Autor Thema: Höhergruppierung mit vorheriger Zulage  (Read 4041 times)

Bettgensch

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Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« am: 21.08.2022 17:57 »
Hallo zusammen,

mein Fall aus diesem geschlossenen Forumsbeitrag https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114143.0/topicseen.html geht leider weiter...

Mein AG hat mir damals auf Nachfrage mitgeteilt, dass ich nach Bestehen des Lehrgangs entsprechend am 08.06.2018 in die EG 9b Stufe 3 unter Anrechnung der (fiktiven) Stufenlaufzeit (bis zum 31.12.2020) höhergruppiert wurde. Seit dieser Höhergruppierung ist nur noch diese Stufenlaufzeit maßgeblich. Am 01.01.2021 sollte ich regulär in Stufe 4 der EG 09b aufsteigen.

Ich habe hier damals nichts weiter unternommen und der Fall geht jetzt wie folgt weiter:

Ich bin am 26.07.2020 in Mutterschutz gegangen und habe zum Beginn der Mutterschutzfrist höherwertige Tätigkeiten der EG 09c wahrgenommen. Es wurde vom 01.06.2020 an eine persönliche Zulage bewilligt.

In meinem Fall lief die Mutterschutzfrist vom 26.07.2020 bis 29.11.2020. Anschließend war ich bis einschließlich 27.01.2022 in Elternzeit.

Laut meinem AG hätten also 32 Tage bis zum Stufenaufstieg gefehlt, so dass ich ab dem 01.03.2022 in die Stufe 4 der E09b gekommen wäre.

Am 15.05.2021 wurde ich lt. meinem AG in E09c höhergruppiert (wo dieses Datum herkommt weiß ich nicht).

Durch die Zulagenzahlung habe ich ab dem 01.06.2020 mit der E09c (fiktiv) begonnen, so dass für die gesamte Stufenlaufzeit noch 2 Jahre und 183 Tage fehlen und ich nun erst ab 30.07.2024 in Stufe 4 der E09c kommen würde.

Ist das so korrekt?

Würde ich in E09c Stufe 4 eingruppiert werden, wenn ich auf die Zulage verzichte und die Höhergruppierung zum 01.03.2022 stattfinden würde!?!

Gibt es eine Lösung, bei der ich meine Stufenlaufzeit nicht verliere?

Vielen Dank im Voraus für die Hilfe!

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #1 am: 22.08.2022 09:52 »
Zum 01.01.2016 wurde dir eine Tätigkeit der EG 9 (spätere EG 9b) übertragen, aber du wurdest nicht in diese Entgeltgruppe eingruppiert, weil du den Verwaltungslehrgang II noch nicht absolviert hattest. Mit Bestehen der Verwaltungsprüfung II im Jahr 2018 wurdest du höhergruppiert und stufenmäßig so behandelt, als wenn der 01.01.2016 der Höhergruppierungszeitpunkt wäre. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine stufengleiche Höhergruppierung, daher wurdest du fiktiv ab dem 01.01.2016 der Stufe 2 der EG 9b zugeordnet und hast fiktiv ab dem 01.01.2018 die Stufe 3 erreicht.

Das entspricht der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (u. a. Arbeitsgericht Herne, Urteil vom 10.09.19 - 3Ca 384/19). Die Stufe 4 hättest du somit ab dem 01.01.2021 erreicht. Zu diesem Zeitpunkt warst du in Elternzeit und es fehlten dir noch einige Tage an der Erfüllung der Stufenlaufzeit. Der Stufenaufstieg hat somit erst nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nach Ende der Elternzeit im Jahr 2022 stattgefunden.

Ab dem 01.06.20 wurde dir zunächst vorübergehend und später auf Dauer eine höherwertige Tätigkeit der EG 9c übertragen. Die Höhergruppierung erfolgt ab der dauerhaften Übertragung, die Stufenzuordnung erfolgt aber so, als wenn dir die Tätigkeit bereits ab dem 01.06.20 dauerhaft übertragen worden wäre. Zu diesem Zeitpunkt warst du in Stufe 3 der EG 9b und wirst daher aufgrund der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden stufengleichen Höhergruppierung der Stufe 3 der EG 9c zugeordnet, und zwar mit einem Stufenlaufzeitbeginn 01.06.20. Die Stufe 4 erreichst du nach Erfüllung der dreijährigen Stufenlaufzeit, wobei die Elternzeit nicht mitrechnet.

Eine Chance, dass die stufengleiche Höhergruppierung aus der EG 9b Stufe 4 erfolgt, hast du nur dann, wenn die Stufenzuordnung nicht auf der Basis der vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit ab dem 01.06.20 erfolgt und die dauerhafte Übertragung erst nach Erreichen der Stufe 4 der EG 9b erfolgt ist. Das bedeutet, die dauerhafte Übertragung darf nicht im unmittelbaren Anschluss an die vorübergehende Übertragung und nicht vor dem 01.03.2022 erfolgt sein.

Die dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist eine vertragliche Änderung, die nicht einseitig vom Arbeitgeber beschlossen werden kann. Die Frage ist also, ab wann dir dein Arbeitgeber die Tätigkeit dauerhaft übertragen hat, ob du dieser Übertragung mindestens konkludent zugestimmt hast und ob zu diesem Zeitpunkt die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit noch bestand.


Bettgensch

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #2 am: 22.08.2022 23:18 »
Hallo Sie,

vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Ich hätte dazu noch einige Fragen...

Eine Chance, dass die stufengleiche Höhergruppierung aus der EG 9b Stufe 4 erfolgt, hast du nur dann, wenn die Stufenzuordnung nicht auf der Basis der vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit ab dem 01.06.20 erfolgt und die dauerhafte Übertragung erst nach Erreichen der Stufe 4 der EG 9b erfolgt ist. Das bedeutet, die dauerhafte Übertragung darf nicht im unmittelbaren Anschluss an die vorübergehende Übertragung und nicht vor dem 01.03.2022 erfolgt sein.

Wenn die Stufenzuordnung nicht auf Basis der vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit ab dem 01.06.2020 erfolgt, würde hier die Zulage wegfallen (wäre mir egal...)?

Was heißt, dass die dauerhafte Übertragung nicht im unmittelbaren Anschluss an die vorübergehende Übertragung erfolgen darf? Wann wäre da der nächstmögliche Zeitpunkt?

Die dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist eine vertragliche Änderung, die nicht einseitig vom Arbeitgeber beschlossen werden kann. Die Frage ist also, ab wann dir dein Arbeitgeber die Tätigkeit dauerhaft übertragen hat, ob du dieser Übertragung mindestens konkludent zugestimmt hast und ob zu diesem Zeitpunkt die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit noch bestand.

Ich habe laut meiner Abrechnung in 03/22 in die Stufe 4 der E09b gewechselt. Anschließend habe ich einen Änderungsvertrag zugeschickt bekommen, in dem steht, dass in Abänderung des zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Arbeitsvertrages ich ab 14.09.2021 in der E09c eingruppiert bin. Ich bin aufgrund der Abrechnung von einer stufengleichen Höhergruppierung ausgegangen und wusste nicht, dass mit der Zulagenzahlung ab 01.06.2020 die Stufenlaufzeit in Stufe 3 neu begann und habe diesen Änderungsvertrag am 04.04.2022 unterschrieben. Im Juni 2022 habe ich dann die abgeänderten Abrechnungen erhalten (E09c, Stufe 3).

Damit habe ich der dauerhaften Übertragung vermutlich zugestimmt.

Warum ist hier wichtig, ob zu diesem Zeitpunkt die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit noch bestand?

Sollte sich mein AG nicht auf die Bitte der stufengleichen Höhergruppierung einlassen, habe ich hier eine Chance den Änderungsvertrag mit dem Erklärungsirrtum gem. § 119 BGB anzufechten oder gibt es andere Möglichkeiten?

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #3 am: 23.08.2022 08:34 »
Wenn die dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im unmittelbaren Anschluss an die vorübergehende Übertragung derselben Tätigkeit erfolgt, ist die Stufenzuordnung so vorzunehmen, als ob die Höhergruppierung bereits im Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung erfolgt ist.

Wir müssen uns also damit befassen, wie die vorübergehende Übertragung formuliert war und ob sie bei Rückkehr aus der Elternzeit noch Bestand hatte. Wenn das der Fall war, du also die Tätigkeit sofort wieder ausgeübt und im Januar und Februar die Zulage bekommen hast, nützt es meiner Ansicht nach nichts, den Zeitpunkt der dauerhaften Übertragung, der mir tatsächlich etwas willkürlich erscheint, anzufechten.
Ich denke, du solltest in diesem Fall das Thema abhaken und dich nicht weiter darüber ärgern.

Bettgensch

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #4 am: 23.08.2022 12:32 »
Bezüglich der vorübergehenden Übertragung habe ich im November 2020 ein Schreiben erhalten, in dem steht, dass ich bis zum Beginn meiner Mutterschutzfrist höherwertige Tätigkeiten der E09c wahrgenommen habe und von daher vom 01.06.2020 an eine persönliche Zulage bewilligt wird. Für die Dauer der Elternzeit besteht jedoch kein Anspruch auf Entgelt. Die Zulage wird auf einen ggf. zustehenden Strukturausgleich angerechnet. Die Zulage entfällt, wenn ich die höhenwertigen Tätigkeiten nicht mehr wahrnehme.

Die Tätigkeit wurde sofort nach der Elternzeit wieder ausgeübt und die Zulage habe ich weiter bekommen. Nach Unterzeichnung des Änderungsvertrags habe ich die neuberechneten Abrechnungen rückwirkend ab 01/22 (E09c, Stufe 3) erhalten. Ändert das irgendwas?

Hätte ich gewusst, dass wegen der Zulagenzahlung keine stufengleiche Höhergruppierung erfolgt, hätte ich auf die Zulage verzichtet und den Änderungsvertrag nicht unterschrieben...

 

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #5 am: 23.08.2022 14:27 »
Doch, es hat eine stufengleiche Höhergruppierung stattgefunden. Problem ist nur, dass die stufengleiche Zuordnung zu einem ungünstigen Zeitpunkt stattfindet, in dem du noch in Stufe 3 warst. Wenn du die dauerhafte Übertragung abgelehnt hättest, hätte dir das vermutlich auch nicht geholfen. Entweder wäre die vorübergehende Übertragung widerrufen oder fortgeführt worden. Beim Widerruf hättest du keine Zulage mehr bekommen, sondern anstelle des Entgelts nach EG 9c Stufe 3, das du jetzt bekommst, das Entgelt der EG 9b Stufe 4 bekommen. Wenn die vorübergehende Übertragung fortgeführt worden wäre, hättest du weiter eine Zulage bekommen, aber bei einer späteren dauerhaften Übertragung im Anschluss an die vorübergehende Übertragung wäre das Problem wieder da.

Bettgensch

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #6 am: 23.08.2022 21:24 »
Danke Isie, ich denke ich habe jetzt alles soweit verstanden.

Ich sehe den Vorteil einer Zulage leider nicht, wenn man ab Beginn der Zulagenberechnung nicht zufällig gerade einen Stufenaufstieg hatte. Gibt es einen?

Ich hätte vorher aushandeln müssen, dass die Zulagenberechnung erst ab Erreichen der Stufe 4 in E09b erfolgt, korrekt?

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #7 am: 23.08.2022 21:49 »
Du hättest eine Lücke zwischen vorübergehender und dauerhafter Übertragung gebraucht und die dauerhafte Übertragung hätte erst nach Erreichen der Stufe 4 erfolgen dürfen.
Die Regelung, dass die Stufenzuordnung so erfolgt, als wenn man im Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung höhergruppiert worden wäre, ist angesichts der stufengleichen Höhergruppierung vorteilhaft, wenn man gerade einen Stufenaufstieg hinter sich hat. Aber ein Stufenaufstieg während der vorübergehenden Ausübung läuft ins Leere, wenn die dauerhafte Übertragung direkt im Anschluss stattfindet.

Bettgensch

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #8 am: 23.08.2022 22:31 »
Also hätte ich vereinbaren müssen, dass ich kurzzeitig nicht die höherwertigen Aufgaben übernehme, um diese Lücke zu schaffen?

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #9 am: 24.08.2022 09:57 »
Ja, das hättest du mit deinem Arbeitgeber aushandeln müssen. Er hätte sich allerdings nicht auf diesen Wunsch einlassen müssen, denn die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist keine vertragliche Änderung, sondern wird vom Direktionsrecht abgedeckt.

Ich weiß ja nicht, wie oft es bei euch die Chance gibt, in EG 9c höhergruppiert zu werden. Falls es nur wenige Arbeitsplätze mit dieser Wertigkeit gibt, ist es ja eigentlich eine feine Sache, dass du kurz nach der Rückkehr aus der Elternzeit höhergruppiert wurdest, wobei das Datum der Höhergruppierung für mich nicht nachvollziehbar ist. Die Stufenzuordnung ist zwar ärgerlich, aber ich denke, dass du keine Chance hast, eine Einstufung in Stufe 4 zu erreichen. Wenn es dir allerdings keine Ruhe lässt, solltest du eventuell einen Fachanwalt aufsuchen. Nur glaube ich nicht, dass dir das etwas bringt, weil du die Stufe 4 erst ab März 2022 erreicht hast und die höherwertige Tätigkeit seit der Rückkehr aus der Elternzeit ausgeübt hast.

Nachtrag: Interessant wäre, wann der Stufenaufstieg in die Stufe 4 der EG 9c stattfindet. Nach meiner Einschätzung nach dem Erfüllen einer Stufenlaufzeit von 3 Jahren ab dem 01.06.2020, wobei die Mutterschutzfrist mitzählt, aber nicht die Elternzeit.
« Last Edit: 24.08.2022 10:04 von Isie »

Bettgensch

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #10 am: 29.08.2022 21:30 »
In meiner Gemeinde gibt es tatsächlich viele Arbeitsplätze mit dieser Wertigkeit. Wenn ich vorher von den nachteiligen Auswirkungen Kenntnis gehabt hätte, hätte ich den Änderungsvertrag nicht unterschrieben und vorher das Gespräch mit meinem Arbeitgeber gesucht.

Genau, die Stufenlaufzeit begann am 01.06.2020 und der nächste Stufenaufstieg erfolgt hier also am 30.07.2024.

Oder würden hier noch zwei unterschiedliche Stufen und Stufenlaufzeiten laufen?

Isie

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Antw:Höhergruppierung mit vorheriger Zulage
« Antwort #11 am: 29.08.2022 21:39 »
Nein, ab der Höhergruppierung gibt es nur noch eine Stufe und eine Stufenlaufzeit, die allerdings so gerechnet wird, als wenn die Höhergruppierung bereits im Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung erfolgt wäre.