Autor Thema: Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen  (Read 6431 times)

Sparschwein

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Guten Morgen,

ich habe mich neulich auf eine passende Stellenausschreibung beworben. Kurze Zeit später wurde ich durch einen Personalberater angerufen. Er sagte mir, dass sich die Stelle an einen ganz bestimmten Interessenten richtet und ich demzufolge wenig Chancen hätte. Weiterhin zählt er auf, dass meine Qualifikation an diversen Stellen nicht passen würde. Hierbei wurden diverse Scheinargumente aufgezählt. Anschließend beendete er das Gespräch damit, dass ich nochmal meine Bewerbung überdenken soll und überlegen soll, ob ich dieses Verfahren wirklich durchführen möchte. Er teilte mir noch mit, dass er: " mich nicht zum zurückziehen auffordern möchte, aber ich darüber nachdenken soll".

Hatte jemand schon ähnliche Erfahrungen? Lohnt sich bei so etwas eine Klage? Ich gehe mal davon aus, dass man sich bei so etwas die Dienststelle dauerhaft verprellt.

was_guckst_du

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #1 am: 05.02.2022 10:22 »
..das war wohl ein ganz frecher Versuch, einen Kandidaten, der es einem "Wuschkandidaten" schwer machen würde, sich in einem Auswahlverfahren durchzusetzen, aus dem Verfahren zu kegeln...und damit kein "Geschmäckle" aufkommt, geht das sauber natürlich nur, wenn dieser (wohl aussichtsreiche) Kandidat, seine Bewrbung selbst zurückzieht...

ich würde mir den Spaß machen und das Ganze durchziehen und schauen, was passiert... 8)

..eine Klage ist nur möglich, wenn man (nach Auswahlentscheidung) einen Verfahrensanspruch geltend machen kann...
Gruß aus "Tief im Westen"

Meine Beiträge geben grundsätzlich meine persönliche Meinung zum Thema wieder und beinhalten keine Rechtsberatung. Meistens sind sie ernster Natur, manchmal aber auch nicht. Bei einer obskuren Einzelfallpersönlichkeit antworte ich auch aus therapeutischen Gründen

Max

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #2 am: 05.02.2022 11:44 »
So viel zur Bestenauslese.
Ich hatte mich vor ein paar Jahren 3 mal beworben und um mir die Arbeit nicht umsonst zu machen extra die Führungskraft angerufen,  ob die Stelle intern schon verplant ist. Nur einer von 3 war ehrlich und hat gesagt,  dass ich mir die Bewerbung sparen kann. Bei den anderen beiden würde ich zur Bewerbung aufgefordert und hinterher habe ich herausgefunden,  dass schon seit Jahren die dann erfolgreichen Bewerber bereitstanden. Wenigstens habe ich daraus gelernt das Spiel mitzuspielen und man wird Teil dieses Geschachere.
Es wäre ehrlicher die Stellen ohne Ausschreibung zu vergeben. Es kommt zwar vor,  dass gute Bewerber versuchen ihre Ansprüche durchzusetzen,  aber erfolgreich war damit noch niemand, da die Verfahren dann einfach abgebrochen werden und die Stelle unbesetzt bleibt um, wenn Gras über die Sache gewachsen ist,  einen neuen Anlauf zu wagen.

BAT

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #3 am: 05.02.2022 12:24 »
Meine erste Fragen nach Stellenausschreibungen im Haus: "ist da schon jemand gesetzt?" ;)

Es gabe schon Anforderungsprofile, da hätte man gleich reinschreiben können "muss im März geboren sein und Toyota fahren".

Was doch so ein schwacher Personalrat alles zulässt... ;)

XTinaG

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #4 am: 05.02.2022 12:37 »
In welchem Land wäre der PR denn an der Ausschreibung zu beteiligen?

BAT

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #5 am: 05.02.2022 15:27 »
In welchem Land wäre der PR denn an der Ausschreibung zu beteiligen?

Ob er es ist oder nicht hat für einen guten PR keinen wirklichen Einfluss. Viele machen sich jedoch klein und beschränken ihre Tätigkeit auf Rechtsnormen. Was ja meist das eigentliche Problem ist.


XTinaG

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #6 am: 05.02.2022 15:37 »
Der "gute" PR bricht also nachts in die Personalabteilung ein und sichtet beabsichtigte Ausschreibungen? Oder erpresst Arbeitnehmer der Personalabteilung, ihre Verschwiegenheitsobliegenheiten zu brechen? Oder wie stelle ich mir diesen "guten" PR jenseits der Rechtsnormen vor?

Bei uns jedenfalls wird dem BR nichts offenbart, woran er nicht von Gesetzes wegen zu beteiligen oder zu informieren ist. Und dann auch nur exakt im unstrittig vorgeschriebenen Umfang. Und das wurde auch bei meinen früheren Arbeitgebern gegenüber PR/BR so gehandhabt. Und es gibt absolut nichts, das ein PR/BR dagegen tun kann.

BAT

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #7 am: 05.02.2022 15:43 »
Der gute Personalrat, weiß, was im Hause passiert. Bei uns gibt es derzeit mindestens zwei oder drei Hausregelungen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen.

Sowas nutzt man dann zur Einnordung.



XTinaG

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #8 am: 05.02.2022 15:51 »
Der "gute" Personalrat beschafft sich also Informationen, die ihm nicht zustehen. Mutmaßlich also entweder durch rechtswidrige Einsichtnahme oder durch treu- und pflichtwidrige Verwendung dienstlicher Informationen für die PR-Tätigkeit oder indem Einzelne der eigentlich zu vertretenden ihrerseits zu treu- und pflichtwidriger Offenbarung angehalten werden oder der "gute" PR sich zumindest an derlei Verhalten, das arbeitsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen kann, beteiligt.

One

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Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #9 am: 05.02.2022 18:02 »
Hatte jemand schon ähnliche Erfahrungen? Lohnt sich bei so etwas eine Klage? Ich gehe mal davon aus, dass man sich bei so etwas die Dienststelle dauerhaft verprellt.

1. Wogegen möchtest du hier klagen? An welcher Stelle wurdest du durch den Hinweis des Personalers in deinen Rechten verletzt? Ich halte es zunächst nicht für zu beanstanden, wenn ein Personaler einen Bewerber anruft und den Hinweis gibt, dass das aufrecht erhalten einer Bewerbung ggf. nicht förderlich ist. Das kann man durchaus als kollegialen Hinweis verstehen.

Wichtig ist, was man mit dieser Information macht und da kommen wir zu 2.

2. Das ist der Punkt an dem du den "türkischen Basar" eröffnen und nicht deiner Bewerbung hinterher trauern solltest. Du bist jetzt in einer starken Position. Anscheinend ist es so, dass die Behörde/Dienststelle sich bereits einen bestimmten Bewerber ausgeschaut hat, dessen Auswahl du jetzt störst. Also sagst du dem Personaler, du bist gern bereit, deine Bewerbung zurückzuziehen, wenn man dir etwas als Gegenleistung anbeitet. Denkbar wären ein bestimmter Wunschdienstposten/Wunscharbeitsplatz, eine Beförderung oder Höhergruppierung, als TB ggf. eine Zulage, etc.

Das war immer nicht unüblich, in den Personalbereichen, in dem ich tätig war und dem Grunde nach auch nicht zu beanstanden. Ggf. würdest du in einem regulären Verfahren die ausgeschriebene Verwendung erhalten, also musst du deine Rücknahme der Bewerbung so teuer wie möglich verkaufen.

Ich kenne auch Fälle, da wurden mit Absicht solche Anrufe im Rahmen von Besetzungsverfahren getätigt, um zu erfahren, welchen Preis die betreffende Person hat.

Das ganze funktioniert natürlich nur, wenn es sich um eine interne Ausschreibung handelt. Bei einer externen Ausschreibung kann man schlecht etwas fordern, wenn man nicht Angehöriger der Behörde/Dienststelle bist.

Ein ehemaliger Personalchef hat einmal zu mir gesagt, Personal ist ein dreckiges Geschäft und genauso ist es auch...  ;)

Sparschwein

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #10 am: 05.02.2022 18:21 »
@One. Danke für den Hinweis. Das hilft mir sehr weiter. Bis dato habe ich mich neutral im Gespräch gegeben. Ich werde den Hinweis aufnehmen und nochmal den Kontakt zum Personaler aufnehmen. Es handelt sich hierbei um eine interne Bewerbung.

One

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Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #11 am: 05.02.2022 20:27 »
@One. Danke für den Hinweis. Das hilft mir sehr weiter. Bis dato habe ich mich neutral im Gespräch gegeben. Ich werde den Hinweis aufnehmen und nochmal den Kontakt zum Personaler aufnehmen. Es handelt sich hierbei um eine interne Bewerbung.

Noch der Hinweis: Bei dem Gespräch nicht überdrehen bzw. unrealistische Forderungen stellen. Sonst wird es für die Dienststelle einfacher, die Ausschreibung einfach abzubrechen und neu auszuschreiben.

was_guckst_du

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #12 am: 06.02.2022 10:19 »
Wenn es sich auch noch um eine interne Ausschreibung handelt, halte ich das Verhalten des Personalers für noch unverschämter.

Was ist denn das für eine Behörde, wo so was möglich ist? Was spricht denn dagegen, ein normales Auswahlverfahren durchzuführen? Doch wohl nur der Umstand, dass der Wunschkandidat dann nicht die besten Karten hat. Mit anderen Worten, bei Euch wird nicht nach Bestenauslese entschieden sondern nach "Nasenfaktor"....

Das ist Personalpolitik aus dem letztem Jahrtausend!

Ein solches Verfahren spricht für ein fehlendes Personalentwicklungskonzept gepaart mit schlechter Personalführung und einer versagenden Personalvertretung.

Gruß aus "Tief im Westen"

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was_guckst_du

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #13 am: 06.02.2022 10:23 »
@One. Danke für den Hinweis. Das hilft mir sehr weiter. Bis dato habe ich mich neutral im Gespräch gegeben. Ich werde den Hinweis aufnehmen und nochmal den Kontakt zum Personaler aufnehmen. Es handelt sich hierbei um eine interne Bewerbung.

Noch der Hinweis: Bei dem Gespräch nicht überdrehen bzw. unrealistische Forderungen stellen. Sonst wird es für die Dienststelle einfacher, die Ausschreibung einfach abzubrechen und neu auszuschreiben.

Der Abbruch eines Ausschreibungsverfahren ist an nachvollziehbaren sachlichen Gründen gebunden. Das kann man nicht mal so eben abbrechen und neu ausschreiben, weil einem die "Nasen" nicht passen ;D
Gruß aus "Tief im Westen"

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Antw:Personaler fordert auf die Bewerbung zurückzuziehen
« Antwort #14 am: 06.02.2022 12:53 »
Der Abbruch eines Ausschreibungsverfahren ist an nachvollziehbaren sachlichen Gründen gebunden. Das kann man nicht mal so eben abbrechen und neu ausschreiben, weil einem die "Nasen" nicht passen ;D

Dem Grunde nach richtig, aber es ist ausreichend, den Abbruch eines Auswahlverfahrens rein aus organisatorischen Gründen zu begründen. Diese liegen im Organisationsermessen der Dienststelle/des Dienstherrn und sind regelmäßig nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.

In der Praxis heißt das, kurzen Vermerk durch den Personaler, dass sich z.B. aufgrund im Nachgang erfolgter organisatorischer Betrachtung der ursprüngliche Zuschnitt des ausgeschriebenen Arbeitsplatzes geändert hat, dadurch die ursprüngliche Ausschreibung nicht mehr sachgerecht ist und somit abgebrochen und unter den geänderten Rahmenbedingungen neu ausgeschrieben werden muss. Mitzeichnung vom Organisationsbereich/-referat. Das ganze zur Auswahlverfahrensakte nehmen. Mitteilung über Abbruch des Verfahrens an alle Bewerber. Fertig.
Ist in einem Tag erledigt, kein Aufwand und juristisch nicht zu beanstanden, da das Organisationsermessen sehr weit ist bzw. sehr weit ausgelegt werden kann. Habe ich in mehreren Verfahren bereits so gemacht (Zusatz: Aber nicht um unliebsame Bewerber loszuwerden).

Der Aufwand ergibt sich dann jedoch im Nachgang, da ein Ausschreibungsverfahren neu vorzubereiten und durchzuführen in großen Behörden einen Aufwand von mehreren Wochen nach sich zieht, den man sich in der Regel nicht geben möchte. Insbesondere bei Vakanzen, die schnell besetzt werden müssen, z.B. in prioritären Arbeitsbereichen, tut eine Verzögerung von 6 bis 8 Wochen im Rahmen des Besetzungsverfahrens wegen einer notwendigen Neuausschreibung manchmal richtig weh. Den Stress versucht man natürlich möglichst nicht zu haben...  ;)