Allgemeines und Sonstiges > allgemeine Diskussion

E-Mail-Postfach - Vollzugriff ohne Absprache

(1/5) > >>

Doraymefayzo:
Eine Frage an die Datenschutzprofis hier:

Meine Vorgesetzte, hat sich, während meiner Abwesenheit (Urlaub) Vollzugriff auf mein Mail-Postfach geben lassen.
Dieses geschah ohne Info an mich. Eine dienstliche Vereinbarung über so etwas haben wir nicht.
Für die Aufgaben die meine Kollegen und ich zu erledigen haben, gibt es ein Extra-Postfach. Das persönliche Postfach ist zwar nur zur diienstlichen Nutzung, aber ab und zu läuft darüber auch Kommunikation mit Kollegen, die sich nicht auf meinen Tätigkeitsbereich bezieht.

Nun zu meiner Frage: Darf meine Vorgesetzte dieses einfach ohne mich zu informieren bzw. zu fragen, oder verstößt dass gegen die Datenschutzverordnung?

WasDennNun:
Wenn das Postfach ausschließlich für dienstliche Benutzung genutzt werden darf, dann dürfte er das mEn.
(Denn dann ist es ja kein persönliches Postfach)

Wenn es aber keine dienstliche Vereinbarung darüber gibt, die genau darauf hinweist, dann eher nicht.

blondie:
Nutzung des betrieblichen E-Mail-Accounts
1. Ein- und ausgehende betriebliche E-Mails der Beschäftigten darf der Arbeitgeber zur Kenntnis nehmen. Beispielsweise kann er verfügen, dass die Beschäftigten ihm jede für den Geschäftsgang relevante oder fest definierte ein- oder ausgehende E-Mail einzeln zur Kenntnis zuleiten. Eine durch den Arbeitgeber eingerichtete automatisierte Weiterleitung aller ein- und ausgehenden E-Mails an einzelne Vorgesetzte ist, sofern arbeitsrechtlich nicht statthaft, auch datenschutzrecht-lich mangels Erforderlichkeit unzulässig (Verbot der permanenten Kontrolle).
2. Für den Fall der Abwesenheit kann eine Weiterleitung der E-Mail in Betracht kommen. Allerdings sollte im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Beschäftigten die Verwendung eines Ab-wesenheitsassistenten vorgezogen werden. Aufgrund der schutzwürdigen Belange der Beschäf-tigten stellt dieses Vorgehen das mildeste Mittel dar. Nur wenn eine Abwesenheitsmitteilung nicht ausreicht, kann eine Weiterleitung in Betracht gezogen werden.
Auf bereits empfangene bzw. versandte betriebliche E-Mails darf der Arbeitgeber nur zugreifen, wenn dies für betriebliche Zwecke erforderlich ist.
3. E-Mails dürfen von dem Arbeitgeber nicht weiter inhaltlich zur Kenntnis genommen werden, so-bald ihr privater Charakter erkannt wurde. Etwas anderes kann im Falle erforderlicher Maßnah-men der Missbrauchskontrolle gelten.
4. a) Zur Missbrauchskontrolle gelten die Ausführungen zu B I 1 entsprechend.
b) Zur Regelung des § 31 BDSG (besondere Zweckbindung erhobener Daten) gelten die Ausfüh-rungen zu B I 2 entsprechend.

Herbert Meyer:
Wie so vieles im Datenschutzrecht: Grenzwertig. Eine Anfrage bei unserer Datenschutzbehörde hat ergeben, dass in unserem Fall (Mail-Account per Dienstvereinbarung nur für dienstliche Zwecke freigegeben) eine Einsicht bei Krankheit gestattet ist, wenn ein Vertreter der Mitarbeitervertretung den Vorgesetzten begleitet und sicherstellt, dass keine Mails mit privaten Charakter geöffnet werden. Zudem muss ein konkreter Grund vorliegen, weshalb nicht einfach auf die Rückkehr des Mitarbeiters gewartet werden kann. Dies wird nun auch so bei uns umgesetzt.

Eine andere Datenschutzaufsichtsbehörde mag da schon wieder abweichender Auffassung sein. Im Zweifel würde ich eine anonymem Hinweis an die zuständige Aufsichtsbehörde richten, mit der Frage, ob das denn so rechtens ist. In der Regel meldet sich die Behörde anschließend bei dem örtlichen Beauftragten für Datenschutz und macht ihn mit der von der Behörde vertretenen Rechtsauffassung vertraut, mit Bitte um Weitergabe der Informationen in die restliche Belegschaft.

Mir wäre es auf jeden Fall zu heikel, ohne Einwilligung die Postfächer meiner Mitarbeiter einzusehen, da man für die Argumentation eines notwendigen Verarbeitungszwecks wohl sehr weit ausholen müsste. Ein "Wir wollten mal gucken was da so eingetroffen ist..." wird weder die Aufsichtsbehörde noch die Staatsanwaltschaft akzeptieren. Wenn in dem Konto allerdings regelmäßig wichtige Rechnungen oder ähnliches eintreffen, sieht es schon wieder anders aus.

Opa:
Ich sehe das anders als meine Vorschreiber.

Das persönliche dienstliche Postfach darf von der Führungskraft nicht ohne Einverständnis des Mitarbeiters eingesehen werden. Denn es kann -auch wenn es ausschließlich der dienstlichen Nutzung dient- Mails enthalten, deren Einsichtnahme durch die Führungskraft einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und gegen Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters bedeutet.

Beispiele:
- Beschwerde des MA über seine Führungskraft an den Personalrat oder die nächsthöhere Führungsebene
- Vertrauliche Personalangelegenheiten (interne Bewerbung, Gehaltsfragen, Info über Schwangerschaft an den Personalbereich, die zu dem Zeitpunkt noch nicht im Team bekannt werden soll)
- Eingegangene Mails privaten Inhalts, die sich ja nicht immer vermeiden lassen und nicht automatisch einen Verstoß gegen das Verbot der privaten Nutzung bedeuten müssen.

Ausnahmsweise können dienstliche Interessen den Zugriff dennoch rechtfertigen, beispielsweise bei ungeplanter längerer Abwesenheit und/oder Gefahr im Verzug. Selbst dann dürfen aber nur die Mails ausgewertet werden, die dem Zweck des dienstlichen Interesses entsprechen.

Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

Go to full version