Das BVerfG braucht Nachschub. Die Neubesetzung eines Richterpostens ist bereits überfällig, zwei weitere stehen in den nächsten Monaten an. Nun haben CDU und SPD ihre Kandidaten benannt. Ob die im Bundestag dann auch gewählt werden, ist noch unklar.
Mit einem neuen Vorschlag für den seit Monaten vakanten Posten hofft die Union, auf die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag zu kommen. Statt Robert Seegmüller vom BVerwG, für den CDU und CSU bereits in der vergangenen Wahlperiode keine Mehrheit organisieren konnten, will die Fraktion nun Günter Spinner vom BAG bei der für nächste Woche geplanten Wahl im Bundestag aufstellen. Ein entsprechender Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde der dpa in Fraktionskreisen bestätigt.
Zudem will die SPD die Professorinnen für Staatsrecht, Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold für die zwei weiteren anstehenden Nachbesetzungen nominieren. Denn Ende Juni endet die Amtszeit von Vizepräsidentin Doris König und Richter Ulrich Maidowski möchte sein Richteramt aus gesundheitlichen Gründen zu Ende September zurückgeben.
Die 16 Richterinnen und Richter des BVerfG werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten des Bundestags orientiert sich an der Stärke der Fraktionen. Die Linke wurde dabei allerdings bislang ebenso wie die AfD nicht berücksichtigt. Da Union, SPD und Grüne im neuen Bundestag nicht über zwei Drittel der Stimmen verfügen, sind sie bei der Wahl auf die der Linken angewiesen, die aber eigene Forderungen stellen. Eine Unterstützung durch die AfD kommt für sie nicht infrage.
Linke will einbezogen werden
Die Linke reagierte verärgert*: "Es ist sehr irritierend, dass die Namen öffentlich sind, aber die Union weiterhin kein Gespräch mit uns über die Vorschläge und das zukünftige Verfahren zur Benennung geführt hat", sagte Fraktionschefin Heidi Reichinnek der Deutschen Presse-Agentur. Gespräche seien Bedingung für eine potenzielle Zustimmung in der Sache. In der Union gibt es einen Grundsatzbeschluss, dass es weder mit der AfD noch mit der Linken parlamentarische Zusammenarbeit geben soll. Die Linke will hingegen in das demokratische Lager einbezogen werden. Reichinnek sagte, die Union spiele parteipolitische Spielchen und schade "damit unserer Demokratie und dem Verfahren".
Angesprochen auf die kursierenden Namen sagte Reichinnek der dpa: "Wir äußern uns nicht öffentlich zu Personalvorschlägen." Doch appellierte sie an die Union. "Es wird immer wieder Situationen geben, bei denen eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist", sagte die Fraktionschefin. "Dass man vonseiten der Union vor diesem Hintergrund nicht einmal zu Gesprächen bereit ist, zeugt von völliger Realitätsverweigerung." Die Linke habe bereits gezeigt, dass sie bereit sei, mit allen demokratischen Parteien zum Wohle der Menschen zusammen zuarbeiten und demokratische Institutionen zu schützen.
Mit der Nominierung Seegmüllers für den seit November vakanten Posten von Josef Christ im Ersten Senat, der sein Amt seitdem kommissarisch weiterführt, war die Union bereits in der vergangenen Legislaturperiode am Widerstand der Grünen gescheitert, denen der 56-Jährige als zu konservativ galt. Mit Spinner stellt die CDU/CSU-Fraktion nun jemanden auf, der Ende Mai bei einer Abstimmung des BVerfG von allen 15 verbliebenen Richtern favorisiert wurde. Angesichts dieser breiten Zustimmung hofft die Union darauf, nun auch im Bundestag die notwendige Mehrheit zu bekommen. "Wer den jetzt nicht wählt, beschädigt damit das Bundesverfassungsgericht selbst", heißt es in Fraktionskreisen.
(* Der Text wurde um die Passagen zur Reaktion der Linken erweitert. 01.07.2025, 15:25h, jvh)
Redaktion beck-aktuell, js, 1. Juli 2025 (dpa).