Autor Thema: [BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern  (Read 505806 times)

KoQ

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #720 am: 17.12.2022 14:41 »
Ich hoffe auch, dass die Gewerkschaften ihren Mitgliedern zeitnah eine Handlungsempfehlung bzw. entsprechende Vorlagen für Widersprüche und rechtlichen Beistand bei eventuellen Klagen an die Hand geben.

Nichts desto trotz ist es momentan denke ich wichtig, auf die Entscheider in der Politik zuzugehen und unsere Meinung kundzutun. Ich war tatsächlich Recht erstaunt darüber, wie einfach eine solche Petition an den verantwortlichen Ausschuss zu stellen ist, mit dem sich die Politiker auch tatsächlich auseinandersetzen müssen.

Zuerst habe ich lediglich die folgende E-Mail an die Geschäftsstelle des Ausschusses und deren Leiter geschickt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

es wird um Weiterleitung des im folgenden beschrieben Sachverhalts an den Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes gebeten.

Als bayerischer Beamter und Familienvater von fünf Kindern möchte ich mich hiermit zum Gesetzesentwurf des BayStMFH zur Neuausrichtung orts- und familienbezogener Besoldungsbestandteile äußern, welcher Ihrem Ausschuss vor kurzem zur Entscheidung übergeben wurde.

Seit längerer Zeit verfolge ich die Entwicklung in dieser Sache deutschlandweit - in vielen anderen Bundesländern wurde das Urteil des BVerfG von 2020 bereits umgesetzt. In der Art und Weise der Umsetzung fanden die jeweiligen Landesgesetzgeber diverse Wege, zum Teil zum großen Vorteil kinderreicher Familien.

Meine Familie und ich leben selbst im Landkreis von XY, Mietstufe II. Nach dem neuen Gesetzesentwurf entspricht dies keiner nennenswerten Steigerung des Familienzuschlags, obwohl in unserer Ortschaft Baugrundstücke für durchschnittlich 480€/ qm gehandelt werden und sich auch hier die Lebenshaltungskosten in Form von Nahrungsmitteln, Energiekosten und sonstigen Ausgaben für einen 7-Personen-Haushalt enorm erhöht haben.

Meine Ehefrau widmet sich neben einem 450€-Job, der meiner Meinung nach das Maximum an Berufsausübung für sie ist, der Erziehung unserer Kinder. Von einem Jahresgehalt von 20.000 Euro, das der Gesetzesentwurf vorsieht, ist sie weit entfernt. Auch die Erhöhungsbeträge, die bis zur Besoldungsstufe A10 vorgesehen sind - in unserem Fall 75,- Euro monatlich bei A9 - können die Mehrkosten von fünf Kindern nicht im Ansatz ausgleichen.
Die Abkehr vom Alleinverdiener- zum Mehrverdienerprinzip in der Alimentation, die der Entwurf anstrebt, ist meiner Meinung nach das deutlich falsche Signal. Es schwächt Familien und macht den Beamtenberuf unattraktiv. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Möglichkeit, diese adäquat zu unterhalten, muss meiner Meinung nach ein Grundbestandteil des Beamtentums bleiben, um den Beamtenstatus weiterhin attraktiv zu halten.

In anderen Bundesländern wie beispielsweise NRW und Baden-Württemberg wurden die Kinderzuschläge massiv erhöht.
Hier droht Bayern, vom Status des Spitzenbesolders verdrängt zu werden. Dies ist ein fatales Signal für die Beamtenschaft und auch künftige Bewerber.

Gesprächsweise konnte ich bislang keine Person feststellen, die den Entwurf in seiner jetzigen Art und Weise gutheißt. Eine Stärkung von Familien - außer im absoluten Ballungsraum - ist hier für mich nicht erkennbar.
Die Einführung einer Pflegekomponente ist lobenswert, jedoch wird hierdurch eine Verbesserung für kinderreiche Familien nicht erreicht. Auch das, durch das BVerfG geforderte Erreichen der 115 Prozent über der Grundsicherung wird lediglich durch Einberechnung der fiktiven 20.000 Euro Jahresgehalt des Ehepartners erreicht. Dies scheint wie bereits oben beschrieben im Falle mehrerer Kinder nicht realistisch.

Ich bitte Sie als entscheidende Kraft der Politik, die o.g. Einwände bei Ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.

Ich verbleibe hochachtungsvoll und mit freundlichen Grüßen,

XY



Nachdem ich die Frage, ob das Anliegen als Petition behandelt werden soll, bejaht hatte, bekam ich nun diese Antwort per E-Mail:

Gesetzesentwurf zur Neuausrichtung orts- und familienbezogener Besoldungsbestandteile

Petition vom 07.12.2022

Sehr geehrter Herr XY,

Ihre Petition haben wir erhalten. Sie wird bei uns unter dem Aktenzeichen OD.0431.18 geführt.

Über Ihre Petition wird der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen sowie einer Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung beraten und Beschluss fassen. Wir haben deshalb von der Staatsregierung eine Stellungnahme zum Sachverhalt angefordert. Die dafür notwendigen Feststellungen nehmen in der Regel einige Zeit in Anspruch. Wir bitten Sie daher um Geduld.

Der Ausschuss berät grundsätzlich in öffentlicher Sitzung. Er kann jedoch die Öffentlichkeit ausschließen, sofern Sie dies beantragen oder es aus anderen Gründen angezeigt erscheint. Über den voraussichtlichen Sitzungstermin werden wir Sie informieren. Diese Terminbenachrichtigung können wir aufgrund der parlamentarischen Abläufe jedoch erst in der Vorwoche der Sitzung versenden. Sobald das Beratungsergebnis vorliegt, werden wir es Ihnen schriftlich mitteilen. Nähere Informationen zum Petitionsverfahren finden Sie auf der Internetseite des Landtags unter www.bayern.landtag.de/petitionen/faq/.

​Mit freundlichen Grüßen
XY vom Bayerischen Landtag



SwenTanortsch

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #721 am: 17.12.2022 16:18 »
Gute Sache, KoQ - halte uns auf dem Laufenden! Zugleich geht die Petition als solche nun in das Gesetzgebungsverfahren mit ein. Davon dürfte sich - so ist zu vermuten - mindestens die Regierungsmehrheit kaum abschrecken lassen. Als im genannten Ausschuss betrachteter Teil der Gesetzgebung wird die Petition aber zu den Akten gelegt werden, und zwar mitsamt derangeforderten Stellungnahme der Staatsregierung. Damit wird in den Gesetzgebungsakten ein weiteres Mal an einem Ausschnitt dokumentiert werden, dass jeder, der es als Teil der legislativen Gewalt im Vorfeld der Verabschiedung wissen wollte, es auch wissen konnte, dass der Gesetzentwurf offensichtlich zu keiner Gewährleistung einer amtsangemessenen Alimentation führt. Die Fadenscheinigkeit der Gesetzesbegründung wird dann spätestens auf die Tagesordnung kommen, wenn das Gesetz der gerichtlichen Prüfung nach Klageerhebung unterzogen werden wird.

Meinereiner83

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #722 am: 19.12.2022 16:23 »
Das mit der Petition finde ich auch super - ich hoffe, dies wird nicht genauso abgebügelt (wie alles Bisherige). Es sollte wirklich jeder Weg ausprobiert werden, vielleicht bewegt sich ja irgendwann doch was.


Mein Kontakt zum Staatsministerium war leider wieder sehr frustrierend...

Nachdem die Begründung für das Mehrverdienerprinzip war, dass bei Grundsicherungsempfängern schließlich auch das Partnereinkommen berücksichtigt wird, hatte ich nochmal zu Bedenken gegeben, dass dort aber nur das TATSÄCHLICHE EINKOMMEN berücksichtigt wird und nicht ein fiktives von 20.000,- €. Wieder nur das gleiche Blabla:

"Die Alleinverdiener-Familie entspricht nicht mehr der gesellschaftlichen Realität. Die herangezogenen Datensätze des Statistischen Bundesamtes belegen diese Entwicklung auf statistisch repräsentative Weise. Das Bundesverfassungsgericht rekurriert auf das Grundsicherungsrecht als Vergleichsgröße für die Mindestalimentation. Dort wird im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft weiteres Einkommen und sogar vorhandenes Vermögen in erheblichem Umfang berücksichtigt. Eine Berücksichtigung des vom anderen Elternteil geleisteten Beitrages zum Familieneinkommen erscheint somit auch
im Besoldungsrecht sachgerecht.
Der vom anderen Elternteil zu erwartende Beitrag zum Familieneinkommen
ist angesichts der Vielzahl möglicher Konstellationen notwendigerweise zu
typisieren. Typisierungen dürfen und müssen in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die Grenzen des Typisierungsspielraumes bleiben gewahrt, soweit die Vorteile der Typisierung im
rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit stehen und sich die gesetzliche Typisierung an keinen atypischen
Sachverhalt, sondern realitätsgerecht am typischen Fall als Leitbild orientiert. Eine Bezugnahme auf den in der Beihilfe herangezogenen Einkommensgrenzbetrag aus Art. 96 Abs. 1 Satz 1 BayBG bietet sich an, da es sich
um eine im Beamtenbereich bewährte Größe handelt, bei welcher der Gesetzgeber ausweislich vorliegender, in der Gesetzesbegründung genannter
Daten zu den auf berücksichtigungsfähige Ehegatten entfallenden beihilfefähigen Aufwendungen starke Anhaltspunkte dafür hat, dass die ganz überwiegende Mehrheit der berücksichtigungsfähigen Ehegatten eine an diesen
Voraussetzungen gemessene, eigene wirtschaftliche Absicherung innehat.
Die gesetzliche Typisierung des Entwurfs orientiert sich somit realitätsgerecht an einem typischen Fall als Leitbild."


Das klingt fast so, als sollten wir froh sein, dass nicht noch Vermögen mit einbezogen wird, oder die Minijobs der jugendlichen Kinder...

Meine vielen weiteren Fragen, wie z.B. was davon gehalten wird, dass die Familie mit 4 Kindern und Besoldung in A8 in "meiner" Wohngegend (und die ist nur Mietstufe 4) tatsächlich wohngeldberechtigt wäre und viele viele mehr, wurden entweder gänzlich ignoriert oder mit ähnlichem BLABLA wie oben abgetan. Auch den Vergleich für 3. und weitere Kinder mit anderen Bundesländern kann man laut Staatsministerium nicht machen, wegen der unterschiedlichen Grundgehaltssätze - AUCH meine Bemerkung, dass ab dem 3. Kind dies ja für sich 115 % über GruSi-Niveau sein soll unabhängig von der Grundbesoldung, wurde wieder ignoriert...

Ich verstehe einfach nicht, wie es tatsächlich Menschen geben kann, die das so sehen... Jeder, der sich mal ein bisschen vernünftig mit dem Thema Besoldung auseinandersetzt, muss doch zu dem Ergebnis kommen, dass Verfassungsmäßigkeit anders aussieht... Wie kann man denn so blind/beschränkt sein und das sooo abtun?!? Echt unglaublich und zum Kopf schütteln.

Finanzer

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #723 am: 19.12.2022 17:08 »
Danke Meinereiner für die Hartnäckigkeit, das liest sich wie ein Schauerroman.

Und die Gewerkschaften klatschen Beifall.

squatty

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #724 am: 20.12.2022 06:47 »
Die Bayerische Finanzgewerkschaft hat dies gestern an Ihre Mitglieder verschickt:

Zitat
Nach Abschluss der Ressortanhörung sowie der Verbändeanhörung hat die
Bayerische Staatsregierung mit Landtagsdrucksache 18/25363 am 30.11.2022
ihren Gesetzentwurf in den Bayerischen Landtag eingebracht. Es ist davon
auszugehen, dass das Gesetz im ersten Quartal 2023 vom Landtag
verabschiedet wird.
Die Neuregelungen des Orts‐ und Familienzuschlags sowie der
Erhöhungsbeträge für A 3 bis A 10 auf der betragsmäßigen Basis der Anlage 5
sollen dann rückwirkend ab 1.1.2023 gelten; auf der Basis der Anlage 11, die
eigene – niedrigere – Tabellenwerte für 2020, für 2021 und 2022 vorsieht,
erfolgt dann eine Korrektur für die drei letzten Jahre. Denn das ist eine der
bayerischen Besonderheiten, dass die Bayerische Staatsregierung nach den im
Mai 2020 ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für alle
drei Jahre auf die zeitnahe Geltendmachung (auch: Einrede der Verjährung)
verzichtet hat und somit die Besoldung aller Beamtinnen und Beamten bis
zurück zum 1.1.2021 einer Prüfung auf der Basis dieser Tabellenwerte
unterzieht!
Wir haben uns bereits in der Ausgabe 10/2022 der bfg‐Zeitung eingehend mit
dem Gesetzentwurf (damaliger Stand) beschäftigt, ebenso jetzt wieder in der
Ausgabe 12/2022. Daneben erfolgte eine umfangreiche Befassung mit diesem
Thema auch in der aktuellen und der vorhergehenden Ausgabe der
BBB‐Nachrichten.
Auf diese Ausführungen darf ich verweisen.
Der von der Bayerischen Staatsregierung im Sommer vorgelegte Entwurf hat
seither hohe Wellen geschlagen – zum einen, weil die asozialen Medien dazu
bestens geeignet sind, zum anderen, weil andere Bundesländer dabei sind,
andere Wege bei dieser Frage zu gehen, und bei einem Blick über die
Landesgrenze dann zumindest Eindrücke davon entstehen. Nicht zuletzt aber
hat eine vom Bayerischen Richterverein öffentlich gemachte Stellungnahme
den damaligen Sommer‐Gesetzentwurf in Bausch und Bogen verdammt.
Ich will nachfolgend auf diese Aspekte eingehen. Zunächst aber zum Spruch der
Karlsruher Richter und den Auswirkungen für Bayern selbst.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich schon vor Jahrzehnten der Frage der
amtsangemessenen Alimentation der Beamtinnen und Beamten angenommen.
2
Vor knapp 25 Jahren hat Karlsruhe dann den Grundsatz erarbeitet, dass einer
kinderreichen Beamtenfamilie mindestens 15 % mehr zum Leben zur
Verfügung stehen muss als einer Familie, die von Grundsicherungsleistungen
des Staates lebt. In der Folge wurden damals die familienbezogenen
Besoldungsleitungen für das dritte Kind etc. deutlich erhöht.
In der Folge kam es immer wieder zu Entscheidungen der Karlsruher Richter,
die nach dem Übergang der Besoldungszuständigkeit vom Bund auf die Länder
die Bundesländer betroffen haben, die die Ergebnisse der Tarifrunden nicht auf
ihre Beamtenschaft übertragen haben. Bayern war deshalb in den vergangenen
15 Jahren hier immer außen vor.
Im Mai 2020 nun hat Karlsruhe seine Rechtsprechung weiterentwickelt und
konkretisiert. Weiterentwickelt, weil die Richter fordern, dass beim
anzustellenden Vergleich auf Seiten der Grundsicherungsempfänger wirklich
alle staatlichen und kommunalen Leistungen mit zu berücksichtigen sind, und
konkretisiert, weil die Wohnkostensituation des Beamten konkret zu
berücksichtigen ist. Damit geriet jetzt das Mietniveau in den Fokus der
Betrachtungen. – Und hier herrscht in Bayern eine ganz besondere Situation:
Die Mietstufe VII gilt außerhalb Bayerns gerade einmal in fünf Kommunen, die
zusammen weniger als 100.000 Einwohner haben. In Bayern allerdings sind
große Teile des Ballungsraums München in dieser höchsten Mietstufe
angesiedelt – mehr als 2 Mio. Menschen leben hier und nicht zuletzt auch 20
Prozent aller Beamtinnen und Beamten des Freistaats!
Daraus folgt, dass die aus den Karlsruher Entscheidungen folgende partielle
Unteralimentation andere Lösungen erfordert, als dies in einem Bundesland, in
dem weite Teile der Grundbesoldung den verfassungsmäßigen Anforderungen
nicht entsprechen. Dies ist eine Ursache dafür, dass die Bundesländer mit sehr
unterschiedlichen Lösungsansätzen aufwarten. Sachsen etwa versucht den
Anforderungen insbesondere durch einen Beihilfesatz von 100 Prozent für
Familien mit Kindern gerecht zu werden (was erhebliche Risiken birgt …),
Hessen, das mit seiner Besoldung im Länderranking bisher weit hinten lag,
wartet mit politischen Beschlüssen auf, dass man dort in den nächsten Jahren
zusätzliche prozentuale Besoldungserhöhungen vornehmen will. Sollte das
umgesetzt werden, würde Hessen uns wohl den Spitzenplatz in der Besoldung
streitig machen. Und Baden‐Württemberg schafft die unteren
Besoldungsgruppen ab und versucht so den Mindestabstand zu den
Grundsicherungsempfängern herzustellen.
3
Bei all den Vergleichen, die in den letzten Wochen hierzu angestellt wurden,
gilt es aus meiner Sicht auch zu bedenken, dass Bayern die besten
Beihilferegelungen hat und die m.E. besten Aufstiegsmöglichkeiten. Um hier
wirklich aussagekräftige Vergleiche anstellen zu können, müsste man auf der
Basis der Stellenpläne, der Altersstruktur etc. Musterkarrieren mit
Besoldungswerten hinterlegen. – Mir ist das noch nicht gelungen!
Weiter müsste man ehrlich die Einkommens‐ und die Mietpreisstruktur der
Länder vergleichen und dabei die Unterschiede innerhalb der einzelnen Länder
beachten. So ist etwa die Landkarte in Bayern weit weniger homogen als etwa
in Baden‐Württemberg, Hessen oder NRW!
Das aber nur am Rande für all diejenigen, die mit einfachen Vergleichen
aufwarten …
bfg und BBB haben jedenfalls früh den Kontakt mit dem Finanzministerium
gesucht und auch für prozentuale Besoldungserhöhungen plädiert, mit denen
man doch einen Teil des Rückstands in der Mietstufe VII und bei Familien mit
Kindern, aufholen könnte. So jedenfalls unser Gedanke. Das Finanzministerium
dagegen hat deutlich gemacht, dass die Besonderheit der Mietstufe VII nicht
über einen breiten Ansatz gelöst werden kann. Es hat sich dann nach und nach
in der Grundstruktur herauskristallisiert, was jetzt als Gesetzentwurf in den
Landtag eingebracht wurde.
Im Kern geht es dabei um eine Systemumstellung:
weg von der Förderung der Ehe hin zu einer sehr starken Förderung der Familie
mit Kindern, insbesondere solchen, die in Kommunen mit hohem
Mietpreisniveau ihren Familienwohnsitz haben.
Um das zu erreichen, soll es eine neue Tabelle mit Orts‐ und
Familienzuschlägen geben sowie eine neue Tabelle für Erhöhungsbeträge, die
Beamte in A 3 bis A 10 für jedes Kind zusätzlich erhalten. – Im Gegenzug wird
das bisherige System des Familienzuschlags ebenso abgeschafft wie die
Ballungsraumzulage. Um Verschlechterungen für Bestandsbeamte zu
verhindern, soll auf der Basis der individuellen Situation vom 31.12.2022 ein
Bestandsschutz gelten, der Monat für Monat mit den Werten abgeglichen wird,
die sich nach dem neuen Recht ergeben.
Wie radikal diese Systemänderung angedacht war, zeigt der erste (nicht
veröffentlichte) Entwurf dieses Gesetzes. Danach hätte es für nach dem
31.12.2022 heiratende Beamte in den Mietstufen I bis IV überhaupt keinen
„Ehegattenzuschlag“ bzw. keinen Wert in der „Stufe V“ mehr gegeben.
4
Es ist insbesondere der Kritik der bfg zu verdanken, dass da, wo anfangs eine
Null stand, jetzt 70 € stehen – und entsprechend stark erhöhte Werte in den
Ortsklassen (entspricht unmittelbar den Mietstufen) V und VI!
Wir haben als bfg hier stark an die Bedeutung der Ehe nach dem Grundgesetz
und der Bayerischen Verfassung appelliert und auch unsere Verwunderung
darüber zum Ausdruck gebracht, dass die finanzielle Förderung der Ehe gerade
von einer Regierung geschleift wird, die von einer Partei geführt wird, die sich
christlichen Werten verpflichtet fühlt.
Einige wenige Abgeordnete haben sich bei mir für diese Haltung bedankt, aber
auch bedauernd zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst mit dieser Haltung
keine Mehrheit in der CSU haben. – Und dennoch haben wir hier ganz
erhebliche Verbesserungen gegenüber den ersten Entwürfen erreicht!
Bei diesen Werten der „Stufe V“ ist zu bedenken, dass diese Werte jedem
Beamten gezahlt werden, der verheiratet ist; einem Beamten‐Ehepaar also
zweimal! Auch erhält von einem Beamten‐Ehepaar derjenige, dem die Kinder
(Stufe 1, 2 etc.) nicht zugeordnet werden, auch weiterhin den Wert aus der
„Stufe V“.
Zur Systemumstellung gehört aber auch, dass die Bayerische Staatsregierung
ihren Berechnungen nicht den Alleinverdiener‐Beamten‐Haushalt als Grundlage
genommen hat, sondern den Doppelverdiener‐Beamten‐Haushalt. Dies sei
inzwischen das gesellschaftliche Regelmodell, so die Staatsregierung. Bei ihren
Berechnungen für den Bedarf eines Beamtenhaushalts mit bis zu zwei Kindern
geht das Finanzministerium deshalb davon aus, dass der Zweitverdiener ein
Bruttoeinkommen von 20.000 € im Jahr, bzw. rund 1.000 € netto im Monat
zum Familieneinkommen beisteuert.
Weder bfg noch BBB „gefällt“ dieser hohe Wert, wie wir uns überhaupt eine
großzügigere Regelung wünschten! Wir haben unsere Positionen in vielen
Besprechungen zum Ausdruck gebracht – und irgendwann erkennen müssen,
dass die Bereitschaft zu einer grundlegend anderen Herangehensweise oder
auch dem vollumfänglichen Erhalt des „Ehegattenzuschlags“ weder in der
Staatsregierung noch im Bayerischen Landtag vorhanden ist. Niemand im
politischen Spektrum ist bereit für diese Alimentationsregelung wesentlich
mehr Geld in die Hand zu nehmen, als die jetzt pro Jahr veranschlagten 138
Mio. Euro. – Auch uns als bfg (siehe „Funktion und Leistung“ in der bfg‐Zeitung
10/2022) wäre eine allgemeine Verbesserung der Bezahlung natürlich die
willkommenere Lösung…
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Es gilt (politisch) auch zu bedenken, dass die Tarifbeschäftigten durch diese
Verbesserungen jetzt noch mehr ins Hintertreffen geraten …
Kurzum: mehr war im vorparlamentarischen Prozess nicht zu bekommen.
Wir werden jetzt gegenüber dem Landtag noch einmal einige Kritikpunkte
anbringen:
 Verschlechterung der finanziellen Berücksichtigung der Ehe vor dem
Hintergrund des Verfassungsgebots
 Verschlechterung der künftig Heiratenden im Ballungsraum München,
die nach altem Recht die Ballungsraumzulage erhalten bzw. erhalten
hätten
 Fragwürdigkeit der fiktiven „Berücksichtigung“ eines
Jahresbruttoeinkommens des Zweitverdieners in Höhe von 20.000 Euro.
 Unmenschlichkeit des sofortigen Wegfalls der „Stufe V“ mit dem Tod des
Ehepartners.
Bei aller Kritik an der Zweitverdiener‐Fiktion wird die Staatregierung zu Ihrer
Rechtfertigung wohl vorbringen, dass es hier nicht um jeden Einzelfall, sondern
einen typisierenden Lösungsansatz geht, der u.a. durch den Rechtsanspruch auf
einen Kindergartenplatz berechtigt ist.
Und damit zur Brachialkritik des Bayerischen Richtervereins.
Der Bayerische Richterverein ist neben dem BBB und dem DGB einer der drei
beamtenrechtlichen Spitzenverbände in Bayern. Wo der BBB und die bfg in
unzähligen Gesprächen und Verhandlungen (mehrmals in Gegenwart des
Ministers) um Verbesserungen gerungen haben und dabei einige
Verhandlungspartner ob unserer Kritik und unserer Hartnäckigkeit alles andere
als „amused“ waren, hat der Richterverein NICHTS getan. Er hat noch nicht
einmal um ein einziges Gespräch zu diesem Thema nachgesucht!
Was seine in dieser öffentlich gemachten Stellungnahme enthaltenen
Totalkritik angeht und die Behauptung, dass das, was die Bayerische
Staatsregierung hier macht, schon wieder verfassungswidrig sei, so stelle ich
fest, dass sie den Beamten und Richtern in Bayern NICHTS, aber auch GAR
NICHTS gebracht hat! Der Richterverein hat sich damit völlig aus dem Spiel
genommen (in dem er überhaupt selten eine Rolle spielt!)
Der Behauptung, der Gesetzentwurf sei verfassungswidrig, steht die
Einschätzung der Finanzministeriums und der Normprüfungsstelle in der
Staatskanzlei gegenüber, dass der Gesetzentwurf den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts entspreche.
6
Ich sehe die Sache wie bei jedem Systemwechsel: was die beiden
Verfassungsgerichte dazu sagen, wird man erst in einigen Jahren wissen. Ich
halte den Wechsel auf eine Doppelverdiener‐Familie angesichts der
gesellschaftlichen Tatsachen für legitim und gehe persönlich nicht zwingend
davon aus, dass sich Karlsruhe daran stört. Als zu hoch sehe ich die Fiktion mit
den 20.000 € Jahreseinkommen beim Zweitverdiener an – aber, ob sich die
Verfassungsrichter wirklich daran stören? Ich maße mir nicht an das
einschätzen zu können, ebenso andere Aspekte, die man kritisch hinterfragen
kann.
Was die Änderungen im Positiven bringen, will ich kurz skizzieren:
Ein Beamter in A 7 mit zwei Kindern in München wird sich um ca. 1.350 €/Jahr
verbessern, in A 9 um ca. 1.000 €, in A 13 um ca. 1.900 €. Hat der Beamte ein
drittes Kind, erhöht sich das Plus um ca. 800 €, hat er ein viertes Kind, macht
die Verbesserung weitere 3.500 € aus.
Rechnet man sich das Ganze für die Ortsklasse VI durch (z.B. Garmisch‐
Partenkirchen) ergibt sich in A 7 ein Plus von etwa 2.800 €/Jahr, in A 9 von etwa
2.500 € und in A 13 von 1.800. Für das dritte Kind gibt es ein weiteres Plus von
rund 700 € im Jahr und für das vierte Kind ein zusätzliches Plus von 3.000 €. Ein
Beamter mit vier Kindern in GAP bekäme also in A 9 gut 6.000 € mehr im Jahr,
verglichen mit dem, was er vor der Reform hatte.
Die Zahlen zu Nürnberg (Ortsklasse V): Hier liegt das Plus bei diesem Beamten
in A 7 mit 2 Kindern bei 2.000 €, in A 9 bei 1.600 € und in A 13 bei 1.100 €. Als
Plus für ein drittes Kind kommen 450 € dazu, für ein viertes Kind eines mit
2.400 €.
In all diesen Beispielen kommt im Falle einer „Beamten‐Ehe“ noch der
Jahresbetrag aus der jeweiligen „Stufe V“ oben drauf.
Verschlechterungen gibt es überall dort, wo jemand nach dem 31.12.2022
heiratet und sein Ehepartner nicht selbst Beamter bzw. Beamtin ist. Bei
Beamten‐Ehen wird der bisherige Betrag in den Ortsklassen I bis IV in etwa
gehalten, in den Ortsklassen V und VI ergeben sich dabei sogar deutliche
Verbesserungen.


Meinereiner83

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #725 am: 20.12.2022 07:14 »
Und auch hier wird wieder nicht betrachtet, dass ab dem 3. Kind die Kinder separat von der Grundbesoldung betrachtet werden müssten und 15% über Grusi-Niveau erreichen sollten...

Regelbedarf + Miete + Heizkosten + Bildung und Teilhabe + Kinderbetreuungskosten sind ja wohl eindeutig weit mehr, als diese lächerlichen Zahlen!!!

Überwacher

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #726 am: 20.12.2022 07:25 »
Mir persönlich gefällt am besten der folgende Satz im Gesetzentwurf:

"Soweit dadurch im Einzelfall die Besoldung hinter derjenigen aus einer niedrigeren Besoldungsgruppe zurückbleibt, wird der Unterschiedsbetrag zusätzlich gewährt."

Zu finden unter den "neuen" Erhöhungsbeträgen für die Besoldungsgruppen A 3 bis A 10 im Gesetzentwurf.
So kann ganz sicher das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen eingehalten werden. ;D ;D


Meinereiner83

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #727 am: 20.12.2022 07:32 »
Mir persönlich gefällt am besten der folgende Satz im Gesetzentwurf:

"Soweit dadurch im Einzelfall die Besoldung hinter derjenigen aus einer niedrigeren Besoldungsgruppe zurückbleibt, wird der Unterschiedsbetrag zusätzlich gewährt."

Zu finden unter den "neuen" Erhöhungsbeträgen für die Besoldungsgruppen A 3 bis A 10 im Gesetzentwurf.
So kann ganz sicher das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen eingehalten werden. ;D ;D



Und auch das ist wieder ein schönes Beispiel, an dem die "Befürworter der Frechheit" doch mal selbst merken müssten, was hier für ein Quatsch läuft. Und, dass man das doch nicht ERNSTHAFT gutheißen kann...

Garfield73

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #728 am: 20.12.2022 07:41 »
1. Frage: Was hat der Verfasser dieses Schreibens von der Staatsregierung bekommen?
2. Frage: was versteht der Verfasser unter
Zitat
asoziale Medien
?

Bastel

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #729 am: 20.12.2022 08:15 »
Bayern hat fertig würde ich mal sagen. Ich hoffe der König und seine Sippschaft werden bei der nächsten Wahl abgewatscht.

EvtlAnwärter

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #730 am: 20.12.2022 08:43 »
Ist es nun wirklich so, dass verheiratete Beamte beide den vollen Zuschlag kriegen?

matzl

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #731 am: 20.12.2022 09:13 »
Ist es nun wirklich so, dass verheiratete Beamte beide den vollen Zuschlag kriegen?
Ja das ist richtig, allerdings trotzdem ein Nachteil, da der geplante Familienzuschlag V mit 70 € derzeit weniger als die Hälfte des aktuellen Familienzuschlags Stufe 1 (jetzt verheiratet ohne Kinder) mit 149,64 € beträgt.

Landsknecht

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #732 am: 20.12.2022 09:18 »
Die Bayerische Finanzgewerkschaft hat dies gestern an Ihre Mitglieder verschickt:

Zitat
Nach Abschluss der Ressortanhörung sowie der Verbändeanhörung hat die
Bayerische Staatsregierung mit Landtagsdrucksache 18/25363 am 30.11.2022
ihren Gesetzentwurf in den Bayerischen Landtag eingebracht. Es ist davon
auszugehen, dass das Gesetz im ersten Quartal 2023 vom Landtag
verabschiedet wird.
Die Neuregelungen des Orts‐ und Familienzuschlags sowie der
Erhöhungsbeträge für A 3 bis A 10 auf der betragsmäßigen Basis der Anlage 5
sollen dann rückwirkend ab 1.1.2023 gelten; auf der Basis der Anlage 11, die
eigene – niedrigere – Tabellenwerte für 2020, für 2021 und 2022 vorsieht,
erfolgt dann eine Korrektur für die drei letzten Jahre. Denn das ist eine der
bayerischen Besonderheiten, dass die Bayerische Staatsregierung nach den im
Mai 2020 ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für alle
drei Jahre auf die zeitnahe Geltendmachung (auch: Einrede der Verjährung)
verzichtet hat und somit die Besoldung aller Beamtinnen und Beamten bis
zurück zum 1.1.2021 einer Prüfung auf der Basis dieser Tabellenwerte
unterzieht!
Wir haben uns bereits in der Ausgabe 10/2022 der bfg‐Zeitung eingehend mit
dem Gesetzentwurf (damaliger Stand) beschäftigt, ebenso jetzt wieder in der
Ausgabe 12/2022. Daneben erfolgte eine umfangreiche Befassung mit diesem
Thema auch in der aktuellen und der vorhergehenden Ausgabe der
BBB‐Nachrichten.
Auf diese Ausführungen darf ich verweisen.
Der von der Bayerischen Staatsregierung im Sommer vorgelegte Entwurf hat
seither hohe Wellen geschlagen – zum einen, weil die asozialen Medien dazu
bestens geeignet sind, zum anderen, weil andere Bundesländer dabei sind,
andere Wege bei dieser Frage zu gehen, und bei einem Blick über die
Landesgrenze dann zumindest Eindrücke davon entstehen. Nicht zuletzt aber
hat eine vom Bayerischen Richterverein öffentlich gemachte Stellungnahme
den damaligen Sommer‐Gesetzentwurf in Bausch und Bogen verdammt.
Ich will nachfolgend auf diese Aspekte eingehen. Zunächst aber zum Spruch der
Karlsruher Richter und den Auswirkungen für Bayern selbst.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich schon vor Jahrzehnten der Frage der
amtsangemessenen Alimentation der Beamtinnen und Beamten angenommen.
2
Vor knapp 25 Jahren hat Karlsruhe dann den Grundsatz erarbeitet, dass einer
kinderreichen Beamtenfamilie mindestens 15 % mehr zum Leben zur
Verfügung stehen muss als einer Familie, die von Grundsicherungsleistungen
des Staates lebt. In der Folge wurden damals die familienbezogenen
Besoldungsleitungen für das dritte Kind etc. deutlich erhöht.
In der Folge kam es immer wieder zu Entscheidungen der Karlsruher Richter,
die nach dem Übergang der Besoldungszuständigkeit vom Bund auf die Länder
die Bundesländer betroffen haben, die die Ergebnisse der Tarifrunden nicht auf
ihre Beamtenschaft übertragen haben. Bayern war deshalb in den vergangenen
15 Jahren hier immer außen vor.
Im Mai 2020 nun hat Karlsruhe seine Rechtsprechung weiterentwickelt und
konkretisiert. Weiterentwickelt, weil die Richter fordern, dass beim
anzustellenden Vergleich auf Seiten der Grundsicherungsempfänger wirklich
alle staatlichen und kommunalen Leistungen mit zu berücksichtigen sind, und
konkretisiert, weil die Wohnkostensituation des Beamten konkret zu
berücksichtigen ist. Damit geriet jetzt das Mietniveau in den Fokus der
Betrachtungen. – Und hier herrscht in Bayern eine ganz besondere Situation:
Die Mietstufe VII gilt außerhalb Bayerns gerade einmal in fünf Kommunen, die
zusammen weniger als 100.000 Einwohner haben. In Bayern allerdings sind
große Teile des Ballungsraums München in dieser höchsten Mietstufe
angesiedelt – mehr als 2 Mio. Menschen leben hier und nicht zuletzt auch 20
Prozent aller Beamtinnen und Beamten des Freistaats!
Daraus folgt, dass die aus den Karlsruher Entscheidungen folgende partielle
Unteralimentation andere Lösungen erfordert, als dies in einem Bundesland, in
dem weite Teile der Grundbesoldung den verfassungsmäßigen Anforderungen
nicht entsprechen. Dies ist eine Ursache dafür, dass die Bundesländer mit sehr
unterschiedlichen Lösungsansätzen aufwarten. Sachsen etwa versucht den
Anforderungen insbesondere durch einen Beihilfesatz von 100 Prozent für
Familien mit Kindern gerecht zu werden (was erhebliche Risiken birgt …),
Hessen, das mit seiner Besoldung im Länderranking bisher weit hinten lag,
wartet mit politischen Beschlüssen auf, dass man dort in den nächsten Jahren
zusätzliche prozentuale Besoldungserhöhungen vornehmen will. Sollte das
umgesetzt werden, würde Hessen uns wohl den Spitzenplatz in der Besoldung
streitig machen. Und Baden‐Württemberg schafft die unteren
Besoldungsgruppen ab und versucht so den Mindestabstand zu den
Grundsicherungsempfängern herzustellen.
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Bei all den Vergleichen, die in den letzten Wochen hierzu angestellt wurden,
gilt es aus meiner Sicht auch zu bedenken, dass Bayern die besten
Beihilferegelungen hat und die m.E. besten Aufstiegsmöglichkeiten. Um hier
wirklich aussagekräftige Vergleiche anstellen zu können, müsste man auf der
Basis der Stellenpläne, der Altersstruktur etc. Musterkarrieren mit
Besoldungswerten hinterlegen. – Mir ist das noch nicht gelungen!
Weiter müsste man ehrlich die Einkommens‐ und die Mietpreisstruktur der
Länder vergleichen und dabei die Unterschiede innerhalb der einzelnen Länder
beachten. So ist etwa die Landkarte in Bayern weit weniger homogen als etwa
in Baden‐Württemberg, Hessen oder NRW!
Das aber nur am Rande für all diejenigen, die mit einfachen Vergleichen
aufwarten …
bfg und BBB haben jedenfalls früh den Kontakt mit dem Finanzministerium
gesucht und auch für prozentuale Besoldungserhöhungen plädiert, mit denen
man doch einen Teil des Rückstands in der Mietstufe VII und bei Familien mit
Kindern, aufholen könnte. So jedenfalls unser Gedanke. Das Finanzministerium
dagegen hat deutlich gemacht, dass die Besonderheit der Mietstufe VII nicht
über einen breiten Ansatz gelöst werden kann. Es hat sich dann nach und nach
in der Grundstruktur herauskristallisiert, was jetzt als Gesetzentwurf in den
Landtag eingebracht wurde.
Im Kern geht es dabei um eine Systemumstellung:
weg von der Förderung der Ehe hin zu einer sehr starken Förderung der Familie
mit Kindern, insbesondere solchen, die in Kommunen mit hohem
Mietpreisniveau ihren Familienwohnsitz haben.
Um das zu erreichen, soll es eine neue Tabelle mit Orts‐ und
Familienzuschlägen geben sowie eine neue Tabelle für Erhöhungsbeträge, die
Beamte in A 3 bis A 10 für jedes Kind zusätzlich erhalten. – Im Gegenzug wird
das bisherige System des Familienzuschlags ebenso abgeschafft wie die
Ballungsraumzulage. Um Verschlechterungen für Bestandsbeamte zu
verhindern, soll auf der Basis der individuellen Situation vom 31.12.2022 ein
Bestandsschutz gelten, der Monat für Monat mit den Werten abgeglichen wird,
die sich nach dem neuen Recht ergeben.
Wie radikal diese Systemänderung angedacht war, zeigt der erste (nicht
veröffentlichte) Entwurf dieses Gesetzes. Danach hätte es für nach dem
31.12.2022 heiratende Beamte in den Mietstufen I bis IV überhaupt keinen
„Ehegattenzuschlag“ bzw. keinen Wert in der „Stufe V“ mehr gegeben.
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Es ist insbesondere der Kritik der bfg zu verdanken, dass da, wo anfangs eine
Null stand, jetzt 70 € stehen – und entsprechend stark erhöhte Werte in den
Ortsklassen (entspricht unmittelbar den Mietstufen) V und VI!
Wir haben als bfg hier stark an die Bedeutung der Ehe nach dem Grundgesetz
und der Bayerischen Verfassung appelliert und auch unsere Verwunderung
darüber zum Ausdruck gebracht, dass die finanzielle Förderung der Ehe gerade
von einer Regierung geschleift wird, die von einer Partei geführt wird, die sich
christlichen Werten verpflichtet fühlt.
Einige wenige Abgeordnete haben sich bei mir für diese Haltung bedankt, aber
auch bedauernd zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst mit dieser Haltung
keine Mehrheit in der CSU haben. – Und dennoch haben wir hier ganz
erhebliche Verbesserungen gegenüber den ersten Entwürfen erreicht!
Bei diesen Werten der „Stufe V“ ist zu bedenken, dass diese Werte jedem
Beamten gezahlt werden, der verheiratet ist; einem Beamten‐Ehepaar also
zweimal! Auch erhält von einem Beamten‐Ehepaar derjenige, dem die Kinder
(Stufe 1, 2 etc.) nicht zugeordnet werden, auch weiterhin den Wert aus der
„Stufe V“.
Zur Systemumstellung gehört aber auch, dass die Bayerische Staatsregierung
ihren Berechnungen nicht den Alleinverdiener‐Beamten‐Haushalt als Grundlage
genommen hat, sondern den Doppelverdiener‐Beamten‐Haushalt. Dies sei
inzwischen das gesellschaftliche Regelmodell, so die Staatsregierung. Bei ihren
Berechnungen für den Bedarf eines Beamtenhaushalts mit bis zu zwei Kindern
geht das Finanzministerium deshalb davon aus, dass der Zweitverdiener ein
Bruttoeinkommen von 20.000 € im Jahr, bzw. rund 1.000 € netto im Monat
zum Familieneinkommen beisteuert.
Weder bfg noch BBB „gefällt“ dieser hohe Wert, wie wir uns überhaupt eine
großzügigere Regelung wünschten! Wir haben unsere Positionen in vielen
Besprechungen zum Ausdruck gebracht – und irgendwann erkennen müssen,
dass die Bereitschaft zu einer grundlegend anderen Herangehensweise oder
auch dem vollumfänglichen Erhalt des „Ehegattenzuschlags“ weder in der
Staatsregierung noch im Bayerischen Landtag vorhanden ist. Niemand im
politischen Spektrum ist bereit für diese Alimentationsregelung wesentlich
mehr Geld in die Hand zu nehmen, als die jetzt pro Jahr veranschlagten 138
Mio. Euro. – Auch uns als bfg (siehe „Funktion und Leistung“ in der bfg‐Zeitung
10/2022) wäre eine allgemeine Verbesserung der Bezahlung natürlich die
willkommenere Lösung…
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Es gilt (politisch) auch zu bedenken, dass die Tarifbeschäftigten durch diese
Verbesserungen jetzt noch mehr ins Hintertreffen geraten …
Kurzum: mehr war im vorparlamentarischen Prozess nicht zu bekommen.
Wir werden jetzt gegenüber dem Landtag noch einmal einige Kritikpunkte
anbringen:
 Verschlechterung der finanziellen Berücksichtigung der Ehe vor dem
Hintergrund des Verfassungsgebots
 Verschlechterung der künftig Heiratenden im Ballungsraum München,
die nach altem Recht die Ballungsraumzulage erhalten bzw. erhalten
hätten
 Fragwürdigkeit der fiktiven „Berücksichtigung“ eines
Jahresbruttoeinkommens des Zweitverdieners in Höhe von 20.000 Euro.
 Unmenschlichkeit des sofortigen Wegfalls der „Stufe V“ mit dem Tod des
Ehepartners.
Bei aller Kritik an der Zweitverdiener‐Fiktion wird die Staatregierung zu Ihrer
Rechtfertigung wohl vorbringen, dass es hier nicht um jeden Einzelfall, sondern
einen typisierenden Lösungsansatz geht, der u.a. durch den Rechtsanspruch auf
einen Kindergartenplatz berechtigt ist.
Und damit zur Brachialkritik des Bayerischen Richtervereins.
Der Bayerische Richterverein ist neben dem BBB und dem DGB einer der drei
beamtenrechtlichen Spitzenverbände in Bayern. Wo der BBB und die bfg in
unzähligen Gesprächen und Verhandlungen (mehrmals in Gegenwart des
Ministers) um Verbesserungen gerungen haben und dabei einige
Verhandlungspartner ob unserer Kritik und unserer Hartnäckigkeit alles andere
als „amused“ waren, hat der Richterverein NICHTS getan. Er hat noch nicht
einmal um ein einziges Gespräch zu diesem Thema nachgesucht!
Was seine in dieser öffentlich gemachten Stellungnahme enthaltenen
Totalkritik angeht und die Behauptung, dass das, was die Bayerische
Staatsregierung hier macht, schon wieder verfassungswidrig sei, so stelle ich
fest, dass sie den Beamten und Richtern in Bayern NICHTS, aber auch GAR
NICHTS gebracht hat! Der Richterverein hat sich damit völlig aus dem Spiel
genommen (in dem er überhaupt selten eine Rolle spielt!)
Der Behauptung, der Gesetzentwurf sei verfassungswidrig, steht die
Einschätzung der Finanzministeriums und der Normprüfungsstelle in der
Staatskanzlei gegenüber, dass der Gesetzentwurf den Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts entspreche.
......................

Warum sollte sich der bayer. Richterverein auch an den Verhandlungen über ein verfassungswidriges Gesetz nach Kassenlage beteiligen, dass vergisst dieser Mensch völlig. Wenn ich Mitglied dieser Gewerkschaft wäre, würde ich sofort austreten. Im übrigen absolut unprofessionell geschrieben, kann man fast nicht glauben das das "echt" ist. Der Tenor "wir haben ja unser bestes gegeben, aber die KASSENLAGE gab nicht mehr her" ist das übliche Gesülze, da fehlen einem nicht mal mehr die Worte >:(
« Last Edit: 20.12.2022 09:31 von Landsknecht »

lotsch

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #733 am: 20.12.2022 09:31 »
Der entscheidende Satz des Finanzgewerkschafters ist wohl dieser:
"Niemand im politischen Spektrum ist bereit für diese Alimentationsregelung wesentlich mehr Geld in die Hand zu nehmen, als die jetzt pro Jahr veranschlagten 138 Mio. Euro."

Diese Summe war wohl die Vorgabe an das Finanzministerium, macht mir ein neues Besoldungsgesetz bei der diese Summe rauskommt. Und das haben sie dann gemacht. Ist ja auch kein Problem, man hat ja mit keinen Konsequenzen zu rechnen, wenn man die Verfassung bricht. Das ist das eigentliche Problem.

Landsknecht

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #734 am: 20.12.2022 09:35 »
von:
Gerhard Wipijewski, Vorsitzender

Dass das Bundesverfassungsgericht über eine amtsangemessene Mindestalimentation der Beamtinnen und Beamten in Deutschland wacht, begrüße ich sehr, verhindern die Karlsruher Richter damit doch zumindest, dass die Besoldung der Beamtenschaft bei entsprechender Kassen- oder Stimmungslage ins Bodenlose fällt.

Mittwoch, 12.10.2022 19:04 Uhr | die Seite 3

Aussage des Vorsitzenden der Finanzgewerkschaft noch im Oktober, wir müssen ja froh sein das die Besoldung nicht ins Bodenlose fällt. Danke für diese erleuchtenten Worte, Asche auf mein Haupt ;)