründen würden als erstes Verfahren ausgewählt werden, die nach Möglichkeit eine hohe Zahl an typischen Probleme auch anderer Rechtskreise beinhalteten, um so auch eine methodische Basis für die Ausurteilung jener weiteren anhängigen Verfahren vorzubereiten, also die Arbeit an der neuen Besoldungsdogmatik voranzutreiben (Absatz 2).
b) Auch deshalb behandle man insbesondere Vorlagen, die im Idealfall den gesamten Instanzenzug durchlaufen hätten und also besondere gründlich vorbereitet seien (Absatz 2).
c) Gleichzeitig wähle man nach Möglichkeit Vorlagen aus Rechtskreisen aus, zu denen oder über die bereits ein umfassender Datenkorpus nicht zuletzt in Karlsruhe vorläge (Absatz 2).
4. Das nun transparent gemachte Auswahlverfahren habe nichtsdesotrotz die Rechtsschutzgarantie und damit die Verfahrensdauer hinreichend im Blick zu behalten; auch sei sich der Senat über die mit der Verfahrensdauer einhergehenden Belastungen für Kläger bewusst (Absatz 3).
5. Allerdings fänden die Ressourcen von Senat und Berichterstatter mitsamt seiner (Wissenschaftlichen) Mitarbeiter enge Grenzen, weshalb man:
a) derzeit im Senat erörtere, die anhängigen Verfahren über den einen Berichterstatter und seine (Wissenschaftlichen) Mitarbeiter hinaus auf weitere zu verteilen, um so zu einer Reduzierung der Verfahrenslängen zu gelangen (Absatz 4);
b) versuche, die nicht zuletzt für die spätere Senatsberatung notwendigen Materialien und einzuholenden Stellungnahmen den Mitgliedern des Senats so früh wie möglich zur Verfügung zu stellen, um so ebenfalls zu einer Beschleunigung zu kommen (Absatz 4).
6. Denn nicht umsonst verweise die Beschwerde im Sinne der Rechtsschutzgarantie berechtigt darauf hin, dass mit zunehmender Verfahrensdauer deren Verhältnismäßigkeitsprüfung einer besonderen Obacht unterliege, wobei dabei die besondere Organisation des über nur 16 Richterämter verfügenden Bundesverfassungsgerichts eine Abfederung und Kompensation von Arbeitspitzen wiederkehrend nicht in dem Maße ermögliche, wie das größeren Fachgerichten möglich sei (Absatz 5). Auch bringe es der besondere Verfassungauftrag des Bundesverfassungsgerichts mit sich, dass Ressourcen bindende Eilverfahren wiederkehrend vorrangig zu betrachten seien, was zwangsläufig Verzögerungen in anderen Fällen mit sich brächte (Absatz 5).
7. Als Fazit wird schließlich festgehalten, dass sich die Senatsvoten in den als Leitverfahren im Sinne der Nr. 3 zu verstehenden Verfahren vor dem Abschluss befänden (Absatz 6). Für eine Auswahl an weiteren anhängigen Verfahren seien zentrale Vorarbeiten im Gange (Absatz 6).
8. 2024 solle darüber hinaus durch einen weiteren Wissenschaftlichen Mitarbeiter ebenfalls eine Beschleugnigung der Entscheidung über anhängige Verfahren erreicht werden (Absatz 6).
II. Sachliche Prüfung der StellungnahmeZu 1a) Bis 2016 war tatsächlich über alle bis dahin anhängige Verfahren entschieden worden. Seitdem waren dann bis Mitte 2018 27 Vorlagen aus sieben Rechtskreisen anhängig geworden, die also ab 2016 in Karlsruhe eingegangen sind: vier Vorlagen aus Berlin, fünf aus Bremen, fünf aus Niedersachsen, drei aus Nordrhein-Westafeln, eine aus dem Saarland, acht aus Sachsen-Anhalt sowie eine aus Baden-Württemberg, über welche letztere 2018 rechtskräftig entschieden worden ist. Innerhalb von rund zweieinhalb Jahren sind als Folge der im Frühjahr und Herbst 2015 vom Senat neu erstellten Prüfprogrammatik knapp 30 Vorlagen in Karlsruhe eingegangen. Für diese hohe Zahl an Eingängen von Richtervorlagen trifft jedoch nicht das Bundesverfassungsgericht die Verantwortung, sondern sie verblieb auch nach 2015 sowohl unmittelbar weiterhin bei den Besoldungsgesetzgebern, deren Gesetzgebung Anlass zur Klage gab, als auch mittelbar bei den Fachgerichten, die - sachlich nachvollziehbar - bis Ende 2015 wiederkehrend ihre Entscheidung ausgesetzt hatten, bis auch sie nun das genannte "Pflichtenheft" aus Karlsruhe vorgefunden haben. Mit dem Eingang dieser hohen Zahl an Vorlagen dürfte dem Senat endgültig klargeworden sein, wie sich die Sachlage in den Rechtskreisen darstellte, was die "Pilotverfahren" des Jahres 2017 und 2018 mit erklärt. Von den Ressourcen her konnte der Senates - insbesondere, weil die Erstellung einer neuen Dogmatik verfassungsrechtlich komplex ist - dieser Anzahl kaum in kurzer Zeit sachgerecht Herr werden.
Zu 1b) Die Anzahl an Richtervorlagen hat sich seitdem noch einmal fast verdoppelt. Der Senat hat dahingegen wie hier in der Vergangenheit mehrfach umfassender sachlich dargelegt und erörtert 2017, 2018 und 2020 jeweils rechtkräftige Entscheidungen getroffen (s. a. die Nr. 3a).
Zu 2) Die elf Rechtskreise, von denen der BVR spricht, werden hier genannt:
https://www.berliner-besoldung.de/begruenden-heisst-befolgen-zur-pragmatik-der-bundesverfassungsgerichtlichen-entscheidung-zum-zweiten-nachtragshaushaltsgesetz-2021/ Für Berlin sind es mittlerweile 12 von nun 52 anhängigen Verfahren; für Brandeburg ist es einer; für Bremen fünf; für Hamburg sechs; für Hessen zwei; für Niedersachsen fünf; für Nordrhein-Westfalen vier; für das Saarland drei; für Sachsen drei; für Sachsen-Anhalt acht und Schleswig-Holstein zwei.
Zu 3a) Nachdem ab 2016 die immer größere werdende Zahl an Richtervorlagen in Karlsruhe einging, hat der Senat 2017 das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums betrachtet, 2018 die prozeduralen Anforderungen weiter ausgeschärft, die den Besoldungsgesetzgeber treffen, und 2020 das Mindestabstandsgebot ebenfalls als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums betrachtet und so neben dem 2015 erstellten Prüfprogramm und den 2012 erstmals betrachteten prozeduralen Anforderungen die bis heute vorliegende neue Besoldungsdogmatik erstellt.
Es hat also entsprechend wie vom Berichterstatter hervorgehoben, zwischen 2016 und 2020 in drei grundlegenden Verfahren die Ausformung einer neuen und effizienten Besoldungsdogmatik vorangetrieben, mit deren Abschluss sich die Rechtsprechung über andere Rechtskreise deutlich beschleunigen lassen wird. Die Erarbeitung einer solchen neuen Dogmatik dient darüber hinaus vor allem dem Zweck, den Fachgerichten mittels eines "Pflichtenhefts" die Kontrolle und Begründung von Entscheidungen zu ermöglichen, die in allen siebzehn Rechtskreisen nach Möglichkeit einheitlich anwendbar sein sollte. Auch deshalb sind zwischen 2012 und 2020 die entsprechenden sechs "Pilotverfahren" ausgewäht und vollzogen worden, in denen der Senat also die neue Besoldungsdogmatik in weitgehendem Maße vorangetrieben hat.
Insbesondere die drei weiteren nach 2015 gefällten Entscheidungen weisen dabei über die aufeinander abgestimmten Abstandsgebote und ihre Verbindung mit der Ausschärfung der den Besoldungsgesetzgeber treffenden prozeduralen Anforderungen auf einen Nukleus des "Pflichtenhefts" hin, mit dem die Besoldungssystematik ab jetzt - spätestens, sofern der Prüfparameter der "Mindestbesoldung" weiterhin konkretisiert wird - sachlich betrachtet und analysiert werden kann. Das ist m.E. eine große Leistung - denn für uns ist all das im Nachhinein schlüssig. Es muss aber erst einmal konzeptionell erstellt und dann (verfassungs-)rechlich begründet werden, worin sich der damalige Berichterstatter, Andreas Voßkuhle, sicherlich besonders hervorgetan hat - der dann 2020 aus dem Amt geschieden ist.
Auch diese Diskontinuität mitsamt der notwendigen Einarbeitung, die der Berichterstatter danach zu vollziehen hatte, wird mit zu der Zeitspanne seit 2020 beigetragen haben - die sich allerdings noch vielmehr daraus erklären lassen dürfte, dass wir ab 2021 nach Ulrich Battis' begründeter Darlegung das bekannte konzertierte Handeln der Besoldungsgesetzgeber vorgefunden haben. Diesem Einhalt zu gebieten, bedarf es nun in den angekündigten (und also Anfang letzten Jahres auch deshalb erweiterten) Entscheidungen eines besonderen Konzentrats, das sicherlich nicht an einem Tag gebraut werden konnte.
Zu 3b) Dabei hat man insbesondere mit der 2020 gefällten Entscheidung über das Berliner Besoldungsgesetz auf Vorlagen des Bundesverwaltungsgerichts zurückgegriffen, worauf der Berichterstatter also ebenfalls sachlich berdchtigt hinweist, da hier der gesamte Instanzenzug durchlaufen worden ist und also bereits umfassende Vorarbeiten und Betrachtungen vorlagen. Das betrifft heute genauso die angekündigten Vorlagen des Bundesverwaltungsgerichts über die niedersächsische Besoldungsgesetzgebung; auch hier legt der Berichterstatter also schlüssige Gedanken zur Effizienz - die zunächst einmal einer Effektivität bedarf - dar.
Zu 3c) Auch diese Aussage, dass man nach Möglichkeit Vorlagen aus Rechtskreisen auswähle, zu denen oder über die bereits ein umfassender Datenkorpus nicht zuletzt in Karlsruhe vorläge, trifft auf die angekündigten Entscheidungen über den niedersächsischen Rechtskreis zu, da darüber hinaus hinsichtlich Niedersachsen bereits 2015 und 2018 Betrachtungen des Zweiten Senats vollzogen worden sind, an die man sich hier im schönen Niedersachsen alsbald erinnern dürfte, sofern man das nicht heute bereits tut.
Zu 4 und 5) Mit der Darlegung in der Nr. 4 ruft der Berichterstatter ein weiteres Mal die Pflichten des Senats auf, um dann in der Nr. 5 zentrale Problematiken aufzuzeigen, die bislang einer Beschleunigung im Weg gestanden hätten, um daraufhin mit der mittlerweile vollzogenen Übertragung von Richtervorlagen auf einen weiteren Berichterstatter (5a) und einer Effektivierung weitere Vorlagen Maßnahmen zur Beschleunigung der anhängigen Verfahren darzulegen (5b).
Zu 6 bis 8 ) Darüber hinaus führt der Berichterstatter sachliche organisatorische Einschränkungen aus, die einer weiteren Beschleunigung bislang und auch weiterhin generell im Weg stehen werden, um zugleich über den Sachstand zu informieren. Jener lässt begründet vermuten, dass eine Entscheidung in den angekündigten weiteren "Pilotverfahren" wohl im Verlauf des zweiten bis dritten Quartals erfolgen können und dass daraufhin auf Basis der dann weitgehend abgeschlossenen neuen Besoldungsdogmatik mit weiteren Entscheidungen - und zwar nun in schnellerer Abfolge - zu rechnen sein dürfte, wofür ebenfalls die Beschäftigung eines weiteren Wissenschaftlichen Mitarbeiters sprechen dürfte.
III. FazitSo wie dargestellt liest sich für mich das, was der Berichterstatter formuliert - und da ich mich als einer von sehr wenigen, die sich hier (regelmäßig) zum Thema äußern, in der Vergangenheit wiederkehrend sehr umfassend mit den sachlichen Problematiken beschäftigt habe, kann ich mir ein sachliches Urteil erlauben, wie zeitintensiv die Beschäftigung mit der Materie ist, insbesondere weil die Arbeit an einer neuen Dogmatik, die also nicht auf vorliegende Vorgaben zurückgreifen kann und die genau auf ihre möglichen Konsequenzen hin abgewogen werden muss, ein ziemlich komplexes Unterfangen ist. Auch deshalb fordere ich hier seit langer Zeit regelmäßig dazu auf, mal entsprechende Gedanken hier sachlich präzise auf den Tisch zu legen, worauf ich aber seitdem nicht eine entsprechende Antwort erhalten habe.
Und um nicht missverstanden zu werden: Ich kann die Emotionen, die mit unserem Thema einhergehen, gut nachvollziehen; nicht umsonst warte auch ich seit 2005 auf eine rechtskräftige Entscheidung. Und diesen Emotionen muss auch Raum gegeben werden; denn die Unteralimentation hat nicht erst seit gestern insgesamt ein wiederkehrend erschreckendes Maß angenommen - aber für all das tragen nicht die Gerichte die Verantwortung, sondern seit spätestens 2020 ganz allein die Besoldungsgetzgeber. Denn hätten sie sich seitdem an die Bindungen erinnert, die sie nicht abschütteln können, dann stellten sich uns unsere Probleme heute nicht (mehr) - und Karlsruhe hätte es seitdem leicht gehabt, seine Entscheidungen in den 52 anhängfigen Verfahren bereits auf Basis der heute sehr weitgehend vorhandenen neuen Dogmatik zu treffen.
Da Karlsruhe aber ab 2021 auf 17 Besoldungsgesetzgeber trifft, die keine Veranlassung zu der Vermutung bieten, dass sie nach den angekündigten Entscheidungen auch nur einen Deut anders handeln wollten als seit Anfang 2021, wird man nicht nur im Dezernat von BVR Maidowski viel Gehirnschmalz aufgewendet haben, um diese Sachlage zu beenden - und es dürfte auf Basis der 638 Seiten hier und der 373 im Parallelforum (sowie der vielen weiteren zu den jeweiligen Rechtskreisen) einleuchtend sein, dass das nicht mal eben so zu erreichen sein dürfte. Nicht Karlsruhe ist das Problem, sondern das Handeln von 17 anderen Verfassungsorganen.