Ich zitiere mal aus dem Artikel der Thüringer Allgemeine, der vorgestern hier gepostet wurde:
"[...]Das Bundesverfassungsgericht hatte 2022 entschieden, dass eines der Kriterien für eine verfassungsgerechte Besoldung mit 15 Prozent der Abstand zu einer Familie mit Grundsicherung ist. In Thüringen erhielt dagegen die Beamtenfamilie nur 99,03 Prozent des Geldes der Familie mit Grundversorgung.
Thüringer Besoldungsgruppen: Gericht prüft strukturelle Probleme
„Damit ist die Verfassungswidrigkeit noch nicht belegt“, schränkte der Vorsitzende Richter, Udo Schneider, ein. Allerdings stellte das Gericht auch fest, dass im Jahr 2024 nicht nur die Besoldungsgruppe A6 sondern auch die Gruppen A7, A8, A9 und A10 unterhalb der 15 Prozent-Vorgabe des Bundesverfassungerichts lagen. Wenn das der Fall sei, „rüttelt es schon am ganzen Gebälk“, betonte Schneider. Damit stellten sich die Richter die Frage, ob das Thüringer Besoldungsgefüge „kaputt“ ist und strukturelle Probleme vorliegen.
Aber selbst diese Situation bedeute noch nicht zwingend eine verfassungswidrige niedrige Besoldung. So könnte laut Gericht beispielsweise eine beabsichtigte Konsolidierung des Thüringer Landeshaushalts einen derartigen Einschnitt bei der Beamtenbesoldung rechtfertigen. Aber das sahen die Richter nicht.[...]
Der Passus scheint hier gar nicht genug relevant geworden zu sein oder ging aufgrund der Vielzahl von Posts die letzten Tage baden.
Was ist denn mit dieser Kosolidierung gemeint? Heißt das aufs Einfache herunter gebrochen soviel wie, dass man die Beamten zur Vermeidung eines Staatsbankrottes derart schröpfen könne, dass in der Konsequenz das Nichtnachgehen eines Erwerbs lohnender ist und dies auf Dauer gebilligt werden könne?
Dazu finden sich ab Seite 38 Informationen unter folgendem link: https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2023/07/Referentenentwurf-des-BMI-zu-BBVAngG-Stand-v.-16.01.2023-1.pdf
Meines Erachtens hat Swen dazu in der Vergangenheit hier auch schon ausgeführt, das finde ich allerdings gerade nicht.
Dem Gesetzgeber ist es nicht gestattet, Richtern und Beamten ein gleichheitswidriges "Sonderopfer" aufzubürden, also insbesondere sie so zur Haushaltskonsolidierung heranzuziehen, dass die Besoldung ausschließlich unter eine fiskalische Betrachtung gestellt wird. In diesem Zusammenhang dürfte die uns unbekannte Argumentation der Kammer stehen, schätze ich, wobei wir das erst sicher wissen werden, wenn die Begründung veröffentlicht sein wird.
Verfassungsrechtlich gilt es, die Forderungen des Alimentationsprinzips und jene, die aus dem ebenfalls vom Grundgesetz geregelten Verbot der Neuverschuldung resultieren, im Sinne praktischer Konkordanz gegeneinander abzuwägen. Entsprechend hebt der Senat in der Rn. 93 f. aktuellen Entscheidung hervor:
"Verfassungsrang hat namentlich das Verbot der Neuverschuldung in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG. Gemäß Art. 109 Abs. 3 Satz 1 GG sind Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen (sogenannte Schuldenbremse). [...] Der in Art. 143d Abs. 1 Satz 4 GG angelegten Vorwirkung des Verbots der strukturellen Nettokreditaufnahme hat der Haushaltsgesetzgeber auch bei der Anpassung der Bezüge der Richter und Staatsanwälte Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 139, 64 <125 f. Rn. 127>; 140, 240 <294 f. Rn. 110>; 145, 304 <325 f. Rn. 68>; 149, 382 <394 Rn. 19>). Ungeachtet der Verschärfung der Regeln für die Kreditaufnahme durch die Neufassung des Art. 109 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 129, 124 <170>; 132, 195 <245>) vermögen indes allein die Finanzlage der öffentlichen Haushalte oder das Ziel der Haushaltskonsolidierung den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung nicht einzuschränken. Andernfalls liefe die Schutzfunktion des Art. 33 Abs. 5 GG ins Leere (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 f.>; 76, 256 <311>; 99, 300 <320>; 114, 258 <291>; 117, 372 <388>; 139, 64 <125 f. Rn. 127>; 140, 240 <294 f. Rn. 110>; 145, 304 <325 f. Rn. 68>; 149, 382 <394 Rn. 19>; stRspr). Auch das besondere Treueverhältnis verpflichtet Richter und Staatsanwälte nicht dazu, stärker als andere zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte beizutragen (vgl. BVerfGE 139, 64 <125 f. Rn. 127>; 140, 240 <294 f. Rn. 110>; 145, 304 <325 f. Rn. 68>; 149, 382 <394 Rn. 19>). Eine Einschränkung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentierung aus rein finanziellen Gründen kann zur Bewältigung einer der in Art. 109 Abs. 3 Satz 2 GG genannten Ausnahmesituationen jedoch in Ansatz gebracht werden, wenn die betreffende gesetzgeberische Maßnahme Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung ist, das anhand einer aussagekräftigen Begründung in den Gesetzgebungsmaterialien – gegebenenfalls unter ergänzender Heranziehung der im Rahmen eines Konsolidierungs- oder Sanierungshilfeverfahrens getroffenen Vereinbarungen – erkennbar sein muss (vgl. BVerfGE 139, 64 <125 f. Rn. 127>; 140, 240 <294 f. Rn. 110>; 145, 304 <325 f. Rn. 68>; 149, 382 <394 f. Rn. 19>). Ein solches Konzept setzt inhaltlich wenigstens die Definition eines angestrebten Sparziels sowie die nachvollziehbare Auswahl der zu dessen Erreichung erforderlichen Maßnahmen voraus (vgl. BVerfGE 149, 382 <399 Rn. 28>). Vor dem Hintergrund der Wertungen des Art. 3 Abs. 1 GG ist das notwendige Sparvolumen dabei gleichheitsgerecht zu erwirtschaften (vgl. BVerfGE 149, 382 <395 Rn. 19>). (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)
Auf diese Ausführungen dürfte sich die Kammer - schätze ich - beziehen. Auch Beamte dürfen also zur Haushaltskonsolidierung herangezogen werden. Dabei bleibt aber viererlei vom Gesetzgeber zu beachten:
1. Die Mindestalimentation als absolute Grenze zur Unteralimentation ist in möglichst allen Fällen zu wahren.
2. Das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen hat auch weiterhin Bestand.
3. Die finanziellen Einschnitte sind gleichheitsgerecht zu vollziehen, eben um ein "Sonderopfer" zu vermeiden.
4. Im Ergebnis ist also ein schlüssiges und umfassendes Konzept der Haushaltskonsolidierung notwendig, das gleichheitsgerecht vollzogen wird und entsprechend sachgerecht zu begründen ist.
Der langen Rede kurzer Sinn: Es hat ein solches Konzept m.W. bislang noch nicht gegeben. Es wäre darüber hinaus mit einem gewaltigen Aufwand für den Gesetzgeber verbunden (das ist weiterhin das Ziel der Schuldenbremse, nämlich dass eine grundgesetzlich nicht gestattete Neuverschuldung die Ausnahme bleibt), sodass es m.E. recht unwahrscheinlich ist, dass es jemals kommen wird (wir sehen ja die offensichtliche Möglichkeit von Sondervermögen, die letztlich ein solches Konzept bislang als nicht notwendig erachtet haben sollten), was wiederum heißt, dass wir wiederkehrende "Sonderopfer" von Beamten vorfinden. Jene zu regeln aber sind bekanntlich als gleichheitswidrig dem Besoldungsgesetzgeber verboten.