Autor Thema: Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides  (Read 4680 times)

Koschte

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Hallo, ich beziehe mich auf § 33 TV-L. Ich denke darüber nach, einen EM-Renten-Antrag zu stellen und habe aber Angst, dass es nur eine Teilrente wird und im Gesetz steht dass das Dienstverhältnis dann bereits mit Zustellung ruht. Mit Teilrente könnte ich nicht leben und würde noch vor Bestandskraft (nach Zustellung) alles zurückziehen. Aber im Gesetz steht eindeutig „Zustellung“, obwohl ich schon gegenteilige Urteile im Internet gefunden habe. Das mit der „Zustellung“ macht mich ganz krank 🤢
Mit freundlichen Grüßen
Koschte
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Koschte

cyrix42

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #1 am: 16.01.2022 19:48 »
Moin,

lies mal den Absatz (3) deines zitierten Paragraphen:

Zitat
(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet beziehungsweise ruht das Arbeits-
verhältnis nicht, wenn die/der Beschäftigte nach ihrem/seinem vom Rentenversi-
cherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem/seinem bisherigen
oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden
könnte, soweit dringende dienstliche beziehungsweise betriebliche Gründe nicht
entgegenstehen und die/der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zu-
gang des Rentenbescheids ihre/seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

Wenn man dich also weiterbeschäftigen kann, und du das beantragst, dann geht es auch weiter. Natürlich nicht in Vollzeit, denn die bescheinigte teilweise Erwerbsminderung setzt ja gerade voraus, dass man weniger als 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. (Ok, mit einer 6-Tage-Woche könnte man dann immer noch die volle Wochenarbeitszeit im Gültigkeitsbereich des TV-L erreichen. Ich glaube aber nicht, dass das dann Sinn und Zweck der Sache ist...)

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #2 am: 16.01.2022 19:51 »
Auf Teilzeit arbeiten würde ich ja gerade nicht wollen. Deswegen würde ich ja den Rentenantrag zurückziehen. Das ist die Frage ob die ruhende/auflösende Bedingung dann überhaupt eintritt.
Mit freundlichen Grüßen
Koschte

cyrix42

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #3 am: 16.01.2022 19:55 »
Hm? Also da passt was nicht. Wenn dir Teilzeit + teilweise Erwerbsminderungsrente zu niedrig ist, dann wäre die volle Erwerbsminderungsrente ja noch niedriger und deshalb noch weniger attraktiv.

Klar ist, dass eine (teilweise oder vollständige) Erwerbsminderungsrene gegenüber einer Vollzeittätigkeit natürlich Einkommenseinbußen bedeutet. Wenn es keine gesundheitlichen Gründe dafür gibt, gibt es auch keinen Grund, diese anzustreben (zumal sie ja dann sicherlich nicht genehmigt werden würde). Und wenn es diese Gründe gibt, dann sollte man schon aus Liebe zur eigenen Gesundheit sehr genau darüber nachdenken...

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #4 am: 16.01.2022 19:59 »
Ich für mich sage ja, dass ich unter 3 Stunden arbeiten kann und mit 2000 € EM-Rente brutto kann ich leben. Aber mit 1000 € Teil-Rente nicht, denn ich könnte nicht auf Arbeit fahren, weil ich anderthalb Stunden hin und anderthalb Stunden zurück muss. Dann bin ich ja wieder Vollzeit unterwegs für halbes Geld, was dann wahrscheinlich auch noch angerechnet wird. Dann muss ich zum Arbeitsamt und das will ich vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Koschte

cyrix42

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #5 am: 16.01.2022 20:07 »
Zum Thema anrechnen: Bei teilweiser Erwebsminderung ist ne ganze Menge anrechnungsfrei -- über den Daumen gepeilt so viel, dass man in Summe das alte Vollzeit-Gehalt erreichen kann. (Die Mechanik ist etwas komplizierter. Bei Bedarf an der relevanten Stelle nachlesen.)

Sollte man teilweise erwerbsgemindert sein, kann man aber u.U. dennoch den vollen Satz bekommen, wenn eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist. Beim alten AG bei 3h Fahrtzeit/ Tag bei dir könnte das der Fall sein. Informiere dich mal beim Arbeitsamt. (Wobei ich mich eh Frage, warum man sich generell 3h/Tag zumutet. Da könnte eine Zweitwohnung im Arbeitsort das Leben doch deutlich entlasten --- und so viel weniger sieht man die Familie dann auch nicht im Vergleich zu 12h-Arbeits-Tagen, wenn man Pausen und Fahrtzeit mit einrechnet...)

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #6 am: 16.01.2022 20:08 »
Bin zur zeitlebens  im Außendienst und muss nur einmal im Monat ins Amt. Bei Teilzeit könnte ich aber den Außendienst Job nicht machen. Kompliziert bei mir 😀
Mit freundlichen Grüßen
Koschte

cyrix42

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #7 am: 16.01.2022 20:11 »
Der AG könnte dir einen vergleichbaren (i.S. von Eingruppierung) Arbeitsplatz im Innendienst anbieten. Das sollte er wohl eh tun, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, wenn du nicht mehr im Außendienst einsatzfähig bist.

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #8 am: 16.01.2022 20:13 »
Und wenn das Amt im Ort wäre würde ich das auch machen. Es scheitert daran, dass ich nicht jeden Tag dahinfahren kann und wie gesagt, Außendienst geht dann nicht. Vielleicht schreibt er ja auch, dass er mich nicht weiter beschäftigen kann und dann könnte vielleicht wirklich Arbeitsmarktrente in Betracht kommen.

Es ging mir aber einzig allein um das  Wort Zustellung und ob man dann noch den Antrag zurückziehen kann. Dann würde ich halt versuchen mich noch fünf Jahre weiter zu quälen. Im Außendienst immer noch besser als im Innendienst.
Mit freundlichen Grüßen
Koschte

Isie

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #9 am: 17.01.2022 19:23 »
Das Arbeitsverhältnis endet erst mit Ablauf des Monats, in dem der Rentenbescheid zugestellt wird. Wenn es eine auf Zeit bewilligte Rente ist, endet es nicht, sondern ruht.

"Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird das Arbeitsverhältnis trotz Zustellung eines Rentenbescheids nicht beendet, wenn der Arbeitnehmer von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch macht und seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurücknimmt oder einschränkt und den Arbeitgeber davon alsbald unterrichtet."
Quelle: Rechtslupe.de

Ich nehme an, dass das Vorstehende auch im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses gilt.

cyrix42

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #10 am: 18.01.2022 01:30 »
Also, wenn der AG erfährt, dass laut ärztlichem Gutachten der Rentenversicherung ein AN nur noch weniger als 6h täglich arbeitsfähig ist, wie verträgt sich das dann mit seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem AN, wenn er diesen dennoch weiterhin (zwar auf eigenen Wunsch, aber dennoch) in Vollzeit einsetzt? Das passt für mich nicht zusammen...

Ob der AN von seinem Recht auf Erhalt einer teilweisen Erwerbsminderungsrente gegenüber der Rentenversicherung zurücktritt, oder nicht, ist ja erst einmal eine Sache, die den AG gar nicht berührt.

Rentenonkel

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #11 am: 18.01.2022 08:16 »
Ich möchte da mal ein paar Sachen sortieren.

Voll erwerbsgemindert ist derjenige, der unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes in keiner denkbaren Beschäftigung noch in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten.

Teilweise erwerbsgemindert ist derjenige, der unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mehr als drei aber weniger als 6 Stunden arbeiten kann. Dabei wird dann die Rente, wie bereits beschrieben, durch eine Teilzeittätigkeit aufgestockt. Sollte ein Teilzeitarbeitsplatz nicht zur Verfügung stehen, wird eine sogenannte Arbeitsmarktrente als Vollrente gezahlt. Deswegen wird im Rahmen des Verfahrens regelmäßig der Arbeitgeber angeschrieben, um die Bedingungen des Arbeitsplatzes zu beschreiben und mitzuteilen, ob ggf. ein Teilzeitarbeitsplatz angeboten werden kann.

Nicht erwerbsgemindert ist derjenige, der mehr als 6 Stunden arbeiten kann.

Abgestellt wird dabei grundsätzlich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und nicht auf die tatsächliche Berufstätigkeit. Wenn der Arbeitgeber eine gesundheitlich zumutbare Beschäftigung im Innendienst für mehr als 6 Stunden anbieten könnte, läge von vorneherein keine Erwerbsminderung vor. Der lange Fahrweg ist kein Grund für die Rentenversicherung, alleine deswegen eine Rente zu zahlen. Der Fahrweg ließe sich durch einen Umzug oder einen Wechsel zu einem örtlich näheren Arbeitgeber dem Gesundheitsvermögen anpassen. Sowohl der Wechsel des Wohnortes als auch der Wechsel des Arbeitgebers ist aus Sicht des Gesetzgebers zumutbar. 

Sofern derzeit keine längere Arbeitsunfähigkeit vorliegt, deutet das nach den bisher geschilderten Dingen eher daraufhin, dass ein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

Vielleicht kann ein Antrag auf medizinische Rehabilitation helfen, den Gesundheitszustand zu stabilisieren oder zu verbessern. Die Mitarbeiter in der Rehabilitationseinrichtung geben auch Denkanstöße für notwendige Veränderungen im Berufsalltag, die dann im Rahmen von BEM mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden können. Innerbetriebliche Umsetzungen oder Leistungen zur Teilhabe können sich im Anschluss an die Reha auch als sinnvoll erweisen. Als eine von vielen denkbaren Möglichkeiten fällt mir z.B. Telearbeit mit einer Präsenzpflicht von einem Tag pro Woche und der Rest Home-Office ein.

Es gilt in der Rentenversicherung ohnehin der Grundsatz Reha vor Rente.

Mir erscheint daher derzeit ein Antrag auf eine medizinische Reha der richtige Weg. Sollten sich daraus weitere Ansprüche ableiten (ggf. auch eine Rente), werden diese ohnehin von Amts wegen angestoßen.

Um auf die Frage zurück zu kommen: Sollte die Krankenkasse im Rahmen des Rentenverfahrens das Dispositionsrecht einschränken, darf der Antrag ohne Zustimmung der Krankenkasse nicht zurück genommen werden.

XTinaG

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #12 am: 18.01.2022 08:21 »
Also, wenn der AG erfährt, dass laut ärztlichem Gutachten der Rentenversicherung ein AN nur noch weniger als 6h täglich arbeitsfähig ist, wie verträgt sich das dann mit seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem AN, wenn er diesen dennoch weiterhin (zwar auf eigenen Wunsch, aber dennoch) in Vollzeit einsetzt? Das passt für mich nicht zusammen...

Ob der AN von seinem Recht auf Erhalt einer teilweisen Erwerbsminderungsrente gegenüber der Rentenversicherung zurücktritt, oder nicht, ist ja erst einmal eine Sache, die den AG gar nicht berührt.

Der Arbeitgeber hat aus dem Arbeitsverhältnis eine Beschäftigungspflicht im vereinbarten Umfang.

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #13 am: 18.01.2022 09:46 »
Sollte ein Teilzeitarbeitsplatz nicht zur Verfügung stehen, wird eine sogenannte Arbeitsmarktrente als Vollrente gezahlt. Deswegen wird im Rahmen des Verfahrens regelmäßig der Arbeitgeber angeschrieben, um die Bedingungen des Arbeitsplatzes zu beschreiben und mitzuteilen, ob ggf. ein Teilzeitarbeitsplatz angeboten werden kann. ….Um auf die Frage zurück zu kommen: Sollte die Krankenkasse im Rahmen des Rentenverfahrens das Dispositionsrecht einschränken, darf der Antrag ohne Zustimmung der Krankenkasse nicht zurück genommen werden.

Ich weiß das, danke. Es ging mir um die Rücknahmemöglichkeit. Man könnte ja plötzlich genesen. Was weiß ich. Es gehen ja mitunter Monate bis Jahre ins Land bevor so ein Bescheid kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Koschte

Koschte

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Antw:Zustellung eines Erwerbsminderungsrentenbescheides
« Antwort #14 am: 18.01.2022 09:51 »
Das Arbeitsverhältnis endet erst mit Ablauf des Monats, in dem der Rentenbescheid zugestellt wird. Wenn es eine auf Zeit bewilligte Rente ist, endet es nicht, sondern ruht.

"Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird das Arbeitsverhältnis trotz Zustellung eines Rentenbescheids nicht beendet, wenn der Arbeitnehmer von seiner sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch macht und seinen Rentenantrag vor Ablauf der Widerspruchsfrist des § 84 SGG zurücknimmt oder einschränkt und den Arbeitgeber davon alsbald unterrichtet."
Quelle: Rechtslupe.de

Ich nehme an, dass das Vorstehende auch im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses gilt.

Ich werde versuchen, dass mal in der Personalabteilung zu klären. Vielleicht schreiben die auch, dass mir kein Teilzeit Arbeitsplatz angeboten werden kann, dann läuft es vielleicht auf eine Arbeitsmarktrente hinaus.
« Last Edit: 18.01.2022 09:58 von Koschte »
Mit freundlichen Grüßen
Koschte