Autor Thema: Unbefristete Stelle, da befristeter Arbeitsvertrag nicht vorliegt?  (Read 7840 times)

WasDennNun

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Das ist faktisch natürlich korrekt, aber ich bezweifle, dass es jeder bzw. jedem Bewerber/-in zuzumuten ist, das Binnenverhältnis zwischen Prof, Personalstelle, Fachbereich, Fachvorgesetzten, Uni und AG und wer davon welche Funktion, ggfs. in Personalunion mit einer anderen Funktion, bekleidet, in seiner konkreten Ausprägung zu kennen.

Ich würde es daher so zusammenfassen:

Entweder hat carriegross' Schwester ihre Arbeit mit Wissen und Duldung des AG aufgenommen. In diesem Falle besteht mit großer Wahrscheinlichkeit ein unbefristetes AV, das sich aber möglicherweise unter bestimmten Bedingungen nachträglich befristen lässt (siehe Rechtsprechung zur Heilung unwirksamer Befristungsabreden).

Oder carriegross' Schwester hat ihre Arbeit ohne Wissen und Duldung des AG aufgenommen, möglicherweise in der Annahme, der Prof sei ein vom AG zur Schließung von AV Bevollmächtigter. In diesem Falle besteht mit großer Wahrscheinlichkeit kein unbefristetes AV; allerdings hätte die Schwester möglicherweise Ansprüche gegen den Prof.
Oder das Leben geht seinen normalen Universitären Gang. irgendwann trudelt der AV und das Geld ein und alle leben glücklich und zufrieden bis an ihrem Lebensende.

Im übrigen habe ich es in der Tat erlebt, das ein WiMi im Forschungsinstitut nicht rechtzeitig sein befristeten AV erhalten hat und versucht hat, sich als unbefristeter "rein zu klagen". Als ihm klar wurde, das als unbefristete Putzhilfe zu arbeiten doch keine gute Idee ist, war das Gespräch und die Situation geklärt.

Einziger Haken: Wenn da was passiert ist es kein Arbeitsunfall, Versicherung etc.... und Schwester und / oder Prof sind die gelackmeierten

WasDennNun

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Ach ja und es gibt durchaus Situationen, wo man direkt mit dem Prof einen AV abschließt, wenn ich mich dunkel erinnere, bei einigen DFG Förderungen oder Drittmittel-Projekten.

Aber wie carriegross schon sagte, war ja eine reine akademische Frage das ganze.

XTinaG

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Warum sollte der Arbeitnehmer nur Mindestlohn erhalten? Wenn keine Vergütung vereinbart wurde oder die Vergütungsvereinbarung nichtig ist, gilt nach § 612 BGB die übliche Vergütung als vereinbart. Üblich ist dabei eine Arbeitsvergütung, die für eine vergleichbare Tätigkeit im Betrieb oder im gleichen Gewerbe am selben Ort für eine vergleichbare Tätigkeit gezahlt wird (BAG 26.04.2006 Az. 5 AZR 549/05). Besteht für die Tätigkeit ein Tarifvertrag, so ist regelmäßig die tarifliche Arbeitsvergütung die übliche Arbeitsvergütung (BAG 26.09.1990 Az. 5 AZR 112/90).

carriegross

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Mittlerweile hat sich die akademische Frage zu einer doch sehr interessierten Frage entwickelt.

Aber ist scheint ja eindeutig zu sein: war der vorzeitige Dienstantritt dem AG bekannt und wurde geduldet, liegt faktisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor. War das nicht so, haben u. U. der Prof und der HiWi Pech.

Richtig sicher ist der AG, in dem Fall die Hochschule, also nur, wenn er den Profs untersagt, solche vorzeitigen Dienstantritte zuzulassen. Und zusätzlich vielleicht auch noch, wenn man dem HiWi erst nach der Aushändigung des Arbeitsvertrags Schlüssel, Stempelkarte u. ä. gibt!?

Vielleicht sollte die Hochschule dann auch ganz offen kundtun, dass im Falle eines Falles der Prof der Schuldner ist.


XTinaG

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Ob die Hochschule den Prof in Anspruch nehmen kann und wird, steht auf einem völlig anderem Blatt. Das ist deren Problem im Innenverhältnis. Das spielt für das Außenverhältnis grundsätzlich erstmal keine Rolle.

BalBund

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Bin ich hier eigentlich gerade auf dem völlig falschen Dampfer unterwegs oder müsste die Schwester nicht der Universität anzeigen, dass sie nunmehr von einem unbefristen AV ausgeht und nach mutmaßlich negativer Rückantwort der Personalstelle binnen 3 Wochen Klage vor dem Arbeitsgericht erheben?

oder ist das im Wissenschaftsbereich anders?

XTinaG

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Die Klage muß erst bis spätestens drei Wochen nach Ende der unwirksam vereinbarten Befristung erhoben werden. Nicht drei Wochen nach Kenntnis, nicht drei Wochen nach Arbeitsantritt und auch nicht drei Wochen nach Unterzeichnung der unwirksamen Befristungsabrede.

WasDennNun

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Warum sollte der Arbeitnehmer nur Mindestlohn erhalten? Wenn keine Vergütung vereinbart wurde oder die Vergütungsvereinbarung nichtig ist, gilt nach § 612 BGB die übliche Vergütung als vereinbart. Üblich ist dabei eine Arbeitsvergütung, die für eine vergleichbare Tätigkeit im Betrieb oder im gleichen Gewerbe am selben Ort für eine vergleichbare Tätigkeit gezahlt wird (BAG 26.04.2006 Az. 5 AZR 549/05). Besteht für die Tätigkeit ein Tarifvertrag, so ist regelmäßig die tarifliche Arbeitsvergütung die übliche Arbeitsvergütung (BAG 26.09.1990 Az. 5 AZR 112/90).
Weil ja nicht geklärt ist was der Inhalt der Arbeit ist und AG halt nur den Putzjob zuweist.

Thiesi

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Aber im Beispiel hat doch die Arbeitsaufnahme bereits stattgefunden & der AG bereits Tätigkeiten übertragen, bevor der mögliche Konflikt über die Wirksamkeit der Befristungsabrede überhaupt beginnt.
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XTinaG

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Auch hier wäre auszulegen, was vereinbart war. Das wird in Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung auf das, was in der Ausschreibung stand, hinauslaufen. Oder auf die bereits durch konkludentes Handeln (Erbringen und Annehmen der Arbeitsleistung nach Arbeitsaufnahme) vereinbarte Tätigkeit, wie Thiesi ausführt.

WasDennNun

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Aber im Beispiel hat doch die Arbeitsaufnahme bereits stattgefunden & der AG bereits Tätigkeiten übertragen, bevor der mögliche Konflikt über die Wirksamkeit der Befristungsabrede überhaupt beginnt.
Wo steht das der AG das gemacht hat, der Prof ist nicht ein Vertreter des AGs und kann keine AVs für den AG abschließen.

Thiesi

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Der AG (durch die Personalabteilung) gibt IT Account/Zugangsausweise aus: Ergo er soll bei uns arbeiten! Also eine deutlichste Bejahung des Arbeitsvertrages.
Wenn dann irrtümlicherweise kein befristeter AV schriftlich vorliegt, dann gibt es halt einen "mündlichen" und der ist nun mal unbefristet.
Dumm gelaufen für den AG (und für den AN der dann halt nur den Mindestlohn bekommt.)
"We're with you all the way, mostly"

XTinaG

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Wenn eine Arbeitsaufnahme erfolgt ist, wurde Arbeitsleistung erbracht und angenommen. In Ermangelung einer anderweitigen Vereinbarung ist das die Zuweisung der Tätigkeiten. Diese muß ja nicht durch jemanden erfolgen, der namens des Arbeitgebers Arbeitsverträge schließen darf. Wobei im Sachverhalt davon auszugehen ist, daß er dies zumindest im Außenverhältnis darf. Und im Innenverhältnis wohl eins auf den Sack bekommt.

carriegross

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Wie kann man denn als AG nun schließlich solche Fälle komplett idiotensicher ausschließen?

Max

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Wie kann man denn als AG nun schließlich solche Fälle komplett idiotensicher ausschließen?
Es bietet sich an schlichtweg keine Idioten zu beschäftigen, dann muss man Prozesse auch nicht idiotensicher machen. Ansonsten bieten sich Disziplinarverfahren an um eine Wiederholung weniger attraktiv zu machen und in diesem Fall,  dem Professor keine weiteren Stellenbesetzungsverfahren zu ermöglichen, sondern den Bewerberkontakt, bis auf ein Vorstellungsgespräch unter Aufsicht, ausschließlich über die Personalabteilungabzuwickeln.