Um die Argumentation noch etwas weiter zu führen: Der Rundblick hat am 12.01. über die Anspannung in Hannover berichtet. Wie vorhin dargelegt, hat der niedersächsische Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen Ende August des letzten Jahres eine entsprechende Beschlussempfehlung getroffen, der im nachfolgendem Plenum entsprochen worden ist. Der Bundestag ist erst nach dem Rundblickartikel (ohne mit diesem einen Zusammenhang zu haben) aktiv geworden, nämlich vor drei Wochen mit der BT-Drs. 20/5229 v. 18.01.2023, die die entsprechende Beschlussempfehlung formuliert hat, hinsichtlich der genannten niedersächsischen Vorlageverfahren nicht tätig zu werden, welcher der Rechtsausschuss am selben Tag entsprochen hat (vgl.
https://dserver.bundestag.de/btd/20/052/2005229.pdf) und der Bundestag am 19.01. (
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw03-de-abschliessende-beratungen-927024). Entsprechend dürfte es ausgeschlossen sein (es sei denn, der Bundestag hätte Fristen verstreichen lassen, was sicherlich nicht passiert sein wird), dass bereits vor dem 12.01. eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht gefallen sein sollte, die dann "nur noch" zu begründen wäre.
Darüber hinaus hat der Rechsausschuss des Bundestags Anfang 2019 in seiner Drucksache 19/7933 v. 20.02.2019 empfohlen, von einer Stellungnahme im Verfahren 2 BvL 4/18 abzusehen (vgl.
https://dserver.bundestag.de/btd/19/079/1907933.pdf9). Jene Entscheidung ist dann bekanntlich Anfang Mai 2020 gefällt und Ende Juli 2020 veröffentlicht worden, also jeweils deutlich mehr als ein Jahr später. Hinsichtlich des Verfahrens 2 BvL 6/17 über den alimentativen Mehrbedarf erfolgte die Beschlussempfehlung durch die BT-Drs. 19/11156 v. 26.06.2019. Auch hier dauerte es also noch mehr als ein Jahr bis zur Veröffentlichung jener dann ebenfalls am 04.05.2020 gefällten Entscheidung.
Hinsichtlch des Verfahrens 2 BvL 8/16 erfolgte eine entsprechende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Sommer 2017 durch die BT-Drs. 18/12977 v. 28.06.2017 (
https://dserver.bundestag.de/btd/18/129/1812977.pdf) bzw. schon ein halbes Jahr zuvor durch den Rechtsausschuss des Bundesrats (BR-Drs. 12/17 v. 26.01.2017), ohne dass in jenem Vorlageverfahren bislang eine bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung vollzogen worden wäre. Das Verfahren ist weiterhin anhängig, worauf das Bundesverfassungsgericht nicht zuletzt mit Schreiben vom 25.06.2018 hingewiesen hat, vgl.
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2018/07/180629_Antwort-BVerfG-anh%C3%A4ngige-Verfahren_anonym.pdf Darüber hinaus sind zu jenem Verfahren 2017 noch einige weitere (abschließende) Stellungnahmen erfolgt, vgl. bspw.
https://www.drb.de/fileadmin/DRB/pdf/Stellungnahmen/2017/DRB_170213_Stn_9_BVerfG_R_2_Besoldung_OVG_Berlin_Brandenburg.pdf oder
http://www.bbg-vrv.de/neuigkeiten/keine-amtsangemessene-besoldung-fuer-richter-in-brandenburg/ oder
https://bund-laender.verdi.de/fachgruppen/justiz/richter/++co++d15a76b2-f419-11e6-9862-525400afa9ccAuch von daher sollte aus dem Zeitpunkt abschließender Stellungnahmen nicht auf eine unmittelbar bevorstehende oder nicht unmittelbar bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgericht geschlossen werden können. Vielleicht wird es tatsächlich bis Ende März zu einer entsprechenden Entscheidung auch für Niedersachsen kommen - daran hätten die Gewerkschaften wie auch wir ein gehöriges Interesse. Damit sind also Hoffnungen und politische Zielsetzungen verknüpft - beide haben aber keinen Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht, auch keine seine Rechtsprechung beschleunigenden. Die Landesregierung hat dahingegen höchstwahrscheinlich zurzeit das Interesse, Gründe zu haben, um hinsichtlich der Verordnung zum "Familienergänzungszuschlag" Zeit zu gewinnen. Denn mit dieser Verordnung kann man keinen Blumentopf gewinnen - sie ist nicht rechtssicher auszuformen, da ihre Rechtsgrundlage verfassungswidrig ist, was mindestens in der Fraktion der Bündnsigrünen unbestritten ist und offensichtlich von kaum noch einem Sozialdemokraten bestritten wird. Darüber hinaus gibt es in beiden Regierungsparteien gehörige Aversionen gegen das "Gesetz zur amtsangemessenen Alimentation" (eventuell auch über die Art seines Zustandeskommens). Ob auch darauf das Gerücht, es stehe eine Entscheidung zu Niedersachsen unmittelbar bevor, beruhen sollte, weiß man nicht - aber bislang habe ich weiterhin keine sachgerechte Antwort von irgendeinem Akteur gehört, dass jenes Gerücht mehr wäre als eines. Ich würde mich freuen, wenn's keines wäre. Dran glauben werde ich erst, wenn ich einen tragfähigen Beweis zu Gesicht bekomme - und der tragfähigste wäre die Veröffentlichung der Entscheidung mitsamt ihrer Begründung und einer Presseerklärung auf der Seite des Bundesverfassungsgerichts. Wäre schön, wenn dem am kommenden Montag so zu lesen wäre - aber bislang dünkt mich weiterhin ein wenig, dass es hier ggf. doch eher um die unbestrittene Herrschaft im Luftreich des Traums geht. Und auch Träume können Interessen folgen, wenn sie wohl auch nicht immer dem Träumenden bewusst sein müssen...