Autor Thema: Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?  (Read 5803 times)

SGL

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Hallo zusammen,

in der Behörde, in der ich arbeite, existiert eine Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit. Innerhalb dieser DV wird in einem Punkt ein Abrechnungszeitraum festgelegt. Konkret heißt es, dass wenn zum Ende des Abrechnungszeitraums (30.09.) eines jeden Jahres ein Ausgleich des Zeitguthabens nicht möglich ist, maximal 40 Stunden in den folgenden Abrechnungszeitraum übertragen werden können (bei TZ-Beschäftigten natürlich anteilig). Mit anderen Worten: nach dem 30.09. wird alles über 40 Plusstunden gekappt (ich nehme an, dass dies auf § 10 Abs. 5 TVöD-VKA beruht).

Nun wendet der Personalrat ein, dass eine solche Regelung rechtswidrig sei und führt folgendes, eher altes Urteil des LAG Ba-Wü vom 11.07.2002 an: 2 TaBV 2/01. Außerdem einen Aufsatz aus dem Haufe-Verlag: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/arbeitszeitmodelle-allgemeine-verwaltung-82-abwicklung-der-gleitzeit-im-jahresstundenkonto_idesk_PI13994_HI1436043.html

Wie seht ihr das? Bin für Einschätzungen dankbar

Johann

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #1 am: 30.11.2021 18:13 »
In erster Linie müssen Arbeitnehmer keine Zeit mit der Arbeit verbringen, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (meist um die 40h/Woche) hinausgeht, es sei denn, es wird im gesetzlichen Rahmen angeordnet.
Entsprechend liegt es erstmal in der Verantwortung des Arbeitnehmers, die vereinbarten Zeiten einzuhalten und nach Möglichkeit gesammelte Plusstunden wieder abzubummeln. Auf der anderen Seite liegt es in der Aufgabe des Arbeitgebers zu kontrollieren, dass der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitet als vereinbart wurde und ihn entsprechend auf die Einhaltung hinzuweisen und bei hoher Arbeitslast dafür zu sorgen, diese zu verringern, um die Plusstunden abbauen zu können.

Wenn zudem noch vereinbart ist, dass die Gleitzeitregelung mit Stundenkonto maximal ± n Stunden haben dürfen sowie zu festgelegtem Datum d nur k Stunden betragen darf, sehe ich da kein Problem.

Bei uns weisen die Führungskräfte auch nochmal gesondert ca. 3 und 1 Monat vor dem Tag mit dem Cut per Mail darauf hin, dass die Angestellten ihre Plusstunden bis zum festgelegten Wert verbummeln und bitte Zeitausgleich nehmen sollen. Führungskräfte kriegen hier einmal im Monat einen Report der Salden der Stundenkonten der Angestellten und können gezielt gegen zu hohe oder zu niedrige Werte ansteuern und auf die Kollegen zugehen.

Wenn der Arbeitgeber aber wie offenbar in dem Urteil nicht daran interessiert ist, die eigenen Regeln zu kontrollieren, dann kann ich das Urteil schon nachvollziehen. Als Arbeitgeber kannst du nicht einerseits tolerieren, dass aufgestellte Regeln gebrochen werden und dann hinterher aber kommen und dem Arbeitnehmer die Schuld dafür geben und ihn dafür bestrafen.

WasDennNun

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #2 am: 30.11.2021 18:43 »
in der Behörde, in der ich arbeite, existiert eine Dienstvereinbarung über die flexible Arbeitszeit.
Also ist der Personalrat der Meinung, dass sie als PR eine DV unterschrieben haben, die auf Basis einer rechtwidrigen Regelung beruht.
Dann sollte der PR schleunigst die DV kündigen und bis man eine rechtskonforme DV hat, kommt man zurück zu fixen Arbeitszeiten.

Bei uns werden die Führungskräfte auch regelmäßig über die Stunden Situation informiert (so eine Forderung des PRs) und vor der Kappungsgrenze wird von der Führungskraft verlangt eine Plan mit den MA auszuarbeiten, die zwei Monate vor der Kappung über der Grenze sind.(einmal Jährlich Grenze 60h)

Sollte danach ein MA noch über der Kappung liegen, dann sind die Stunden weg und die Führungskraft bzw. MA können froh sein keine Abmahnung zu bekommen.
(letztere ist leicht Ironisch gemeint)


Also: Was will der PR: Eine Kappungsgrenze von 10 pro Monat?
eine monatliche K Grenze von 40h?
Unendliche Flexibilität (also die MA sollen sich überarbeiten können wie sie wollen?)

Klingt bei euch doch nach einer vernünftigen Grenze, und nur weil einige Deppen ihre Zeitmanagement nicht im Griff haben (sowohl MA als Führungsseitig) soll jetzt was passieren?

Wenn bei uns einer plus Stunden hat und auf die Grenze zufliegt, dann reicht er diese über  60h liegenden Stunden als Freizeitausgleich ein und die Führungskraft kann sich überlegen, ob sie Überstunden anmeldet.

Wo ist das Problem?

BAT

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #3 am: 30.11.2021 18:51 »
Ein Problem besteht darin, ,das deine Ausführungen so nicht ganz korrekt sind. Und auch wohl nicht so gement, WasDennNun.

Denn bei Teilzeitkräften dürften Überarbeitung und Abmahnung kaum einschlägig sein. ;)

XTinaG

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #4 am: 01.12.2021 07:47 »
Sofern nur geregelt ist, daß lediglich 40 Stunden in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen werden, werden die darüber hinausgehenden Stunden nicht "gekappt", sie sind auszuzahlen.

Ansonsten bleibt vieles im Unklaren. Handelt es sich um ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TVÖD? Oder nur um ein Gleitzeitkonto? Werden darauf auch (beim Gleitzeitkonto ohnehin unzulässig) Arbeitsstunden gebucht, die auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet wurden? Wenn ja, werden diese extra ausgewiesen?

Texter

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #5 am: 01.12.2021 08:05 »
Wie sähe denn eine rechtssicher Formulierung zur Kappung eines Gleitzeitkontos aus?

XTinaG

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #6 am: 01.12.2021 08:12 »
Wenn nur Gleitzeitsalden gebucht werden, würde "Die über den übertragbaren Teil hinausgehenden positiven wie negativen Salden verfallen am Ende des Abrechungszeitraums" genügen.

SGL

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #7 am: 01.12.2021 10:12 »
@XTinaG: es handelt sich um ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TVöD (obwohl dies nicht explizit so in der DV steht), allerdings nicht um ein Ampelkonto (was offenbar eine Ausgestaltungsmöglichkeit eines Arbeitszeitkontos sein kann), denn Ampelphasen werden in der DV nicht beschrieben.
Handelt es sich dann zwangsläufig um ein Gleitzeitkonto? Aber auch dann stellt sich für mich die Frage, ob ein Kappungszeitpunkt zulässig ist. Die Unterschiede sind mir einfach nicht geläufig.

XTinaG

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Antw:Arbeitszeitkonto: Kappung von Zeitguthaben zulässig?
« Antwort #8 am: 01.12.2021 10:31 »
Ein Gleitzeitkonto ist ein solches, auf dem Zeitguthaben und Zeitschuld aus der arbeitszeitlichen Dispositionsfreiheit des Arbeitnehmers, die dieser durch die Möglichkeiten der flexiblen Gestaltung seiner Arbeitszeit erhält, gebucht werden. Ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TVÖD hingegen dient in erster Linie der Buchung von Arbeitsstunden (Arbeitsstunden sind keine Zeitguthaben/-schulden, die durch Gleitzeit entstehen) und faktorisierter Zeitzuschläge.