Sieh einfach das, was ich schreibe, als Möglichkeit an, Deine Argumentation sachlich weiter auszuschärfen, lotsch. Dabei wäre insbesondere zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin darauf beharren wird, die Europäische Gerichtshöfe in all jenen Fällen als nicht entscheidungsberechtigt zu betrachten, wo es um die originäre Auslegung grundgesetzlicher Forderungen geht, die ggf. nicht im Gleichklang mit EU-Recht stehen, sondern in jenen Fällen auch weiterhin das Recht auf Letztauslegung zu behaupten und also in diesem Fällen auch hinsichtlich des EuGH von "Ultra-vires-Akten" auszugehen, wie sich das unlängst im sog. PSPP-Urteil gezeigt hat (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 05. Mai 2020 - 2 BvR 859/15). Sofern Du also eine Klage anstrebst, von der absehbar ist, dass sie am Ende als Vorlage vor dem Bundesverfassungsgericht landen könnte, wirst Du damit rechnen müssen, dass das Bundesverfassungsgericht Definitionen des EuGH hinsichtlich deutscher Beamter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht anerkennen wird, sofern es diesbezüglich zu anderen Auffassung gelangte als der EuGH, welches nun die für das Bundesverfassungsgericht vorrangig zu beachtende Forderungen des Grundgesetzes sind - und das wird es nach meiner Auffassung mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens hinsichtlich der "Entgelte" entsprechend so tätigen wie vorhin dargelegt (s. in meinem letzten Beitrag am Ende des vorletzten Absatzes). Nicht umsonst hat es in der für die Dogmatik des Alimentationsprinzips einen zentralen Eckpfeiler darstellenden Entscheidung gegen ein Streikrecht von Beamten, als dessen Folge überhaupt erst die weitreichende Entscheidung vom 04. Mai 2020 in ihrer Form möglich geworden ist, diesbezüglich grundlegende Entscheidungen des EGMR zwar zur Kenntnis genommen, aber einen eventuellen Vorrang von dessen Rechtsprechung freundlich, aber entschieden zurückgewiesen:
"Die Bestimmungen des Grundgesetzes sind völkerrechtsfreundlich auszulegen. Der Text der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes [...] Während sich die Vertragsparteien durch Art. 46 EMRK verpflichtet haben, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen [...], sind bei der Orientierung an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jenseits des Anwendungsbereiches des Art. 46 EMRK die konkreten Umstände des Falles im Sinne einer Kontextualisierung in besonderem Maße in den Blick zu nehmen. Die Vertragsstaaten haben zudem Aussagen zu Grundwertungen der Konvention zu identifizieren und sich hiermit auseinanderzusetzen. Die Leit- und Orientierungswirkung ist dann besonders intensiv, wenn Parallelfälle im Geltungsbereich derselben Rechtsordnung in Rede stehen, mithin (andere) Verfahren in dem von der Ausgangsentscheidung des Gerichtshofs betroffenen Vertragsstaat betroffen sind. [...] Die Grenzen einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung ergeben sich aus dem Grundgesetz. Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint [...]. Im Übrigen ist auch im Rahmen der konventionsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte möglichst schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen." (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 -, LS. 3a bis 3c; Hervorhebungen durch mich).
Zur Erinnerung, der EGMR betrachtet das Streikrecht als ein Menschenrecht, das also auch Beamten nicht verwehrt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht sieht sich aber entsprechend wie oben dargelegt nicht an diese Sichtweise gebunden. Denn nur durch die Aufrechterhaltung eines Streikverbots für Beamte kann das Alimentationsprinzip - verinfacht betrachtet, aber als letzte Konsequenz - genauso wie das Streikverbot als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums betrachtet werden mit der Folge, das beide vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten sind (vgl. ebd., LS. 2b i.V.m. Rn. 120 u. 123). Da also das Alimentationsprinzip zu beachten und nicht nur zu berücksichtigen ist, kann es letztlich erst einen absoluten Alimentationsschutz und damit eine Mindestalimentation geben, die also zu beachten und nicht nur zu berücksichtigen ist (ein absoluter Alimentationsschutz könte formal nicht berücksichtigt werden, denn dann wäre er kein absoluter Schutz, sondern er muss als absoluter Schutz Beachtung finden). Handelte es sich bei der Alimentation also um "Entgelte" für erbrachte Leistungen, gäbe es wie vorhin herausgearbeitet nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht keine Alimentation mehr und die gesamte neue Dogmatik würde zu Fall kommen. Von daher halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht eine - weitgehend unbestimmte - EU-Richtlinie in Deinem Fall als entscheidungsrelevant betrachten dürfte, die darüber hinaus an entscheidender Stelle nicht mit der Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht in Einklang zu bringen wäre.
So wie ich das Bundesverfassungsgericht kenne (oder zu kennen meine), würde es die EU-Richtlinie, sofern sie ins Feld geüfhrt werden würde, als nicht weiter entscheidungsrelevant betrachten, sondern sie als das betrachten, was sie letztlich auch ist: eine Richtlinie, die als solche normativ keine Gesetzeskraft entfaltet, sondern die nationalen Gesetzgeber auffordert, gesetzliche Regelungen im eigenen Rechtskreis im Sinne der Richtlinie in die Wege zu leiten. Dabei dürfte dem deutschen Gesetzgeber klar sein, dass das Bundesverfassungsgericht hervorheben wird, dass die "Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung" dort endet, "wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint". Dass wird der deutsche Gesetzgeber in diesem Fall zugleich gerne beherzigen, weil es ihn um die Gefahr von Verzugszinsen herumbrächte. Von daher ist es unwahrscheinlich, dass der deutsche Gesetzgeber Gesetze verabschiedete, die das Bundesverfassungsgericht im Anschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit kassierte und die zuvor auch noch einem substanziellen Interesse des Dienstherrn - nämlich keine (Verzugs-)Zinsen für als entschieden zu betrachtende Widersprüche zu zahlen - entgegenständen.
Von daher habe ich vorhin geschrieben, dass es eventuell wahrscheinlicher sein könnte, argumentatv von der Vorsorge für das Alter her zu kommen, um entsprechende Zinsen zu begründen. Ob das sinnvoll ist, kann ich aber gleichfalls nicht sagen, es ist einfach nur eine Idee.