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[Allg] Tätigkeitsnachweis vom Vorgesetzten verlangt

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Nordlicht97:
Moin Zusammen,

ich habe mal eine rechtliche Frage, in der Hoffnung, jemand kann mir diese beantworten.

Ich befinde mich in einem Beamtenverhältnis (BaL) und führe überwiegend sachbearbeitende Tätigkeiten aus. Das spielt jedoch auch nicht so die große Rolle.

Hintergrund ist, dass ich Ende März eine Panikattacke erlitten habe und seitdem unter einer generellen Angststörung leide, die mich mitunter sehr beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur für den privaten Bereich, sondern besonders auch für den beruflichen.

Kurz gesagt: Aufgrund dieser Geschichte (die ja noch nicht lang zurück liegt), bin in in der Konzentration beeinflusst und schaffe in dieser Zeit einfach nicht mehr so viel, wie ich gerne schaffen würde.
Darum soll’s aber auch gar nicht gehen.

Vor einer Woche erhielt ich dann eine E-Mail meiner Vorgesetzten, dass ich doch ab dem Zeitpunkt jeden Tag zum Dienstschluss einen Tätigkeitsnachweis liefern soll, mit allen Vorgangsnummern und Tätigkeiten, die ich an dem Tag gemacht hab.
Dies muss kein anderer Mitarbeiter machen, sondern nur ich.

Nicht nur, dass dadurch Druck aufgebaut wird (was einer Angststörung nicht gerade förderlich ist), ich fühle mich auch wie ein Mitarbeiter zweiter Klasse.

Ich frage mich jetzt, ob diese Praktik der Kontrolle rechtens ist? Gerade, wenn es nur einen Mitarbeiter allein betrifft?

Vielleicht kann mich ja jemand aufklären.

Gruß,
Nordlicht

Opa:
Die Führungskraft müsste die Gründe für ihr Ansinnen benennen. Anlassbezogene Einzelkontrollen (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) setzen in der Regel ein förmliches Verfahren voraus, in das je nach Begründung mindestens die Personalstelle, ggf. auch die Personalvertretung einzubeziehen sind.

Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten sowie ggf. in der Dienststelle vorhandene Geschäftsanweisungen oder Dienstvereinbarungen, die Möglichkeiten und Grenzen der Fachaufsicht sowie Leistungs- und Verhaltenskontrollen zum Gegenstand haben.

Eine Vorgesetzte, die über ein Minimum an Führungsqualitäten verfügt, wird zudem in dieser Situation ein ausführliches dokumentiertes Mitarbeitergespräch führen anstatt die Kontrolle lapidar per Mail anzukündigen. Thema dieses Gesprächs ist eine festgestellte oder hinreichend begründet vermutete Leistungsabweichung sowie eine Vereinbarung, wie die Normleistung wieder erreicht werden soll und wie dieses Ziel nachgehalten wird. Auch zum Mitarbeitergespräch gibt es ggf. innerbehördliche Regelungen, die selbstverständlich zu beachten sind.

Wie du vorgehst, ist deine Entscheidung. Ich würde zunächst eine Begründung einfordern, dann das Vorgehen mit den bestehenden Regelungen abgleichen. Kommen dann Zweifel an der Rechtmäßigkeit auf (wovon ich hier ausgehe), würde ich entweder direkt (schriftlich) die Abgabe der Tätigkeitsnachweise unter den Vorbehalt einer rechtlichen Begründung stellen und im Eskalationsfall die Führungskraft meiner Vorgesetzten einschalten. Oder mit Unterstützung beim Personalrat suchen, falls es da brauchbare Mitglieder gibt.


Organisator:

--- Zitat von: Opa am 18.05.2022 10:03 ---Die Führungskraft müsste die Gründe für ihr Ansinnen benennen. Anlassbezogene Einzelkontrollen (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) setzen in der Regel ein förmliches Verfahren voraus, in das je nach Begründung mindestens die Personalstelle, ggf. auch die Personalvertretung einzubeziehen sind.

--- End quote ---

Woraus begründen sich diese Vorgaben bzw. war sollte eine Führungskraft nicht nach eigenem Gutdünken die Art und Weise der Aufsicht festlegen können?

Lars73:

--- Zitat von: Opa am 18.05.2022 10:03 ---Die Führungskraft müsste die Gründe für ihr Ansinnen benennen. Anlassbezogene Einzelkontrollen (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) setzen in der Regel ein förmliches Verfahren voraus, in das je nach Begründung mindestens die Personalstelle, ggf. auch die Personalvertretung einzubeziehen sind.

--- End quote ---

Woraus leitest du dies ab? Der Vorgesetzte könnte sich auch alle Vorgänge zur Mit-/Schlusszeichnung vorlegen lassen.
Bei Leistungskontrolle ist zwischen technischen Systemen und nicht Technik gestützte Leistungskontrolle zu unterscheiden.

Ich neige dazu die hier beschriebene Vorgabe für Zulässig zu halten. Der Vorgesetzte hat erkannt, dass es ein Problem gibt. Das ein Gespräch als erster Schritt sicherlich sachgerechter gewesen wäre führt noch nicht zur Unzulässigkeit der angeordneten Maßnahme. Er muss hierbei auch nicht alle Beschäftigten gleich behandeln.

photosynthese:

--- Zitat von: Lars73 am 18.05.2022 10:20 ---
--- Zitat von: Opa am 18.05.2022 10:03 ---Die Führungskraft müsste die Gründe für ihr Ansinnen benennen. Anlassbezogene Einzelkontrollen (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) setzen in der Regel ein förmliches Verfahren voraus, in das je nach Begründung mindestens die Personalstelle, ggf. auch die Personalvertretung einzubeziehen sind.

--- End quote ---

Woraus leitest du dies ab? Der Vorgesetzte könnte sich auch alle Vorgänge zur Mit-/Schlusszeichnung vorlegen lassen.
Bei Leistungskontrolle ist zwischen technischen Systemen und nicht Technik gestützte Leistungskontrolle zu unterscheiden.

Ich neige dazu die hier beschriebene Vorgabe für Zulässig zu halten. Der Vorgesetzte hat erkannt, dass es ein Problem gibt. Das ein Gespräch als erster Schritt sicherlich sachgerechter gewesen wäre führt noch nicht zur Unzulässigkeit der angeordneten Maßnahme. Er muss hierbei auch nicht alle Beschäftigten gleich behandeln.

--- End quote ---

Ich sehe hier tendenziell eine Verletzung der Fürsorgepflicht, zumindest mit den vorliegenden Informationen. Letztlich hängt die Bewertung an der Frage, ob Nordlicht97 seinen Vorgesetzten über den Sachstand informiert hat. Wenn dieser nur sehen kann, dass plötzlich eine deutliche Underperformance vorliegt, ist sein Verhalten erklärbar, auch wenn ein Gespräch besser gewesen wäre.

Ist der Vorgesetzte aber darüber informiert, dass Nordlicht97 trotz massiver gesundheitlicher Schwierigkeiten sein bestes tut um nicht vollständig auszufallen, sehe ich es als problematisch an, ihm hier noch Steine in den Weg zu legen.

Ich habe in einer ähnlichen Situation eine andere Unterstützung durch meine Vorgesetzte erfahren. Ich habe dabei immer wieder transparent mit ihr kommuniziert, auch über den Therapieprozess, und sie mir im Gegenzug deutlich gemacht, dass sie mir eben keine Steine in den Weg legen wird, um einen Komplettausfall zu vermeiden. Das war für alle Beteiligten nicht immer einfach, aber hat den gewünschten Effekt gezeigt und nach gut 1 1/2 Jahren war ich wieder uneingeschränkt dienstfähig. Mir ist nicht klar, inwiefern es dazu rechtliche Vorgaben gibt, aber gerade die Fürsorgepflicht unterliegt doch sehr der Einzelfallbewertung; und das oberste Ziel sollte immer die Erhaltung der Dienstfähigkeit sein, was ich hier verletzt sehe, da sich Nordlicht97 in der geschilderten Situation sicherlich um einen Therapieplatz bemüht, der aktuell zu finden aber sehr schwer ist, auch in der PKV. Eine zusätzliche Kontrolle wird hier kontraproduktiv sein. Es sei denn natürlich, Nordlicht97 hat den Vorgesetzten nicht in Kenntnis gesetzt. Dafür kann es gute Gründe in der individuellen Situation geben, dann kann der Vorgesetzte aber auch nur aus der ihm bekannten Sachlage heraus entscheiden, und das ist eine offenbar plötzlich auffällige Underperformance. In dem Fall würde ich schnellstmöglich das Gespräch suchen; im anderen Fall würde ich ebenfalls zum Personalrat raten.

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