Abschaffung Urlaubsgeld
Abschaffung Weihnachtsgeld
Da bin ich aber zumindest für BaWü anders informiert. Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld oder wie auch immer es im Beamtenbereich mal geheißen hat, wurde in die monatlichen Bezüge überführt. Eine definitiv beamtenfreundliche Umsetzung, die nur Vorteile mit sich bringt. Der Vorteil an sowas ist dann sogar noch, dass sich irgendwann keiner mehr daran erinnert und man es erneut einfordern kann.
Die Sachlage ist tatsächlich etwas komplizierter: Im Sommer 2003 hat die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL), die Arbeitgebervertretung der Länder, einseitig die Sonderzahlungstarife (also: die bundeseinheitlichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldsgeldtarife) für Landesbeamte gekündigt und damit die Reföderalisierung des Besoldungsrechts durch Schaffung von Tatsachen politisch auf den Weg gebracht. Die Kündigung war möglich, weil Sonderzahlungen als punktuelle Beiträge nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählen.
Mit der einseitigen Kündigung der Sonderzahlungstarife machten es die Arbeitgebervertreter den Arbeitnehmervertretungen unmöglich (das war das Ziel der Arbeitgeber), weiterhin über bundeseinheitliche Tarife zu verhandeln. Dadurch konnten die Länder jeweils selbstständig über die Sonderzahlungen in ihrem Land entscheiden, was ab 2003 ausnahmslos alle (genauso wie der Bund zunächst auch) zur Entlastung ihres jeweiligen Haushalts nutzten. 2002 hatte das sogenannte Weihnachtsgeld bundeseinheitlich 86,31 Prozent eines Monatsgehalts betragen, nachdem es 1994 bundeseinheitlich auf den Wert von 1993 eingefroren worden war. Das sogenannte Urlaubsgeld hatte 2002 bspw. für die Besoldungsgruppe A13 bundeseinheitlich noch 255,65 Euro betragen.
2003 kürzte Baden-Württemberg das sogenannte Weihnachtsgeld auf 57,5 % eines Monatsgehalts. Ab 2004 erfolgte die von Dir angesprochene Integration der Sonderzahlung in die monatliche Besoldung, und zwar mit einem Wert von 5,33 %, also auf's Jahr gesehen auf etwa 64 % eines Monatsgehalts. Mit der Föderalismusreform I ging ab 2006 die Gesetzgebungskompetenz wieder konkurrenzlos in die Hände der Länder über, was in allen Ländern zu weiteren Einsparungen genutzt wurde, ohne dass das jetzt hier im Detail für Baden-Württemberg dargestellt werden müsste. Eine der Sparmaßnahmen hat das Bundesverfassungsgericht 2018 betrachtet und als verfassungswidrig entschieden (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 16. Oktober 2018 - 2 BvL 2/17).
Der monatliche Fehlbetrag zwischen der vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Mindestalimentation, in die keine Einschnitte statthaft sind, und der tatsächlich gewährten Nettoalimentation sah in den Jahren zwischen 2008 und 2020 wie folgt aus (vgl. den schon mehrmal genannten DÖV-Beitrag aus dem Heft 5/2022):
Jahr 2008 2010 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Fehlbetrag (€) 566,59 423,58 605,81 561,63 672,37 745,84 778,47 871,18
Fehlbetrag (%) 23,9 17,6 21,5 19,9 22,6 24,0 24,4 26,0
Baden-Württemberg zählt damit regelmäßig zu den Ländern, die die Mindestalimentation mit am Deutlichsten unterschreiten. Die nun geplanten gesetzlichen Regelungen können nicht einmal ansatzweise eine wieder verfassungskonforme Regelung herstellen, was hier bereits in der Vergangenheit umfassender dargelegt worden ist. Eine amtsangemessene Alimentation ist ein grundrechtsgleiches individuelles Recht, das sich unter anderem aus dem besonderen Gewaltverhältnis erklärt, dem der Beamte unterliegt. Es steht verfassungsrechtlich nicht zur Disposition. Will der Gesetzgeber Einschnitte in die materiell über die Mindestalimentation hinausgehend gewährte Nettoalimentation vornehmen, zu denen er unter Begründung sachlicher Notwendigkeiten berechtigt ist, hat er das in ein begründetes Sparkonzept einzugliedern, in der die Sparmaßnahmen gleichheitsgerecht vorgenommen werden. Auch das ist in Baden-Württemberg jedoch nicht erkennbar.