Autor Thema: [NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen  (Read 68554 times)

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #90 am: 15.07.2022 16:39 »
Mit der anstehenden Entscheidung über die Vorlagebeschlüsse des Bremer VG dürfte auch die Prozeduralisierung in den Blick genommen werden, weshalb - so vermute ich - diese Vorlagebeschlüsse ausgewählt worden sind. Ggf. wird dabei über die neue prozedurale Kategorie der "Mindestbesoldung" eine Präzisierung der prozeduralen Pflichten des Gesetzgebers vollzogen werden. Über diese Zusammenhänge wird demnächst ein Beitrag in der ZBR erscheinen über den Zusammenhang von Mindestalimentation, Mindestbesoldung, Grundgehalt als Hauptkomponente der Besoldung und eben die Frage, inwiefern es möglich oder eben nicht möglich ist, die Grundgehaltssätze nicht zu erhöhen, obgleich ein weitgehender indizeller Verstoß gegen die Mindestbesoldung vorliegt. Die Bremer Vorlagebeschlüsse würden dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit geben, hier seine bisherige Rechtsprechung weiterhin auszuformen. Ob dem so kommen wird, werden wir sehen.

Bastel

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #91 am: 15.07.2022 19:03 »
Kommen die Bremer Vorlagebschlüsse dieses Jahr noch?

NordWest

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #92 am: 15.07.2022 19:46 »
Kommen die Bremer Vorlagebschlüsse dieses Jahr noch?

Geplant ist es:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/vs_2022/vorausschau_2022_node.html

Leider sind konkretere Terminplanungen oder Verfahrensschritte (zumindest mir) unbekannt.

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #93 am: 15.07.2022 22:29 »
Zum November des Jahres werden zwei Richter des Zweiten Senats ausscheiden - eventuell werden deshalb die für dieses Jahr angekündigten Entscheidungen erst danach erfolgen, um die Kontinuität der Entscheidungsfindungen mit dem neuen Richtern sachlich fortzuführen. 5 zu 3-Entscheidungen, wie sie der Zweite Senat gerade in der Entscheidung vom 15.06.2022 - 2 BvE 4/20 - gefällt hat, sind insgesamt ja eher die Ausnahme, da beide Senate Einstimmigkeit in den Entscheidungen nicht als Nachteil ansehen, wie das der ehemalige Verfassungsrichter Dieter Grimm unlängst pointiert geschildert hat.

A9A10A11A12A13

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #94 am: 17.07.2022 00:11 »
Zum November des Jahres werden zwei Richter des Zweiten Senats ausscheiden - eventuell werden deshalb die für dieses Jahr angekündigten Entscheidungen erst danach erfolgen, um die Kontinuität der Entscheidungsfindungen mit dem neuen Richtern sachlich fortzuführen. 5 zu 3-Entscheidungen, wie sie der Zweite Senat gerade in der Entscheidung vom 15.06.2022 - 2 BvE 4/20 - gefällt hat, sind insgesamt ja eher die Ausnahme, da beide Senate Einstimmigkeit in den Entscheidungen nicht als Nachteil ansehen, wie das der ehemalige Verfassungsrichter Dieter Grimm unlängst pointiert geschildert hat.

...und mit Beschluss vom 14. Juli 2022 - 2 BvR 900/22 macht das zweite Senat unbeeindruckt und ungrimmig weiter mit 5 zu 3-Entscheidungen...

SwenTanortsch plädiert derzeit für die gefühlt dahinsiechende Jurisdiktion in diesen Rechtsfragen (mit einer anschließenden Kontinuität der exekutiven Untätigkeit als deren Folge).

Warum? Ginge von den ausscheidenden Richtern eine Gefahr aus? Bei Frau Hermanns habe ich auf die Schnelle nichts ergoogeln können, aber bei Herrn Huber, der sich intensiv mit öffentlichem Recht beschäftigt hat findet sich (sein Vorschlag vom 7. Dezember 2006 sich auf zwei Laufbahngruppen mit und ohne Hochschulabschluss zu beschränken. Auswirkung:) "Besoldung und Versorgung bin ich da skeptisch die Attraktivität eines Dienstes in der Verwaltung wirtschaftlich zu verbessern." Es bleibt also seiner Meinung nach bei einer "eher unattraktiven Alimentation."

Übrigens der Satz "die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Alimentation des dritten Kindes und aller weiteren Kinder – hier hat nach meinen Informationen Niedersachsen schon reagiert und plant, den  Kinderzuschlag auf 400 Euro zu erhöhen." ist nicht von diesem Jahr, sondern wurde auch am 7. Dezember 2006 von Frau Voigt (DGB) ausgesprochen.

Lang lang ist's her. Also was steckt konkret und nicht abstrakt hinter der Formulierung "Kontinuität der Entscheidungsfindungen mit dem neuen Richtern sachlich fortzuführen."?
Werden ab jetzt erst "sachliche" Alimentations-Richter vom Wahlausschuss und Bundesrat gewählt?

 

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #95 am: 17.07.2022 14:39 »
Solange es Senatsentscheidung gibt, ist davon auszugehen, dass die sich seit 2012 im Fluss befindende neue Besoldungsdogmatik nach Ansicht des Zweiten Senats noch nicht vollständig ausgeformt ist. Da im nächsten Jahr zwei weitere Richter aus dem Zweiten Senat ausscheiden werden, sodass von den acht Richtern, die die Entscheidung 2 BvL 4/18 im Mai 2020 gefällt haben, nur noch drei übrig sind, ist es m.E. wahrscheinlich, dass der Zweite Senat die anstehende Entscheidung in den konkreten Normkontrollverfahren 2 BvL 2/16 bis 2 BvL 6/16 erst nach dem Ausscheiden der beiden Richter im November diesen Jahres vollziehen werden. Denn sie werden dann die nächsten zwölf Jahre entsprechende Entscheidungen - deren Zahl bekanntlich hoch sein wird - mitfällen. Insofern wäre es nachvollziehbar - nicht zuletzt, um auch zukünftig die thematisch Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu garantieren -, dass man sie nicht vor vollendete Tatsachen stellte und zugleich ihre Expertise in die weitere Ausformung mit einbezöge.

Darüber hinaus plädiere ich nicht (auch nicht derzeit) "für die gefühlt dahinsiechende Jurisdiktion in diesen Rechtsfragen (mit einer anschließenden Kontinuität der exekutiven Untätigkeit als deren Folge)", sondern stelle Entwicklungen dar, wie sich mir zeigen. Da ich seit 2005 auf ein Entscheidung warte, kann ich Ungeduld durchaus nachvollziehen - allerdings habe ich nicht vor, meine Beschäftigung mit dem Thema von dieser dominieren zu lassen, da ich darin für mich keinen Sinn sehe. Stimmung gehört für mich zu Party - und das Thema ist für mich keine.

Das hat darüber hinaus auch damit zu tun, dass die Mühlen des Bundesverfassungsgerichts nun einmal prinzipiell langsam mahlen - und das wird sich auch nicht ändern, indem man Stimmungen produziert, mit denen ich solange kein Problem habe, wie sie mir nicht ausgemachten Unsinn unterstellten. Allerdings ist es genau das, was Du in dem Zitat machst, mir Unsinn unterstellen. Ich bin nicht der Motor der bescheidenden Situation, sondern biete in verschiedenen Bereichen ziemlich viel Kraft auf, damit sie sich ändert - an dieser Stelle, indem ich über Entwicklungen berichte oder sie darstelle, wie sie sich mir zeigen. An anderen Stellen anderes.

Und insofern bist Du gerne eingeladen, Dich entsprechend ebenfalls zu engagieren. Und sofern Du das nicht tun willst, ist das für mich auch in Ordnung. Nur verkürze dann bitte nicht das, was ich hier sage, zu etwas, was nicht meine Meinung ist - und von der jeder weiß, wie sie ist, der hier schon etwas länger liest, was ich hier schreibe.

martin0312

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #96 am: 22.07.2022 09:08 »
Hier die Stellungnahme des NBB
https://www.nbb.dbb.de/aktuelles/news/gesetzentwuerfe/

Aus meiner Sicht wurden mit dem Gesetzesentwurf eben nicht dir Minimalanforderungen erfüllt. Ich verstehe nicht wieso der NBB dies nicht auch so kommuniziert.

Ozymandias

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #97 am: 22.07.2022 16:56 »
Hier die Stellungnahme des NBB
https://www.nbb.dbb.de/aktuelles/news/gesetzentwuerfe/

Aus meiner Sicht wurden mit dem Gesetzesentwurf eben nicht dir Minimalanforderungen erfüllt. Ich verstehe nicht wieso der NBB dies nicht auch so kommuniziert.

Die Stellungnahme zur Alimentation beinhaltet doch eine Ablehnung und diverse Hinweise.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass hier den Gewerkschaftsbossen auch etwas der Atem ausgeht. Beamtengewerkschaften sind absolut machtlos und m.E. auch absolut nutzlos. Ohne Streikrecht kann man eben überhaupt nichts bewegen. Allein das Parlament und Bundesverfassungsgericht können hier für "Ordnung" sorgen. Auf beide hat eine Gewerkschaft null Einfluss. 

Schlaubi

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #98 am: 29.07.2022 12:40 »
Gibt es denn eine Chance, dass das Gesetz nach dem Urteil des Vorlagebeschlusses nachgebessert werden muss?

Der Obelix

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #99 am: 29.07.2022 13:53 »
Es besteht eine Chance, dass man im Klageverfahren gewinnt weil das Gesetz m.E. elementare Fehler enthält. Ob aber eine Änderung aufgrund der Stellungnahmen erfolgt, glaube ich nicht.

Wie auch in Schleswig-Holzbein "gewinnt" man durch verfassungswidrige Gesetze in Sachen Besoldung immer noch jede Menge Zeit und noch viel wichtiger natürlich Millionen an Euro. Widerspruchs und Klageführer versterben, nicht jeder legt Widerspruch ein.

Dies wird die Handlungsvorgabe von "ganz oben sein".

Keine dieser Handlungsvorgaben war:
- baut in verfassungsgemäßes Gesetz für unsere Beamten
- Drückt mit dem Gesetz Wertschätzung aus
- Steigert mit dem Gesetz die Attraktivität des öD

 

SwenTanortsch

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #100 am: 29.07.2022 14:25 »
... mit einer Ausnahme bin ich mit Dir d'accord, Obelix: Tatsächlich spart man nicht Millionen, sondern Milliarden. Würde man in Niedersachsen 2022 zu einer verfassungskonformen Besoldungsgesetzgebung zurückkehren, würde das zu Mehrkosten von deutlich über einer Mrd. € führen, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit würden die Mehrkosten eher bei bzw. über zwei Mrd. € liegen. Der Gesetzentwurf des Nds. Gesetzes zur amtsangemessenen Alimentation sieht Änderungen vor, die 2022 zu Mehrkosten von 32,4 Mio. € führen sollen. Da nach den letzten mir vorliegenden Zahlen rund 50 % der nds. Beamten Widerspruch gegen ihre Alimentation eingelegt haben, ist das Einsparungsvolumen exorbitant, was an zentraler Stelle mitverantwortlich für die derzeitige niedersächsische Finanzlage ist https://www.mf.niedersachsen.de/startseite/themen/haushalt/haushaltsrecht_inklusive_haushaltsplane/doppelhaushalt_2022_2023/doppelhaushalt-2022-2023-niedersachsen-erreicht-wieder-die-schwarze-null-202375.html

Schlaubi

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Antw:[NI] Besoldungsrunde 2021-2023 Niedersachsen
« Antwort #101 am: 30.07.2022 14:08 »
Das meinte ich garnicht…ich meine, ob ein ausstehendes Urteil zu den bestehenden Verfahren noch Auswirkungen entfalten könnte?

SwenTanortsch

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« Antwort #102 am: 30.07.2022 15:05 »
Die Vorlagebeschlüsse behandeln den Zeitraum 2005 bis 2016. Ob sich der Gesetzgeber nach dem Karlsruher Richterspruch dazu entschließen wird, sich des gesamten Zeitraums bis heute anzunehmen, steht in den Sternen. Im aktuellen Gesetzgebungsverfahren hat sich die Landesregierung diesbezüglich bislang wie folgt geäußert:

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt noch keine Entscheidung des BVerfG zur Besoldung in Niedersachsen vor, aus der sich eine Verletzung des Mindestabstandsgebots in Bezug auf die Besoldungsgruppe  A  5  herleiten  ließe.  Das  Bundesverwaltungsgericht  hat  zwar  im  Vorlagebeschluss vom 30. Oktober 2018 - 2 C 32.17, 2 C 34.17 - Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der niedersächsischen Besoldung geäußert. Eine Entscheidung des BVerfG steht aber aktuell noch aus. Ob und unter welchen Voraussetzungen sich eine Verletzung des Mindestabstands in der untersten Besoldungsgruppe auf höhere Besoldungsgruppen in den Jahren bis 2022 auswirken wird, ist bislang noch nicht entschieden." (Nds-Drs. 18/11498 v. 12.07.2022, S. 18 f.)

Und:

"Mit Beschluss vom 4. Mai 2020 wurden die Maßgaben zur Ermittlung des Grundsicherungsniveaus konkretisiert. Die Nachprüfung dieses Parameters erfolgt daher zu einem späteren Zeitpunkt im Zusammenhang mit einer Überprüfung sämtlicher klagehängiger Jahre." (Nds-Drs. 18/11499 v. 12.07.2022, S. 17)

clarion

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« Antwort #103 am: 30.07.2022 20:16 »
Allein die Mehreinnahmen an Mehrwertsteuer aufgrund der gestiegenen Preise seit Jahresbeginn belaufen sich für  Niedersachsen auf 4 Milliarden Euro. Geld ist also da, um die Beamtenschaft verfassungsgemäß zu besolden.

justilegal

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« Antwort #104 am: 10.08.2022 19:09 »
Die Staatskanzlei hat reagiert. Offensichtlich haben sie nachgerechnet und dann tatsächlich festgestellt, dass die Erhöhung der Familienzuschläge fürs erste und zweite Kind bis Besoldungsgruppe A8 dazu führen würde, dass Beamte mit 2 Kindern in A9 weniger erhalten. Die Lösung: Erhöhung für die Laufbahngruppe 1, A5 bis A9 sollen 100 EUR fürs erste und zweite Kind mehr erhalten. Das ist nun sicher verfassungskonform, wenn es bei A9 darauf ankommt, zu welcher Laufbahngruppe man gehört. Einstiegsamt 2. Laufbahngruppe bekommt dann nun bei 2 Kindern 200 EUR weniger. Das ist so sinnbildlich für diesen ganzen Gesetzentwurf.