Gisela Färber bringt die politische Problematik als Ökonomin, die sie ist, präzise auf den Punkt und spart dabei entsprechend nicht mit Kritik an allen Seiten:
"Ich weiß von einigen anderen Finanzministerien, die mir ins Ohr geflüstert haben, denn das dürfen
sie mir ja nicht laut sagen, dieses Herumdoktern an den Familienzuschlägen – – Ich habe immer
gefragt: Warum hebt ihr eigentlich die Besoldung nicht vernünftig an? Es haben doch alle eine
höhere Besoldung verdient. – Dann haben die gemeint. Das ist fiskalisch, das ist einfach zu teuer.
– Was ist denn zu teuer? Wollen wir nur mehr Stellen? Wollen wir die, die arbeiten, vernünftig
besolden? Es gibt Zielkonflikte, die die Regierungen und die Gesetzgeber von Bund und Land
irgendwann mal vernünftig austragen müssen. Sie müssen sich zusammenraufen, wie es geht.
Ich glaube, ein Land [Hessen] alleine kann nicht für sich handeln. Wenn die Öffentlichkeit diese Familien-
zuschläge wirklich mal spitzkriegt, kann ich Ihnen versprechen – in einigen Bundesländern sind
die bei vier Kindern bei über 100 % der Grundbesoldung –, dann machen wir irgendwann das
Berufsbeamtentum ganz kaputt. Da bin ich ganz sicher. Dann ist die Empörung riesengroß, wa-
rum jemand für rein häusliche Leistungen, sage ich mal, so viel mehr Geld kriegt. Das kann nie-
mand draußen verstehen, der sich nicht wirklich mit dem Alimentationsprinzip und dem öffentli-
chen Dienst beschäftigt hat. Deswegen bin ich vorsichtig und sage das in der Öffentlichkeit nicht
immer ganz laut, sondern erst mal leise und hoffe, dass ich hier ein paar Anregungen losgewor-
den bin." (S. 8 f.)
Ich halte manches von dem, was sie sich als Reformgrundlage vorstellt, für juristisch schwierig, wenn nicht gar im Rahmen des Grundgesetzes für unmöglich machbar. Aber die politische Analyse ist erst einmal offensichtlich richtig: Die Parteien drücken sich in Gestalt als Regierende, Regierungsparteien und vielfach auch als jene der Opposition am Ende allesamt aus fiskalischen Gründen drumherum, endlich eine Debatte über die Frage zu führen oder sie zumindest zu initiieren, welche Kosten mit einer verfassungskonformen Alimentation verbunden sind und welche Folgen es hat, die Alimentation nicht amtsangemessen zu regeln. Hier geht es also zunächst um die unmittelbaren Folgen für das Berufsbeamtentum und mittelbar um die für die Tarifbeschäftigten sowie als Ergebnis um die Frage: Was kostet ein qualitativ leistungsfähiger öffentlicher Dienst? Was sind im Hinblick auf den demographischen Wandel und den Fachkräftemangel die Folgen und ggf. Alternativen, sofern man nicht im Rahmen der Verfassung zu einem deutlich teuereren öffentlichen Dienst zurückkehrte? Inwiefern ist die primäre Staatsaufgabe, die öffentliche Verwaltung qualitativ hinreichend zu gewährleisten, zukünftig zu erfüllen - z.B. ganz konkret hinsichtlich der Dauer der Rechtsprechungs- und Antragsverfahren, der Krankenversorgung, Bildung und Pflege von Menschen, der öffentlichen Sicherheit usw. usf. -, und zwar im Hinblick auf eine vielfache Krisenlage, die als solche nicht in kurzer Zeit in ruhigere Gefilde zu transferieren sein dürfte?
Antworten auf diese Fragen, so sind Gisela Färbers Darlegungen nicht nur an dieser Stelle zu verstehen, sind dringend nötig und von den politischen Entscheidungsträgern mindestens zu initiieren, sofern sie sie selbst nicht haben sollten. Ich habe sachlich bezüglich nicht weniger ihrer Reformvorstellungen eine andere Meinung - aber für ihre hier und auch an anderer Stelle geäußerten klaren Worte an die Entscheidungsträger genauso wie für ihre vielen empirischen Befunde, die uns ein klareres Bild von der Realität vermitteln, bin ich ihr sehr dankbar.