Autor Thema: Grundfreibetrag erhöht  (Read 3885 times)

Reisinger850

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Grundfreibetrag erhöht
« am: 13.05.2022 11:24 »
Hi zusammen,

gestern kam ja die Nachricht, dass die Bundesregierung den Grundfreibetrag von 9984 auf 10.347 Euro erhöhen wird. Das wird rückwirkend gelten. Hat das erst Auswirkungen auf die Einkommenssteuererklärung 2022 oder kann man nächsten Monat schon mit mehr netto rechnen?


Johann

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #1 am: 13.05.2022 11:28 »
Je nachdem wie schnell die Auszahlungsstellen das umsetzen, wirds wahrscheinlich das erste Mehr vom Brutto ab nächstem Monat geben.

Ob die rückwirkend zu viel gezahlten Steuern gleich nächsten Monat bis Anfang des Jahres mit der nächsten Lohnsteuerzahlung gegengerechnet werden, weiß ich nicht. Spätestens mit der Steuererklärung kriegst dus jedenfalls wieder.

cyrix42

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #2 am: 13.05.2022 12:53 »
Die Bundesregierung tut erst einmal gar nichts, außer im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf einbringen. Der wurde gestern vom Bundestag beschlossen und muss nun noch den Bundesrat passieren. Der behandelt den Spaß auf seiner nächsten Sitzung am 20. Mai. Wenn, was zu erwarten ist, dies dort durchgewinkt wird, muss es der Bundespräsident noch unterschreiben und veröffentlicht werden.

Will sagen: Mit dem Mai-Gehalt würde ich noch keine Änderungen erwarten, selbst Ende Juni wäre schon schnell...

Reisinger850

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #3 am: 13.05.2022 13:35 »
Alles klar, danke euch!


Diese Energiepauschale kommt ja auch erst im September…

lumer

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #4 am: 13.05.2022 14:41 »
Bitte auch mal in den Gesetzentwurf schauen.
Für alle, die oberhalb der neuen Grundfreibetragsgrenze verdienen, ändert sich kaum etwas, da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. Das bedeutet, dass alle anderen 68,92 Euro weniger Einkommensteuer im Jahr(!) zahlen.

Gerda Schwäbel

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #5 am: 13.05.2022 15:38 »
... da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. ...

Danke, das war mir gar nicht aufgefallen! In Steuerklasse 3 sind es dann immerhin 11 € pro Monat.

Johann

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #6 am: 13.05.2022 15:42 »
Bitte auch mal in den Gesetzentwurf schauen.
Für alle, die oberhalb der neuen Grundfreibetragsgrenze verdienen, ändert sich kaum etwas, da alle anderen Formeln nur im absoluten Glied angepasst wurden. Das bedeutet, dass alle anderen 68,92 Euro weniger Einkommensteuer im Jahr(!) zahlen.

Wahnsinn. Da kann man sich dann ja sogar eine Bratwurst und ein Bier gönnen, wenn man dann zwischen Juni-August mit dem 9€ Ticket nach Sylt fährt. :P

PrinzP

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #7 am: 13.05.2022 17:41 »
Die Bundesregierung tut erst einmal gar nichts, außer im Bundestag einen entsprechenden Gesetzesentwurf einbringen. Der wurde gestern vom Bundestag beschlossen und muss nun noch den Bundesrat passieren. Der behandelt den Spaß auf seiner nächsten Sitzung am 20. Mai. Wenn, was zu erwarten ist, dies dort durchgewinkt wird, muss es der Bundespräsident noch unterschreiben und veröffentlicht werden.

Will sagen: Mit dem Mai-Gehalt würde ich noch keine Änderungen erwarten, selbst Ende Juni wäre schon schnell...

Das Haushaltsgesetz ist nicht zustimmungspflichtig.

lumer

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #8 am: 13.05.2022 19:45 »
Gesetze, die die Einkommensteuer betreffen, benötigen nach Art. 105 Abs. 3 iVm. Art. 106 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates.

cyrix42

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #9 am: 14.05.2022 09:07 »
Selbst ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz muss erst einmal im Bundesrat behandelt werden. Es könnte dort ja z.B. mit Mehrheit abgelehnt werden, woraufhin der Bundestag erneut darüber abzustimmen hätte...

Bastel

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #10 am: 14.05.2022 11:41 »
350 Tacken, wie lächerlich... Ein großer Wurf wäre die Anhebung auf 11-12.000 gewesen ::)

cyrix42

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #11 am: 14.05.2022 14:08 »
Naja, wenn man den Grundfreibetrag, der ja nur die Finanzierung der Grundbedürfnisse steuerfrei stellen soll, deutlich erhöht, müsste man im gleichen Zuge auch die Grundsicherung entsprechend anpassen. Und das wird dann recht schnell recht teuer für den Staatshaushalt. Das gegenzufinanzieren wäre nur über die Generierung höherer Steuereinnahmen an anderer Stelle möglich. In Krisenzeiten die Steuern zu erhöhen, ergibt aber wenig Sinn. (Dass man aber im Gegensatz in Zeiten, in denen es der Wirtschaft gut geht, genau diese Polster aufbauen muss, um sie in Krisenzeiten nutzen zu können, wird gern übersehen. Dann schreit insbesondere die FDP, dass der Staat doch zu viel Geld hätte und es "den Bürgern" -- zumeist also den Besserverdienern, da diese ja mehr Steuern zahlen -- "zurückzugeben". Über eine Legislaturperiode schaut da selten jemand hinaus...)

Aber gut, das ist hier wohl etwas OT.

Eukalyptus

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #12 am: 14.05.2022 21:22 »
... (Dass man aber im Gegensatz in Zeiten, in denen es der Wirtschaft gut geht, genau diese Polster aufbauen muss, um sie in Krisenzeiten nutzen zu können, wird gern übersehen. Dann schreit insbesondere die FDP, dass der Staat doch zu viel Geld hätte und es "den Bürgern" -- zumeist also den Besserverdienern, da diese ja mehr Steuern zahlen -- "zurückzugeben".
...

In den letzten beiden Legislaturperioden war die FDP nicht an der Regierung beteiligt, insofern ist dein Einwand gegenstandslos. Im Übrigen frage ich mich was so verkehrt daran sein soll, das Geld der Bürger ebendiesen Bürgern zurückzugeben. Vermutlich ist das so ein Neidreflex vieler Menschen, wenn jemand (anders) mehr Geld "zurückbekommt" (ohnehin ein ziemlich schräges Framing, denn wenn ich jemandem weniger Geld wegnehme, bedeutet das nicht dass ich ihm mehr Geld gebe).

Und zu guter Letzt - ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten 20 Jahren (ob mit oder ohne FDP-Regierungsbeteiligung) Steuern in nennenswertem Ausmaß gesenkt wurden. Das haben in der Vergangheit und werden auch zukünftig die Politiker fast aller Parteien verhindern, denn sie wollen ja "politisch gestalten", alias Geld der Bürger ausgeben. Die (Sozial-)staatsgläubigkeit des deutschen Michels lässt diese Klientelpolitik zu, wenn man es richtig verkauft. 

Es ist schon seltsam, ja extremistisch dass der Gedanke weniger Geld der Bürger auszugeben in diesem Staat als negativ bewertet wird. Das andere Extrem sind die USA, wo man beim Gedanken an Steuererhöhungen politisch ganz schnell Weg vom Fenster ist. Ginge nicht auch ein Mittelweg..?

cyrix42

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #13 am: 14.05.2022 22:35 »

In den letzten beiden Legislaturperioden war die FDP nicht an der Regierung beteiligt, insofern ist dein Einwand gegenstandslos

Ähm, wann ist die FDP mal mit "Wir müssen die Steuern erhöhen" in irgendeinen Wahlkampf gezogen? Richtig, die Parolen hießen immer "Steuern runter" -- völlig unabhängig von der wirtschaftlichen Lage...

Zitat
Im Übrigen frage ich mich was so verkehrt daran sein soll, das Geld der Bürger ebendiesen Bürgern zurückzugeben.

Es geht nicht ums "zurückgeben", sondern um die Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben des Staates. Z.B. eben für Unterstützungsmaßnahmen in Krisenzeiten, wie etwa jetzt (oder generell konjunkturfördernd in jeder Abschwungphase). Dass man den einen Halbsatz keynsianischer Politik hierbei folgt und als Staat gerade dann investiert, wenn die wirtschaftliche Lage eher schlecht ist, dann aber in "guten Zeiten" nichts zurücklegt, ist, was ich kritisiere.

Zitat
Vermutlich ist das so ein Neidreflex vieler Menschen, wenn jemand (anders) mehr Geld "zurückbekommt"  (ohnehin ein ziemlich schräges Framing, denn wenn ich jemandem weniger Geld wegnehme, bedeutet das nicht dass ich ihm mehr Geld gebe).

Erstens wird durch Steuern niemandem etwas weggenommen, sondern beteiligen sich die Menschen einfach nur an den Gemeinschaftsaufgaben je nach (wirtschaftlicher) Stärke. Und zweitens ist ein Vergleich mit dem Status Quo durchaus ein sinnvoller. Wenn im Vergleich zu diesem ein Besserverdiener mehr von einer Steuersenkung profitiert als ein geringverdiener, dann ist das eine korrekte Aussage, nicht mehr und nicht weniger.

Zitat
Und zu guter Letzt - ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten 20 Jahren (ob mit oder ohne FDP-Regierungsbeteiligung) Steuern in nennenswertem Ausmaß gesenkt wurden.

Ähm, also unter Kohl lag der Spitzensteuersatz noch bei 53%. Dann wurde er durch die Regierungen Kohl und Schröder auf 42% gesenkt, bis dann die "Reichensteuer"-Stufe wieder obendrauf kam. Dabei waren einige Krisen zu überwinden, aber in den Aufschwungphasen hat man die vorher durchgeführten Senkungen auch nicht wieder rückgängig gemacht... (Fun-Fact: Unter Roosevelt am Ende des Zweiten Weltkriegs hatte die USA mal einen Spitzensteuersatz von 94%...)

Zitat
Das haben in der Vergangheit und werden auch zukünftig die Politiker fast aller Parteien verhindern, denn sie wollen ja "politisch gestalten", alias Geld der Bürger ausgeben. Die (Sozial-)staatsgläubigkeit des deutschen Michels lässt diese Klientelpolitik zu, wenn man es richtig verkauft. 

Naja, derzeit leben wir ja auf Pump, wenn etwa ein "Sondervermögen" für die Bundeswehr angelegt wird oder in der Krise die Leute bei zu stark und schnell steigenden Preisen unterstützt werden müssen. Hätte man in der letzten Aufschwungphase die Steuern erhöht, hätte man dies jetzt aus "Guthaben" zahlen können. So wird der Spaß einfach von der nächsten Generation geklaut. Die kann sich dann ja bei ihren Nachfolgern bedienen -- bis das System irgendwann zusammenbricht.

Zitat
Es ist schon seltsam, ja extremistisch dass der Gedanke weniger Geld der Bürger auszugeben in diesem Staat als negativ bewertet wird. Das andere Extrem sind die USA, wo man beim Gedanken an Steuererhöhungen politisch ganz schnell Weg vom Fenster ist. Ginge nicht auch ein Mittelweg..?

Also willst du gerade weniger Geld durch den Staat für Stützungsmaßnahmen ausgegeben sehen? Ehrlich?

xap

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Antw:Grundfreibetrag erhöht
« Antwort #14 am: 15.05.2022 07:08 »
Das durch das Erheben von Steuern niemandem etwas weggenommen wird halte ich für eine ziemlich steile These. Verwendungszweck hin oder her. Ich denke große Teile der Bevölkerung würden dir da zu recht widersprechen. Schonmal Grunderwerbsteuer gezahlt? Dafür, dass einem da nix weggenommen wird, kann es plötzlich ziemlich leer sein auf dem eigenen Konto.