Autor Thema: Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH  (Read 3384 times)

hermans

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Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« am: 26.11.2020 01:39 »
Ist ein verbleibender Urlaubsanspruch einer beamteten Person finanziell abzugelten, wenn unerwartet die Beendigung des Beamtenverhältnisses verfügt wird, die Zeit zwischen Bekanntgabe der Verfügung und dem Tag der Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht ausreicht den verbleibenden Urlaub vollständig zu nehmen und die beamtete Person bis zur Bekanntgabe der Verfügung zu keinem Zeitpunkt gesundheitlich gehindert war Urlaub zu nehmen?

Lars73

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #1 am: 26.11.2020 07:18 »
Grundsätzlich wäre wohl von der Abgeltung des Urlaubsanspruches aus 2020 auszugehen. Für eventuelle Ansprüche aus 2019 kommt es auf die Details an. Wobei der Bund grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen die Urlaubsübertragung bis zum Ende des nächsten Jahres erlaubt.

Asperatus

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #2 am: 29.11.2020 10:08 »
Aus Fürsorgegründen sollte die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis erst zu dem Termin verfügt werden, zu dem die Möglichkeit bestand, den bis dahin erworbenen Urlaubsanspruch vollständig zu nehmen. Vielleicht ließe sich der Dienstherr auf eine Verschiebung des Beendigungstermins nach hinten ein?

Ich gehe davon aus, dass im von hermanns geschilderten Sachverhalt § 10 EUrlV analog anzuwenden ist. Die Mangel an Restdienstzeit ist vergleichbar als Hinderungsgrund zu bewerten wie die vorübergehende Dienstunfähigkeit. Allerdings ist die Abgeltung auf den unionsrechtlichen Mindesturlaubsanspruch (24 Tage) beschränkt. "Im Urlaubsjahr bereits genommener Erholungsurlaub oder Zusatzurlaub ist auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch (Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2003/88/EG) anzurechnen, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist." (§ 10 Abs. 2 EUrlV) Ich lese diesen Satz so, dass sofern bereits 24 Tage Urlaub im Jahr der Entlassung genommen wurden, auch wenn diese noch aus einem Anspruch des Vorjahres resultieren, keine Abgeltung erfolgt.

Des Weiteren regelt § 10 EUrlV: "Die Höhe des Abgeltungsbetrages bemisst sich nach dem Durchschnitt der Bruttobesoldung für die letzten drei Monate vor Beendigung des Beamtenverhältnisses. Bruttobesoldung sind die Dienstbezüge (§ 1 Absatz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes), die während eines Erholungsurlaubs weitergezahlt worden wären. Der Abgeltungsanspruch verjährt innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Urlaubsjahres, in dem das Beamtenverhältnis beendet wird." (§ 10 Abs. 3 und 4 EUrlV).

hermans

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #3 am: 30.11.2020 00:09 »
"Im Urlaubsjahr bereits genommener Erholungsurlaub oder Zusatzurlaub ist auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch (Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2003/88/EG) anzurechnen, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist." (§ 10 Abs. 2 EUrlV) Ich lese diesen Satz so, dass sofern bereits 24 Tage Urlaub im Jahr der Entlassung genommen wurden, auch wenn diese noch aus einem Anspruch des Vorjahres resultieren, keine Abgeltung erfolgt.
Wurde in einem Jahr kein Urlaub genommen, ins Folgejahr übertragen und von diesem Folgejahr an immer nur der Urlaub aus dem jeweiligen Vorjahr genommen (vor Verfall), gäbe es dann im ungünstigsten Fall gar keine Abgeltung?!

Also z.B.:
Jahr x-2: 0 Tage Urlaub genommen (-> 30 Urlaubstage fürs Folgejahr)
Jahr x-1: 30 Tage Urlaub aus Vorjahr genommen (-> 30 Urlaubstage fürs Folgejahr)
Jahr x: kein Urlaub genommen, kurzfristige Entlassung und Beurlaubung bis Jahresende.

Im Jahr x können bis Jahresende noch max. 30 Tage Urlaub genommen werden = kein Abgeltungsanspruch
Im Jahr x-1 wurden >24 Tage Urlaub genommen = kein Abgeltungsanspruch
Im Jahr x-2 wurden 0 Tage Urlaub genommen = Abgeltungsanspruch verjährt/verfallen

D.h. die angesparten 30 Urlaubstage verpuffen ersatzlos, wenn der Dienstherr nicht "fürsorglich" entlässt?

Asperatus

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #4 am: 30.11.2020 18:15 »
So lese ich es, wie gesagt, aus dem Text.

§ 10 Abs. 1 EUrlV: "Der Urlaub soll grundsätzlich im Urlaubsjahr in Anspruch genommen werden."

Wenn der Beamte aus freien Stücken den Urlaub ins nächste Jahr verschoben hat, ist ihm das wohl zuzurechnen, außer, er hat zum Beispiel Urlaub beantragt, der dann aber abgelehnt wurde.

So könnte die Behörde argumentieren, zwar nicht sehr fürsorglich, aber rechtlich wohl nicht zu beanstanden.

Aus welchem Grund endet das Beamtenverhältnis (§§ 30 ff. BBG)?

Landsknecht

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #5 am: 07.12.2020 08:56 »
Regelung in Bayern, Auszahlung nur bei Tod oder Beendigung des Beamtenverhältnisses aus einer Dienstunfähigkeit heraus, § 9 UrlMV. Auszahlung nur, was hinter 20 Tage (bei 5 Tage-Woche) genommenen Mindesturlaub nach BurlG zurückbleibt. In die 20 Tage fließen auch evtl. genommene Resturlaube aus 2019 ein.

Alphonso

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #6 am: 17.12.2020 08:32 »
Findet bei diesem Vorgehen nicht eine Diskriminierung gegenüber Angestellten statt durch das Heranziehen des Mindesturlaubes nach BUrlG mit 20 Tagen und nicht die gesetzlich festgelegte Dauer des Erholungsurlaubes bei Beamten durch die entsprechenden Verordnungen in Bund und Ländern mit 30 Tagen? Für eine Abgeltung bei Angestellten nach § 7 IV BUrlG gilt ja auch nicht der gesetzliche Mindesturlaub, sondern der vertraglich geregelte (30 Tage TVöD, TVL...).

Die Frage ist nur interessehalber.

Yvonne

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #7 am: 17.12.2020 11:10 »
Findet bei diesem Vorgehen nicht eine Diskriminierung gegenüber Angestellten statt durch das Heranziehen des Mindesturlaubes nach BUrlG mit 20 Tagen und nicht die gesetzlich festgelegte Dauer des Erholungsurlaubes bei Beamten durch die entsprechenden Verordnungen in Bund und Ländern mit 30 Tagen? Für eine Abgeltung bei Angestellten nach § 7 IV BUrlG gilt ja auch nicht der gesetzliche Mindesturlaub, sondern der vertraglich geregelte (30 Tage TVöD, TVL...).

Die Frage ist nur interessehalber.

Liegt vielleicht daran, dass es EuGH-Rechtsprechung ist und dort Beamt*innen als "Arbeitnehmer*innen" gelten.

hermans

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #8 am: 17.12.2020 11:44 »
Findet bei diesem Vorgehen nicht eine Diskriminierung gegenüber Angestellten statt durch das Heranziehen des Mindesturlaubes nach BUrlG mit 20 Tagen und nicht die gesetzlich festgelegte Dauer des Erholungsurlaubes bei Beamten durch die entsprechenden Verordnungen in Bund und Ländern mit 30 Tagen?
Angestellte und Beamte müssen rechtlich nicht gleichgestellt werden (Streikrecht, Wochenarbeitszeit, Bezüge, Beihilfe etc.). Allerdings muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.
Zitat
Für eine Abgeltung bei Angestellten nach § 7 IV BUrlG gilt ja auch nicht der gesetzliche Mindesturlaub, sondern der vertraglich geregelte (30 Tage TVöD, TVL...).
Das BUrlG trifft Regelungen für Arbeitnehmer.
Für Beamte findet die EUrlV Anwendung, die in § 10 geringere Abgeltungsansprüche nach EU-Recht vorsieht, als jene, die § 7 Absatz 4 BUrlG Arbeitnehmern einräumt. Darin sehe ich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Mir ist nicht bekannt, ob letzteres bereits höchstrichterlich überprüft wurde.

Lars73

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Antw:Urlaub, Abgeltung, EUrlV und EuGH
« Antwort #9 am: 17.12.2020 11:47 »
Wo wäre da Verhältnismäßigkeit verletzt?