Autor Thema: Bossing nach Entfristungsklage  (Read 7793 times)

tara

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Bossing nach Entfristungsklage
« am: 30.10.2020 22:34 »
Schönen guten Abend,

nach 6 Jahren vieler Befristungsverträge habe ich geklagt und eine Entfristungsklage gewonnen.
Ich habe nicht erwartet, mit offenen Armen empfangen zu werden, aber mit soviel "Hass" habe ich nicht gerechnet, zumal ich in dieser Abteilung viele Jahre zufriedenstellend gearbeitet habe:
Für mich wurde eine Stelle eingerichtet für die ich überhaupt keine Expertise, keinen fachlichen Hintergrund habe. Ich soll mit einer halben Stelle innerhalb von drei Monaten ein mega Projekt umsetzen und auch noch für andere Abteilungen Aufgaben übernehmen. Ich bekomme keine Zeit mich einzuarbeiten, bzw. eine Weiterbildung in dem Thema. Ich wurde als einzige in ein anderes Gebäude versetzt, arbeite nicht mehr mit dem Team zusammen. Ich darf an keinen Teamsitzungen mehr teilnehmen und bin auch nicht im Emailverteiler und habe keinen Zugriff zum Laufwerk der Abteilung. Ich muss alle drei Wochen über meine Arbeitsergebnisse persönlich berichten und darf auch als einzige kein homeoffice machen, der Rest des Teams darf einen Teil der Arbeitszeit im homeoffice verbringen. Die Sekretärin weigert sich mit mir zu sprechen, Krankschreibungen etc. soll ich direkt an die Vorgesetzte schicken. Ich habe bis heute keine BAK erhalten und ich erhalte nur einen Funktionsaccount, zu dem zwei weitere Personen Zugang erhalten werden.
Es wird im Büro getratscht, dass die Stelle nur eingerichtet wurde, damit ich an Überforderung scheitere, deswegen  auch die Isolation und Wegfall von jeglichen Informationen. Meine Vorgesetzte grüßt mich auch nicht.
Eine Gespräch wird abgelehnt, eine Kommunikation ist nicht möglich. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Lohnt es sich, weiter zu kämpfen, doch eher nicht....

Spid

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #1 am: 30.10.2020 22:54 »
Worin liegt denn das Problem?

Bastel

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #2 am: 30.10.2020 23:03 »
Such dir einen anderen AG.

ike

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #3 am: 31.10.2020 04:51 »
Such dir einen anderen AG.

Anstatt der Klage und der damit verschwendeten Energie / Lebenszeit hätte ich auch eher die eine oder andere Bewerbung geschrieben oder zumindest beides parallel betrieben.

Ich habe vor kurzen eine AGG / SGB IX Klage gg. meinen jetzigen AG gewonnen und gehe nicht mehr davon aus, das das Verhältnis AG / AN in irgend einer Form noch heilbar ist.

Tagelöhner

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #4 am: 31.10.2020 06:07 »
Ich kann nur dringend empfehlen die innere Einstellung zu diesem "Job" zu verändern. Fasse es nicht als reine Schikane auf, sondern leiste exakt so Dienst nach Vorschrift, wie es von dir verlangt wird. Lasse dich nicht zermürben und in die Opferrolle pressen, erbringe einfach deine Arbeitsleistung nach mittlerer Art und Güte.

Hier gilt es jetzt Durchhaltevermögen zu zeigen und diese Spielchen zum Teil einfach mitzuspielen. Falls man entsprechend gestrickt ist, kann man ja zu den richtigen Zeitpunkten für die persönliche Genugtuung auch mal eine Retourkutsche starten.

Parallel nach beruflichen Veränderungsmöglichkeiten Ausschau zu halten, ist natürlich trotzdem nicht verkehrt.

Isie

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #5 am: 31.10.2020 07:55 »
Das Problem ist aber doch, dass tara vermutlich unter den von ihr geschilderten Umständen gar nicht in der Lage ist, eine Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte zu erbringen. Also  ist vermutlich mit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers zu rechnen. Was kann tara dagegen tun?

Spid

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #6 am: 31.10.2020 08:08 »
Inwiefern wäre sie an einer Leistung mittlerer Art und Güte gehindert? Dabei handelt es sich schließlich um eine solche, die der individuelle AN unter angemessener Anspannung seiner körperlichen und geistigen Kräfte erbringen kann.

MH

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #7 am: 31.10.2020 09:24 »
So, wie du das alles schilderst, wäre es auch für mich in Unding und ich würde mich sehr unwohl fühlen.
Ich hätte mir wohl eher die Frage gestellt, warum ich 6 Jahre lang nur "mit Sachgrund" befristet werde und keine Entfristung erhalte. Hast du vor der Klage mal ein Gespräch mit deinen Vorgesetzten gesucht? Sitzt jetzt jemand neues auf deiner alten Tätigkeit? Wie ist diese Person nun eingestellt?
Ich denke, ich hätte auch auf eine Klage verzichtet  (wie ike) und lieber eine neue unbefristete Stelle gesucht. Man kann ja damit rechnen, das wenn man sich in eine Arbeitsstelle "hineinklagt" dass das Verhältnis nicht rosig sein wird - wie du ja bereits ja auch selbst vermutet hast.
Es gibt nur zwei Lösungen: Entweder du ziehst das jetzt durch oder du suchst dir einen anderen AG. Was hast du verlieren, da du ja jetzt unbefristet bis.. hast du ja Zeit einen passenden AG zu finden.
Wünsche dir viel Erfolg, egal welchen Weg du gehst!
Edit: Gibt es bei euch keinen Personalrat?

AndreasG

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #8 am: 31.10.2020 09:33 »
Zitat
soll mit einer halben Stelle innerhalb von drei Monaten ein mega Projekt umsetzen

Warten bis das Projekt nur noch 6 Wochen übrig hat, bis dahin gut arbeiten und das dokumentieren - dann 6 Wochen Krankenschein.


Auch ohne Krankenschein kann ich nur dringend empfehlen das Verhalten der Vorgesetzten und der Mitarbeiter zu Dokumentieren insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Projekt.

Da man damit rechnen kann dass nach einem Fehlschlag des Projekts versucht wird dich loszuwerden musst du jetzt schon dokumentieren warum das Projekt von vornherein nur scheitern konnte.

Idealerweise die Vorgesetzten schriftlich über alles informieren was deiner Meinung nach dem erfolgreichen Projektabschluss im Wege steht und diese Mitteilungen archivieren sowie die darauf erfolgte bzw nicht erfolgte Reaktion dokumentieren.

Spid

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #9 am: 31.10.2020 09:38 »
[gelöscht, Admin]
« Last Edit: 01.11.2020 19:45 von Admin »

WasDennNun

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #10 am: 31.10.2020 09:52 »
Zunächst einmal ist es ja "verständlich", dass die den AG vertretende Menschen sauer sind.
Denn durch die gewonnene Klage wurde ihr Versagen vernünftige Verträge zu machen aufgedeckt.
(Randnotiz: ich habe über 20 Jahre sehr gut mit Zeitverträgen gelebt und bin nie auf den Gedanken gekommen mich irgendwo rein klagen zu wollen.)

Das Problem ist aber doch, dass tara vermutlich unter den von ihr geschilderten Umständen gar nicht in der Lage ist, eine Arbeitsleistung mittlerer Art und Güte zu erbringen. Also  ist vermutlich mit einer Kündigung seitens des Arbeitgebers zu rechnen. Was kann tara dagegen tun?
Eben die Arbeitsleistung von mittler Art und Güte zu der sie im Stande ist zu leisten.

Und natürlich permanent schriftlich darstellen, dass die übertragenden Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu leisten sind.
Und natürlich auch schriftlich darlegen (für die obere Heeresleitung) das der Vorgesetzte wieder mal versagt hat, weil er offensichtlich nicht die beste Personalauswahl für das Projekt gemacht hat.

Und warum den Vorgesetzen über eine Krankschreibung informieren, der ist doch nicht der AG, da würd ich auch stumpf der Personalstelle die Krankmeldung geben, sollen die doch den Vorgesetzen informieren.
(Nicht das der Vorgesetze aus versehen mal ne Krankschreibung verliert...)

Und was du schilderst ist ja quasi lächerlich: "Es wird im Büro getratscht..."
Offensichtlicher geht es doch nicht, oder?

Also auch dieses offen nach oben kommunizieren und verschriftlichen, insbesondere wenn der Vorgesetzte nicht auf deine Überlastungsanzeigen reagiert, einfach mal die nächst höhere Ebene anschreiben und darauf aufmerksam machen das der Vorgesetzte das Projekt an die Wand fahren lässt.

Ansonsten kann man sich nur fragen, warum man sich so etwas an tut?
Entweder man hat das dicke Fell und spielt das Spiel mit.
Oder man hat es nicht und schützt sich selber und sucht sich was anderes.

Zitat
soll mit einer halben Stelle innerhalb von drei Monaten ein mega Projekt umsetzen

Warten bis das Projekt nur noch 6 Wochen übrig hat, bis dahin gut arbeiten und das dokumentieren - dann 6 Wochen Krankenschein.
Es wäre sehr ungeschickt das Projekt mit 6 Wochen Krankenschein an die Wand zu fahren, besser ist es 8 Wochen vor Ende die Notbremse bei dem Chef des Vorgesetzen zu suchen und den darüber aufzuklären, dass der Vorgesetze nicht auf die Überlastungsanzeigen und/oder Nachweis der Fehlplanungen bzgl. eingesetzter Ressourcen reagiert.

WasDennNun

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #11 am: 31.10.2020 09:53 »
Und natürlich bei weiteren Aufgaben Zuteilungen klar den Chef entscheiden lassen, was dann nicht gemacht werden soll!

Demagial

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #12 am: 31.10.2020 09:58 »
Ich kann mich AndreasG nur anschließen, alles dokumentieren und mit nach Hause nehmen. Wichtige Mails ggfs. mit Lesebestätigung versenden. Mündliche Aussagen immer schriftlich bestätigen lassen!

Kannst du den Personalrat einschalten?


AndreasG

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #13 am: 31.10.2020 10:14 »
Natürlich nicht einfach an die Wand fahren.

Ich würde jetzt schon darauf aufmerksam machen, dass das Projekt einen Vertreter braucht für den Fall der Fälle.
Wird nicht darauf reagiert - dokumentieren.

Ich würde in einem solchen Fall alles dokumentieren und vor allem die entsprechenden Vorgesetzten zeitnah darüber informieren dass der erfolgreiche und termingerechte Abschluss des Projektes aus .... Liste der Gründe
einfügen stark gefährdet ist.

Reagieren die Vorgesetzten trotz widerholter und begründeter Warnung nicht, dürfte die Mitarbeiterin nicht für ein Scheitern verantwortlich gemacht werden können sondern die Vorgesetzten selbst bringen sich in die Schusslinie.

Im Worst Case kann man so auch eine Kündigungsschutzklage begründen bzw. falls sich Mobbing dokumentieren lässt auch zivilgerichtlich Schadenersatz geltend machen.

Spid

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Antw:Bossing nach Entfristungsklage
« Antwort #14 am: 31.10.2020 10:22 »
Da das Scheitern eines Projekts ohnehin keinen hinreichenden Kündigungsgrund darstellt, braucht es der Dokumentation regelmäßig nicht. Da Mobbing nicht rechtswidrig ist, gibt es auch keinen Schadensersatz. Auch sonstiges rechtswidriges Tun ist im Sachverhalt nicht erkennbar. Vielmehr schöpft der AG sein Organisations- und Direktionsrecht lediglich aus. Das ist angesichts der Regelungen des KSchG ja offenkundig auch so gewollt.