Autor Thema: Stellenbewertung  (Read 4419 times)

Sonne50

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Stellenbewertung
« am: 01.07.2021 09:24 »
Hallo,
da ich weder vom Personalrat noch von der Gewerkschaft Unterstützung bekomme, möchte ich hier meine Fragen stellen:

Im April 2015 nahm ich meine Tätigkeit in einer Stadtverwaltung auf. Eingestellt wurde ich mit der Entgeltgruppe 3. Da dies meine erste Stelle im Öffentlichen Dienst war, kannte ich mich mit Einstufung und Tätigkeitsmerkmalen nicht aus.

Später stellte ich jedoch fest, dass ich mit meiner Ausbildung und den Kenntnissen, Anspruch auf EG 5 habe und stellte deshalb in 09/2019 einen Antrag auf Höhergruppierung. Daraufhin wurde mir von der Personalabteilung mündlich mitgeteilt, dass dazu die Stellenbeschreibung überarbeitet werden müsse. Mir ging es aber nicht darum, die Stelle neu zu bewerten, sondern vorerst die korrekte Eingruppierung zu erhalten. Dies teilte ich im November 2019 wiederum schriftlich  mit. Leider kam ich damit auch nicht weiter und ich erstellte die minütliche Aufstellung meiner Tätigkeit. Diese lag dem Personalamt im Oktober 2020 vor.

Mit Datum vom 01.06.2021 erhielt ich die Mitteilung, dass die vorgenommene Stellenbewertung ergeben hat, dass für die Aufgaben 53 % gründliche Fachkenntnisse erforderlich sind und diese somit mit der EG 5 bewertet werden müssen.

Die Erhöhung wird rückwirkend für 6 Monate gezahlt. Da ich aber zum 01.01.2021 eine andere Stelle innerhalb des Hauses besetzt habe, die schon mit EG 5 bewertet war, erhalte ich eine Nachzahlung der Erhöhung nur für Dezember 2020.

Meine Fragen:

Die Aufgaben haben sich während meiner Tätigkeit NICHT verändert, lediglich die prozentuale Aufteilung hat sich aufgrund meiner Aufzeichnung verändert. Hätte mir von Anfang an (2015) die höhere Entgeltgruppe zugestanden?

Wie lange DARF sich Personalamt und Personalrat Zeit lassen, die Stellenbewertung vorzunehmen. Würde der Zeitraum der rückwirkenden Nachzahlung nicht mit dem Eingang (Oktober 2020) beginnen?

Ich würde mich freuen, hier Antworten zu bekommen.

Herzliche Grüße

Spid

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #1 am: 01.07.2021 09:33 »
Ausbildung und Kenntnisse begründen keinerlei Anspruch. Sofern Ansprüche bestanden, verfielen diese aufgrund der tariflichen Ausschlußfrist 6 Monate nach ihrem jeweiligen Entstehen, sofern sie nicht schriftlich geltend gemacht wurden. Eine schriftliche Geltendmachungstellt eine ernsthafte Zahlungsaufforderung an den Schuldner dar. Irgendein Antrag erfüllt dies regelmäßig nicht. TB sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätikeit eingruppiert, ein Antrag ist dafür weder vorgesehen noch erfoderlich.

Fragmon

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #2 am: 01.07.2021 09:33 »
Hallöchen,

also der Grundsatz ist, dass du nach den Tätigkeiten bezahlt wirst. Für einige werden zwar Bildungsvoraussetzungen gegeben, aber damit hast du noch keinen Anspruch auf diese Entgeltgruppe. Der Antrag auf Höhergruppierung aufgrund deines Abschlusses läuft somit ins leere.

Deine Tätigkeit wurde überprüft. Wichtig ist, dass festgelegt wird, ab wann du die Tätigkeit in der Entgeltgruppe 5 ausübst. Das hat zwar aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist (nach sechs Monaten kann man keine finanziellen Beträge mehr fordern) keine finanziellen Auswirkungen (Nachzahlung) jedoch auf die Stufenlaufzeit.

Mein Vorschlag:

Fordere das Personalamt auf, dir mitzuteilen, ob die Tätigkeiten von Anfang an der Entgeltgruppe 5 zugeordnet waren, bzw. wann die Übertragung erfolgte.

Fordere danach auf, den Zustand so herzustellen "dich rückwirkend in die Entgeltgruppe "einzugruppieren".

@andere ich bin mir bewusst, dass diese Ausführungen tarifrechtlich nicht komplett korrekt sind. Dies ist aber auf den Erfahrungsstand des Fragestellers angepasst und soll seine Handlungsmöglichkeiten einfach darstellen (so wie es in der Praxis nunmal läuft)

Sonne50

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #3 am: 01.07.2021 10:46 »
Vielen Dank für die schnellen Antworten!

In der Entgeltordnung ist doch aber folgendes festgelegt:

Entgeltgruppe 1 bis 4: Angelernte und ungelernte Beschäftigte
Entgeltgruppe 5 bis 8: Beschäftigte, die eine dreijährige Berufsausbildung absolviert haben

Außerdem interessiert mich wirklich sehr die Frage, wie lange sich das Personalamt für die Stellenbewertung Zeit lassen kann.


Spid

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #4 am: 01.07.2021 10:49 »
Nein, derlei ist nirgends festgelegt.

Stellen und deren Bewertung sind tariflich unbeachtlich.

Saggse

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #5 am: 01.07.2021 11:22 »
Vielen Dank für die schnellen Antworten!

In der Entgeltordnung ist doch aber folgendes festgelegt:

Entgeltgruppe 1 bis 4: Angelernte und ungelernte Beschäftigte
Entgeltgruppe 5 bis 8: Beschäftigte, die eine dreijährige Berufsausbildung absolviert haben
Die erwähnte Berufsausbildung ist notwendig für die Übertragung der Tätigkeiten (und damit für die Eingruppierung), aber nicht hinreichend. Wenn ein promovierter Atomphysiker als Tellerwäscher arbeitet, wird er trotz seines Abschlusses als Tellerwäscher bezahlt.

Zitat
Außerdem interessiert mich wirklich sehr die Frage, wie lange sich das Personalamt für die Stellenbewertung Zeit lassen kann.
Wenn man da nicht hinterher ist, kann das durchaus auch mal ein paar Jährchen dauern. Ich persönlich würde prüfen, wann sich aus der früheren Eingruppierung ein Gehaltsunterschied ergibt - sprich: Wann ist der erste Stufenaufstieg, wenn die Eingruppierung korrekt, d.h., rückwirkend erfolgt wäre. Ab diesem Zeitpunkt kann man die tarifliche Ausschlussfrist von 6 Monaten noch abwarten, und dann muss man an seinen Arbeitgeber mit der entsprechenden Gehaltsforderung herantreten (schriftlich, Höhe bennenen, Frist setzen!), da die Ansprüche ansonsten verjähren.

Wenn es ein bisschen schneller gehen soll: Nach zwei Wochen zum Anwalt und Klage einreichen. Länger sollte das eigentlich nicht dauern, zumal hier ja die Bewertung bereits festgestellt wurde und es nur um die Frage geht, wann die Tätigkeiten wirksam übertragen wurden.

Spid

  • Gast
Antw:Stellenbewertung
« Antwort #6 am: 01.07.2021 11:26 »
Vielen Dank für die schnellen Antworten!

In der Entgeltordnung ist doch aber folgendes festgelegt:

Entgeltgruppe 1 bis 4: Angelernte und ungelernte Beschäftigte
Entgeltgruppe 5 bis 8: Beschäftigte, die eine dreijährige Berufsausbildung absolviert haben
Die erwähnte Berufsausbildung ist notwendig für die Übertragung der Tätigkeiten (und damit für die Eingruppierung), aber nicht hinreichend. Wenn ein promovierter Atomphysiker als Tellerwäscher arbeitet, wird er trotz seines Abschlusses als Tellerwäscher bezahlt.

Nein, das ist weder für die Übertragung der Tätigkeit - die ohnehin kein tariflicher Regelungsgegenstand ist; tariflich kann ich auch einen Schulabbrecher ohne jede weitere Qualifikation als Apotheker beschäftigen - noch für die Eingruppierung grundsätzlich notwendig.

Saggse

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #7 am: 01.07.2021 13:24 »
Nein, das ist weder für die Übertragung der Tätigkeit - die ohnehin kein tariflicher Regelungsgegenstand ist; tariflich kann ich auch einen Schulabbrecher ohne jede weitere Qualifikation als Apotheker beschäftigen - noch für die Eingruppierung grundsätzlich notwendig.
Hmm... Das finde ich gerade etwas spannend... Mir ist zwar klar, dass ich die folgende Argumentation "verlieren" werde, aber ich will ja was lernen...

Dass die Übertragung von Tätigkeiten tariflich nicht geregelt ist, ist klar. Allerdings ist "Apotheker" doch nicht jemand, der in einer Apotheke arbeitet, sondern jemand, der diese Berufsbezeichnung führen darf, d.h., der erfolgreich Pharmazie studiert hat, Staatsexamen, weiß der Geier was noch alles. (Ob man die Tätigkeit tatsächlich ausübt, ist egal. Ein Apotheker ist auch dann noch ein Apotheker, wenn er als Pförtner arbeitet.) Selbst wenn mir jemand die Tätigkeiten eines Apothekers übertragen würde, bin ich deswegen doch noch lange keiner - und genau das müsste ich aber sein, um entsprechend eingruppiert zu sein:

Zitat
Entgeltgruppe 14
Apothekerinnen und Apotheker mit entsprechender Tätigkeit.
Meine Interpretation wäre: Ich muss Apotheker sein (notwendige Voraussetzung) und mir müssen entsprechende Tätigkeiten übertragen worden sein (hinreichende Voraussetzung).

Den Fall des Schulabbrechers, der Tätigkeiten eines Apothekers übertragen bekommen hat, ist in der EGO nicht (explizit) enthalten, wobei ich nicht ausschließen möchte, dass sich aufgrund allgemeinerer Merkmale eine konkrete Eingruppierung ableiten ließe. Keine Ahnung... Sowas wie "sonstiger Innendienst", EG 14 FG2 scheint mir auf den ersten Blick durchaus darstellbar, wobei ich nicht weiß, warum da auf "kommunale Einrichtungen und Betriebe" abgestellt wird...

Sonne50

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #8 am: 01.07.2021 13:46 »
Wenn ich die Antworten richtig verstehe, habe ich 5 Jahre eine Tätigkeit ausgeübt, die gründliche Fachkenntnisse erfordert und wurde bezahlt als wäre ich "ungelernt"... Und als Dankeschön der Personalabteilung lassen die sich soviel Zeit mit der neuen Stellenbewertung.

Spid

  • Gast
Antw:Stellenbewertung
« Antwort #9 am: 01.07.2021 13:47 »
Nein, das ist weder für die Übertragung der Tätigkeit - die ohnehin kein tariflicher Regelungsgegenstand ist; tariflich kann ich auch einen Schulabbrecher ohne jede weitere Qualifikation als Apotheker beschäftigen - noch für die Eingruppierung grundsätzlich notwendig.
Hmm... Das finde ich gerade etwas spannend... Mir ist zwar klar, dass ich die folgende Argumentation "verlieren" werde, aber ich will ja was lernen...

Dass die Übertragung von Tätigkeiten tariflich nicht geregelt ist, ist klar. Allerdings ist "Apotheker" doch nicht jemand, der in einer Apotheke arbeitet, sondern jemand, der diese Berufsbezeichnung führen darf, d.h., der erfolgreich Pharmazie studiert hat, Staatsexamen, weiß der Geier was noch alles. (Ob man die Tätigkeit tatsächlich ausübt, ist egal. Ein Apotheker ist auch dann noch ein Apotheker, wenn er als Pförtner arbeitet.) Selbst wenn mir jemand die Tätigkeiten eines Apothekers übertragen würde, bin ich deswegen doch noch lange keiner - und genau das müsste ich aber sein, um entsprechend eingruppiert zu sein:

Zitat
Entgeltgruppe 14
Apothekerinnen und Apotheker mit entsprechender Tätigkeit.
Meine Interpretation wäre: Ich muss Apotheker sein (notwendige Voraussetzung) und mir müssen entsprechende Tätigkeiten übertragen worden sein (hinreichende Voraussetzung).

Den Fall des Schulabbrechers, der Tätigkeiten eines Apothekers übertragen bekommen hat, ist in der EGO nicht (explizit) enthalten, wobei ich nicht ausschließen möchte, dass sich aufgrund allgemeinerer Merkmale eine konkrete Eingruppierung ableiten ließe. Keine Ahnung... Sowas wie "sonstiger Innendienst", EG 14 FG2 scheint mir auf den ersten Blick durchaus darstellbar, wobei ich nicht weiß, warum da auf "kommunale Einrichtungen und Betriebe" abgestellt wird...
Es handelt sich lediglich um eine in einem Tätigkeitsmerkmal genannte Voraussetzung in der Person, die entsprechend der Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO bei Nichterfüllung zur Eingruppierung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe führt.

Spid

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #10 am: 01.07.2021 13:47 »
Wenn ich die Antworten richtig verstehe, habe ich 5 Jahre eine Tätigkeit ausgeübt, die gründliche Fachkenntnisse erfordert und wurde bezahlt als wäre ich "ungelernt"...

Die ausgeübte Tätigkeit ist regelmäßig unbeachtlich, es kommt auf die auszuübende Tätigkeit an.

Saggse

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Antw:Stellenbewertung
« Antwort #11 am: 01.07.2021 14:08 »
Es handelt sich lediglich um eine in einem Tätigkeitsmerkmal genannte Voraussetzung in der Person, die entsprechend der Vorbemerkung Nr. 2 zur EGO bei Nichterfüllung zur Eingruppierung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe führt.
Ahhh... Ok. Jetzt wird mir einiges klar... Super! Danke! :)