Autor Thema: [NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen  (Read 67809 times)

Bastel

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #165 am: 15.09.2022 21:12 »
Das nenne ich mal eine ehrliche Antwort ;D


SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #167 am: 15.09.2022 22:41 »
Die Stellungnahme der Abgeordneten zeigt, dass sie - was hinsichtlich der Komplexität der Materie keine Schande ist - sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht nicht wirklich auskennt. Denn ansonsten würde sie nicht Begründungen des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs für Kinder kinderreicher Beamtenfamilien auf den Alimentationsanspruch von Beamten übertragen, was offensichtlich sachlich nicht so ohne Weiteres möglich ist. Wenn also die Niedersächsische Landesregierung vermeinte, ein Mindestmehrbedarf für das dritte und jedes weitere Kind zur Begründung des sog. Familienergänzungszuschlags für Beamte mit zwei Kindern heranziehen und so die Aufgabe des sog. Alleinverdienermodells sachlich begründen zu können, dann hätte sie offensichtlich keine Ahnung vom Thema; denn ein Mindestmehrbedarf gibt es bei Beamten mit zwei Kindern nicht. Zugleich habe ich der Gesetzesbegründung eine solche Argumentation bislang auch nicht entnehmen können, sodass zu vermuten ist, dass die Abgeordnete hier nicht ganz genau weiß, was sie schreibt.

Auch ist die Darlegung, "Ihre Feststellung „Im Beteiligungsverfahren“ sei „umfassend nachgewiesen worden, dass der vom Finanzministerium erstellte Entwurf vielfach nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist“[,] kann ich so nicht teilen. Die Ausführungen der Stellungnahmen beziehen sich vor allem auf die Vergangenheit", sachlich nicht richtig, da zumindest der Stellunganhme des DGB eine umfassende Untersuchung der Nds-Drs. 18/11498 im Beteiligungsverfahren beigefügt worden ist, die also den Abgeordneten vorliegt. Diese Untersuchung weist den vielfach verfassungswidrigen Gehalt des Gesetzentwurfs - wenn ich es nicht gänzlich falsch sehe - umfassend und also bis ins Detail nach, weshalb sie sich eben eines Umfangs von 62 eng bedruckten Seiten erfreut. Sehr viel detaillierter kann wohl ein Gesetzentwurf, der aus insgesamt eher weniger eng bedruckten 22 Seiten besteht, kaum untersucht werden, vermute ich.

Nach meinem Wissen ist diese Untersuchung den Abgeordneten heute ein weiteres Mal als Vorlage im Gesetzgebungsverfahren zugegangen - wovon die Abgeordnete gestern allerdings noch nichts hatte wissen können -, sodass sie heute die zitierte Ansicht nach ruhiger Lektüre eventuell nicht mehr vertreten würde, jedenfalls, sofern sie diese Untersuchung entsprechend lesen würde.

ChRosFw

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #168 am: 15.09.2022 22:55 »
Sollte man den Familienergänzungszuschlag aufgrund einer Ermächtigung im NBesG mittels Rechtsverordnung ausgestalten, könnte er dann nicht unmittelbar mit Hilfe des Normenkontrollantrages nach § 47 VwGo angegriffen
werden? Das wäre doch mal was, dann könnte man das Vorhaben vor dem OVG leichter in die ewigen Jagdgründe schicken, als ein formelles Landesgesetz. Die Besoldung wäre damit weiterhin offensichtlich verfassungswidrig.

Bestünde diese Möglichkeit, wäre die Vorgehensweise, den Zuschlag nicht als formelles Gesetz auszugestalten, nahezu dämlich seitens des Gesetzgebers.

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #169 am: 16.09.2022 06:51 »
Sollte man den Familienergänzungszuschlag aufgrund einer Ermächtigung im NBesG mittels Rechtsverordnung ausgestalten, könnte er dann nicht unmittelbar mit Hilfe des Normenkontrollantrages nach § 47 VwGo angegriffen
werden? Das wäre doch mal was, dann könnte man das Vorhaben vor dem OVG leichter in die ewigen Jagdgründe schicken, als ein formelles Landesgesetz. Die Besoldung wäre damit weiterhin offensichtlich verfassungswidrig.

Bestünde diese Möglichkeit, wäre die Vorgehensweise, den Zuschlag nicht als formelles Gesetz auszugestalten, nahezu dämlich seitens des Gesetzgebers.

Das ist eine interessante Idee, deren Prüfung ich mal vorantreiben werde. Denn zwar hat der Gesetzgebungs- und Beratungsdiensts des Landtags (GBD) auf der Ausschusssitzung am vergangenen Mittwoch ausgeführt, dass seiner Meinung nach die im Gesetzentwurf im vierten Absatz des neuen § 36a geregelte Verordnungsermächtigung sachgerecht und zulässig sei. Da es hierzu - wenn ich es richtig sehe - keine vergleichbare bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung gibt, lässt sich die Frage aber zunächst einmal wohl nicht hinreichend klären.

Da das Finanzministerium auf unklarer Grundlage aktuell von nur noch vier Anspruchsberechtigten ausgeht, denen der Familienergänzungszuschlag gewährt werden müsse, muss zunächst einmal jedoch davon auszugehen sein, dass es intern eine völlig unzureichende Bemessung des Grundsicherungsniveaus und der Mindestalimentation vorgenommen haben wird - sofern es solche Berechnungen nun endlich vorgenommen hätte; denn diese fehlen im Gesetzentwurf, was ihn für sich genommen prozedural unzureichend und damit verfassungswidrig macht -; genau diese könnte also entsprechend Deines Vorschlags angegriffen werden, da auf Grundlage der genannten Information des Finanzministeriums davon auszugehen ist, dass der Familienergänzungszuschlag materiell unzureichend gewährt werden soll.

Dabei dürfte weiterhin nicht ganz unerheblich sein, dass der geplante Familienergänzungszuschlag mit einer indiziellen Höhe von mindestens mehr als 440,- € in der niedrigsten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe, wie er in der genannten Untersuchung bemessen wird, nicht hinreichend sein dürfte, da der Gesetzentwurf offensichtlich von zu niedrigen Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie der Sozialtarife ausgeht, was in der Untersuchung ebenfalls beleuchtet und begründet wird. Darüber hinaus plant der Gesetzentwurf Beamte mit nur einem Kind von dem materiellen Gut auszuschließen, sodass diese in Anbetracht der Höhe dieses Guts gegenüber Beamten mit zwei Kindern unzulässig benachteiligt werden würden, was ebenfalls verfassungsrechtlich nicht haltbar sein dürfte. Auch plant die Landesregierung offensichtlich, den Familienergänzungszuschlag nach Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen differenziert zu gewähren, woraus als Folge resultierte - darauf hat der GBD in der vorletzten Sitzung berechtigt hingewiesen -, dass damit sämtliche betroffene Beamte in identischer Höhe alimentiert werden würden. Eine identische Alimentation bis einschließlich zur Besoldungsgruppe A 9/3 - denn auch diese verfehlt offensichtlich ohne diesen Familienergänzungszuschlags noch die Mindestalimentation, ohne dass auch das bislang im Gesetzgebungsverfahren anhand konkreter Berechnungen beleuchtet worden wäre - ist aber ebenfalls evident sachwidrig, da sie unstatthaft zu gewährende Abstände zwischen den unterschiedlich wertigen Ämtern einebnet. Als evident sachwidrige Regelung führt sie aber zwangsläufig dazu, dass die Norm verfassungswidrig ist.

Darüber hinaus wird sich die Anspruchsberechtigung eben nicht auf nur vier Fälle reduzieren lassen, da in den Besoldungsgruppen A 5 bis A 9 im Kernhaushalt derzeit über 11.000 Beamte alimentiert werden, von denen eine gehörige Zahl mehrere Kinder haben wird, sodass die offensichtlich betroffene Fallzahl in die Tausende gehen dürfte, worauf meines Wissens in einer aktuellen Vorlage, die gestern allen Abgeordneten zugänglich gemacht worden ist, begründet hingewiesen wurde.

Und schließlich dürfte es sich beim geplanten Familienergänzungszuschlag um eine mittelbar geschlechterdiskriminierende Regelung handeln, die als solche ebenfalls verfassungswidrig wäre. Auch dieser Nachweis wird umfassend in der genannten Untersuchung geführt, die im Auftrag der GEW Niedersachsen erstellt und der aktuellen Vorlage beigefügt worden ist sowie als solche die Grundlage für die Stellungnahme des DGB darstellt. Damit ist auch diese Betrachtung den Abgeordneten nicht erst seit gestern bekannt oder könnte ihnen zumindest bekannt sein, sofern sie sich thematisch damit auseinandergesetzt haben. Genau darauf zielt in Teilen offensichtlich auch die Frage an die Landtagspräsidentin ab; denn es dürfte schon erstaunlich sein, dass zumindest die weiblichen Abgeordneten in den Fraktionen eine solch frauenfeindliche Regelung ohne Weiteres akzeptierten. Denn von jenem Familienergänzungszuschlag werden potenziell vor allem Frauen von Beamten und weniger Männer von Beamtinnen betroffen sein, da es in einem überbordend hohen Maße vor allem Frauen sind, die nach der Geburt von Kindern ihre Berufstätigkeit einschränken, sodass die Regelung mittelbar gezielt auf sie zugeschnitten ist. Denn sofern sie ihre Teilzeittätigkeit aufgeben, um den Familienergänzungszuschlag zu erhalten, werden durch eine solche als "Herdprämie" wirkende gesetzliche Regelungen die nach wie vor deutlich geringeren beruflichen Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten von Frauen noch einmal beeinträchtigt, ihre eigenständige Existenz- und Alterssicherung erschwert, die geringeren Chancen auf berufliches Fortkommen und bessere Bezahlung als Folge von Erwerbsunterbrechungen weiterhin verschlechtert. Die geplanten rechtlichen Einwirkungen zementieren mittelbar entsprechend nicht nur ökonomische, finanzielle und partizipative Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, sondern dürften ebenso die heute weiterhin hohe Disparität in der unbezahlten Betreuungsarbeit noch weiter zulasten von Frauen verschärfen.

All das ist aber nach der sogenannten "neuen Formel" des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig, nach der das Gleichheitsgrundrecht „vor allem dann verletzt [ist], wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" (Nußberger, in: Sachs-Battis, GG, 8. Aufl., 2018, Art. 3, Rn. 8 ff.). Auch das wird in der genannten Unteruchung noch einmal recht umfassend auf über sechs Seiten anhand recht umfangreicher Datenerhebung betrachtet und dabei auch thematisiert, dass sich die Landesregierung 2018 noch deutlich gegen ein sogenanntes "Landeserziehungsgeld" gewandt hat, das damals die AfD vorgeschlagen hatte, um nun - kaum überspitzt formuliert - eine nicht ganz unähnliche Regelung hinsichtlich der eigenen Landesbeamten einführen zu wollen, was nicht ohne argumentative Verrenkungen vonstatten geht, die so betrachtet kaum als schlüssige Begründungen betrachtet werden könnten. Eine nicht sachgerechte Begründung ist aber prozedural nicht hinreichend und mündet als solche ebenso in der Verfassungswidrigkeit.

Der langen Rede kurzer Sinn: Allein der sogenannte Familienergänzungszuschlag soll für sich genommen bereits so problematisch gesetzlich eingeführt werden, ist darüber hinaus ebenfalls kaum prozeduralisiert, basiert nämlich weitgehend nur auf einer pointiert wahrgenommenen Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts, und konterkariert wichtige die Gleichstellung der Geschlechter betreffende Ziele, die sich die Landesregierung in Bekundungen und Handlungen der Vergangenheit zueigen gemacht hat, sodass er keinerlei Chancen hat, vor einem Gericht Bestand zu haben. Darüber hinaus ist er allerdings nur eines - wenn auch offensichtlich das empörendste, da es eine reaktionäre Wirkung entfalten wird, die in der Praxis vielen Frauen von Beamten bis in den gehobenen Dienst ihre Gleichberechtigungsrechte zu einem nicht geringen Teil mittelbar nimmt - von vielen Problemen, die so offensichtlich verfassungswidrig sind, dass das jedem, der sich auch nur ein wenig in der Materie oder zumindest in unserer Rechtsordnung auskennt, nicht verborgen bleiben kann.

Insofern sollte tatsächlich geklärt werden, ob es formell zulässig ist, gegen die geplante Verordnung im Sinne des § 47 VwGO vorzugehen (formelles Recht ist leider komplex). Das sollte auf jeden Fall geprüft werden - nicht umsonst hebt die VwGO unter § 47 (2) 1 hervor, dass der Antrag, sofern er denn zulässig wäre, sich auch auf zukünftig noch zu erlassene Rechtsvorschriften erstrecken kann. Sofern er also zulässig wäre, könnte er theoretisch direkt nach der Verabschiedung des Gesetzes gestellt werden, da dann ja eine entsprechend zu erwartende Verordnung nötig wäre, um eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren. Denn ohne diese Verordnung bliebe das Gesetz per se materiell verfassungswidrig.

martin0312

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #170 am: 16.09.2022 07:55 »
Wo ist die Stellungnahme des DGB einzusehen?

ChRosFw

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #171 am: 16.09.2022 10:14 »
Unabhängig davon sollte eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Ausgestaltung des Familienergänzungszuschlags im NBesG bereits der Wesentlichkeitstheorie des BVerfG widersprechen.

Hiernach hat der Gesetzgeber staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch ein förmliches Gesetz zu legitimieren und alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Damit geht quasi ein Verbot der Delegation wesentlicher Entscheidungen an die Exekutive und eine Pflicht des parlamentarischen Gesetzgebers, solche Entscheidungen selbst zu treffen, einher.

Schließlich wird die Exekutive durch die Ermächtigung in die Lage versetzt, einen wesentlichen Teil der Beamtenbesoldung unter Umgehung des Parlaments zu gestalten, und den verfassungswidrigen Zustand ohne dessen Beteiligung fortzusetzen.

Dies zeigt einmal mehr, in welche verfassungsrechtlichen Abgründe man hier schaut!

Oder ist es vielleicht politisches Kalkül? Unter Umständen hinterlässt man hier der Nachfolgeregierung einen Scherbenhaufen. Man selbst kann sich als derjenige präsentieren, der ja mit gutem Willen eine Verbesserung herbeiführen wollte, die aber aufgrund handwerklicher juristischer Mängel umgehend zum Scheitern verurteilt ist.

Die politisch der Bevölkerung schwer zu verkaufende kommende Belastung des Haushalts und zwingende starke Besoldungserhöhung zugunsten der Beamten, darf dann jemand anders übernehmen.

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #172 am: 16.09.2022 16:16 »
Wo ist die Stellungnahme des DGB einzusehen?

Die Landtagspräsidentin hat im Beteiligungsverfahren darauf hingewiesen, dass die schriftlichen Stellungnahmen der Beteiligten auf entsprechende Bitte von Medienvertretern und interessierten Dritten nach Durchführung der Beratung übersendet und dass sie ggf. im Nachgang der Beratung über die Internetseite des Landtags verfügbar gemacht werden würden.

Da der Haushalts- und Finanzausschuss seine Beratung am letzten Mittwoch abgeschlossen hat, kann ggf. bereits die umfassende Stellungnahme, die im Auftrag der GEW erstellt worden ist, als Vorlage 9 zu Drs. 18/11498 an interessierte Dritte übersandt werden, was eventuell für die Stellungnahme des DGB noch nicht gilt, da diese ggf. hinsichtlich der noch nicht abgeschlossenen Beratung in der Zweiten Lesung des Plenums zu betrachten wäre. Jene Stellungnahme fasst zugleich wichtige Ergebnisse der umfassenden Stellungnahme zusammen.

Ich würde ggf. als interessierter Dritter Interesse an jener Vorlage 9 zu Drs. 18/11498 bekunden:

https://www.landtag-niedersachsen.de/anfahrt-kontakt/

clarion

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #173 am: 16.09.2022 23:45 »
Herr Wölbern Antwort  ist bisher die Einzige, die den Sachverhalt  richtig  beschreibt,  und schön knackig formuliert.

Koi

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #174 am: 16.09.2022 23:50 »
@clarion: und trotzdem wird seine Partei dem Unfug zustimmen.

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #175 am: 17.09.2022 10:14 »
@clarion: und trotzdem wird seine Partei dem Unfug zustimmen.

Davon ist auszugehen: Wie in Thüringen und Schleswig-Holstein, wo die Wissenschaftlichen Dienste des Landtags ebenfalls auf die verfassungsrechtlich letztlich nicht haltbaren Regelungen hingewiesen haben, dürften sich die Regierungsparteien auch in Niedersachsen nicht davon abbringen lassen, wissentlich und willentlich den darüber hinaus noch an weiteren geplanten Regelungen als eindeutig verfassungswidrig nachgewiesenen Gesetzentwurf zu verabschieden, womit sie auch hier zeigen sollten, dass ihnen u.a. Art. 20 Abs. 3 GG nicht viel sagt, obgleich der Ministerpräsident, die Justiz- und Europaministerin sowie der Innen- und Kultusminister ausgebildete Jurist*innen sind. Dabei zeigt sich insbesondere bei der Führung der niedersächsischen SPD - die dereinst einen Kanzler hervorgebracht hat, der diese offensichtlich auch weiterhin mit seinem Gedönsgerede gut erzogen haben dürfte -, wie unwichtig ihr nach dem Rücktritt Carola Reimanns als Sozialministerin letztlich Frauenrechte geworden sind; weniger überrascht das vonseiten der entsprechenden Christdemokraten, deren Führung ja seit jeher ein weitgehend reiner Männerverein ist, weshalb sie in einer auch in Niedersachsen sich mehr und mehr sozial differenzierenden Gesellschaft eben mittlerweile eine Partei in den Zwanzigern ist (prozentual gesehen), die also hinsichtlich einer kommenden Regierungsbildung keine Rolle mehr spielt und von daher gut zu Hannover passt: Zweite Liga eben (auch wenn das deren Führung wohl noch nicht verstanden hat; denn hätte sie es verstanden, würde sie nicht solch einen unsinnigen Entwurf befürworten, der auch nach ihrem Abgang als Regierungspartei an ihr kleben bleiben wird; denn von Ferne grüßt schon Karlsruhe, und zwar nicht als KSC). Es wird also hinsichtlich der sozialen Differenzierung interessant werden, ob auch die SPD am Ende ein den Frauenanteil im Landtag übertreffendes Wahlergebnis erzielen wird - jener Anteil liegt bekanntlich ebenfalls unter 30 %. Wenn einem die Frauenrechte grundsätzlich dann, wenn sie zu verteidigen wären, herzlich egal sind und sich darin offensichtlich das allgemeine Denken der Genannten widerspiegelt, muss man sich nicht wundern, wenn man am Ende für Frauen immer unwählbarer wird und damit regelmäßig dazu verdammt ist, Wahlergebnisse unter 30 % einzufahren.

Letztlich dürfte es so verstanden interessant werden, wie sich am Ende die Bündnisgrünen verhalten werden, die als einzige Fraktion einen Frauenanteil von mehr als 50 % aufweisen. Es wird sich bei ihnen also zeigen müssen - die die gleichberechtigte Teilhabe tief in ihren Statuten verankert haben -, ob hier die Geschlechtersolidarität zu mehr als zu einer lauen Enthaltung reichen wird. Denn mit einer solchen Enthaltung dürften sie dann also zeigen, dass zukünftiges Regierenwollen auch bei ihnen wichtiger sein dürfte als eben gleichberechtigte Teilhabe.

Wenn's also so kommt, wie's zu erwarten ist, singen die Großen Drei dann eventuell geschlossen am Donnerstag Abend mit Inbrunst "Hol mir mal 'ne Flasche Bier" im Plenarsaal und beglückwünschen sich schließlich, dass man es hinsichtlich des Fachkräftemangels auch in Niedersachsen vollbracht hat, dass ggf. bald wieder mehrere 1.000 gut ausgebildete Frauen sich um die häusliche Betreuungsarbeit kümmern und abends den geschlaucht nach Hause kommenden Männe bewundern werden, weil sie - die Großen Drei - Herdprämien einfach klasse finden, weshalb sie nicht gegen sie stimmen.

Empfehlenswert ist die - wenn ich das richtig verstehe - gemeinsame aktuelle Stellungnahme der Regierungskoalition, von der sich der kommende Regierungspartner nach letztem Informationsstand noch nicht distanziert hat: https://www.youtube.com/watch?v=fHW16yEG_aA Nicht zuletzt der Vorspann dürfte aktueller denn je sein und kann also nicht von gestern sein (ich verstehe nur nicht, wieso immer vom 19. September und nicht vom 9. Oktober die Rede ist).



ChRosFw

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #178 am: 21.09.2022 15:45 »
https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_18_12500/11501-12000/18-11717.pdf

Seitens der FDP ist das allerdings m.E. nicht mehr als ein klägliches Scheinmannöver, wenn ich mir den Antrag so durchlese.

100 Euro (brutto!?netto!?) linear (Progression!?)mehr und alles soll wieder gut sein!?

Steuerfreie Einmalzahlung!?
Man nimmt quasi wieder ein für einen bestimmten Zweck vorgesehenes Mittel (Inflationsausgleich/Energiekosten) ähnlich der Coronaprämie, um hier eine vermeintliche Besoldungserhöhung politisch zu verschleiern. 



Pukki

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #179 am: 22.09.2022 07:10 »
Die FDP lässt immer mal wieder ihr komödiantisches Potenzial durchscheinen...  ::)