Autor Thema: Wenn nicht "vorzugsweise" erfüllt, dann kein Bewerbungsgespräch  (Read 2371 times)

lizzi

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Hallo,

ich habe seit kurzem die schwerbehinderung mit 60 % bescheinigt bekommen. Und habe die auch in der letzten Bewerbung angegeben. Ausgeschrieben war eine Stelle, bei der ich alle Voraussetzungen erfüllte. Dann stand da aber "Vorzugsweise Kenntnisse in ...". Diese Kenntnisse hatte ich nun aber nicht. Eine Einladung bekam ich leider nicht. Ich fragte heute telefonisch nach, warum leider nicht. Die Antwort war, dass ich eben diese Kenntnisse nicht hatte und diese eben aber gefordert waren. Nun habe ich danach aber gelesen, dass "Vorzugsweise" kein Muss-, sondern ein Kann-Kriterium ist. Demnach hätte man mich einladen müssen. Oder liege ich da falsch? Es geht mir nicht darum, deswegen Theater zu machen, sondern einfach ums Verständnis. Damit ich mir bei folgebewerbungen keine falschen Hoffnungen mache und auch überlege, ob ich die Schwerbehinderung evtl. einmal und nie wieder angebe.

Danke euch.

LG

BStromberg

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Wer als schwerbehinderte Person nicht offensichtlich vollkommen ungeeignet ist, hat einen Anspruch auf Teilnahme am Verfahren. Das scheint nach Lesart der Schilderung vorliegend missachtet worden zu sein.

BAG 26.11.2020 (8 AZR 59/20) und 17.12.2020 (8 AZR 171/20) zur Einladungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers von schwerbehinderten Bewerbern
"Ich brauche Informationen.
Meine Meinung bilde ich mir selber."
(Charles Dickens)

Spid

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Sofern es sich um einen öffentlichen AG handelt.

lizzi

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Ja, ist eine Behörde. Ist also "vorzugsweise" kein Muss-Kriterium?

was_guckst_du

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Ja - es ist kein Musskriterium
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

clarion

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Man hätte Dich einladen müssen. Auch denn wenn es Bewerber gab, die das Vorzugskriterium erfüllt haben.

lizzi

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Ok. Danke euch. Dann weiß ich zukünftig Bescheid.

Macht es eigentlich Sinn, wenn ich meine Schwerbehinderung überhaupt angebe? Ist nicht so, dass ich nichts kann und vorweisen kann. Aber wenns auf der Kippe steht, denke ich, könnte es vielleicht nicht hinderlich sein, wenn man sie angibt, eingeladen werden muss, obwohl man vielleicht sonst nicht eingeladen worden wäre und dann im Gespräch zeigen kann, was man drauf hat.

Spid

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Wenn mir die Einladung eines Bewerbers aufgezwungen wird, ist es völlig egal, was dieser im Vorstellungsgespräch tut oder nicht tut, wel ich es ohnehin nicht bewußt wahrnehme, weil es mich überhaupt nicht interessiert. Wenn mich der Bewerber interessieren würde und er eine Chance auf Auswahl hätte, hätte ich ihn auch ohne Zwang eingeladen.

lizzi

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CmdrMichael

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Zumindest bringe ich erstmal allen Bewerbern im Vorstellungsgespräch den gleichen professionellen Respekt entgegen.

Die schwerbehinderten Bewerber, die sich nur auf die Stelle bewerben, um darauf zu hoffen, nicht eingeladen zu werden, damit sie dann auf Entschädigung klagen können, sagen eh am Tag vor dem Vorstellungsgespräch ab. Die, die kommen, scheinen sich ja zumindest ernsthaft für die Stelle zu interessieren und nicht ungeeignet zu sein.
Es erhalten eh alle Bewerber die gleichen Fragen und werden objektiv bewertet. Ein Goldkorn kann immer darunter sein. Zumindest habe ich in Vorstellungsgesprächen gelernt, dass manchmal die "Überflieger" bei den Bewerbungsunterlagen im Gespräch sich auch als richtige Nieten herausstellen können und so mancher mit "nur" guten Unterlagen, sowohl im Vorstellungsgespräch als auch im Anschluss auf dem Dienstposten überzeugen konnte.