Abwandern können sie ja - anders als Beamte - schon heute, wenn sie das wollen. Deshalb habe ich von flexiblen Lehrkräften gesprochen: Das eine ist ihre rechtliche Möglichkeit, das andere ihre eigene Motivation und das dritte die damit verbundene Flexibilität. Zugleich geht's eben um die Zukunft, nämlich nach der Wiederherstellung einer amtsangmessenen Alimentation. Sobald das erste Bundesland - ggf. durch eine Vollstreckungsanordnung zunächst vergangenheitsbezogen dazu gezwungen - beginnen wird, deutlich höhere Grundgehaltssätze zu gewähren, wird sich die Sachlage, wie sie heute besteht, nach und nach grundlegend ändern - deshalb mein Verweis auf die normative Kraft des Faktischen. Wie sehr den Dienstherrn mittlerweile das Wasser bis zum Hals steht, zeigt sich ja in der zunehmenden Absenkung der für notwendig erachteten Qualifikation, wie sie bspw. gerade Brandenburg vollzieht:
https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/01/brandenburg-kabinett-entscheidung-verbeamtung-bachelor-lehrer.html Ohne Not wird das sicherlich eher nicht geschehen - und mit besserer Entlohnung oder Besoldung wird man eben eine größere Chance haben, mehr qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Der Fachkräftemangel wird zwangsläufig neue Lösungsstrategien generieren und zwangsläufig die Konkurrenz um Fachkräfte deutlich erhöhen. Wenn ich es richtig sehe, hat auch Sachsen bereits auf den Fachkräftemangel reagieren müssen, indem es zum Jahresbeginn 2019 zur verstärkten Verbeamtung von Lehrkräften umgesattelt hat, sodass die Zahl an Landesbeamten, die in den Jahren vor 2019 recht konstant bei rund 29.500 gelegen hat, seitdem zum 30.06. des jeweiligen Jahres wie folgt gestiegen ist: 2019 rund 35.400, 2020 37.900, 2021 43.500.
Ich denke, wenn man das jemanden im Jahre 2015 prophezeit hätte, hätten viele gleichfalls gesagt: Das passiere never und niemals und auf keinen Fall. Letztlich zeigt sich auch hier die normative Kraft des Faktischen. Du wirst Dich in Sachsen besser auskennen als ich; aber nachdem man dort 2019 die Büchse der Pandora geöffnet hat, wird man sie auch im schönen Sachsenland, durch das ich immer gerne getourt bin, als ich eine Zeit in Tschechien gelebt habe, kaum wieder schließen können:
https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/verbeamtung-lehrer-gutachten-100.htmlAber wie gesagt, auch ich habe keine Glaskugel und kann nur begründete Vermutungen anstellen - allerdings wird der demographische Wandel so durchschlagende Folgen für die zukünftige Arbeitswelt nicht nur in Deutschland und Europa, sondern in allen überalterten Gesellschaften in der Welt haben, dass die Bundesländer als Arbeitgeber und Dienstherrn besser heute als morgen dafür Sorge tragen sollten, ihren Öffentlichen Dienst zukunftsfest zu machen - leider tätigen sie wiederkehrend das Gegenteil, als gäbe es kein Morgen. Die Verträumtheit, die ich als Begriff verwendet habe, trifft also nicht nur auf sächsische Politiker zu, sondern ist hinsichtlich des Öffentlichen Diensts ein typisches Phänomen der politischen Klasse in Deutschland - die glaubt nämlich zu einem großen Teil weiterhin, dass sie ohne einen funktionierenden Öffentlichen Dienst ein neues "Deutschlandtempo" fahren kann, ohne zu realisieren, dass jenes Tempo ohne funktionierenden öffentlichen Dienst ganz schnell auf dem Abstellgleis endet - und auch das dürfte dann noch von verschiedenen Politikern als Erfolg gefeiert werden, etwa nach dem Motto: "Da, wo unser Zug steht, gibt es keine roten Haltesignale, was zeigt, dass wir auf den richtigen Weg sind (wobei wir verschweigen, dass es die nur deshalb nicht gibt, weil sie derzeit nicht geliefert werden können und ansonsten auch keiner da wäre, um die Signale zu bedienen - was aber auch egal ist, da es ja eh das Abstellgleis ist, das in dieser Zeit auch nicht repariert werden kann, da ja der Zug drauf steht, was wiederum Geld spart und deshalb ein Fortschritt ist - da wir also fortschreiten, indem wir stehenbleiben, bewegen wir uns auf das richtige Ziel zu)."