Hierzu die Stellungnahme des Bayer. Richtervereins:
Die Annahme, dass praktisch jeder Ehegatte oder Lebenspartner einer Beamtenfamilie mit
zwei Kindern ein durchschnittliches Jahresbruttoeinkommen von mindestens 20.000,00 € erzielt, findet in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Grundlage. Auf die
behaupteten tatsächlichen Verhältnisse kommt es damit nicht weiter an.
Mit Blick auf die Einhaltung des Mindestabstandsgebots der Besoldung von der Grundsicherung bricht der Gesetzentwurf mit der bisherigen Bezugsgröße der Besoldung. Eine
Anpassung der Bezugsgröße an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse ist nicht grundsätzlich abzulehnen. Allerdings wird der Gesetzentwurf den Folgen eines solchen Schrittes nicht
gerecht.
Mit der Änderung der verfassungsgerichtlichen Bezugsgröße setzt sich der Gesetzentwurf in
offenen Widerspruch zu dem Prüfprogramm des Bundesverfassungsgerichts, ohne den Widerspruch sachgerecht aufzulösen. Das Leitbild der Besoldung hat nicht nur Bedeutung für
das Mindestabstandsgebot.
Es ist vor allem Teil des Referenzsystems selbst, auf dessen Grundlage der Besoldungsgesetzgeber die Angemessenheit der Besoldung beurteilt. Amtsangemessene Beamten- und
Richterbezüge sind so zu bemessen, dass sie Beamten und Richtern eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung ihres jeweiligen Amtes entspricht (vgl. BVerfGE 117, 330
<355>). Ändert der Gesetzgeber den Referenzrahmen, muss er anhand des neuen Referenzrahmens die Angemessenheit der Besoldung insgesamt neu bewerten.
Dies unterlässt der Gesetzentwurf vollständig.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass beide Ehegatten durch Arbeit zum Familienunterhalt
beitragen. Damit bedarf es sowohl für die Angemessenheit der Besoldung als auch für das
Mindestabstandsgebot anderer Parameter. Diese benennt der Gesetzentwurf nicht. Damit verstieße der Dienstherr gegen seine verfassungsrechtliche Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation, denn er hat kein Referenzsystem mehr, an dem er die Angemessenheit beurteilen
könnte.
https://www.bayrv.de/fileadmin/Bayerischer-Richterverein/Dokumente/Stellungnahmen/22-01_Stellungnahme_GesetzentwurfBesoldungsanpassungBVerfG2022.pdf