Autor Thema: Lebenszeitverbeamtung, gesundheitliche Eignung, Brustimplantate  (Read 9979 times)

Organisator

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Wie Wahrscheinlich ist es, dass ein Kollege trotz starkem Übergewicht uneingeschränkt geeignet ist für Beamter auf Probe, mit dem gleichen Gewicht für Beamter auf Lebenszeit aber ungeeignet ist und entlassen wird? Ist jemandem ein solcher Fall bekannt?

Es wurde dem Kollegen doch gesagt, dass er abnehmen muss, damit er Chancen auf eine Lebenszeitverbeamtung hat. Er ist somit nicht uneingeschränkt (gesundheitlich) geeignet.
Ansonsten trifft der Amtsarzt eine Prognose hinsichtlich der Dienstfähigkeit. Bei der Verbeamtung auf Probe ist der Zeitraum für die Prognose das Ende der Probezeit, also wenige Jahre. Junge, stark übergewichtige Menschen dürften in diesem Zeitraum eher nicht dienstunfähig werden, weiterhin besteht dann - in der Regel - auch kein Versorgungsanspruch. Das Risiko für den Dienstherren ist somit gering.

Anders sieht es aus bei der Lebenszeitverbeamtung, wo eine Prognose über Jahrzehnte getroffen werden muss. Bei starkem Übergewicht ist das Risiko dabei deutlich erhöht, nicht das reguläre Pensionsalter zu erreichen.
Insoweit teile ich die Aussage von 2strong nicht, Übergewicht ist - zumindest nach meinen Beobachtungen - regelmäßig ein Grund, die Probezeit zu verlängern oder zu beenden.

yamato

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Von solchen Langzeitprognosen ist eh nichts zu halten. Ich hab vor mehr als 20 Jahren das ganze Prozedere durchgemacht. Mein Dienstherr hat vor der Lebenszeitverbeamtung zum Glück auf eine erneute Untersuchung verzichtet.
Trotzdem hatte ich in meinem bisher 29 Jahren im öD weniger Krankheitsausfälle als manche junge schlanke Kollegin innerhalb von 2 - 3 Jahren. Also selbst wenn ich am Ende vielleicht 2- 4 Jahre früher in Pension gehen sollte war ich wahrscheinlich immer noch effizienter als solche KollegInnen.

Solche Prognosen berücksichtigen auch nicht den medizinischen Fortschritt, der gerade bei solchen Volkskrankheiten enorm ist. Die meisten Folgeerkrankungen der Adipositas kann man heute schon so behandeln, dass zumindest eine Frühpensionierung sehr unwahrscheinlich wird.
Gelenkerkrankungen wegen Überlastung sollten zumindest für Sesselfurzer kein Grund zur Frühpensionierung sein.

2strong

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Insoweit teile ich die Aussage von 2strong nicht, Übergewicht ist - zumindest nach meinen Beobachtungen - regelmäßig ein Grund, die Probezeit zu verlängern oder zu beenden.
Bedarf es nicht tatsächlicher Anhaltspunkte? Ein ungünstiger BMI dürfte nicht ausreichend sein, um eine Verbeamtung abzulehnen.

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Insoweit teile ich die Aussage von 2strong nicht, Übergewicht ist - zumindest nach meinen Beobachtungen - regelmäßig ein Grund, die Probezeit zu verlängern oder zu beenden.
Bedarf es nicht tatsächlicher Anhaltspunkte? Ein ungünstiger BMI dürfte nicht ausreichend sein, um eine Verbeamtung abzulehnen.

Da bin ich überfragt. War  meine Beobachtung, wie die Amtsärzte entscheiden. Erscheint auch nicht ganz unrealistisch, da bei einem BMI über einer gewissen Grenze die Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen statistisch nachweisbar und dramatisch erhöht ist.

2strong

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Suche nachher mal ein Urteil dazu raus. Bei mir selbst war seinerzeit mit 19 Jahren ein BMI von ca. 30 völlig unproblematisch. War allerdings auch athletisch, nicht fett. Aber vom reinen BMI her hätte es dann ja theoretisch Bedenken geben müssen, die es tatsächlich aber nicht gab.

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Suche nachher mal ein Urteil dazu raus. Bei mir selbst war seinerzeit mit 19 Jahren ein BMI von ca. 30 völlig unproblematisch. War allerdings auch athletisch, nicht fett. Aber vom reinen BMI her hätte es dann ja theoretisch Bedenken geben müssen, die es tatsächlich aber nicht gab.

Daher bedarf es ja auch einer entsprechenden Bewertung durch den Amtsarzt. Der bewertet  den Gesundheitszustand in Gänze - inkl. des Gewichts - und trifft eine entsprechende Prognose.

Rein vom BMI wären die Klitschkos in ihrer besten Zeit auch übergewichtig ;)

2strong

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Meine obige Aussage zur amtsärztlichen Untersuchung basiert sich auf Beschluss des BVerwG vom 13.12.13 - BVerwG 2 B 37.13. Zwei für die Beantwortung der Fragestellung besonders relevante Abschnitte zitiere ich im Folgenden:

"Einer Beamtin auf Probe fehlt die gesundheitliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, sie werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Die gesundheitliche Eignung fehlt auch, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird."

"War die Erkrankung einer Probebeamtin bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung der Beamtin bei der anstehenden Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben."

biggy84

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"War die Erkrankung einer Probebeamtin bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung der Beamtin bei der anstehenden Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben."[/i]

Kann mir bitte jemand erklären, welche Grundlagen der Bewertung hier gemeint sind, die sich inzwischen geändert haben könnten?

Bedeutet dies nun wie im Falle des Kollegen, dass der Dienstherr sein Übergewicht nicht als Hinterungsgrund nehmen kann, weil es bei der Verbeamtung auf Probe auch keiner war?
« Last Edit: 02.09.2021 17:57 von biggy84 »

2strong

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Ein Merkmal (z. B. ein relevanter Blutwert oder eine sonstige körperliche Einschränkung) müsste sich seit der Ausgangsuntersuchung verschlechtert haben oder die medizinische Erkenntnis müsste heute eine Situation als folgenreicher einachätzen als zum Zeitpunkt der Ausgangsuntersuchung. Nochmal: Das Übergewicht selbst, im Zweifel festgestellt als BMI, ist für sich genommen nach diesem Urteil kein Ablehnungsgrund. Es müssen auch tatsächliche gesundheitliche Einschränkungen Hinzu treten, die erhebliche Krankheitsausfälle oder eine vorzeitige Dienstunfähigkeit überwiegend wahrscheinlich machen.