Autor Thema: Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe  (Read 20261 times)

Frank123

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Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« am: 22.12.2021 12:34 »
Hallo zusammen

Die Situation der MINT- Beschäftigten im öffentlichen Dienst insbesondere Ingenieure (Bau und Elektrotechnik) sowie IT-Fachleute muss aus meiner Sicht dringend aufgewertet werden. Bei uns ist es mittlerweile so, dass Gelder für Digitalisierung und Infrastruktur nicht abgerufen werden können, weil Ingenieure fehlen. Selbst Ingenieure, welche wir selber im Amt ausbilden, wechseln aufgrund der schlechten Konditionen i.d.R. nach dem Studium in die freie Wirtschaft.

Leider hat Verdi den Fokus nur auf die sozialen Berufe. Dort werden ständig Verbesserungen für die Beschäftigten erzielt, während MINT-Beschäftigte nicht im Fokus sind. Dabei ist dort der Mangel wesentlich eklatanter als bei den sozialen Berufen. Die Stimmung der technischen Belegschaft ist entsprechend schlecht. Komplexe Projekte sind aufgrund des Personalmangels auf wenige Schultern verteilt. Entlastung ist nicht in Sicht.

Welche Strategien könnte es aus eurer Sicht geben die Situation zu ändern?

XTinaG

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #1 am: 22.12.2021 12:36 »
Tarifverträge definieren Mindestarbeitsbedingungen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

pommes

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #2 am: 22.12.2021 12:40 »
XTinaG hat recht, allerdings gab es bei uns dieses Jahr zwei Versuche die Attraktivität derausgeschriebenen Stellen zu verbessern, ich schätze auch AT Regelungen waren ein Thema, und beide wurden im Keim erstickt. Eine höhere Gruppierung (jaja ich weiß AG, Rechtmeinung etc. aber faktisch hängt es ja doch am AG wie gruppiert wird) wurde auch abgelehnt. Die Werkzeuge haben die AG, nur nicht den Willen diese einzusetzen.

Bastel

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #3 am: 22.12.2021 12:47 »
XTinaG hat recht, allerdings gab es bei uns dieses Jahr zwei Versuche die Attraktivität derausgeschriebenen Stellen zu verbessern, ich schätze auch AT Regelungen waren ein Thema, und beide wurden im Keim erstickt. Eine höhere Gruppierung (jaja ich weiß AG, Rechtmeinung etc. aber faktisch hängt es ja doch am AG wie gruppiert wird) wurde auch abgelehnt. Die Werkzeuge haben die AG, nur nicht den Willen diese einzusetzen.

Genauso sieht es aus. Es wird nur gejammert, aber nichts getan.

pommes

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #4 am: 22.12.2021 12:50 »
Die Polizei hat an meinem Wohnort einen IT-Foreniker mit einer fast eine DIN-a4 langen Liste an Anforderungen gesucht, inkl. einschlägigen Master, Berufserfahrung ohne Ende mit Dingen die ich nicht mal schreiben kann. TV-L 11. Jau is richtig.

Bastel

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #5 am: 22.12.2021 12:55 »
Die Polizei hat an meinem Wohnort einen IT-Foreniker mit einer fast eine DIN-a4 langen Liste an Anforderungen gesucht, inkl. einschlägigen Master, Berufserfahrung ohne Ende mit Dingen die ich nicht mal schreiben kann. TV-L 11. Jau is richtig.

Probieren kann man es ja mal...

Frank123

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #6 am: 22.12.2021 12:57 »
Amtsinterne Versuche, die ausgeschriebenen Stellen aufzuwerten, scheitern erfahrungsgemäß am Druck der Verwaltungsleute, welche sich aus irgendeinem Grund offensichtlich benachteiligt fühlen.
Ich stimme euch also zu, dass eine entsprechende Regelung nur tariflich umgesetzt werden kann. Daran hat Verdi aber kein Interesse. Deren Mitglieder setzen sich zum allergrößten Teil aus Beschäftigten der sozialen Berufe zusammen. Entsprechend fokussiert sind deren Kampagnen, siehe Kündigung der Tätigkeitsmerkmale im Sozial und Erziehungsdienst. Ingenieure haben erfahrungsgemäß keine Lust auf Gewerkschafts-Folklore.


XTinaG

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #7 am: 22.12.2021 13:09 »
Ich stimme euch also zu, dass eine entsprechende Regelung nur tariflich umgesetzt werden kann.

Da außer Dir niemand derlei geäußert hat, kannst Du auch niemendem dahingehend zustimmen. Hapert es am Verständnis der oder am Interesse an den anderen Beiträgen?

Organisator

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #8 am: 22.12.2021 13:14 »
Auf Bundesebene hat BMI bereits 2018 Maßnahmen zur Bindung und Gewinnung von Fachkräften eingeführt.

Für Ingenieure und IT-Fachleute in den Entgeltgruppen 10-15 ist folgendes möglich:
- Monatliche Zulage bis zu 1.000,-- € für bis zu 10 Jahre
- Stufenzuordnung zur Stufe 2 oder 3 ohne vorherige Berufserfahrung (zur Gewinnung)
- Stufenzuordnung bis zur Stufe 4 zur Bindung
- zusätzlich zur möglichen Stufenvorweggewährung (die für alle gilt)

Also von daher haben die Arbeitgeber neben den tariflichen Möglichkeiten für diesen Bereich noch viele weitere Möglichkeiten um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Tariflich muss man da gar nichts tun.

So kann der IT-Einsteiger statt E11 Stufe 1 = 3558,11 € mit E 11 Stufe 3 + Zulage = 5240,84 € nach Hause gehen. Für gut 60k sollte ein Berufsanfänger zu finden sein.

Frank123

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #9 am: 22.12.2021 13:22 »
Leider muss man feststellen, dass die 2018 beschlossenen Maßnahmen ein stumpfes Schwert sind. Wirklich attraktiv wäre nur die Zulage, welche in der Praxis de facto so gut wie nicht gewährt wird.
Die Zulagen-Regelung ist auch aus Gleichbehandlungsgründen mehr als problematisch. Daher müssen aus meiner Sicht  dringend tarifliche Änderungen her.
« Last Edit: 22.12.2021 13:30 von Frank123 »

Organisator

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #10 am: 22.12.2021 13:51 »
Leider muss man feststellen, dass die 2018 beschlossenen Maßnahmen ein stumpfes Schwert sind. Wirklich attraktiv wäre nur die Zulage, welche in der Praxis de facto so gut wie nicht gewährt wird.
Die Zulagen-Regelung ist auch aus Gleichbehandlungsgründen mehr als problematisch. Daher müssen aus meiner Sicht  dringend tarifliche Änderungen her.

Das sehe ich anders. Wenn die Arbeitgeber die Regelungen nicht anwenden möchten, kann der Fachkräftemangel nicht allzu groß sein. Tariflich sollten Arbeitgeberprobleme keine Rolle spielen, sondern die Interessen der Arbeitnehmer vertreten werden.

Platt ausgedrückt sollten Tarifverhandlungen zu mehr Geld und anderen Annehmlichkeiten für mich führen und nicht die Probleme des Arbeitgebers lösen.

Ansonsten habe ich beobachtet, dass die Zulage durchaus genutzt wird und erfolgreich geeignete Mitarbeiter generiert hat.

Wo siehst du Probleme bei der Gleichbehandlung? Gibts da rechtliche Bedenken?

EiTee

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #11 am: 22.12.2021 13:52 »
So kann der IT-Einsteiger statt E11 Stufe 1 = 3558,11 € mit E 11 Stufe 3 + Zulage = 5240,84 € nach Hause gehen. Für gut 60k sollte ein Berufsanfänger zu finden sein.

Wenn das bei uns jemand fordert, dann bekommt er das genau in der Form. Bei Personen mit Berufserfahrung wird dann zusätzlich auch jeder Krümmel angerechnet um die Stufen rauszuholen.

Wenn man nichts fordert, dann gibt es nur das was einem zusteht. Hier soll gesagt sein, dass 90% der Bewerber nichts fordert, sondern sich damit zufriedengibt.

XTinaG

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #12 am: 22.12.2021 13:52 »
Ob der Arbeitgeber seine Möglichkeiten zur übertariflichen Vergütung ausschöpft, ist dessen Problem. An den Zulagenregelungen ist nichts problematisch, es sei denn, man hat ein eher unterentwickeltes Verständnis des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

WasDennNun

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #13 am: 22.12.2021 13:54 »
Welche Strategien könnte es aus eurer Sicht geben die Situation zu ändern?
Als AG:
Attraktiver werden und zu mindestens das maximale zahlen was der TV hergibt, wenn man einer externen Beschränkung unterliegt und nicht mehr als TV bezahlen darf/will.

z.B. Zulage nach 16.5 nutzen, förderliche Zeiten großzügig anerkennen.
Großzügig die auszuübenden Tätigkeiten definieren, auch wenn sie hinterher nicht in dem umfang ausgeübt werden.

...

Dann sind ja immerhin Einstiegsgehälter von 60T€ und 80-90 T€ nach ein paar Jahren möglich.

Zumeist scheitert es ja am Willen der Personaler.

Danach folgen dann AT Maßnahmen.

Als AN:
Stetig die Führungspersonen und übergeordnete Strukturen auf diese Umstände hinweisen und inkl. der Verschriftlichung der damit verbundene monetäre Schäden, inkl. der Begründung: fehlendes Personal wegen zu wenig Gehalt und damit diese (inkl. der Personaler) bösgläubig zu machen.
« Last Edit: 22.12.2021 14:01 von WasDennNun »

WasDennNun

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Antw:Strategien zur Aufwertung der MINT-Berufe
« Antwort #14 am: 22.12.2021 14:00 »
Leider muss man feststellen, dass die 2018 beschlossenen Maßnahmen ein stumpfes Schwert sind. Wirklich attraktiv wäre nur die Zulage, welche in der Praxis de facto so gut wie nicht gewährt wird.
Die Zulagen-Regelung ist auch aus Gleichbehandlungsgründen mehr als problematisch. Daher müssen aus meiner Sicht  dringend tarifliche Änderungen her.
Blödsinn, AG Probleme sind AG Probleme sind AG Probleme.
Und wenn der AG halt naive, depperte Personaler beschäftigt, dann ist dies als erstes zu ändern.
Und wenn ich den Gleichbehandlungsdünnpfiff höre, dann denke ich mir mein Teil schreibe ihn aber lieber nicht.

Mit entsprechenden Strategien haben wir sogar ITler in FFm / München in den letzten 2 Jahren finden können.
Und das sind keiner Looser, die sonst nichts gefunden hätten.