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[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
justilegal:
Hallo,
da es im Juni noch gar nicht auf der Tagesordnung des Landtages stand, muss wohl die letzte Sitzung vor der Landtagswahl (also Ende September) abgewartet werden… „abgenickt“ , also zweite Lesung dann erst vom neuen Landtag.
In 4 ABS 7 NBesG steht, dass der Widerspruch jährlich zu erheben ist. Allerdings erhält/ bzw. erhielt man in den letzten Jahren nach einem Widerspruch immer den Hinweis, dass das NLBV bittet von jährlichen Widersprüchen Abstand zu nehmen, aufgrund des großen Umlaufs, abweichend von der gesetzlichen Pflicht. Ob man sich darauf verlassen sollte…??? Fragen wir die Hamburger… wenn du also noch nie Widerspruch erhoben hattest, ist es definitiv zu spät für 2021.
Ich lege jedes Jahr Widerspruch ein. Soll sich doch das NLBV an den Gesetzesgeber wenden, wenn es denen zu viel wird.
Frustrierte Grüße
SwenTanortsch:
Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf offensichtlich nicht nach § 24 (1) der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtags eingebracht, wonach der Landtag Gesetzentwürfe in der Regel in einer ersten und einer zweiten Beratung behandelt, sondern dürfte den Ausnahmefall, den § 24 (2) GO vorsieht, zur Anwendung gebracht haben: Auf Antrag derjenigen, die ihn entsprechend einbringen, überweist daraufhin der Präsident einen Gesetzentwurf sogleich an einen Ausschuss, sodass die erste Beratung unterbleibt. Der Regelfall (§ 24 (1) GO) dürfte hier also durch den Antrag der Landesregierung umgangen worden sein (§ 24 (2) GO), sodass der Entwurf dann im Septemberplenum in zweiter und dritter Lesung zur Abstimmung gebracht werden dürfte. Die GO sieht dafür offensichtlich keine Begründungspflicht des Antragsstellers vor. Das offensichtlich so vollzogene Verfahren dürfte dabei sachlich aus zumindest zwei Gründen zu hinterfragen sein:
Die BVerfG-Entscheidung vom 04. Mai 2020 liegt seit Ende Juli 2020, also seit knapp zwei Jahren, öffentlich vor. Zugleich war der Regierung spätestens seitdem klar, dass die niedersächsische Alimentation verfassungswidrig und in der untersten Besoldungsgruppe um Netto mindestens 20 % zu gering bemessen ist (das zeigt entsprechend der DÖV-Beitrag aus dem März diesen Jahres, ist aber spätestens seit dem BVerwG-Vorlagebeschluss vom 30.10.2018 jedem klar). Darüber hinaus weiß die Landesregierung, dass der Gesetzgeber eine mit der Verfassung unvereinbare Rechtslage weder für die Gegenwart noch für die Vergangenheit fortbestehen lassen darf (vgl. die BVerfG-Entscheidung vom 22.03.1990 – 2 BvL 1/86 –, Rn. 65). Die Landesregierung hat sich also in den letzten zwei Jahren durch Handlungsuntätigkeit selbst in die Lage gebracht, nun am Ende der Legislatur beschleunigt handeln zu wollen; zugleich hat sie durch die Missachtung der Rechtslage – also durch Unterlassung – 2020 und 2021 verfassungswidrig Personalkosten in sehr großer Höhe eingespart, eben durch die rechtswidrige Fortführung des verfassungswidrigen Zustands (realistischerweise liegt dieser Wert in beiden Jahren jeweils deutlich über eine Mrd. €, wie eine im Auftrag der GEW erstellte Stellungnahme zeigt).
Zweitens wäre nach der Beratung in der erster Lesung – dem Regelfall – der Gesetzentwurf genauso in den oder die Ausschüsse überwiesen worden (§ 27 GO). Wäre also in der vorletzten Woche im Plenum in erster Lesung über den Gesetzentwurf beraten worden - wäre also der Regelfall des Gesetzgebungsverfahrens vollzogen worden -, wären wir heute zeitlich im selben Zustand wie nun durch das beschleunigte Verfahren: Die Ausschussarbeit begönne und beginnt.
Der Unterschied wäre jedoch gewesen, dass Transparenz als der Regelfall parlamentarischer Arbeit hergestellt worden wäre (eben § 24 (1) GO). Die Regierung hätte sich vor dem Parlament und damit auch vor der Öffentlichkeit verantworten müssen, indem in erster Lesung die Grundzüge des Gesetzentwurfs besprochen worden wären, wie das § 26 GO als Regelfall vorsieht. Dem entzieht sich die Regierung nun offensichtlich durch das beschleunigte Verfahren, vermutlich, um sich hinsichtlich der anstehenden Landtagswahl keine offene Flanke zu geben, also nun die Möglichkeit der öffentlichen Debatte zeitlich und damit auch inhaltlich zu verringern bzw. zu begrenzen. Damit wird die spätestens seit Ende Juli 2020 vorgenommene thematische Verschleppung fortgesetzt – zur vormaligen Motivation, weiterhin sachwidrig Personalkosten in sehr großer Höhe einzusparen, tritt nun also offensichtlich die weitere Motivation zum eigenen Vorteil oder zur Vermeidung eines möglichen Nachteils: nämlich das Thema möglichst ohne viel öffentlichen Aufhebens durch‘s Parlament zu bringen.
Da der Landtagspräsident einen Gesetzentwurf im beschleunigten Verfahren sogleich an einen Ausschuss überweist und dieser Ausschuss, da der Entwurf zu Mehrausgaben führt, laut § 27 (4) GO der Haushalts- und Finanzausschuss ist, dürfte gleichfalls von Interesse sein, ob nicht mindestens auch der Rechtsausschuss (ggf. auch der Innenausschuss) mit einbezogen wird/werden, da der Entwurf ja auch ihre Gegenstände betrifft und es nach § 27 (2) i.V.m. § 27 (3) GO in der Freiheit des Präsidenten liegt, einen Entwurf an mehrere Ausschüsse zu überweisen, wobei Ausschüsse nach § 12 (2) GO auf Antrag einer Fraktion ebenso das Recht hätten, auch ohne Zuweisung durch den Präsidenten oder den Landtag entsprechend tätig zu werden. Je mehr Ausschüsse beteiligt sind, desto größer der Grad der Transparenz – zugleich wäre in einem ordentlichen Verfahren, denke ich, zu erwarten, dass mindestens der Rechtsausschuss zu beteiligen wäre, da ja zum einen ein rechtlicher Systemwechsel geplant und zum anderen nicht zuletzt in der genannten umfangreichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf (sie beträgt über 60 Seiten) differenziert der Nachweis geführt worden ist, dass jener Entwurf als solcher in vielfacher Hinsicht verfassungsrechtlich nicht haltbar ist: Das betrifft nicht nur die unzureichende Prozeduralisierung und die Verletzung des allgemeinen Abstandsgebots mindestens in den Besoldungruppen A 8 und A 9, sondern offensichtlich darüber hinaus auch die mittelbare Geschlechterdiskriminierung, die in der geplanten Einführung einer "Herdprämie" liegt (vgl. auch, jedoch hinter einer Paywall, https://www.rundblick-niedersachsen.de/scharfe-kritik-an-beamten-plan-entwurf-verstoesst-gegen-die-gleichberechtigung/). Dass darüber hinaus ebenso die deutliche Erhöhung des kinderbezogenen Familienzuschlags gleichfalls zu einem Verstoß gegen die Mindestbesoldung führt, sollte zumindest den beteiligten Juristen klar sein, was mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Grund dafür sein dürfte, dass im Gesetzentwurf - gegen die Prozeduralisierungspflichten verstoßend - keinerlei Berechnungen hinsichtlich der Mindestalimentation vorgenommen werden. Summa summarum sollen die familienbezogenen Bezügebestandteile - also neben den erhöhten Familienzuschlägen ebenso durch die geplante "Herdprämie" - einer vierköpfigen Familie bei einem Grundgehalt von 2.445,50 € in der niedrigsten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe knapp 1.100,- € betragen, also rund 30 % der Bruttobesoldung umfassen, derzeit beträgt der Anteil rund 15 %, womit sie offensichtlich nicht mehr als Nebenkomponente zu betrachten wären.
Dogmatikus:
Gibt es den zitierten Beitrag in der DÖV eigtl irgendwo einzusehen? Selbst in der Justiz ist die DÖV von keinem Abo der Datenbanken umfasst. Habe sogar die Kollegen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit gefragt, auch dort kein Zugriff...
SwenTanortsch:
... Die DÖV ist doch eine der zentralen beamtenrechtlichen Zeitschriften und insofern sowohl in Papierform vielfach abonniert als auch digital erfasst, nicht zuletzt beispielsweise hier: https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata%2fzeits%2fDOEV%2f2022%2fcont%2fDOEV%2e2022%2eH05%2eNAMEINHALTSVERZEICHNIS%2ehtm Darüber hinaus besteht, sofern nicht eine der nachfolgenden Unibibliotheken in der Nähe ist, jederzeit die Möglichkeit, in der nächsten Stadtbibliothek eine Fernleihe zu machen. Jene kostet hier in Niedersachsen 1,50 €: https://zdb-katalog.de/list.xhtml?t=d%C3%B6v&asc=false
xap:
Interessant. Mir war das System der Fernleihe neu. Allerdings stellt sich mir direkt die Frage, ob es nicht auch möglich ist Medien in digitalisierter Form zu leihen? Weiß das jemand? Oder geht das aus Urheberrechtsgründen nicht?
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