Autor Thema: Rentenversicherung  (Read 11855 times)

Sputnik1978

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Rentenversicherung
« am: 17.06.2021 14:17 »
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nach der Bundestagswahl könnte es eine Mehrheit dafür geben, die Beamten in die Rentenversicherung einzubeziehen. Hat jemand eine Idee, wie das bei Beamten, die bereits über zehn Jahre im Dienst sind, praktisch funktionieren würde? Immerhin wurden ja schon Pensionsansprüche erworben.
Viele Grüße

Amtsschimmel

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #1 am: 17.06.2021 14:34 »
Da hoffe ich doch mal stark auf Bestandsschutz und eine sehr lange Übergangsphase.
Und im Idealfall darauf, dass sowas niemals kommen wird.

Sputnik1978

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #2 am: 17.06.2021 14:49 »
Ich glaube schon, dass sich da was tun wird. Mit Ausnahme der Union wollen an das Thema alle Parteien ran. Auch beim Thema Krankenversicherung dürften Änderungen möglich sein.

newT

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #3 am: 17.06.2021 15:18 »
Schon jetzt sind die unteren Besoldungsgruppen systematisch unteralimentiert.
Daher kann das Netto gar nicht sinken. Sprich der Gesetzgeber schieße sich massiv ins eigene Bein, weil die Personalkosten sofort massiv ansteigen würden, wenn er Bestandsbeamte in die RV integrieren würde, da der Bund die RV Beiträge komplett obendrauf geben müsste, da das Netto nicht noch weiter sinken darf.

Während es weit verbreitet ist, mit so einem Thema Wahlkampf zu machen, halte ich es extrem unwahrscheinlich, dass eine Regierung sich seinen eigenen Haushalt kaputt machen will, wenn man das Problem ohne Änderung so einfach noch 20-30 Jahre in die Zukunft schieben kann.

Allenfalls ist es möglich Neubeamte in die Rentenversicherung zu integrieren, dann aber nur mit massiv steigender Bruttobesoldung aus oben genannten Gründen.
Trotzdem gilt auch weiterhin das Alimentationsprinzip für Beamte, das muss meiner Meinung nach der Dienstherr auch dann gewährleisten.


Sputnik1978

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #4 am: 17.06.2021 17:32 »
Ich hoffe, Sie behalten Recht und die neue Regierung bleibt rational.

lumer

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #5 am: 17.06.2021 17:40 »
Das dürfte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehen. Es dürfte hergebrachter Grundsatz sein, dass sich die Pension eines Beamten aus dem Endamt ergibt. Die Rentenversicherung legt hingegen ein Lebensleistungsprinzip an. Die Systeme passen deshalb nicht zusammen.

Zudem habe ich vor kurzem in der Presse von Gutachten zur Analyse der Pensionslasten gelesen, die besagen sollen, dass die Pensionslasten beim Bund wieder abnehmen und das bei den Ländern bald der Höhepunkt der Pensionslasten erreicht sein soll. Würde man die Beamten in das bald überlastete Rentensystem überführen, würden die dortigen Ausgaben und die Ausgaben für den Haushalt steigen. Es wäre also eine Lose-Lose-Situation.

WasDennNun

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #6 am: 17.06.2021 19:48 »
Das dürfte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehen.
Der verfassungsmäßige Grundsatz ist die standesgemäße Alimenatation.
Und wenn die Rente zu solch einer führt, dann ist es natürlich verfassungskonform.

Zitat
Es wäre also eine Lose-Lose-Situation.
Da latt gesagt, der Pensionär heute weniger Geld kostet, dafür Lebenslang auf der Payroll steht und der Renter jetzt teuerer ist dafür mit 67 "nix" mehr kostet. ist es alleinig eine Frage wie hoch ist die Verzinsung, des Geldes was man heute für den Rentner aufnehmen muss und ob dieses mehr oder weniger ist, als das Geld, was hinterher dem pensionär auszahlt.

Derzeit sind die "Angestellten" günstiger, da man ja auch noch Geld für diese Lasten bekommt.

Ozymandias

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #7 am: 17.06.2021 20:23 »
Daher kann das Netto gar nicht sinken. Sprich der Gesetzgeber schieße sich massiv ins eigene Bein, weil die Personalkosten sofort massiv ansteigen würden, wenn er Bestandsbeamte in die RV integrieren würde, da der Bund die RV Beiträge komplett obendrauf geben müsste, da das Netto nicht noch weiter sinken darf.

Das ist etwas zu kurz gedacht. Zwar sind die meisten Landesbeamte, der Bund würde sich dadurch jedoch den Bundeszuschuss zur RV sparen, dieser macht mittlerweile ca. 1/3 des Haushaltes aus.

Man spart sich also quasi 1:1 den Bundeszuschuss und verschiebt gleichzeitig die Lasten weit in die Zukunft.

clarion

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #8 am: 17.06.2021 23:28 »
Ich glaube  nicht, dass die althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in der jetzigen Form,  die im Grunde genommen noch aus dem Kaiserreich stammen,  nicht soweit modernisierbar sind, dass man da nicht auch eine Mitgliedschaft von Neubeamten in gesetzliche RV und KV vorsehen könnte.

Ein Umbau des Sysrems würde aber ein bis zwei Generationen dauern und wäre in der Übergangszeit doppelt so teuer, da zeitgleich  für Beamte a.D. Pensionen bezahlt werden und Rentenversicherungsbeitrge für jüngere Beamte. Und da Politiker sind nicht gewillt, Entscheidungen zu treffen,  die Proteste hervorrufen während andere Politiker Nutznießer der Entscheidungen sein werden, wird auch diese Entscheidung im Sande verlaufen.

lumer

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #9 am: 18.06.2021 07:51 »
Das dürfte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gehen.
Der verfassungsmäßige Grundsatz ist die standesgemäße Alimenatation.
Und wenn die Rente zu solch einer führt, dann ist es natürlich verfassungskonform.
Zu den Grundsätzen gehört auch, dass die Versorgung aus dem Endamt erfolgt, jedoch mit der Einschränkung, dass man das Endamt eine gewisse Zeit innegehabt hat, siehe BVerfG (Hervorhebung durch mich):
Zitat von: BVerfGE 11, 203, 210
Art. 33 Abs. 5 GG bindet den Gesetzgeber in der inhaltlichen Gestaltung des Beamtenrechts (vgl. BVerfGE 8, 1 [11 ff.]; 9, 268 [286]). Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne dieser Vorschrift gehört auch die Verpflichtung des Dienstherrn, dem Beamten angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren; das gilt auch für die Versorgung des Beamten (BVerfGE 3,58 [160]; 3, 288 [342 f.]; 4, 115 [135]; 8, 1 [16, 20]). Diesen Grundsatz muß der Gesetzgeber nicht nur berücksichtigen, sondern beachten (BVerfGE 8, 1 [16 f.]).
In der Frage, welcher Lebensunterhalt "angemessen" ist, räumt zwar Art. 33 Abs. 5 GG dem Gesetzgeber einen weiten Beurteilungsspielraum ein (BVerfGE 8, 1 [19, 22 f.]). Das entbindet den Gesetzgeber aber nicht davon, bei der Regelung der Versorgungsbezüge den Grundsätzen Rechnung zu tragen, die seit jeher für die Bemessung dieser Bezüge maßgebend waren; insofern wird der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Angemessenheit der Versorgungsbezüge eingeengt. Einer dieser Grundsätze ist, daß die Versorgungsbezüge des Beamten auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge seines letzten Amtes zu berechnen sind (Versorgung aus dem letzten Amt oder amtgemäße Versorgung). Mit diesem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG ist § 110 BBG nicht zu vereinbaren.

Zitat
Es wäre also eine Lose-Lose-Situation.
Da [p]latt gesagt, der Pensionär heute weniger Geld kostet, dafür Lebenslang auf der Payroll steht und der Renter jetzt teuerer ist dafür mit 67 "nix" mehr kostet. ist es alleinig eine Frage wie hoch ist die Verzinsung, des Geldes was man heute für den Rentner aufnehmen muss und ob dieses mehr oder weniger ist, als das Geld, was hinterher dem pensionär auszahlt.

Derzeit sind die "Angestellten" günstiger, da man ja auch noch Geld für diese Lasten bekommt.
Auch das ändert nichts daran, dass der Dienstherr sich seiner Verpflichtung gegenüber seiner Beamten nicht entledigen darf. Er muss die Alimentation und Versorgung hauptsächlich selbst leisten. Wenn Beamte in der Rentenversicherung wären, würde nicht mehr der Dienstherr die Versorgung leisten, sodass er sich seiner Verpflichtung entzogen hätte. Das ist nicht mit den hergebrachten Grundsätzen zu vereinbaren, vgl. - mit Hervorhebung durch mich -
Zitat von: BVerfGE 76, 256, 319 f.
Unbeschadet der somit grundsätzlich zulässigen Kürzung der Versorgungsbezüge im Wege der Rentenanrechnung ist verfassungsrechtlich zwingend gefordert, daß der Beamte weiterhin innerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses rechtlich und wirtschaftlich abgesichert ist und daß die personale Bindung des Beamten zum Dienstherrn für die Unterhaltsgewährung ungeschmälert bestehen bleibt. Die Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn ist unabdingbar und kraft ihrer besonderen rechtlichen Struktur nicht teilbar. Auf dem Boden der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums können weder das Gehalt des aktiven Beamten noch das Ruhegehalt oder die Hinterbliebenenversorgung (ganz oder teilweise) in Leistungen anderer Qualität wie z.B. Leistungslohn, Fürsorgehilfen oder Sozialversicherungsleistungen übergeleitet werden. Die Besoldung und Versorgung des Beamten darf - auch hinsichtlich einzelner ihrer Bestandteile - nicht dem Gewährleistungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG entzogen werden. Sie muß vom Dienstherrn selbst gewährt werden, der sich hinsichtlich keiner der bedeutsamen Alimentationsleistungen durch einen Dritten entlasten darf. Unzulässig wäre insbesondere die völlige Entziehung eines rechtswirksam entstandenen Versorgungsanspruchs (vgl. BVerfGE 44, 249 [269f.]; 70, 69 [81] und auch BVerfGE 16, 94 [118]).

Ich glaube  nicht, dass die althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums in der jetzigen Form,  die im Grunde genommen noch aus dem Kaiserreich stammen,  nicht soweit modernisierbar sind, dass man da nicht auch eine Mitgliedschaft von Neubeamten in gesetzliche RV und KV vorsehen könnte.
Ich habe mich nur zur Rente, nicht zur Krankenversicherung geäußert. Zur Krankenversicherung/Beihilfe hat das BVerfG stets betont, dass die Beihilfe keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums darstellt. Das sieht aber bei der Ruhestandsversorgung anders aus, s. u.a. die obigen Entscheidungen.

Organisator

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #10 am: 18.06.2021 08:30 »
wäre in der Übergangszeit doppelt so teuer, da zeitgleich  für Beamte a.D. Pensionen bezahlt werden und Rentenversicherungsbeitrge für jüngere Beamte.

Das trifft so nicht zu. Für Bundesbeamte wird aktuell ein Betrag von +/- 30 % der monatlichen Besoldung der Pensionsrücklage zugeführt. Stattdessen nur 10% AG-Anteil für die RV + 7% Betriebsrente ist da günstiger

newT

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #11 am: 18.06.2021 09:14 »
wäre in der Übergangszeit doppelt so teuer, da zeitgleich  für Beamte a.D. Pensionen bezahlt werden und Rentenversicherungsbeitrge für jüngere Beamte.

Das trifft so nicht zu. Für Bundesbeamte wird aktuell ein Betrag von +/- 30 % der monatlichen Besoldung der Pensionsrücklage zugeführt. Stattdessen nur 10% AG-Anteil für die RV + 7% Betriebsrente ist da günstiger

Das ist deutlich zu einfach gedacht. Aufgrund der systematischen Unteralimentierung in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen kann das Netto ja nicht noch weiter sinken, was passieren würde wenn der Beamte seinen AN-Anteil zur RV selbst bezahlen müsste.

Folglich muss der AG den AN-Anteil auch noch in etwa auf das Brutto oben drauf packen.
Aufgrund der Steuerprogression ist nun bei diesem deutlich gestiegenem Bruttogehalt ein höherer Steuersatz fällig, sodass das Netto doch nach unten fallen würde. Das müsste der Besoldungsgesetzgeber dann wieder ausgleichen, sodass es passieren kann, dass er für RV und Betriebsrente die Bruttobesoldung um mehr als 30% steigern muss und es somit für ihn teurer ist als die Pensionsrücklage.

WasDennNun

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« Antwort #12 am: 18.06.2021 09:24 »
Das ist deutlich zu einfach gedacht.
Das ist deutlich zu kompliziert gedacht:
Die RV Beiträge können ja steuerfrei direkt vom Staat eingezahlt werden, er ist ja durchaus in der Lage die Gesetze entsprechend zu formen.

Nichts desto trotz:
Ich denke, wenn ein Umbau Richtung RV statt Pension gemacht wird, dann wohl eher in der Form: Nur noch wenige Beamte, der Rest TB.

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« Antwort #13 am: 18.06.2021 12:57 »
Das ist deutlich zu einfach gedacht.
Das ist deutlich zu kompliziert gedacht:
Die RV Beiträge können ja steuerfrei direkt vom Staat eingezahlt werden, er ist ja durchaus in der Lage die Gesetze entsprechend zu formen.

Nichts desto trotz:
Ich denke, wenn ein Umbau Richtung RV statt Pension gemacht wird, dann wohl eher in der Form: Nur noch wenige Beamte, der Rest TB.

Zustimmung. Und der letzte Absatz durchaus schon zu beobachten.

Bob Kelso

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Antw:Rentenversicherung
« Antwort #14 am: 18.06.2021 13:45 »
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nach der Bundestagswahl könnte es eine Mehrheit dafür geben, die Beamten in die Rentenversicherung einzubeziehen. Hat jemand eine Idee, wie das bei Beamten, die bereits über zehn Jahre im Dienst sind, praktisch funktionieren würde? Immerhin wurden ja schon Pensionsansprüche erworben.
Viele Grüße

M.E. sind dies ( erneut) Wahlkampfbrüller, um Wähler anzulocken ( nach dem Neid Prinzip) Dann wird nicht viel geschehen , da die meisten MdB selbst Beamte sind; die Versicherungslobby einige Besuche abhalten werden wird. Viel Gebrüll.