Autor Thema: Rückzahlung des Anwärtersonderzuschlages trotz bestehendem Beamtenverhältnis  (Read 2135 times)

123aprilia

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Hallo zusammen!

Beamter A begann in 10/2016 ein duales Studium im Beamtenverhältnis auf Widerruf bei einer Bundesoberbehörde.
Bereits im Rahmen des Bewerbungsprozesses unterschrieb Beamter A in 04/2016 ein Merkblatt zur verpflichtenden Rückzahlung des Anwärtersonderzuschlages, wenn „(…) sie im Anschluss an Ihre Ausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund aus dem öffentlichen Dienst (§ 29 Abs. 1 BbesG) ausscheiden“.

Nach dem erfolgreichen Bestehen der Laufbahnprüfung verrichtete Beamter A im Beamtenverhältnis auf Probe seinen Dienst bei der selben Bundesoberbehörde. Parallel zur Tätigkeit im gehobenen Dienst absolvierte Beamter A in seiner Freizeit ein Masterstudium. In 11/2021 erfolgte eine Bewerbung für den Vorbereitungsdienst des höheren Verwaltungsdienstes der selben Bundesoberbehörde. Nach einem erfolgreichen Assessment erhielt Beamter A ein Einstellungsangebot für den Vorbereitungsdienst des höheren Dienstes mit Beginn 07/2022. Diesem Angebot sagte Beamter A umgehend zu. Das Angebot enthielt den Vorbehalt, dass spätestens ab dem 01.07.2022 eine Entlassung aus dem gehobenen Dienst nachgewiesen sein muss (gemäß § 33 Abs. 1 BBG). Daher stellte Beamter A in 03/2022 einen Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis nach § 33 Abs. 1 BBG.

Beamter A erhielt zum 30.06.2022 die Entlassungsurkunde; zum 01.07.2022 trat Beamter A den Vorbereitungsdienst im Beamtenstatus auf Widerruf (mit erneuter Ernennung und Vereidigung) bei der selben Bundesoberbehörde an. In dieser Woche erreichte Beamter A einen Anhörungsbescheid seitens des Bundesverwaltungsamtes, welcher die Rückforderung des Anwärtersonderzuschlages i.H.v. 3/5 aus der Zeit des Vorbereitungsdienstes des gehobenen Dienstes. beinhaltet. Die 3/5 ergeben sich dadurch, dass Beamter A bereits zwei volle Jahre im gehobenen Dienst tätig war; 2/5 der Zeit ist daher bereits abgeleistet. Die Begründung ergibt sich daraus, dass gemäß unterzeichnetem Merkblatt von 04/2016 "der Anwärtersonderzuschlag mit der Auflage gewährt wird, dass Sie im Anschluss an die bestandene Laufbahnausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grunde aus der Laufbahn ausscheiden. Mit dem Ersuchen auf Entlassung verstoßen Sie gegen die Auflagen nach § 59 Abs. 5 und § 63 Abs.2 des BBesG. Eine Nichterfüllung dieser Auflage hat gem. § 63 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG a.F.) die Rückforderung der gezahlten Anwärtersonderzuschläge zur Folge."


§ 59 Abs. 5 enthält die Information, dass für Anwärter mit integriertem Studium Auflagen für den Sonderzuschlag erfolgen können.

§ 63 Abs. 2 enthält in der aktuellen Fassung folgenden Passus:
(...)"
2) Anspruch auf Anwärtersonderzuschläge besteht nur, wenn der Anwärter

1.
    nicht vor dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes oder wegen schuldhaften Nichtbestehens der Laufbahnprüfung ausscheidet und
2.
    unmittelbar im Anschluss an das Bestehen der Laufbahnprüfung für mindestens fünf Jahre als Beamter des Bundes oder als Soldat tätig ist."

=> Aus Sicht des Beamten A ist er gemäß Abs. 2 Satz 2 weiterhin als Beamter des Bundes tätig. Die Argumentation sieht Beamter A daher komplett anders; eine Unterbrechnung der fünfs Jahre erfolgt nicht. Der entsprechende Absatz enthält auch keinen Hinweis darauf, ob die fünf Jahre in der gleichen Laufbahn abgeleistet werden müssen. Dies ist sowohl bei der Fassung des § 63 Abs. 2 BBesG aus 04/2016 sowie der heute gültigen Fassung der Fall. Der Übergang in den Vorbereitungsdienst des höheren Dienstes erfolgte wie beschrieben nahtlos.


Ist daher die Rückzahlung der Anwärtersonderzuschläge für Beamten A anfechtbar? Oder spielt hier die juristische Sekunde zwischen dem 30.06.2022 24:00 und 01.07.2022 00:00 Uhr eine entscheidende Rolle?

"Als Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst gilt es nicht, wenn beim Wechsel in ein anderes Rechtsverhältnis innerhalb des öffentlichen Dienstes eine von dem Beamten nicht zu vertretende Unterbrechung eintritt." (59.5.4 BBesGVwV) Ist das als Argumentation auch denkbar?

Vielen Dank und beste Grüße :)

Organisator

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Hallo zusammen!

Beamter A begann in 10/2016 ein duales Studium im Beamtenverhältnis auf Widerruf bei einer Bundesoberbehörde.
Bereits im Rahmen des Bewerbungsprozesses unterschrieb Beamter A in 04/2016 ein Merkblatt zur verpflichtenden Rückzahlung des Anwärtersonderzuschlages, wenn „(…) sie im Anschluss an Ihre Ausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grund aus dem öffentlichen Dienst (§ 29 Abs. 1 BbesG) ausscheiden“.

Nach dem erfolgreichen Bestehen der Laufbahnprüfung verrichtete Beamter A im Beamtenverhältnis auf Probe seinen Dienst bei der selben Bundesoberbehörde. Parallel zur Tätigkeit im gehobenen Dienst absolvierte Beamter A in seiner Freizeit ein Masterstudium. In 11/2021 erfolgte eine Bewerbung für den Vorbereitungsdienst des höheren Verwaltungsdienstes der selben Bundesoberbehörde. Nach einem erfolgreichen Assessment erhielt Beamter A ein Einstellungsangebot für den Vorbereitungsdienst des höheren Dienstes mit Beginn 07/2022. Diesem Angebot sagte Beamter A umgehend zu. Das Angebot enthielt den Vorbehalt, dass spätestens ab dem 01.07.2022 eine Entlassung aus dem gehobenen Dienst nachgewiesen sein muss (gemäß § 33 Abs. 1 BBG). Daher stellte Beamter A in 03/2022 einen Antrag auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis nach § 33 Abs. 1 BBG.

Beamter A erhielt zum 30.06.2022 die Entlassungsurkunde; zum 01.07.2022 trat Beamter A den Vorbereitungsdienst im Beamtenstatus auf Widerruf (mit erneuter Ernennung und Vereidigung) bei der selben Bundesoberbehörde an. In dieser Woche erreichte Beamter A einen Anhörungsbescheid seitens des Bundesverwaltungsamtes, welcher die Rückforderung des Anwärtersonderzuschlages i.H.v. 3/5 aus der Zeit des Vorbereitungsdienstes des gehobenen Dienstes. beinhaltet. Die 3/5 ergeben sich dadurch, dass Beamter A bereits zwei volle Jahre im gehobenen Dienst tätig war; 2/5 der Zeit ist daher bereits abgeleistet. Die Begründung ergibt sich daraus, dass gemäß unterzeichnetem Merkblatt von 04/2016 "der Anwärtersonderzuschlag mit der Auflage gewährt wird, dass Sie im Anschluss an die bestandene Laufbahnausbildung nicht vor Ablauf einer Mindestdienstzeit von fünf Jahren aus einem von Ihnen zu vertretenden Grunde aus der Laufbahn ausscheiden. Mit dem Ersuchen auf Entlassung verstoßen Sie gegen die Auflagen nach § 59 Abs. 5 und § 63 Abs.2 des BBesG. Eine Nichterfüllung dieser Auflage hat gem. § 63 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG a.F.) die Rückforderung der gezahlten Anwärtersonderzuschläge zur Folge."


§ 59 Abs. 5 enthält die Information, dass für Anwärter mit integriertem Studium Auflagen für den Sonderzuschlag erfolgen können.

§ 63 Abs. 2 enthält in der aktuellen Fassung folgenden Passus:
(...)"
2) Anspruch auf Anwärtersonderzuschläge besteht nur, wenn der Anwärter

1.
    nicht vor dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes oder wegen schuldhaften Nichtbestehens der Laufbahnprüfung ausscheidet und
2.
    unmittelbar im Anschluss an das Bestehen der Laufbahnprüfung für mindestens fünf Jahre als Beamter des Bundes oder als Soldat tätig ist."

=> Aus Sicht des Beamten A ist er gemäß Abs. 2 Satz 2 weiterhin als Beamter des Bundes tätig. Die Argumentation sieht Beamter A daher komplett anders; eine Unterbrechnung der fünfs Jahre erfolgt nicht. Der entsprechende Absatz enthält auch keinen Hinweis darauf, ob die fünf Jahre in der gleichen Laufbahn abgeleistet werden müssen. Dies ist sowohl bei der Fassung des § 63 Abs. 2 BBesG aus 04/2016 sowie der heute gültigen Fassung der Fall. Der Übergang in den Vorbereitungsdienst des höheren Dienstes erfolgte wie beschrieben nahtlos.


Ist daher die Rückzahlung der Anwärtersonderzuschläge für Beamten A anfechtbar? Oder spielt hier die juristische Sekunde zwischen dem 30.06.2022 24:00 und 01.07.2022 00:00 Uhr eine entscheidende Rolle?

"Als Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst gilt es nicht, wenn beim Wechsel in ein anderes Rechtsverhältnis innerhalb des öffentlichen Dienstes eine von dem Beamten nicht zu vertretende Unterbrechung eintritt." (59.5.4 BBesGVwV) Ist das als Argumentation auch denkbar?

Vielen Dank und beste Grüße :)

Da hat das BVA offensichtlich einen Informationsmangel, dass nach der Entlassung umgehend eine neue Verbeamtung erfolgte.
--> Anrufen, Sachverhalt erklären und fragen, was sie brauchen (z.B. neue Urkunde).

123aprilia

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Das habe ich bereits versucht, allerdings ohne Erfolg. Das BVA weiß über den Statuswechsel bescheid. Der Vorgang mit dem Anhörungsbogen und dem später resultierenden Rückforderungsbescheid müsste laut Aussage des Bearbeiters trotzdem aufrecht erhalten werden...

Organisator

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Dann sprich mit seinem Chef und lass dir erklären, warum aus deren Sicht eine erneute Ernennung dennoch zu einer Rückforderung führen soll.

Max Bommel

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Für deinen Fall sind auf jeden Fall die 63 Abs. 2 und 3 anzuwenden, wie sie bis 31.12.2019 lauteten.

Die Frage ist, ob man im Rahmen der Billigkeitsentscheidung was machen könnte. Da sollte dann aber ein Hinweis der Personalstelle erfolgen. Das BVA wird da vermutlich keinen großen Spielraum sehen, da die gesetzliche Regelung klar erscheint.

123aprilia

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Für deinen Fall sind auf jeden Fall die 63 Abs. 2 und 3 anzuwenden, wie sie bis 31.12.2019 lauteten.

Die Frage ist, ob man im Rahmen der Billigkeitsentscheidung was machen könnte. Da sollte dann aber ein Hinweis der Personalstelle erfolgen. Das BVA wird da vermutlich keinen großen Spielraum sehen, da die gesetzliche Regelung klar erscheint.


Warum ist aus juristischer Sicht nicht die aktuell gültige Fassung heran zu ziehen?

Das unterschriebene Merkblatt aus 2015 verweist auf § 63 Abs. 2 und 3 BBesG hin; im Wortlaut der Auflagen steht aber wie oben erwähnt nichts davon drin, dass die fünf Jahre in der gleichen Laufbahn abgeleistet werden müssen. Der Passus ist in den Auflagen nicht aufgeführt. Hier herrscht also im Merkblatt von 2016 eine inhaltliche Diskrepanz zwischen BBesG und dem von der Personalstelle auferlegten Merkblatt.

Max Bommel

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§ 63 Abs 2 in der Fassung bis 2019 lautete:

(2) Anspruch auf Anwärtersonderzuschläge besteht nur, wenn der Anwärter

 1. nicht vor dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes oder wegen schuldhaften Nichtbestehens der Laufbahnprüfung ausscheidet und

2. nach Bestehen der Laufbahnprüfung mindestens fünf Jahre als Beamter im öffentlichen Dienst (§ 29) in der Laufbahn verbleibt, für die er die Befähigung erworben hat, oder, wenn das Beamtenverhältnis nach Bestehen der Laufbahnprüfung endet, in derselben Laufbahn in ein neues Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 29) für mindestens die gleiche Zeit eintritt.

Diese Fassung ist aufgrund Übergangsvorschrift auch heute noch anzuwenden. Das Merkblatt ist rein deklaratorisch. Die Besoldung richtet sich ausschließlich nach dem BBesG.

PS: § 72 Abs. 5 BBesG





123aprilia

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§ 63 Abs 2 in der Fassung bis 2019 lautete:

(2) Anspruch auf Anwärtersonderzuschläge besteht nur, wenn der Anwärter

 1. nicht vor dem Abschluss des Vorbereitungsdienstes oder wegen schuldhaften Nichtbestehens der Laufbahnprüfung ausscheidet und

2. nach Bestehen der Laufbahnprüfung mindestens fünf Jahre als Beamter im öffentlichen Dienst (§ 29) in der Laufbahn verbleibt, für die er die Befähigung erworben hat, oder, wenn das Beamtenverhältnis nach Bestehen der Laufbahnprüfung endet, in derselben Laufbahn in ein neues Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 29) für mindestens die gleiche Zeit eintritt.

Diese Fassung ist aufgrund Übergangsvorschrift auch heute noch anzuwenden. Das Merkblatt ist rein deklaratorisch. Die Besoldung richtet sich ausschließlich nach dem BBesG.

PS: § 72 Abs. 5 BBesG


Das macht natürlich Sinn. § 72 Abs. 5 BBesG kannte ich bis dato noch nicht. Danke für den Hinweis!

Asperatus

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Die Rückforderung ist aus meiner Sicht nicht zu beanstanden. Wie korrekt dargestellt wurde, ist gemäß § 72 Abs. 5 BBesG die alte Rechtslage heranzuziehen. Diese war jedoch für den Beamten ungünstiger, da sie auf die Laufbahn und nicht auf den Verbleib im Bundesdienst als Beamter oder Soldat abzielt.

Da der Sonderzuschlag wegen eines Mangels in einer bestimmten Laufbahn (innerhalb des gehobenen Dienstes) gezahlt wurde, scheint es auch gerechtfertigt, dass bei einem Wechsel in eine höhere Laufbahn der Zuschlag entfällt, da der Mangel in der Laufbahn des gehobenen Dienstes erneut entsteht. Für den Betroffenen bitter. Aber immerhin geht es nur um den Anwärtersonderzuschlag und nicht das Anwärtergrundgehalt.

Interessehalber: Für welche Vorbereitungsdienste des Bundes werden aktuell in welcher Höhe Anwärtersonderzuschläge gezahlt? Gehobener und höherer technischer Dienst - Fachrichtung Wehrtechnik?