Autor Thema: rechtssicheres Bewerbungsverfahren  (Read 2688 times)

Ole

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rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« am: 22.09.2021 14:00 »
Hallo in die Runde,

kann mir jemand weiter helfen bzgl. Bewerbungsverfahren!?

Wir haben ausgeschrieben, Bewerber eingeladen (nach Vorauswahl), und Bewerbern abgesagt, die gar nicht erst eingeladen wurden. Nun erhielten wir von jenem ohne Einladung abgelehnten Bewerber eine böse Mail: Er möchte die Entscheidung zu seinen Ungunsten überprüfen, da der Bewerber meint, bestens für die Stelle geeignet zu sein und daher möchte er die Gründe seiner Nichtberücksichtung im Auswahlverfahren erfahren.

Wie sollten wir uns denn jetzt rechtssicher verhalten? Gründe nennen?

Ich hoffe auf Hilfe, wir haben im Haus leider keine Rechtsabteilung :-(


was_guckst_du

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #1 am: 22.09.2021 14:23 »
...nach welchen Kriterien fand denn die Vorauswahl statt?
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Ole

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #2 am: 22.09.2021 14:25 »
die zuständige Fachabteilung hat nach Berufserfahrung im ÖD geschaut, generell nach Berufserfahrung, Berufsausbildung/Weiterbildung, derzeitige Tätigkeit...

was_guckst_du

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #3 am: 22.09.2021 14:45 »
Dem Bewerber um ein Amt im öffentlichen Dienst steht ein sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch zu, aus dem ein subjektives Recht eines jeden Bewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und somit auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren folgt.

Im öffentlichen Dienst ist zwingend für zu besetzende Stellen ein Anforderungsprofil zu erstellen. Hier werden die Kriterien für die Bewerberauswahl im Voraus definiert und gelten auch für die gesamte Dauer des Auswahlverfahrens. Dem Anforderungsprofil kommt somit im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens eine besondere Bedeutung zu.

Im Anforderungsprofil werden die formalen Anforderungen (sogenannte „harte“ Kriterien wie Schulbildung oder Berufsausbildung), fachlichen Anforderungen (Berufserfahrung, besondere Kenntnisse, bisherige Tätigkeit) und persönlichen Anforderungen (sogenannte „weiche“ Kriterien wie methodische, soziale und persönliche Kompetenzen), die an den künftigen Stelleninhaber gestellt werden, festgelegt und dokumentiert.

Um ein rechtsicheres Verfahren zu gewährleisten, müssten alle Bewerber, die die genannten harten Kriterien erfüllen, eingeladen werden. Folgt man dieser Grundregel nicht (und liegen dabei keine besonderen Gründe, die eine Nichteinladung rechtfertigen, vor), läuft man Gefahr , das Auswahlververfahren wiederholen zu müssen oder Schadensersatz leisten zu müssen, wenn ein abgelehnter Bewerber seinen Bewerberverfahrensanspruch geltend macht.
Gruß aus "Tief im Westen"

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Ole

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #4 am: 22.09.2021 14:49 »
Vielen Dank für die ausführliche Antwort

Thiesi

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #5 am: 23.09.2021 04:09 »
Um ein rechtsicheres Verfahren zu gewährleisten, müssten alle Bewerber, die die genannten harten Kriterien erfüllen, eingeladen werden. Folgt man dieser Grundregel nicht (und liegen dabei keine besonderen Gründe, die eine Nichteinladung rechtfertigen, vor), läuft man Gefahr , das Auswahlververfahren wiederholen zu müssen oder Schadensersatz leisten zu müssen, wenn ein abgelehnter Bewerber seinen Bewerberverfahrensanspruch geltend macht.
Gut, vielen Stellenausschreibungen kann ich entnehmen, was die harten Auswahlkriterien der potenziellen AG sind, weil sie diese in einen Block packen und den mit "Anforderungen" überschreiben.

Was aber ist mit folgender Formulierung, die ich aus dem "Anforderungen"-Block einer Stellenausschreibung kopiert habe, die ich eben auf die Schnelle gefunden habe:

Zitat
Abgeschlossenes Bachelor- Studium der Informatik oder einer anderen verwandten Fachrichtung oder abgeschlossene Ausbildung als Fachinformatiker
Wer legt anhand welcher Kriterien fest, was eine "verwandte Fachrichtung" ist? Dürfte der AG beispielsweise jemanden mit einem Bioinformatikstudium ebenso berücksichtigen wie jemandem mit einem der Wirtschaftsinformatik? Und wie sieht's aus mit Geisteswissenschaften? Was ist mit Leuten, die Sport studiert haben oder Jura? Gibt es einen festgelegten (von wem?) Weg, wie man die "Verwandtheit" zweier Studiengänge zu ermitteln hat, um das angesprochene rechtssichere Verfahren durchzuführen?

Meine Frage fußt auf der Annahme, dass in der von mir zitierten Formulierung ein Komma zwischen "anderen" und "verwandten" fehlt, da vorher gar keine verwandten Studiengänge aufgezeichnet wurden, weshalb der Satz ohne das Komma keinen Sinn ergibt.
"We're with you all the way, mostly"

Opa

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #6 am: 23.09.2021 16:45 »
Da du nach einem rechtssicheren Verfahren fragst- „andere“, „verwandte“, „vergleichbare“ etc. sind Begriffe, die ich vermeiden würde.

Alle interpretierbaren Begriffe bergen zusätzliches Risiko, sich mit einer Konkurrentenklage auseinandersetzen zu müssen.

Stellenprofil ist nicht gleichzusetzen mit der Stellenausschreibung, aber letztere sollte die wesentlichen Inhalte des Profils beinhalten. Formulierungen so konkret wie möglich und unnötiges weglassen. Das erspart dir und den Bewerbern Zeit und Geld.

clarion

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Antw:rechtssicheres Bewerbungsverfahren
« Antwort #7 am: 23.09.2021 22:48 »
Hallo,

Aus der Stellenausschreibung müssen harte und weichen Einstellungskriterien formuliert sein. Bei den weichen Kriterien  muss man dann auch überlegen wie man das Kriterium messen will. Dann gibt es oft ja noch die Formulierung, dass bestimmte Kenntnisse und Erfahrungen wünschenswert sind.

Anhand der vorab formulierten Kriterien  muss man alle Bewerber durchgehen und bewerten. Wir haben dazu eine Matrix (Tabelle) entwickelt. Dann muss man alle einladen, die die Anforderungskriterien erfüllen.

Ich würde schreiben, andere Mitbewerber haben in der Vorauswahl eine bessere Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil erfüllt und sind daher eingeladen worden. Evtl. hat ein hartes, leicht messbaren Muss-Kriterium gerissen, dann kann man das einfach mitteilen. Dann liegt der Ball wieder beim Bewerber.
« Last Edit: 23.09.2021 22:56 von clarion »