Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 6008424 times)

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16725 am: 25.06.2025 09:42 »
Mit der Beachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung haben wir es ja eh nicht mehr so...

InternetistNeuland

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16726 am: 25.06.2025 14:07 »
Selbst wenn die Vollstreckungsanordnung kommt in Berlin, was soll der einzelne Beamte denn machen, falls der Dienstherr nicht reagiert?
Seinen Lohn durch Pfändung vollstrecken lassen?

Immobilien sind angemietet, Dienstwagen und PCs sind geleast. Sollen die das Klopapier mitnehmen? Das hat seit Corona leider stetig an Wert verloren.

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16727 am: 25.06.2025 14:33 »
Selbst wenn die Vollstreckungsanordnung kommt in Berlin, was soll der einzelne Beamte denn machen, falls der Dienstherr nicht reagiert?
Seinen Lohn durch Pfändung vollstrecken lassen?

So unkonventionell das mit der Pfändung erstmal klingt, aber jede Landeskasse hat ein "ganz normales Konto" bei der Bundesbank. Was meinst du wie schnell die aus den Puschen kommen, wenn die keinerlei sonstigen  Auszahlungen mehr vornehmen können. Dabei ist es auch egal wie groß die Forderung ist, wegen der vollstreckt wird.

Da habe ich schon die wildestens Sachen erlebt. Da wurde z.B. ein niedriger dreistelliger Betrag aus einem Arbeitsgerichsurteil vollstreckt. Blöd nur, dass der Arbeitgeber eine Reederei war und das gepfändete Konto auch der Betankung von Schiffen und Zahlungen von internationalen Hafen-/Kanalgebühren diente. So schnell habe ich noch nie eine Reaktion eines Schuldners erlebt  ;)

Und die Bundesbank als Drittschuldnerin wird einen Teufel tun einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu ignorieren, da Sie ansonsten selbst für die Forderungen haften müsste. Die hat da als Drittschuldnerin auch durchaus Erfahrung drin (vgl. https://www.iww.de/ve/web-ve/vollstreckungspraxis-schuldnerbanken-kontopfaendung-bei-der-bundesbank-nutzen-f126179?save).

Richtig gemein wäre es natürlich nur einen Pfändungsbeschluss zu erlassen, damit der Schwebezustand noch ein wenig länger anhält  :D

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16728 am: 25.06.2025 14:34 »
Selbst wenn die Vollstreckungsanordnung kommt in Berlin, was soll der einzelne Beamte denn machen, falls der Dienstherr nicht reagiert?
Seinen Lohn durch Pfändung vollstrecken lassen?

Immobilien sind angemietet, Dienstwagen und PCs sind geleast. Sollen die das Klopapier mitnehmen? Das hat seit Corona leider stetig an Wert verloren.

§35 BVerfGG: Das Bundesverfassungsgericht kann in seiner Entscheidung bestimmen, wer sie vollstreckt; es kann auch im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln.

NWB

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16729 am: 25.06.2025 14:35 »
Ich bin fest davon überzeugt, dass eine solche Vollstreckungsanordnung die ganze Angelegenheit ordentlich beschleunigen würde...

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16730 am: 25.06.2025 14:49 »
Selbst wenn die Vollstreckungsanordnung kommt in Berlin, was soll der einzelne Beamte denn machen, falls der Dienstherr nicht reagiert?
Seinen Lohn durch Pfändung vollstrecken lassen?

Immobilien sind angemietet, Dienstwagen und PCs sind geleast. Sollen die das Klopapier mitnehmen? Das hat seit Corona leider stetig an Wert verloren.

Er muss wie gehabt vor dem Verwaltungsgericht sein Recht erstreiten. Der Unterschied ist dann nur, dass - sofern Karlsruhe nach § 35 BVerfGG in seiner Entscheidung bestimmen, dass die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit sie vollstreckt und im Einzelfall auch die Art und Weise der Vollstreckung regelt - ihm die Verwaltungsgerichtsbarkeit für die streitgegenständlichen Jahre 2010 bis 2015 die ihm vorenthaltende Leistung unmittelbar zuerkennen kann, sofern der Berliner Besoldungsgesetzgeber nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist eine sachgerechte gesetzliche Neuregelung für den Zeitraum erlässt, sofern er also bis zur Frist untätig bliebe bzw. auch darüber hinaus nur ein Handeln zeigte, dass einer Untätigkeit gleichkäme. Die Kammer hätte also eine sachgerechte gerichtliche Kontrolle zu vollziehen und müsste - sofern sie zu einem der beiden gerade genannten Schlüsse käme: Untätigkeit des Gesetzgebers oder ein Handeln, das zweifelsfrei nur als einer Untätigkeit gleichkommend zu betrachten wäre - dann eine entsprechende Entscheidung fällen, da sie ja an die mit Gesetzeskraft erlassene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mitsamt der Vollstreckungsanordnung gebunden wäre.

Entsprechend ist der Senat 1998 hinsichtlich des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs vorgegangen, nachdem der Senat 1977 in einer Verfassungsbeschwerde und 1990 in einer konkreten Normenkontrollverfahren zu dem Ergebnis einer evident sachwidrigen Regelung des alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs ab dem dritten Kind gelangt war und der Besoldungsgesetzgeber die ihm im letzteren Verfahren aus dem Jahr 1990 auferlegte Frist hat untätig verstreichen lassen. In dem Verfahren BVerfGE 99, 300 aus dem Jahr 1998 hat der Senat zunächst in der Nr. 2 der Entscheidungsformel ausgeführt (https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html):

"Kommt der Gesetzgeber dem nicht nach, so gilt mit Wirkung vom 1. Januar 2000:
Besoldungsempfänger haben für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes, der sich nach Maßgabe der Gründe zu C. III. 3. errechnet."

Die Berechnungsgrundlage ist dann an der genannten Stelle für die gerichtliche Kontrolle ausgeführt worden (BVerfGE 99, 300, 321). Zugleich hat sie der Senat zuvor selbst angewandt, sodass die Methodik offenlag. Damit war im Sinne des zweiten Halbsatzes des § 35 BVerfGG im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung geregelt.

Am Ende hat er dann im Sinne von § 35 BVerfGG klargestellt:

"Die Entscheidungsformel zu 2. beruht auf § 35 BVerfGG. Die Maßnahme ist geboten, weil der Gesetzgeber trotz der ihm in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 30. März 1977BVerfGE 99, 300 (331) BVerfGE 99, 300 (332)und vom 22. März 1990 gegebenen Handlungsaufträge die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern bis zum Jahre 1996 (und möglicherweise auch danach) nicht in einer mit dem Grundsatz der Alimentation vereinbaren Höhe festgesetzt hat. Erfüllt der Gesetzgeber seine durch diese Entscheidung erneut festgestellte Verpflichtung nicht bis zum 31. Dezember 1999, so sind die Dienstherren verpflichtet, für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes zu gewähren (vgl. oben C. III. 3.). Die Fachgerichte sind befugt, familienbezogene Gehaltsbestandteile nach diesem Maßstab zuzusprechen. " (BVerfGE 99, 300, 331 f.)

Damit war mit dem letzten Satz der erste Halbsatz des § 35 BVerfGG klargestellt worden. Es dürfte nicht gänzlich unwahrscheinlich sein, dass der Senat hinsichtlich des Berliner Besoldungsgesetzgebers für den Zeitraum 2010 bis 2015 im ähnlichen Maße vorgeht, wie ich es hier nun anhand der Entscheidung aus dem Jahr 1998 dargestellt habe.


PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16731 am: 25.06.2025 14:51 »
Ich sehe das auch so, dass eine Vollstreckungsanordnung alles beschleunigen würde.

Mir ist nur noch nicht klar, wie so eine Vollstreckungsanordnung aussehen könnte, da wir ja noch gar nicht wissen, wie eine verfassungskonforme amtsangemessene Alimentation aussehen könnte. Letztendlich kann nur die Höhe der Mindestalimentation beziffert werden. Im Weiteren müsste das BVerfG z.B. den Ausführungen von Swen zum indiziellen Grundbesoldungsäquivalent folgen oder ggf. einen anderen Weg aufzeigen, um die Höhe der Grundbesoldung ermitteln zu können.

NWB

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16732 am: 25.06.2025 14:55 »
Und genau das will/soll/möchte das BVerfG ja gerade nicht tun, weil das ja Aufgabe der Legislative ist...

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16733 am: 25.06.2025 15:13 »
Ich sehe das auch so, dass eine Vollstreckungsanordnung alles beschleunigen würde.

Mir ist nur noch nicht klar, wie so eine Vollstreckungsanordnung aussehen könnte, da wir ja noch gar nicht wissen, wie eine verfassungskonforme amtsangemessene Alimentation aussehen könnte. Letztendlich kann nur die Höhe der Mindestalimentation beziffert werden. Im Weiteren müsste das BVerfG z.B. den Ausführungen von Swen zum indiziellen Grundbesoldungsäquivalent folgen oder ggf. einen anderen Weg aufzeigen, um die Höhe der Grundbesoldung ermitteln zu können.

Auch hier würde das gelten, was der § 35 BVerfGG im zweiten Halbsatz ausführt. Karlsruhe dürfte dann im Einzelfall die Art und Weise der Vollstreckung regeln, also bspw., indem es den Kontrollmaßstab der Alleinverdienerannahme mitsamt der vierköpfigen Beamtenfamilie heranziehen würde und so nun eine sachgerechte Höhe der Grenze zur Unteralimentation bemessen würde (was bereits in der aktuellen Entscheidung geschehen ist, vgl. dort die Rn. 153 f. (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).

Von diesem absolut geringsten Betrag ausgehend, könnte man nun indizielle Bemessungen bspw. anhand des Grundgehaltsäquivalents durchführen, was in der gerichtlichen Kontrolle gestattet wäre (anders als in der Besoldungsgesetzgebung). Damit könnte dann für jede Besoldungsgruppe und jede Erfahrungsstufe auf Basis der indiziellen Mindestbesoldung und der jeweiligen 2010 bis 2015 festzustellenden prozentualen Steigerungsrate, die also 2010 bis 2015 ja geregelt waren und sich in ihren Abständen im Rahmen der damaligen Gesetzgebung als nicht evident sachwidrig darstellten (die Abstände), in den Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen ein entsprechender Betrag ermittelt werden. Denn da Karlsruhe auch jetzt wieder - wie schon in der aktuellen Entscheidung - die Grundgehaltssätze als verfassungswidrig betrachten wird, wäre eine solche Methodik offensichtlich zielführend, wenn sie auch zu signifikant höheren Erhöhungswerten führen müsste, also wollte das Abgeordnetenhaus ein eigenes Reparaturgesetz erlassen, dass sachgerecht wäre. Denn als Gesetzgeber könnte er bspw. in einem sachgerechten Reparaturgesetz eigene prozentuale Beträge bemessen, z.B. auf Basis aller Parameter der ersten Prüfungsstufe.

Wie hat schon Roy Black regelmäßig gesungen: "Ein Bisschen Motivation muss sein".

@ NWB

Der Erlass einer Vollstreckungsanordnung ist alleinige Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, das dieser Aufgabe sicherlich nachkommen will, sofern ihm keine andere Möglichkeit bliebe, um dem Verfassungsrecht Geltung zu verschaffen. Der Gesetzgeber hat ja nach dem Erlass einer Vollstreckunganordnung genügend Zeit, um ihrer Wirkung entgegenzuarbeiten. Denn ihm verbliebe eine Frist zur sachgerechten Reparatur des Gesetzes. Erst sein Untätigkeit bis zum Ablauf der Frist bzw. ein Handeln, das zweifelsfrei einer Untätigkeit gleichkäme, würde der Fachgerichtsbarkeit erlauben, im Sinne der Vollstreckunganordnung zu handeln.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16734 am: 26.06.2025 08:38 »
Mit dem Haushalt werden zunächst 10.000 Planstellen im militärischen Bereich und weitere 1.000 Planstellen im zivilen Bereich geschaffen.

Mit den Planstellen ist es dann möglich, überhaupt Ausschreibungen zu platzieren und Soldaten bzw. Beamte zu ernennen. Somit legen diese haushaltsrechtlichen Planstellen überhaupt erstmal den Grundstein, um Personal zu gewinnen.

Du verkennst das derzeit bereits rund 20.000 Soldatendienstposten vakant sind.
Es wird sich also nichts ändern wenn bis Ende des Jahres aus 20.000 vakanten Dienstposten auf einmal 30.000 vakante Dienstposten werden.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #16735 am: 26.06.2025 09:29 »
Mit dem Haushalt werden zunächst 10.000 Planstellen im militärischen Bereich und weitere 1.000 Planstellen im zivilen Bereich geschaffen.

Mit den Planstellen ist es dann möglich, überhaupt Ausschreibungen zu platzieren und Soldaten bzw. Beamte zu ernennen. Somit legen diese haushaltsrechtlichen Planstellen überhaupt erstmal den Grundstein, um Personal zu gewinnen.

Du verkennst das derzeit bereits rund 20.000 Soldatendienstposten vakant sind.
Es wird sich also nichts ändern wenn bis Ende des Jahres aus 20.000 vakanten Dienstposten auf einmal 30.000 vakante Dienstposten werden.

Fehlen die Freiwilligen, greift die Wehrpflicht - eine entsprechende Regelung soll laut Plänen von Verteidigungsminister Pistorius im geplanten Wehrdienstgesetz verankert werden. Zustimmung kommt von Unionspolitikern. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD steht, man werde "einen neuen attraktiven Wehrdienst" schaffen, "der zunächst auf Freiwilligkeit basiert".

Verteidigungsminister Boris Pistorius will aber trotzdem bereits im geplanten Wehrdienstgesetz auch eine Wehrpflicht verankern. Sein Gesetz solle Regelungen enthalten, die dann greifen würden, wenn zu wenig Freiwillige Wehrdienst leisteten.

Somit sind die Planstellen ein weiterer, kleiner Baustein, um politisch korrekt und mit großem gesellschaftlichen Konsens die Wehrpflicht wieder einführen zu können. Mit dem eingesparten Geld kann man auch Strukturen schaffen, um die Wehrpflichtigen zukünftig ausbilden und betreuen zu können.

Man muss das Ganze, so denke ich, langfristig denken. Es hört sich in 2 Jahren politisch besser an, die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu beschließen, weil sich trotz gestiegener Attraktivität des Soldatenberufes und aller möglichen Bemühung die Anzahl der offenen Stellen nicht wie erhofft verringert hat, sondern leider exorbitant um über 50 % erhöht hat und damit der Weg der Freiwilligkeit ein Irrweg war.

Bastel

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« Antwort #16736 am: 26.06.2025 11:40 »
Ob die SPD da mitspielt? Das dürfte noch mehr junge Menschen in die Arme der linken Rattenfänger treiben.

SwenTanortsch

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« Antwort #16737 am: 26.06.2025 15:04 »
Ich halte es auch für zweifelhaft, dass die Pläne allen sozialdemokratischen Abgeordneten vermittelbar sein sollten - und wer auf jeden Fall nicht mitspielte und also die ausgesetzte Wehrpflicht umgehend kassieren würde, sofern sie wieder eingeführt werden sollte und sofern es entsprechend angerufen werden würde, ist das Bundesverfassungsgericht. Denn Art. 12a Abs. 1 GG, der da lautet: "Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden", steht mit Art. 3 Abs. 2 GG - "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin" - im Rahmen der heutigen tatsächlichen Verhältnisse in einem verfassungsrechtlich unaufhebbaren Konflikt, der auch im Rahmen der praktischen Konkordanz heute nicht mehr aufgelöst werden kann, und zwar das nur umso mehr, je weniger eine auf Freiwilligkeit beruhende Regelung zu hinreichenden Zahlen an Freiwilligen führt.

Denn dieses Ergebnis - eine wiederkehrend zu geringe Zahl an Freiwilligen - kann Zwangsmittel wie die Wiedereinführung der Wehrpflicht rechtfertigen. Allerdings kann sich dieses Zwangmittel nicht nur auf die männliche Hälfte der Bevölkerung erstrecken, ohne heute noch Bestand vor Art. 3 Abs. 1 GG beanspruchen zu können. Denn es gibt im Rahmen der heutigen sozialen Wirklichkeit keinen sachlichen Grund, wieso die Wehrgerechtigkeit sich nur auf Männer beziehen sollte, womit ein so formuliertes Gesetz an den entsprechenden Abwehrrechten scheitern müsste, was auch jedem Verteidigungspolitiker bekannt ist.

Ergo: Wer die Bundeswehr um 80.000 Soldatinnen und Soldaten aufstocken möchte, muss entsprechend attraktive Bedingungen schaffen, um diese Zahl auf Freiwilligenbasis zu erreichen. Erreichte er sie so nicht, dürfte das der Beweis sein - je geringer die Zahl an notwendigen Freiwilligen, desto stärker der Nachweis -, dass die Bedingungen nicht attraktiv genug wären. Zwangsmittel wären dann sachlich zu rechtfertigen. Sie müssten sich allerdings ebenfalls vor der sog. "neuen Formel" des Ersten Senats rechtfertigen lassen, nach der bekanntlich das Gleichheitsgebot verletzt ist, wenn eine Gruppe im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.

xap

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« Antwort #16738 am: 26.06.2025 15:18 »
„Neuer attraktiver Wehrdienst“ - seit wann ist es attraktiv als Heeressoldat eine doch sehr geringe Überlebenswahrscheinlichkeit zu haben? Auf die Erklärung bin ich gespannt. Attraktiv wäre es womöglich nach dem nördlichen Modell - wenn auch Frauen dienen. Ob sich die alten Säcke, die ganz sicher keinen Wehrdienst leisten werden müssen, jemals selbst zuhören? Nur damit kein falscher Eindruck entsteht - ich war selbst Richtschütze auf dem SPZ Marder in den 90ern - will ich ob der aktuellen Bedrohung aus dem Osten das meine Kinder das machen? Ganz sicher nicht. Denkbar wäre in meinen Augen allenfalls ein Pflichtdienst mit Wahlmöglichkeit für alle - egal welchen Geschlechts.