Auf der anderen Seite handelt es sich um das Schreiben des DRB - wer sollte es also besser wissen, wie ein Widerspruch zu formulieren ist, als die Richter selbst?
Ich gebe eher Ozymandias recht. Viele Richter haben in ihrem Leben vermutlich noch nie einen Widerspruch verfasst. Möglicherweise während ihrer Ausbildung gerade einmal zwei, drei oder fünf Widerspruchsbescheide. Und nur, wenn sie Verwaltungsrichter sind, haben sie regelmäßig mit Widersprüchen und Widerspruchsbescheiden zu tun. Dies wiederum aber auch nur in Ländern, in denen Widerspruchsverfahren noch durchgeführt werden. Sich an den Richtern zu orientieren, kann deshalb fatal sein.
Für seinen Widerspruch muss man zum einen bedenken, was Ozymandias geschrieben hat: Über den Widerspruch hinaus kann man bei der Klage nicht gehen. Zum anderen darf die Widerspruchsbehörde den Widersprüchen gar nicht stattgeben. Eure Widersprüche müssen abgelehnt werden. Je ausführlicher die Widersprüche sind, desto ausführlicher müssen die Widerspruchsbescheide ausfallen. Da alles in der Regel noch mal in der Klageschrift – wenn auch zusammengefasst – wiedergegeben wird, produziert ein umfangreicher Widerspruch mit einem noch umfangreicheren Widerspruchsbescheid, eine noch umfangreichere Klage. Das nützt am Ende niemandem. Und die Richter sind nachher die, die sich beklagen, weil die Klagen so umfangreich sind ...
Ich habe versucht zu kürzen und mit dem Widerspruch von NRW zusammenzuführen.
Was haltet Ihr davon?
"
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich Widerspruch gegen meine Besoldung im Jahr 2022 und beantrage,
mich rückwirkend zum 1. Januar 2022 amtsangemessen zu ali-mentieren,
ferner,
das Ruhen des Widerspruchsverfahrens.
Begründung:
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation (so-wohl der Besoldung als auch der Versorgung) im Land Baden-Württemberg. Dies gilt auch nach den Änderungen durch das am 9.11.2022 im baden-württembergischen Landtag beschlossene und am 15.11.2022 im Gesetzblatt verkündete Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Baden-Württemberg 2022 und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (BVAnp-ÄG 2022). Davor und nach diesem Gesetz und die mir in dessen Folge gewährten Bezüge verstoßen sowohl gegen das Mindestabstandsgebot (I.) als auch gegen das Abstandsgebot (II.). Ins-besondere ist sehr zweifelhaft, ob das gegenwärtige Besoldungsniveau und das da-vor im Jahr 2022 das Mindestabstandsgebot und/oder das Abstandsgebot wahrt und/oder noch die Wertigkeit des Amtes abbildet.
Unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz bitte ich, die Verfassungsmäßigkeit der mir gewährten Besoldung umfassend unter allen denkbaren Gesichtspunkten zu prüfen. Meine nachfolgenden Ausführungen sind nicht als Begrenzung der Prü-fung zu verstehen, sondern vielmehr als Anregung für die Prüfung.
Zur Begründung meines Widerspruchs wird auf die Ausführungen in der grundlegen-den Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 (2 BvL 17/09 u.a., BGBl I 2015, 728) und die nachfolgenden verfassungsgerichtlichen Entschei-dungen verwiesen. Besonders hervorzuheben ist dabei der Beschluss des Bundes-verfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 (2 BvL 4/18, DRiZ 2020, 316), mit dem die Richterbesoldung im Land Berlin als verfassungswidrig beurteilt wurde. In seiner Ent-scheidung hat das Gericht seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2015 fortgeführt und hinsichtlich der für die Berechnung der Amtsangemessenheit maßgeblichen Kriterien ausgeschärft. So hat es u.a. festgestellt, dass in den Fällen, in denen in der unters-ten Besoldungsgruppe der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht eingehalten ist, ein solcher Verstoß sich auf das gesamte Besoldungsgefüge auswirkt.
In diesem Zusammenhang ist auch die aktuelle Inflation (10 % im September 2022) zu berücksichtigen, der lediglich eine Besoldungsanpassung von 2,8 % ab Dezember 2022 gegenübersteht. Diese Situation hat merkliche, reale Kaufkraftverluste zur Fol-ge und verschärft die verfassungsrechtlichen Bedenken.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch die o. g. Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2015 deutlich hervorhebt, dass ein möglicher Bewerberrückgang geeigne-ter Bewerber, der auf eine zu niedrige Alimentation zurückzuführen ist, ein gewichti-ges Indiz für eine nicht mehr amtsangemessene Besoldung anzusehen ist. Eine sol-che Situation besteht in BW bereits vielfach, da zahlreiche freie Stellen nicht zeitnah mit geeigneten qualifizierten Bewerbern besetzt werden können. Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren wegen der zu erwartenden Pensionierungen bei gleich-zeitig allenfalls stagnierenden Absolventenzahlen noch verschärfen.
Zudem verstößt das BVAnp-ÄG 2022 in verschiedener Hinsicht gegen das verfas-sungsrechtlich erforderliche Abstandsgebot, da z. B. aufgrund des vom Gesetzgeber selbst festgestellten und eingeräumten Verstoßes gegen das Mindestabstandsgebot mehrerer Besoldungsgruppen die Anhebung des gesamten Besoldungsgefüges er-forderlich gewesen wäre und nicht lediglich die Stellenanhebung der betroffenen Be-soldungsgruppen.
Aus den vorstehenden Gründen ist es erforderlich, zur Rechtswahrung aus allen möglichen Gesichtspunkten und rechtlichen Erwägungen Widerspruch gegen die Besoldung des Jahres 2022 einzulegen. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass mein Antrag alle Besoldungsbestandteile umfasst, auch familienbezogene Be-standteile.
Außerdem beantrage ich, den Widerspruch bis zu einem Abschluss der noch offe-nen Verfahren ruhen zu lassen. Einige Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sind noch offen und ruhend gestellt.
Ich bitte, den Eingang des Widerspruchs schriftlich (bitte bis spätestens 27.12.2022) zu bestätigen, und rege zudem an, klarstellend auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
Der DRB BW z. B. beabsichtigt, anhand von ausgewählten Verfahren einiger seiner Mitglieder alsbald den Rechtsweg zu beschreiten und hierüber die (ggf. verfassungs-rechtliche) Wirksamkeit der Besoldung und in diesem Rahmen des BVAnp-ÄG 2022 gerichtlich überprüfen zu lassen.
Zur Vermeidung von unnötigem Zeit- und Kostenaufwand auf beiden Seiten (Wider-spruchsführer und LBV) erscheint es im beidseitigen Interesse, eine Verbescheidung des Widerspruchs zurückzustellen oder das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen, bis die vorgesehene gerichtliche Klärung herbeigeführt ist.
Mit freundlichen Grüßen
"