Ich denke nicht, dass bei den hochqualifizierten Tätigkeiten durch die Digitalisierung per se Einspareffekte vorliegen und kann daher die Einschätzung nicht teilen, dass man bis auf den Inflationsausgleich nichts machen braucht. Für meine Arbeitsbereiche in der räumlichen Planung kann ich feststellen, dass die Vorgaben durch Gesetze in Bezug auf Planungsrecht, Umwelt- und Artenschutz und Anpassung an den Klimawandel immer komplexer werden. Dazu sollen rechtssichere Verträge mit dritten abgeschlossen werden. Es muss immer mehr geleistet werden, um beispielsweise ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen oder einen Regionalplan oder Bebauungsplan aufzustellen. In den Arbeitsbereichen geht es wie in vielen anderen der hochqualifizierten Mitarbeiter nicht um Akten heften oder in die Aktenkammer zu bringen. Die Abbau Effekte sehe ich eher bei den einfachen Tätigkeiten wo es um falzen, heften, lochen geht oder meinetwegen beim hier oft zitierten Postwagen Schubser.
Und für den geschilderten Arbeitsbereich gute Leute zu finden ist bei den, wenn auch zu restriktiv oder falsch angewendeten Gehaltsstrukturen einfach schwierig. Da die Gesetzgeber sich über Verordnungen in der EU und beim Bund und den Ländern immer mehr selbst auferlegen, bräuchte man eigentlich mehr qualifiziertes Personal als weniger. Eine Software wird mir mit Sicherheit nicht fachlich und inhaltlich dabei helfen, ein derart komplexes Verfahren fachlich korrekt abzuschließen.
Aber solange es wie in den letzten Jahren höchstens zum Inflationsausgleich oder gar nur zum reallohnverlust reicht, hebe ich bei derart komplexen Randthemen einfach die Hände und verweise darauf, dass ich das nicht beurteilen kann und ein Gutachter brauche. Das übliche "dafür bin ich nicht zuständig Spiel". Ich bin es leid für ein unfair empfundenes Gehalt mit dem Stufensystem mir die Mühe zu machen, Defizite in der jetzt schon mangelhaften Personalausstattung auszugleichen. Im Zweifel wird es dann teuer nach außen vergeben oder kann einfach nicht abgeschlossen werden, weil auch kein Geld da ist, um Sachen zu vergeben.
Also die Einschätzung, dass alles im öD schon ganz gut ist, weil man ja in der Privatwirtschaft an Leistungen geknüpft bezahlt wird, kann ich nicht teilen. Diese Einschätzung setzt ja meines Erachtens schon per se voraus, dass sich im öffentlichen Dienst nur Leistungsunwillige befinden. Klar kommt jetzt die Gegenrede, dass die Personaler schon jetzt leistungsbezogen zahlen könnten. In meiner Lebenswirklichkeit und unter vielen Kollegen in anderen Städten und anderen Ländern ist mir das aber bei noch keinem untergekommen. Scheinbar wird es zu restriktiv gehandhabt, um Geld zu sparen und daher würde ich es auch begrüßen wenn man nach einem paar Jahren und nicht erst nach 15 Jahren zu seinem vollen Gehalt kommt. Davor fühle ich mich einfach um Geld betrogen. Daher würde es auch was bringen meinetwegen nur noch drei Stufen zu haben und das Ende bereits nach vier oder fünf Jahren erreicht zu haben.
Einiges ist hier schön auf den Punkt gebracht.
Es gibt die Lebens-nicht-wirklichkeit des TV-L (z.B. §16 Abs. 5) versus die Lebenswirklichkeit der Personaler, die nix anderes mehr kennen außer sparen, Stellen nicht mehr nachbesetzen, Aufgaben auf das übrige Personal verteilen, aber keine Höhergruppierungen ermöglichen. Und wehe es fordert mal jemand was und weist auf die Missstände hin. Dann wird man abgeschmettert und bekommt gebetsmühlenartig gesagt: "euch geht's doch gut".
So wie mein Versuch der "Kleinen Nettigkeiten", also frisches Obst im kleiner Küchenbereich mit Tee, Keksen und Wasser - etwas völlig normales in der pW, wird mit scheinheiligen Begründungen abgeschmettert. Man ist überhaupt nicht mehr gewillt, sein Personal zu halten.
Es geht nicht darum, dass der Postwagenschubser nun noch die Aufgaben der Kopierhilfe übernimmt. Es geht tatsächlich um die Leute, die die Aufgaben von einem dauerhaft erkrankten Bauleit-, Regio- oder Raumordnungsplaner noch zusätzlich übernehmen und nebenbei vielleicht noch Corona-Hilfsanträge bearbeiten, Kartenmaterial erstellen und eventuell die GIS-Daten up-to-date halten und nebenbei Ihre Kinder notbetreuen.
So sieht mittlerweile die Realität bei uns aus. Das ist gemachte/gewollte "Personalverbrennung-vor-Renteneintritt."
Das "System Behörde" ist (tatsächlich und institutionell) völlig kaputt.