Autor Thema: Tarifverhandlungen und die Inflation  (Read 736866 times)

Aleksandra

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2550 am: 27.09.2022 09:34 »
Ich hatte das ja mal im Groben für mich durchgerechnet. IIRC bräuchte ich für einen break even ca. eine Einmalzahlung von 40.000 EUR netto um eine 1% nicht erhaltene Lohnerhöhung zu kompensieren.

Man darf nicht vergessen, dass sich der "negative Zinseszinseffekt" der entgangenen Lohnerhöhung durch geringere Einzahlungen in die Rentenkasse bis zum letzten Atemzug fortschreibt.

TVWaldschrat

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2551 am: 27.09.2022 10:22 »
Verstehe gar nicht woher dieses Image-Problem kommt; und warum kaum ein AG im öD was dagegen unternehmen möchte... ach ja "Das haben wir schon immer so gemacht" und "Das kann ich nicht auch noch leisten"

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/arbeitsmarkt-stuttgart-oeffentlicher-dienst-umwirbt-junge-leute-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220926-99-898471

Mit vernünftigen Zulagen, Benefits, modernen Bewerbungsverfahren und freundlichem Betriebsklima ist's schon getan. Und Tarifentgelte, die keinen vom Arbeitgeber erfolgreich verhandelten Reallohnverlust bedeuten.

Für's freundliche Betriebsklima kann der Tarifvertrag nichts, da müssen die Amtssesselpupser der Boomer-Generation erstmal in Rente. (Keine Verallgemeinerung, ich meine wirklich nur die, die alles blockieren)
« Last Edit: 27.09.2022 10:30 von TVWaldschrat »

InVinoVeritas

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2552 am: 27.09.2022 10:30 »
Es heißt ja auch Staatsdiener.. ich wüsste nicht, dass Diener je zu den Besserverdienern gehört haben. Die können sich über Kost und Logie für ihre Dienste freuen - Ironie aus...

Es ist schon ein Drama. In zwei Wochen wissen wir die Forderungen der Gewerkschaften. Ich bin schon gespannt.

Majon

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2553 am: 27.09.2022 10:35 »
Wer als Single mit 3.000 € Netto nicht in der Lage ist, mindestens 500 € monatlich zu sparen, macht definitiv etwas falsch!

...blubb...

Vielen Dank, dass wir anhand deiner nahezu wissenschaftlichen Abhandlung nun erkannt haben, dass ein Single mit >=EG9aS6, der nicht mindestens 500€ p.M. zurucklegen kann "definitiv" etwas falsch macht.

Oder ist das doch eher anekdotisch?

Ich wollte damit nur ausdrücken, dass man zu Zweit mit 2.700 Netto ganz entspannt 700 € - 800 € monatlich sparen kann, und deshalb ein Single mit 3.000 € Netto wohl erst recht mindestens 500 € pro Monat bei Seite legen können sollte!

Herbert Meyer

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2554 am: 27.09.2022 10:43 »
Ich hatte das ja mal im Groben für mich durchgerechnet. IIRC bräuchte ich für einen break even ca. eine Einmalzahlung von 40.000 EUR netto um eine 1% nicht erhaltene Lohnerhöhung zu kompensieren.

Man darf nicht vergessen, dass sich der "negative Zinseszinseffekt" der entgangenen Lohnerhöhung durch geringere Einzahlungen in die Rentenkasse bis zum letzten Atemzug fortschreibt.

Solche Rechnungen stellen aber leider viel zu wenige Leute an. In unserem Bereich des Tarifvertrags gab es z. B. statt einer Corona-Bonuszahlung eine "kleine" außerreguläre Erhöhung der Tabellenentgelte. Ein riesiges Gezeter und großer Unmut in der Belegschaft! Dabei kommt der Break-even - bei lediglich 3 Prozent angenommener regulärer Erhöhung p. a. - in den meisten Entgeltgruppen nach knapp 4 Jahren (den Rentenaspekt dabei sogar ausgeklammert). Und dann wird im Zweifel noch Jahrzehnte gegenüber den Bereichen, die stattdessen eine Einmalzahlung erhalten haben - profitiert. Der Flurfunk lautet aber "Wir haben ja keinen Corona-Bonus erhalten". Solche Stimmungen nehmen sich ver.di und Konsorten natürlich auch zu Herzen.

Beamtenmichel

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2555 am: 27.09.2022 10:48 »
Wer als Single mit 3.000 € Netto nicht in der Lage ist, mindestens 500 € monatlich zu sparen, macht definitiv etwas falsch!

...blubb...

Vielen Dank, dass wir anhand deiner nahezu wissenschaftlichen Abhandlung nun erkannt haben, dass ein Single mit >=EG9aS6, der nicht mindestens 500€ p.M. zurucklegen kann "definitiv" etwas falsch macht.

Oder ist das doch eher anekdotisch?

Ich wollte damit nur ausdrücken, dass man zu Zweit mit 2.700 Netto ganz entspannt 700 € - 800 € monatlich sparen kann, und deshalb ein Single mit 3.000 € Netto wohl erst recht mindestens 500 € pro Monat bei Seite legen können sollte!

HAHA!! Zu zweit mit 2.700 Netto ganz entspannt 700 - 800 € monatlich sparen. In welcher Welt lebst du denn? Vielleicht in Frankfurt (Oder) ab nicht in Ballungszentren wo mittlerweile eine durchschnittliche 3 Zimmer Wohnung bereits weit über 1200 warm kostet.

Kaiser80

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2556 am: 27.09.2022 11:31 »
Wer als Single mit 3.000 € Netto nicht in der Lage ist, mindestens 500 € monatlich zu sparen, macht definitiv etwas falsch!

...blubb...

Vielen Dank, dass wir anhand deiner nahezu wissenschaftlichen Abhandlung nun erkannt haben, dass ein Single mit >=EG9aS6, der nicht mindestens 500€ p.M. zurucklegen kann "definitiv" etwas falsch macht.

Oder ist das doch eher anekdotisch?

Ich wollte damit nur ausdrücken, dass man zu Zweit mit 2.700 Netto ganz entspannt 700 € - 800 € monatlich sparen kann, und deshalb ein Single mit 3.000 € Netto wohl erst recht mindestens 500 € pro Monat bei Seite legen können sollte!
Ok, also anekdotisch

Sozialarbeiter

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2557 am: 27.09.2022 11:45 »
Also was ich immer wieder aus Ver.di Kreisen mitbekomme ist, dass Ver.di Funktionäre und ehrenamtlich engagierte Ver.di Mitglieder durch die Bank weg Einmalzahlungen ablehnen und es in Meetings/Konferenzen viel Erklärungsarbeit benötigt und Ressourcen frisst den Teilnehmenden und Mitgliedern zu erklären warum jede tabellenwirksame Prozenterhöhung einer Einmalzahlung vorzuziehen ist.
Mail-Aktion zur TV-L Tarifrunde:
Solidarisch zeigen und die Verantwortlichen in Hamburg via Mail auffordern auf eine bessere Bezahlung hinzuwirken: https://wastunfuerhamburg.de/

Ich empfehle den Thread zur Hamburg Zulage unter der Rubik Allgemeines, den ich seit 1-2 Jahren stetig füttere.

Philipp

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2558 am: 27.09.2022 11:48 »
Ich wäre durchaus dafür, die 3000€ Prämie in die Verhandlungsmasse aufzunehmen.
Die letzte Laufzeit war doch so lang und die Erhöhungen so gering, da kann man die 3000€ gerne nachträglich als Kompensation für die miserablen Abschlüsse der Vergangenheit heranziehen.
Das würde der verdi wieder etwas Glaubwürdigkeit verschaffen ("Wir vertreten die Arbeitnehmer" usw..")

Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen: Mit einem Anstieg der Tarifgehälter bleibt auch wieder mehr für Verdi übrig (die sicher genauso gestiegene Kosten haben). Von einer Einmalzahlung bekommen die genau gar nichts ab.

Trotzdem fände ich gesamtökonomisch das Signal fatal, wenn man mit Erhöhungen von 10% anfängt oder "Inflationsausgleich" ins Spiel bringt.
Wir sind am Anfang einer Inflationsspirale - viele Kosten sind gestiegen, weil man Preise mit der Begründung "Ist halt Inflation - alles wird teurer" erhöht. Wenn jetzt die Löhne auch noch an der Spirale mit drehen, geht es weiter. Dann gibt's keinen Boden mehr im Fass.
Das einzige was aktuell wirklich teuer geworden ist, ist Gas.

Sobald der Strompreis entkoppelt wurde (man die bescheuerte Merit Order mal aus dem Weg geräumt hat), normalisiert sich wieder einiges. Dann werden auch die stromintensiv hergestellten Güter wieder günstiger.

Eine Deflation werden wir nicht haben, aber die Preise werden sich wieder entspannen.


Sozialarbeiter

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2559 am: 27.09.2022 12:04 »
Ver.di wird mit einer zweistelligen Forderung in die Verhandlung gehen.

Und der öffentliche Dienst produziert und verkauft in der Regel keine Ware/Dienstleistung, die sich durch höhere Löhne verteuern würden. Dass Personalintensive Geschäftsmodelle wie der Friseur oder Gastronomie die Preise anziehen muss, wenn die Personalkosten steigen, ist klar. Aber ob der Verwaltungsangestellte nun 10% mehr oder weniger verdient ist für die Bearbeitung des Antrages doch egal. Daher sehe ich das Argument der Lohn-Preis-Spirale insbesondere im öD als weniger schrecklich als propagiert.
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Ich empfehle den Thread zur Hamburg Zulage unter der Rubik Allgemeines, den ich seit 1-2 Jahren stetig füttere.

Kaiser80

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2560 am: 27.09.2022 12:15 »
Ver.di wird mit einer zweistelligen Forderung in die Verhandlung gehen.

Und der öffentliche Dienst produziert und verkauft in der Regel keine Ware/Dienstleistung, die sich durch höhere Löhne verteuern würden.
Aha... Die Auswirkungen auf Wasserver- und Abwasserentsorgung hast du da auch berücksichtigt? Die von dir gennanten 10% Lohn gingen 1 zu 1 an den Verbraucher durch... Abfallgebühren, u.U. ÖPNV?
Auch käme jetzt keine Kommune auf die Idee ihre gestiegenen Personalkosten im Rahmen der Steuerautonmie auf den Steuerzahler umzulegen...->Grundsteuer, Wohnen wird teurer...
Will sagen: Dem Bürger ist das Scheißegal, er merkt schlicht: "Alles wird teurer"

WasDennNun

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2561 am: 27.09.2022 13:25 »
Ich wäre durchaus dafür, die 3000€ Prämie in die Verhandlungsmasse aufzunehmen.
Die letzte Laufzeit war doch so lang und die Erhöhungen so gering, da kann man die 3000€ gerne nachträglich als Kompensation für die miserablen Abschlüsse der Vergangenheit heranziehen.
Aber nur wenn sie dann auch versteuert wird, weil sie dann ja eben keine zusätzliche Leistung vom ag darstellt.

Hugo Stieglitz

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2562 am: 27.09.2022 13:28 »
Ver.di wird mit einer zweistelligen Forderung in die Verhandlung gehen.

Und der öffentliche Dienst produziert und verkauft in der Regel keine Ware/Dienstleistung, die sich durch höhere Löhne verteuern würden.
Aha... Die Auswirkungen auf Wasserver- und Abwasserentsorgung hast du da auch berücksichtigt? Die von dir gennanten 10% Lohn gingen 1 zu 1 an den Verbraucher durch... Abfallgebühren, u.U. ÖPNV?
Auch käme jetzt keine Kommune auf die Idee ihre gestiegenen Personalkosten im Rahmen der Steuerautonmie auf den Steuerzahler umzulegen...->Grundsteuer, Wohnen wird teurer...
Will sagen: Dem Bürger ist das Scheißegal, er merkt schlicht: "Alles wird teurer"
Das alles teurer wird streitet ja niemand ab, sondern die Annahme, dass durch einen überdurchschnittlichen Tarifabschluss in Teilen des ÖD eine Lohnpreisspirale in Gang gesetzt wird und wir deshalb mit den Forderungen kürzer treten sollten. Das halte ich für Quatsch, weil die Produkte und Dienstleistungen, die der Staat anbietet einen kleinen Teil des Warenkorbes ausmachen. Wenn der Bürger der Ansicht ist, durch Steuern und Sozialabgaben zu stark belastet zu werden, sollte er seine Erwartungshaltung dem Staat gegenüber anpassen und Parteien wählen, die das umsetzen.

Philipp

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« Antwort #2563 am: 27.09.2022 13:29 »
Ver.di wird mit einer zweistelligen Forderung in die Verhandlung gehen.

Und der öffentliche Dienst produziert und verkauft in der Regel keine Ware/Dienstleistung, die sich durch höhere Löhne verteuern würden. Dass Personalintensive Geschäftsmodelle wie der Friseur oder Gastronomie die Preise anziehen muss, wenn die Personalkosten steigen, ist klar. Aber ob der Verwaltungsangestellte nun 10% mehr oder weniger verdient ist für die Bearbeitung des Antrages doch egal. Daher sehe ich das Argument der Lohn-Preis-Spirale insbesondere im öD als weniger schrecklich als propagiert.

Also hier wurde die interne Gebührenordnung gerade angepasst (nach oben).

Alles aus dem übertragenen Wirkungskreis unterliegt der Gebührenordnung des Landes, und die Beträge steigen auch stetig.

Zumindest für Stundenabrechnung. Alle anderen Gebühren steigen halt mit den Gebühren der Anträge. zB bei Angabe einer Rohbausumme

Kaiser80

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Antw:Tarifverhandlungen und die Inflation
« Antwort #2564 am: 27.09.2022 14:05 »
Das alles teurer wird streitet ja niemand ab, sondern die Annahme, dass durch einen überdurchschnittlichen Tarifabschluss in Teilen des ÖD eine Lohnpreisspirale in Gang gesetzt wird und wir deshalb mit den Forderungen kürzer treten sollten. Das halte ich für Quatsch, weil die Produkte und Dienstleistungen, die der Staat anbietet einen kleinen Teil des Warenkorbes ausmachen.
Hmm, Wasserversorgung u.a. (öffi) Dienstleistungen/Steuer für die Wohnung fliessen zumindest für rund 3,6% in den Gesamtwarenkorb ein... Die ober mega Katastrophen Preistreiber Strom mit 2,6% und Gas mit 2,5%. Über die Wasserversorgung lässt sich streiten, doch auch diese wird in D (so vermute ich) überwiegend auch ör organisiert sein. Ich find das nicht so ganz unbeachtlich wie du (destatis 2019, was aktuelleres hab ich nicht gefunden)

Davon ab dürfte keiner der 3 Werte dürfte für den Bürger die gelebte/gefühlte Realität darstellen.