Autor Thema: Direktionsrecht im öD  (Read 2211 times)

AlphaOmega

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Direktionsrecht im öD
« am: 23.10.2020 22:57 »
Beitrag aus einem bereits geschlossenen Thread:
"Deine Rechtsauffassung krankt bereits daran, daß das Direktionsrecht des AG - insbesondere des AG im öD - eben gerade nicht auf die Tätigkeitsbeschreibung beschränkt ist. Die könnte der AG auch täglich anpassen, wenn er lustig ist - sofern er sich in derselben EG bewegt. Bei lediglich vorübergehender Übertragung könnte er davon auch abweichen - und im Einzelfall auch Tätigkeiten anweisen, die gänzlich anderer Natur sind. Das Direktionsrecht des AG ist gerade auch inhaltlicher Natur - der AG kann sogar festlegen, welche Stiftfarbe ein Beschäftigter zu verwenden hat und in welcher Schriftgröße und -art er zu schreiben hat, ja sogar, welche Rechtschreibung er zu verwenden hat. Und selbstverständlich kann er auch bestimmen, was jemand bei einem Pressetermin sagt. "

1. Heißt das, dass der AG einem Hausmeister anweisen kann, eine Übersetzung vom Chinesischen ins Deutsche zu tätigen und dieser das auch tun muß, wenn er es kann?
2. Ist EG in "in derselben EG" so zu verstehen, dass sich die Eingruppierung des AN nach einer Entgeltordnung richtet?

Spid

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #1 am: 23.10.2020 23:01 »
1. Grundsätzlich ja.
2. Wie meinen?

AlphaOmega

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #2 am: 23.10.2020 23:09 »
Zu 1. Ich finde das ziemlich krass. Das heißt ja, dass der öffentliche AG durch eine Stellenausschreibung zwar bestimmte Fähigkeiten "einkauft", aber dann alle Fähigkeiten des AN abrufen kann, solange sich die Eingruppierung nicht ändert.
Zu 2. Ich muss es wohl konkreter machen. Mir ist bekannt, dass für Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Universitäten, Kunsthochschulen und auch Fachhochschulen die Entgeltordnung des TV-H nicht gilt. Die Bezahlung erfolgt hier aufgrund eines Erlasses. Wie bestimmt sich in diesem Fall die Reichweite des Direktionsrechts?

Spid

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #3 am: 23.10.2020 23:28 »
1. Man kauft nicht bestimmte Fähigkeiten ein. Man tauscht Arbeit gegen Geld.
2. Die Bezahlung erfolgt bei AN nicht aufgrund eines Erlasses, sondern entsprechend dessen, was AN und AG im Arbeitsvertrag vereinbart haben. Das kann natürlich der Inhalt des Erlasses sein. Das Direktionsrecht findet seine Grenzen an jenen des Arbeitsvertrages und rechtlichen Regelungen - übrigens auch im öD. Das heißt aber nicht, daß der AG nicht den Inhalt des Arbeitsverhältnisses konkretisieren darf oder im Einzelfall unter Abwägung der gegenseitigen Interessen andere Tätigkeiten zuweisen darf, bspw. in Ausnahmesituationen und Notfällen. Ein „Bekämpfen Sie den Brandherd in Ihrem Papierkorb mit dem Pulverfeuerlöscher“ oder „Halten Sie diese beiden Fabergè-Eier fest, während draußen die Pfahlramme arbeitet“ dürften kaum unter Hinweis auf den Arbeitsvertrag verweigert werden.

AlphaOmega

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #4 am: 24.10.2020 00:05 »
1. Welche Bedeutung für die Tätigkeiten hat dann überhaupt eine Stellenausschreibung und ein dort genanntes Profil, z.B. unter "Ihre Aufgaben"? Woher weiß ein AN, was der AG alles von einem verlangen kann? Wenn mein AG zu mir sagt: "Jetzt lauf mal nackt über die Straße xy." muß ich das tun? oder "Sag zu Angela Merkel z, damit ich nicht schlecht da stehe."
2. Und wenn in dem Arbeitsvertrag steht, dass sich die wahrzunehmenden Aufgaben nach der ausgehändigten Tätigkeitsbeschreibung richten und diese Aufgaben unter dem Vorbehalt einer Überprüfung stehen, sich aber keinerlei Hinweis findet, in welchem Rahmen sich diese Überprüfung bewegt?

Spid

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #5 am: 24.10.2020 03:13 »
Was soll dann jeweils sein? Es ist nicht das erste Mal, daß sich ein Thread von Dir so entwickelt, daß aus der Bejahung der Frage, ob man aus Ziegeln eine Mauer bauen könne, sich Fragen entspinnen wie „Und wenn die Ziegel schwarz sind? Und wenn die Ziegel Quallen sind? Und die Quallen mit ihren Nesseln einen nigerianischen Prinzen beim Durchschwimmen des Atlantiks verletzen? Was ist dann mit der Mauer? Und wer backt sonntags die Brötchen? Mögen Quallen überhaupt Brötchen?“

AlphaOmega

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #6 am: 24.10.2020 10:37 »
Kannst du Beispiele nennen, welche Tätigkeit ein AN verweigern kann (außer solche, die sich außerhalb der Entgeltgruppe bewegen)?

Ich habe den Eindruck, dass sich manchmal an einem Sachverhalt nur eine Kleinigkeit ändern muss und dannneue Gesichtspunkte mit betrachtet werden müssen und Gerichte in diesem Fall dann anders urteilen. Ich versuche durch meine Fragerei nur herauszufinden, welche Dinge das sind.

Lars73

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #7 am: 24.10.2020 10:58 »
Die Grenzen des Direktionsrecht ergeben sich aus dem Gesetz und der daraus abgeleiteten Rechtsprechung. Es kommt dabei auf die jeweiligen berechtigten Interessen der Vertragsparteien an und der nötigen Abwägung dieser.

Die Grenze wird überschritten, wenn man bewusst geringerwertige Tätigkeitsanteile ohne Bezug zur eigenen Tätigkeit überträgt. Briefe einzuscannen die man selber bearbeitet ist auch bei E14 ok. Aber zu 40% in der Poststelle zum scannen von Briefen eingesetzt zu werden wird ohne eine besondere Rechtfertigung  das direktionsrecht überschreiten. Auch wird sie ggf. überschritten, wenn bewusst unterhalb der eingruppierungsrelevanten Schwelle höherwertige Tätigkeiten übertragen werden. Also der promovierte Pförtner der dann zu 45% forschen soll.

Es gibt zum Thema umfangreiche Kommentarliteratur und Rechtsprechung. Juris liefert zu Grenzen/Direktionsrecht über 6000 Urteile.

Wenn man selber es nicht beurteilen kann sollte man sich im Zweifelsfall halt rechtlichen Rat suchen. Man kann natürlich auch das Gespräch suchen und schauen welche Erwägungen der Arbeitgeber dann mitteilt.

Spid

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #8 am: 24.10.2020 11:12 »
Wie @Lars73 zutreffend ausführt, bedarf es - wie bei zivilrechtlichen Sachverhalten im allgemeinen und arbeitsrechtlichen Sachverhalten im besonderen - häufig einer Interessenabwägung des jeweiligen Einzelfalls, weshalb ich bei den pauschalen Sachverhalten bei meinen Antworten auch mittels „grundsätzlich“ einschränkte. Grundsätzlich wird es unzumutbar sein, einen Abteilungsleiter in E14 mit der Reinigung von Sanitäranlagen zu beauftragen. Ausnahmsweise mag das anders sein, weil er sie durch unsachgemäße Nutzung, bspw. indem er sie bei der Betriebsfeier betrunken vollgekotzt hat, selbst unüblich verunreinigt hat. Einem Hausmeister, der als solcher Kraft Arbeitsvertrag eingestellt ist, in E4 zu 40% mit Übersetzungsaufgaben betrauen, wird grundsätzlich unzulässig sein. Diesen Hausmeister als chinesischen Muttersprachler damit zu beauftragen, ein aufgefundenes Schriftstück in chinesischer Sprache zu übersetzen, um den Eigner des Dokuments aufzufinden oder darüber zu entscheiden, ob man es entsorgen kann oder aufbewahrt, dürfte rechtmäßig sein.

AlphaOmega

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Antw:Direktionsrecht im öD
« Antwort #9 am: 24.10.2020 15:17 »
Ich danke Euch.