Autor Thema: E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache  (Read 5349 times)

Doraymefayzo

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 119
Eine Frage an die Datenschutzprofis hier:

Meine Vorgesetzte, hat sich, während meiner Abwesenheit (Urlaub) Vollzugriff auf mein Mail-Postfach geben lassen.
Dieses geschah ohne Info an mich. Eine dienstliche Vereinbarung über so etwas haben wir nicht.
Für die Aufgaben die meine Kollegen und ich zu erledigen haben, gibt es ein Extra-Postfach. Das persönliche Postfach ist zwar nur zur diienstlichen Nutzung, aber ab und zu läuft darüber auch Kommunikation mit Kollegen, die sich nicht auf meinen Tätigkeitsbereich bezieht.

Nun zu meiner Frage: Darf meine Vorgesetzte dieses einfach ohne mich zu informieren bzw. zu fragen, oder verstößt dass gegen die Datenschutzverordnung?

WasDennNun

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,710
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #1 am: 19.04.2022 10:15 »
Wenn das Postfach ausschließlich für dienstliche Benutzung genutzt werden darf, dann dürfte er das mEn.
(Denn dann ist es ja kein persönliches Postfach)

Wenn es aber keine dienstliche Vereinbarung darüber gibt, die genau darauf hinweist, dann eher nicht.

blondie

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 194
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #2 am: 19.04.2022 11:17 »
Nutzung des betrieblichen E-Mail-Accounts
1. Ein- und ausgehende betriebliche E-Mails der Beschäftigten darf der Arbeitgeber zur Kenntnis nehmen. Beispielsweise kann er verfügen, dass die Beschäftigten ihm jede für den Geschäftsgang relevante oder fest definierte ein- oder ausgehende E-Mail einzeln zur Kenntnis zuleiten. Eine durch den Arbeitgeber eingerichtete automatisierte Weiterleitung aller ein- und ausgehenden E-Mails an einzelne Vorgesetzte ist, sofern arbeitsrechtlich nicht statthaft, auch datenschutzrecht-lich mangels Erforderlichkeit unzulässig (Verbot der permanenten Kontrolle).
2. Für den Fall der Abwesenheit kann eine Weiterleitung der E-Mail in Betracht kommen. Allerdings sollte im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Beschäftigten die Verwendung eines Ab-wesenheitsassistenten vorgezogen werden. Aufgrund der schutzwürdigen Belange der Beschäf-tigten stellt dieses Vorgehen das mildeste Mittel dar. Nur wenn eine Abwesenheitsmitteilung nicht ausreicht, kann eine Weiterleitung in Betracht gezogen werden.
Auf bereits empfangene bzw. versandte betriebliche E-Mails darf der Arbeitgeber nur zugreifen, wenn dies für betriebliche Zwecke erforderlich ist.
3. E-Mails dürfen von dem Arbeitgeber nicht weiter inhaltlich zur Kenntnis genommen werden, so-bald ihr privater Charakter erkannt wurde. Etwas anderes kann im Falle erforderlicher Maßnah-men der Missbrauchskontrolle gelten.
4. a) Zur Missbrauchskontrolle gelten die Ausführungen zu B I 1 entsprechend.
b) Zur Regelung des § 31 BDSG (besondere Zweckbindung erhobener Daten) gelten die Ausfüh-rungen zu B I 2 entsprechend.

Herbert Meyer

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 421
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #3 am: 19.04.2022 13:53 »
Wie so vieles im Datenschutzrecht: Grenzwertig. Eine Anfrage bei unserer Datenschutzbehörde hat ergeben, dass in unserem Fall (Mail-Account per Dienstvereinbarung nur für dienstliche Zwecke freigegeben) eine Einsicht bei Krankheit gestattet ist, wenn ein Vertreter der Mitarbeitervertretung den Vorgesetzten begleitet und sicherstellt, dass keine Mails mit privaten Charakter geöffnet werden. Zudem muss ein konkreter Grund vorliegen, weshalb nicht einfach auf die Rückkehr des Mitarbeiters gewartet werden kann. Dies wird nun auch so bei uns umgesetzt.

Eine andere Datenschutzaufsichtsbehörde mag da schon wieder abweichender Auffassung sein. Im Zweifel würde ich eine anonymem Hinweis an die zuständige Aufsichtsbehörde richten, mit der Frage, ob das denn so rechtens ist. In der Regel meldet sich die Behörde anschließend bei dem örtlichen Beauftragten für Datenschutz und macht ihn mit der von der Behörde vertretenen Rechtsauffassung vertraut, mit Bitte um Weitergabe der Informationen in die restliche Belegschaft.

Mir wäre es auf jeden Fall zu heikel, ohne Einwilligung die Postfächer meiner Mitarbeiter einzusehen, da man für die Argumentation eines notwendigen Verarbeitungszwecks wohl sehr weit ausholen müsste. Ein "Wir wollten mal gucken was da so eingetroffen ist..." wird weder die Aufsichtsbehörde noch die Staatsanwaltschaft akzeptieren. Wenn in dem Konto allerdings regelmäßig wichtige Rechnungen oder ähnliches eintreffen, sieht es schon wieder anders aus.

Opa

  • Gast
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #4 am: 19.04.2022 14:20 »
Ich sehe das anders als meine Vorschreiber.

Das persönliche dienstliche Postfach darf von der Führungskraft nicht ohne Einverständnis des Mitarbeiters eingesehen werden. Denn es kann -auch wenn es ausschließlich der dienstlichen Nutzung dient- Mails enthalten, deren Einsichtnahme durch die Führungskraft einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und gegen Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters bedeutet.

Beispiele:
- Beschwerde des MA über seine Führungskraft an den Personalrat oder die nächsthöhere Führungsebene
- Vertrauliche Personalangelegenheiten (interne Bewerbung, Gehaltsfragen, Info über Schwangerschaft an den Personalbereich, die zu dem Zeitpunkt noch nicht im Team bekannt werden soll)
- Eingegangene Mails privaten Inhalts, die sich ja nicht immer vermeiden lassen und nicht automatisch einen Verstoß gegen das Verbot der privaten Nutzung bedeuten müssen.

Ausnahmsweise können dienstliche Interessen den Zugriff dennoch rechtfertigen, beispielsweise bei ungeplanter längerer Abwesenheit und/oder Gefahr im Verzug. Selbst dann dürfen aber nur die Mails ausgewertet werden, die dem Zweck des dienstlichen Interesses entsprechen.

Johann

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 754
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #5 am: 19.04.2022 15:12 »
Ich finde es mindestens schwierig. Wenn sehr starke betriebliche Interessen bestehen, unbedingt Einblick in dieses E-Mail Postfach zu erhalten, mag es durchgehen. Wenn allerdings wenn überhaupt nur moderater Schaden entstünde, ist es fast nicht zu rechtfertigen.

Allerdings wüsste ich gerne, wie sich der interne E-Mail-Verkehr in Zusammenhang zum Informationsfreiheitsgesetz verhält. Habe ab und an mal am Rande gelesen, dass fragdenstaat wohl interne E-Mail-Kommunikation zu bestimmten Themen haben wollte und teilweise auch erhalten hat.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass bei uns nicht mal die direkte Führungskraft Anspruch darauf hat, in unserem Zeiterfassungssystem zu sehen, ob ein Mitarbeiter derzeit eingestempelt ist oder nicht. Bei Skype ist die Voreinstellung, dass andere den eigenen Anwesenheitsstatus nicht sehen, so lange bis sie es aktiv in den Einstellungen für alle freigeben.
Da kann man sich denken, was hier los wäre, wenn die Führungskraft ungefragt plötzlich vollen Zugriff aufs Postfach bekäme. Immerhin könnte man anhand der E-Mail-Aktivität auch recht gut die Produktivität überprüfen.

Britta2

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 681
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #6 am: 19.04.2022 19:38 »
Wenn das Postfach ausschließlich für dienstliche Benutzung genutzt werden darf, dann dürfte er das mEn.
(Denn dann ist es ja kein persönliches Postfach)

Wenn es aber keine dienstliche Vereinbarung darüber gibt, die genau darauf hinweist, dann eher nicht.

So isses. Bei uns z.B. ist es üblich, dass (Name bekannt, nicht mein Vorgesetzter) schon immer eine geforwardete  Kopie sämtlicher eingehender Emails von Drittem mit gelesen wird. Standardfloskel darum immer mal in ausgehenden vertraulichen  ;) Emails "bitte auf keinen Fall an diese Adresse sondern die andere (private) antworten".

Ich glaube mal gelesen zu haben, dass die Komplettüberwachung auch aller ausgehender Emails nur dann gestattet ist, wenn ein BR zuvor zugestimmt hat. Keine Ahnung, wie es geregelt ist, wenn es keinen BR gibt.

WasDennNun

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,710
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #7 am: 20.04.2022 06:12 »
So wie immer, wenn es keinen BR/PR gibt, einzelvertraglich.
Und bei Euch scheint ja der Rechtsbruch in allen Bereichen üblich und toleriert zu werden.

Max

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 610
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #8 am: 20.04.2022 07:21 »
Der Vorgesetzte hätte sich das 3 mal überlegen sollen, denn mit so einer Aktion stört man das Vertrauensverhältnis gewaltig. Vielleicht kannst du dich in erster Linie an euren Datenschutzbeauftragten und Personalrat wenden, mit der Bitte zu prüfen,  ob das akzeptabel war.

Die private Nutzung ist bei uns untersagt und es gibt eine Vereinbarung, dass der Zugang im Falle von Abwesenheit auch anderen durch die IT ermöglicht werden kann.
Bisher habe ich das aber nur in einem Fall erlebt als die Person verstarb. Dann erfolgte der Zugriff aber nicht durch Kollegen oder Vorgesetzte,  sondern eine unbeteiligte VA, welche die aufgelaufenen Emails dann sichtete und nur nötiges weiterleitete. Ich fand das gut gelöst,  auch wenn man etwas auf wichtige Informationen warten musste, da es die Privatsphäre bestmöglich geschützt hat.

 Trotzdem gilt der Leitsatz, dass man keine Emails schreiben sollte,  die man nicht auch am schwarzen Brett aushängen möchte, denn es ist schon vorgekommen,  dass Emails im Rahmen von Gerichtsverfahren oder IFG Anfragen einem größeren Personenkreis zugänglich wurden. 

Flying

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 534
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #9 am: 20.04.2022 14:21 »
Wenn das Postfach ausschließlich für dienstliche Benutzung genutzt werden darf, dann dürfte er das mEn.
(Denn dann ist es ja kein persönliches Postfach)

Wenn es aber keine dienstliche Vereinbarung darüber gibt, die genau darauf hinweist, dann eher nicht.

So isses. Bei uns z.B. ist es üblich, dass (Name bekannt, nicht mein Vorgesetzter) schon immer eine geforwardete  Kopie sämtlicher eingehender Emails von Drittem mit gelesen wird. Standardfloskel darum immer mal in ausgehenden vertraulichen  ;) Emails "bitte auf keinen Fall an diese Adresse sondern die andere (private) antworten".

Ich glaube mal gelesen zu haben, dass die Komplettüberwachung auch aller ausgehender Emails nur dann gestattet ist, wenn ein BR zuvor zugestimmt hat. Keine Ahnung, wie es geregelt ist, wenn es keinen BR gibt.

Da müssen mehrere Leute eine E-Mail lesen?
Warum?

Schmitti

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 882
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #10 am: 20.04.2022 14:36 »
Vermutlich weil Eingangs- und Ausgangspost, wenn sie oldschool auf Papier gedruckt ist, den gleichen Geschäftsgang nehmen würde.

monoplay

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 10
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #11 am: 20.04.2022 15:02 »
Eine Frage an die Datenschutzprofis hier:

Meine Vorgesetzte, hat sich, während meiner Abwesenheit (Urlaub) Vollzugriff auf mein Mail-Postfach geben lassen. [...]
Da haben einige Stellen bei Euch versagt - der IT hätte ebenfalls auffallen können, dass das so nicht rechtens ist.
Neben der bereits diskutierten Verletzung Deiner eigenen Rechte liegt hier m.E. auch eine Verletzung gegenüber potenziellen Absendern vor: Auch ein Absender einer persönlich gehaltenen E-Mail kann nicht automatisch davon ausgehen, dass die E-Mail beim Empfänger von beliebigen Personen gelesen wird.
Ich würde den Vorgang zumindest dem internen DSB zuleiten...

ike

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 306
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #12 am: 21.04.2022 08:02 »
Anzeige bei der Polizei aufgeben!

pommes

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 146
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #13 am: 21.04.2022 09:01 »
Das ist auf keinen Fall zulässig. Personalrat. Anzeige bei der Polizei würde ich nicht aufgeben.

Flying

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 534
Antw:E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache
« Antwort #14 am: 21.04.2022 09:57 »
Das ist auf keinen Fall zulässig. Personalrat. Anzeige bei der Polizei würde ich nicht aufgeben.

Natürlich kann es mit entsprechenden Dienstvereinbarungen oder sonstigen Absprachen zulässig sein.

Sollte es die nicht geben, wäre ich aber ebenfalls beim Personalrat..