Beamte und Soldaten > Beamte der Länder und Kommunen

[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen

<< < (42/55) > >>

SwenTanortsch:
Du bringst es auf den Punkt, Koi - und genau dieser Nachweis war ein zentrales Ziel nicht zuletzt der Stellungnahme des DGB. Denn die Vorlagen werden Teil der sicherlich kommenden Klagen gegen die neue Gesetzgebung, insbesondere den Familienergänzungszuschlag, werden. Es kann dann vonseiten des Besoldungsgesetzgebers keiner sagen, er habe von nichts gewusst, da auf der Hand liegt, dass wiederholt wissentlich und willentlich gegen zu beachtendes Verfassungsrecht verstoßen worden ist. Da der Gesetzgeber bzw. die Landesregierung im Verfahren mindestens zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert werden werden, dürfte es interessant sein, wie die Begründung(en) aussehen werden. Mit hoher Wahrscheinlich wird diese genauso abstrus ausfallen wie wiederkehrend die Gesetzesbegründung. Denn hätte man bessere Argumente als die bislang gegebenen, hätte man sie bereits im Gesetzgebungsverfahren präsentiert. Die Chance des Besoldungsgesetzgebers, mit diesem Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen zu können, tendiert sehr deutlich gen Null - und das weiß auch jeder, der nur ein wenig Ahnung von der Materie hat.

Koi:
Kleine Ergänzung: Auf freundliche Nachfrage habe ich auch noch die GBD-Vorlage erhalten.

Koi:
Noch was zum Kopfschütteln auf abgeordnetenwatch:

„Ich stimme dem Gesetz zu, weil es wesentliche Verbesserungen insbesondere für die unteren Besoldungsgruppen enthält. Weitere Verbesserung müssen allerdings in der nächsten Wahlperiode folgen!“

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/markus-brinkmann/fragen-antworten/wie-stehen-sie-zum-gesetzesentwurf-zur-amtsangemessenen-alimentation-drs-18/11498-vom-12072022?pk_campaign=antworten_abo&pk_kwd=frage_659782

ChRosFw:
Gibt es eigentlich schon nähere Informationen zur Ausgestaltung der VO zum Familienergänzungszuschlag?

Im Sinne einer möglichen schnellen Entscheidung möchte ich noch einmal meine Gedanken zum Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO in die Runde werfen. Leider fehlen mir die notwendigen Kommentare, um hier tiefer zu recherchieren.

Noch einmal:

M.E. ließe sich die VO umittelbar nach deren Erlass mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO angreifen. Das OVG würde die VO dann allgemein und nicht nur zugunsten des Antragstellers für ungültig erklären. Der Antragsgegner wäre verpflichtet, die Ungültigkeit der VO, ebenso wie schon deren Erlass, zu veröffentlichen.

Niedersachsen hat für das Vorgehen gegen VOen im Ausführungsgesetz der VwGO eine Regelung getroffen.
Nach § 7 Nds. AgVwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht nach Maßgabe des § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung auf Antrag über die Gültigkeit einer landesrechtlichen Verordnung oder einer anderen im Range unter dem Landesgesicht stehenden Rechtsvorschrift. Demnach sollte der Antrag statthaft sein.

Diskutabel wäre eventuell die Antragsbefugnis. Der Antragsteller muss schließlich geltend machen, durch die VO in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Frage ist vielleicht, ob man hier bereits geltend machen muss, dass der Ergänzungszuschlag nicht hinreichend ist oder ob man dadurch in seinen Rechten verletzt ist, dass man ihn schlichtweg nicht erhält (z.B. aufgrund höherer Besoldungsgruppe). M.E. und aus dunkler Erinnerung sollten hieran aber eigentlich keine zu hohen Anfroderungen gestellt werden, da es sonst zu einer Verkürzung des Rechtsweges kommt und dies im Kern eigentlich eine Frage der Begründetheit des Antrags wäre.

Aber man sieht hieran bereits, dass das OVG spätestens in der Begründetheit ggf. eine inzidente Prüfung der Niedersächsischen Besoldung vornehmen müsste/könnte. Spannend wäre dann, inwieweit es hier bereits die Grundsätze der letzten Beschlüsse des BVerfG heranziehen müsste.

M.E. hat der Gesetzgeber durch die VO-Ermächtigung auch gegen den Grundsatz der Wesentlichkeit verstoßen, da ein wesentlicher Teil der Besoldung nunmehr im stillen Kämmerlein durch die Landesregierung geregelt werden kann. Dies sollte jedoch ureigene Aufgabe des Parlaments sein.

Überlegenswert wäre darüber hinaus noch die Möglichkeit eines Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO. Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

M.E. müsste sich die Zulässigkeit bereits aus dem besonderen Fürsorge- und Treueverhältnis des Antragsgegners gegenüber dem Antragssteller ergeben. Schließlich deckt der Beamte aus der Alimentation seinen unmittelbaren Bedarf. Da es hier um ein Rechtsmittel gegen eine VO geht, sollten die Voraussetzungen geringer sein, als bei einem Eilantrag beim  BVerfG.



 


SwenTanortsch:
Wie schon gesagt, sind das interessante Gedanken, ChRosFw, die zu prüfen und weiterzuverfolgen sich lohnt. Jedoch haben wir es hier mit forrmellen Recht zu tun, das für sich genommen nach meiner Erfahrung noch einmal deutlich komplexer - zumindest für einen Laien - ist als das materielle Recht.

Dabei muss zugleich zunächst beachtet werden - ich habe mir gerade die von Dir genannten Rechtsnormen angeschaut -, dass die Nds. AG VwGO in der Fassung vom 01.07.1993 (Nds. GVBl. 1993 S. 175) mit Wirkung vom 16.12.2014 durch Art. 13 Nr. 13 des Gesetzes über die Neuordnung von Vorschriften über die Justiz vom selben Datum (Nds. GVBl. 2014 S. 436) aufgehoben und dort durch Art. 1 durch das Niedersächsische Justizgesetz vom selben Datum ersetzt worden ist (ebd.). Dort sollte entsprechend § 75 zur Anwendung kommen:

"§ 75 Entscheidung über die Gültigkeit von Rechtsvorschriften

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO)."

§ 47 (1) Nr. 2 VwGO hebt hervor:

"(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
[...]
2. von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt."

Da nach § 47 (1) Nr. 2 VwGO § 75 NJG zur Anwendung zu bringen ist, könnte ggf. entsprechend so, wie Du es ausführst, verfahren werden. Allerdings steckt der Teufel generell - nicht zuletzt beim formellen Recht - im Detail, weshalb hier sicherlich noch einmal eine umfassendere Prüfung zu vollziehen wäre, die ich ggf. initiieren kann, sobald ich dazu die Zeit finde, wovon ich im Verlauf des kommenden Monats ausgehe. Da die nötige Rechtsvorschrift zu Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur amtsangemessenen Alimentation bis zum Inkrafttreten jenes Gesetzes am 01.01.2023 vorliegen muss und zugleich nach den Ausführungen der Landesregierung der Beteiligung unterliegen soll, haben wir für die Prüfung zum Glück noch etwas Zeit.

Wenn Du Zeit und Lust hast, arbeite Dich noch weiter in die Materie ein und führe hier Deine Gedanken weiterhin aus; je mehr Gehirne über die Materie nachdenken, umso besser: Wenn ich es richtig sehe, dürfte der von Dir durchdachte Weg durchaus eine nicht geringe materielle Erfolgsaussicht haben, wenn die Möglichkeit formell in Anschlag zu bringen ist.

Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

[*] Previous page

Go to full version