Um auf Deine abschließende Frage zurückzukommen, Marco - ich denke, dass das möglich sein sollte, allerdings bis zur Entscheidung höchstwahrscheinlich eine längere Zeit vergehen dürfte (auch die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit ist merklich überlastet) als bis zum Erlass der Verordnung. Das Problem an der Sache sollte dabei zugleich - für den Gesetzgeber - sein, dass er offensichtlich den strikten Gesetzesvorbehalt im Besoldungsrecht nicht hinreichend beachtet haben wird, was nun - für das Finanzministerium - das Problem nach sich ziehen dürfte, dass die Rechtsverordnung offensichtlich in keinem Fall rechtssicher erlassen werden kann. Die Verordnung ist also vor dem Niedersächsischen OVG auch jetzt schon angreifbar und wird unter keinen Umständen vor ihm Bestand haben können, denke ich. Die offensichtliche Unmöglichkeit, eine rechtssichere Verordnung erlassen zu können, sollte ebenso dem Finanzministerium bekannt sein. Denn es ist, wenn ich richtig informiert bin, in der Zwischenzeit entsprechend in Kenntnis gesetzt worden - und sollte einer solchen Inkenntnissetzung auch kaum bedürfen, da die Unmöglichkeit des sachgerechten Handelns jedem Juristen klar sein sollte, denke ich.
Da man offensichtlich in Hannover davon ausgeht, wie unlängst der Rundblick berichtet hat, dass auch die niedersächsischen Vorlagebeschlüsse noch vor Ende März vom Bundesverfassungsgericht behandelt werden, könnte ich mir vorstellen, dass man nun bis zur anstehenden Entscheidung (die nur zu den Bremer Vorlagenbeschlüsse vom Bundesverfassungsgericht angekündigt worden ist) erst einmal abwartet, obwohl man aus jener Entscheidung keinerlei Informationen über die Familienergänzungszuschläge ziehen können wird, wenn sie so käme wie vom Bundesverfassungsgericht angekündigt, da die bremische Entscheidung, die die Jahre 2013 und 2014 behandelt, dem Bundesverfassungsgericht keinen Anlass bietet, Stellung zu den Familienergänzungszuschlägen zu nehmen (Ausnahme wäre ein obiter dictum des Bundesverfassungsgerichts zum Thema, für das ich aber keine Veranlassung sehe, weil es ja offensichtlich ist, dass die aktuelle bremische Gesetzgebung mitsamt der dortigen Aufgabe des Alleinverdienermodells verfassungswidrig ist, und zwar allerspätestens nach der gestrigen Entscheidung, mit der die Prozeduralisierungsanforderungen, die sich dem Gesetzgeber stellen, weiterhin präzisiert worden sind) - entsprechend geht's vielleicht im Moment auch nur darum, bis Ende März eine Begründung zu haben, dass man nun erst einmal abwarten wolle. Ende März könnte man dann ausführen, dass man ja völlig überraschend doch gar nicht Thema in Karlsruhe geworden sei (sofern das Bundesverfassungsgericht also so handelte, wie es es angekündigt hat) - um dann erneut Zeit zu gewinnen, weil man sich dann ja auf diese "neue" Lage erst einmal einstellen müsste. Das Ausbrüten einer solch verdrehten (für die, die sich im Thema aber nicht auskennen ggf. nicht abwegig klingenden) Rechtfertigugsstrategie will ich dem Finanzministerium nicht unterstellen - wundern täte es mich aber auch nicht, wenn es so käme, so wie mich auf jeden Fall nicht wundert, dass man Deine Fragen unbeantwortet lässt. Denn weiterhin kann mir zum einen niemand die Frage beantworten, woher das Gerücht stammt, dass es bis Ende März auch eine Entscheidung zu Niedersachsen geben werde; und zum anderen gibt es auf Deine Fragen keine hinreichenden Antworten, die der vormalige Minister hätte geben können oder müssen, wenn er sie denn hätte geben wollen, wovon anzunehmen ist, dass er das nicht gewollt hat.
Noch hat die neue Landesregierung die Chance, sich selbstständig aus der Misere herauszuarbeiten - sobald sie allerdings eine rechtswidrige Verordnung erlässt, ist auch jene Chance, ohne dass damit über kurz oder lange ein Gesichtsverlust einhergehen würde, vorbei, da die Bündnisgrünen anders als die Sozialdemokraten im Gesetzgebungsverfahren ja gegen das von ihnen als verfassungswidrig betrachtete Gesetz gestimmt haben. Wie wollte man nun nach dem vom eigenen Minister zu verantwortenden Erlass der Rechtsverordnung noch begründen wollen, dass man das Vertrauen mindestens der eigenen Wähler und vor allem Wählerinnen (von den eigenen weiblichen Mitgliedern ganz zu schweigen) genießt? Und wie wollte man nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begründen wollen, dass man eine solche Rechtsverordnung erlassen hat oder noch erlassen wird? Und wie wollte man so oder so ab dem Herbst in Verhandlungen mit den Gewerkschaften und Verbänden eintreten, wenn ja jeder wüsste, dass den Worten dieser Regierung kein Glauben zu schenken wäre? Denn das wäre sowohl die Folge einer wissentlich und willentlich rechtswidrig gestalteten und erlassenen Rechtsverordnung, so wie es Folge eines sich immer weiter hinziehenden Zuwartens wäre.
Die vormalige rot-grüne Regierung hat sich ihr Vertrauen nicht zuletzt bei großen Teilen ihres Klientels gleich zu Beginn ihrer letzten Koalition zerstört, übrigens genauso durch eine Entscheidung des OVGs (bzw. dem entsprechenden Handeln, das zu jener OVG-Entscheidung geführt hat). Kein Mensch steigt zweimal in denselben Fluss. Vielleicht gilt das für Regierungen auch - oder vielleicht auch nicht. Wenn der grüne Finanzminister der grünen Kultusministerin eine Chance geben will, ihre schon so nur schwerlich zu lösenden Probleme mit Unterstützung und Vertrauensvorschuss durch die primär Betroffenen angehen zu können, wird er wissen, wie er handeln sollte. Insbesondere ein großer Teil der älteren Kolleginnen und Kollegen hat nicht vergessen, wie mit ihnen 2014 umgegangen worden ist - und auch damals waren die Probleme groß, aber lange nicht so groß wie heute.