Autor Thema: Wann gilt Mail als zugestellt? Unterschied zu Brief? Wann läuft Frist ab?  (Read 3473 times)

maramara

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Hallo,

wenn eine E-Mail am 6.8. versandt wurde, wann gilt diese eigentlich als zugestellt?

Bei einem Brief sind es ja wohl drei Tage.

Aber wie sieht es eben mit einer E-Mail aus?

Besonders dann, wenn man nach einer E-Mail zwei Monate Zeit hat, Ansprüche geltend zu machen. Wann läuft da die Frist ab?

Welche Gesetzesgrundlage greift da bitte?

Eine E-Mail kann man ja auch sehr viel später lesen, wenn diese z. B. im Spam-Ordner gelandet ist.

Danke.

LG

Max

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wenn eine E-Mail am 6.8. versandt wurde, wann gilt diese eigentlich als zugestellt?
Nie,  wenn der Empfänger sie ignoriert.

heretic

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Nun, ignorieren kann man einen Brief auch - der Zugang in den betreffenden Machtbereich ist ausschlaggebend. Wenn die Mail in den Posteingang des Empfängers gelandet ist, dann ist sie zugestellt - wird sich vom Absender aber nur schwer nachweisen lassen  ::)


Kaiser80

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Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht.  §130 BGB

Nie,  wenn der Empfänger sie ignoriert.

Steht da was von "ignorieren verhindert Zugang"?

maramara

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Kurz zur Aufklärung:

eine Schwerbehinderte hat sich bei einer Behörde beworben, wurde aber nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, obwohl sie nicht offensichtlich ungeeignet ist, also zu einem Bewerbungsgespräch hätte eingeladen werden müssen, sie erhielt am 06.08. eine Absage per E-Mail. Die Schwerbehinderung wurde rechtskonform in den Unterlagen angegeben.

Jetzt überlegt die Schwerbehinderte, ob sie entsprechende Entschädigungen geltend macht.

Der Absender könnte ja max. dann belegen, dass die E-Mail in den Machtbereich der Empfängerin gelangt ist, wenn diese eine Lesebestätigung geschickt hat, oder!? Und wenn nicht, wann gilt eine E-Mail für den Absender als zugestellt? Ist eine E-Mail überhaupt ein rechtssicherer Weg für den Absender?

Bis wann hat sie also Zeit, Ansprüche anzumelden? Bis 05.10. oder 06.10. oder 07.10. oder auch bis zum Sankt Nimmerleinstag, wenn die E-Mail eben im Spamordner war und diese z. B. erst am 06.09. gesehen wurde? Dann bis zum 05.11. oder 06.11. oder 07.11.?

Wer hat hier die Beweispflicht? Der Absender, der belegen muss, dass die Mail direkt am 06.09.2020 zugestellt wurde und so sicherlich auch gleich gelesen wurde oder die Empfängerin, die die Mail erst Tage später gelesen hat und danach die Frist bemisst?


Kaiser80

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Kurz zur Aufklärung:

eine Schwerbehinderte hat sich bei einer Behörde beworben, wurde aber nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen, obwohl sie nicht offensichtlich ungeeignet ist, also zu einem Bewerbungsgespräch hätte eingeladen werden müssen, sie erhielt am 06.08. eine Absage per E-Mail. Die Schwerbehinderung wurde rechtskonform in den Unterlagen angegeben.

Jetzt überlegt die Schwerbehinderte, ob sie entsprechende Entschädigungen geltend macht.

Der Absender könnte ja max. dann belegen, dass die E-Mail in den Machtbereich der Empfängerin gelangt ist, wenn diese eine Lesebestätigung geschickt hat, oder!? Und wenn nicht, wann gilt eine E-Mail für den Absender als zugestellt? Ist eine E-Mail überhaupt ein rechtssicherer Weg für den Absender?

Bis wann hat sie also Zeit, Ansprüche anzumelden? Bis 05.10. oder 06.10. oder 07.10. oder auch bis zum Sankt Nimmerleinstag, wenn die E-Mail eben im Spamordner war und diese z. B. erst am 06.09. gesehen wurde? Dann bis zum 05.11. oder 06.11. oder 07.11.?

Wer hat hier die Beweispflicht? Der Absender, der belegen muss, dass die Mail direkt am 06.09.2020 zugestellt wurde und so sicherlich auch gleich gelesen wurde oder die Empfängerin, die die Mail erst Tage später gelesen hat und danach die Frist bemisst?
Wer am Rechtsverkehr teilnimmt, der hat i.d.R. Zugang sicherzustellen. Bei mail verkehr gilt m.E. "zu normalen Geschäftzzeiten".
Es gibt aber reichlich Rechtssprechung hierzu

maramara

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Grad gefunden:

"Eine E-Mail gilt als zugestellt, wenn sie in die Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird. Die Beweislast liegt allerdings bei demjenigen, der sich auf den Zugang der E-Mail beruft. Um den Nachweis führen zu können, muss dieser als eine Eingangs- oder Lesebestätigung beibringen. Ein Ausdruck der abgeschickten E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung reicht dafür jedoch nicht aus. Auch ist es kein Beweis für die Zustellung, dass die Absendung der E-Mail belegt werden kann."

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg vom 27. November 2011, Az.: 15 Ta 2066/12

D. h. doch, der Absender, also die Behörde muss nachweisen, dass die E-Mail am 06.08. zugengangen ist und somit die Frist am 06.10. abgelaufen ist, sofern die Schwerbehinderte Entschädigung erst nach dem 07.10. geltend macht, oder!?


Carnie

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Und rein technisch kann man das Senden von Lesebestätigungen unterbinden. Heisst im Klartext wer sicher gehen will sollte auf Mail verzichten.

WasDennNun

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Bleibt die Frage, ob eine Behörde es wagt zu Lügen, was den Eingang auf dem Mailserver angeht.
Denn schließlich lässt sich das ja auch Monate später technisch nachvollziehen, wenn man Einblick in die Logdateien erzwingt.

Kaiser80

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Bleibt die Frage, ob eine Behörde es wagt zu Lügen, was den Eingang auf dem Mailserver angeht.
Denn schließlich lässt sich das ja auch Monate später technisch nachvollziehen, wenn man Einblick in die Logdateien erzwingt.
Ja. Hier war/ist der Fall aber andersherum gelagert...

Lars73

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Laut dem beschriebenen Sachverhalt ist die E-Mail in den Verantwortungsbereich dem Empfängers gelangt. Soweit die E-Mail Adresse in der Bewerbung angegeben wurde, konnte der Absender davon ausgehen, dass das E-Mail-Konto regelmäßig gesichtet wird. (Bei einer zufälig gefundene private E-Mail Adresse kann der Sender dagegen nicht davon ausgehen, dass diese regelmäßig ausgewertet wird.) Je nach Umständen des Einzelfalls und der Uhrzeit mag man vom Zugang am nächsten Tag ausgehen. SPAM-Ordner etc. liegen in der Verantwortung des Empfängers.

Die Behauptung die E-Mail nicht bekommen zu haben obwohl sie in diesem Sachverhalt im Spam-Filter gelandet ist und später gefunden wurde, wäre eine Straftat. Grundsätzlich ist es nicht auszuschließen, dass die Straftat nicht aufgedeckt wird und der Betrug erfolgreich wäre.

Allerdings muss man auch damit rechnen, dass das Gericht einer Behörde glaubt. Eventuell gibt es auch noch BCC-Empfänger der E-Mail die die Absendung der E-Mail bezeugen können. Das ist zwar kein Beweis des Zugangs, würde für das Gericht die Glaubwürdigkeit des Klägers beeinflussen. Das verschlechtert dann die Prozessaussichten erheblich.

maramara

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Ok, mal angenommen, die E-Mail ging ganz normal ins Postfach am 06.08.2020 ein und die Empfängerin hat diese Mail am 07.08. oder am 09.08. gelesen, dann läuft die zweimonatige Frist bitte wann ab, bis wann muss also dem Absender ein entsprechendes Schreiben zugegangen sein? Am 06.10. 07.10., 08.10.?

Warumdendas

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 „Eine E-Mail gelangt dann in den Machtbereich, wenn sie in der Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird" (LArbG Berlin-Brandenburg v. 27.11.2012)
Das ist doch umgehend nach Versendung. Somit sollte die Frist am Tag der Versendung der Mail beginnen.




maramara

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„Eine E-Mail gelangt dann in den Machtbereich, wenn sie in der Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird" (LArbG Berlin-Brandenburg v. 27.11.2012)
Das ist doch umgehend nach Versendung. Somit sollte die Frist am Tag der Versendung der Mail beginnen.

D. h., dem Absender müsste ein Schreiben bis spätestens einschließlich 06.10. zugehen?

Lars73

  • Gast
Das kann man pauschal nicht sagen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an und ggf. der dazu gemachte Vortrag. Aber es ist ja sowieso noch genug Zeit um ein kurzes Schreiben aufzusetzen weshalb man dies nicht abschließend klären muss. Auf der Sicheren Seite ist man bei 6.10. Bei entsprechenden Gründen und insbesondere recht später Absendezeit der E-Mail mag sich auch 7.10. gut begründen lassen.