Gern geschehen, Prüfer. Was jetzt kommt, wird zunächst vom Umfang her noch länger sein und Dich darüber hinaus sachlich nicht sonderlich erfreuen können. Denn ich komme sachlich zu einem deutlich anderen Schluss als die juristische Stellungnahme aus dem Haus des Finanzministeriums – und von daher würde ich mich freuen, wenn sich meine nachfolgende Darlegung als weitgehend haltlos erweisen würde. Dabei bleibt zunächst vorweg festzuhalten, dass ich mich hinsichtlich der Materie für Schleswig-Holstein weiterhin nicht hinreichend mit der Rechtslage beschäftigt und nun nur auf die Schnelle die mögliche Rechtslage – bzw. grundlegende Dokumente zu ihrer Interpretation – ein wenig recherchiert habe. Wenn ich es richtig sehe, ist hier der ursprüngliche Erlass in der amtlichen Form zu finden:
https://www.vak-sh.de/wp-content/uploads/2020/12/02-Erlass-Rechtsstreitverfahren-zur-Sonderzahlung-2007-vom-.pdfDass es sich hierbei um den Originalerlass handelt, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur aus der handschriftlichen Datumsangabe geschlossen werden, sondern vor allem daraus, dass der Unterzeichner, Arne Wulff, von 2005 bis 2009 Staatssekretär im Kieler Finanzministerium gewesen ist. Mit der neuen Landesregierung hat er dann ab Herbst 2009 die Staatskanzlei geleitet. Er kann also entsprechende Schreiben nur bis einschließlich des Jahres 2009 formuliert haben. Und dabei lässt sich m.E. aus dem verlinkten Dokument eher nicht schließen, dass das Schreiben aus dem Frühjahr 2009 stammen sollte und also die erste Wiederholung der ursprünglichen Zusage darstellte. Darüber hinaus war Arne Wulff im Frühjahr 2010 nicht mehr der zuständige Staatssekretär, sodass das Dokument nicht von 2010 oder später stammen kann. Sofern es von 2009 stammen sollte, wäre zu vermuten gewesen, dass es ein gedrucktes Datum erhalten hätte, das aber dem Dokument nicht zu entnehmen ist. Entsprechend sollte es auch deshalb mit höherer Wahrscheinlichkeit das Originalschreiben sein, das auch die juristische Stellungnahme aus dem Finanzministerium zitiert (Umdruck 20/1240, dort S. 2 unter
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/umdrucke/01200/umdruck-20-01240.pdf). Dieses Originalschreiben wäre also zunächst einmal hinsichtlich seiner gemachten Aussagen zu interpretieren:
Der offensichtliche Originalerlass ist neben dem Ministerpräsidenten ebenfalls an die maßgebliche Ministerien, kommunalen Landesverbände und ihren Kassen sowie das Landesbesoldungsamt mit dem Auftrag adressiert worden, ihn nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern – hier aber nur im Hinblick auf die unmittelbar der Landesregierung unterstehenden Adressaten als Auftrag – die jeweils unterstehenden Gliederungen über seinen Inhalt zu unterrichten und das Schreiben allen Beamten nach Maßgabe der jeweiligen Zuständigkeiten in geeigneter Weise bekanntzugeben. Es muss von daher davon auszugehen sein, dass jedem von ihm betroffenen Beamten das Schreiben, das nicht als Erlass gekennzeichnet, jedoch vom Finanzministerium im Nachklang als ein solcher wiederkehrend bis heute verstanden worden ist, 2008 bekannt geworden ist, wie das ebenfalls der letzte Absatz jenes Schreibens konkretisiert. Die Folgerungen, die jeder Beamte damit aus dem Schreiben gezogen hat, sind von daher individuell ausschließlich von jedem einzelnen zu verantworten und liegen entsprechend in der jeweils individuellen Verantwortung eines jeden Beamten. Sofern er von einem solchen Schreiben Kenntnis erlangt hat, kann er sich nicht darauf berufen, das es anders wäre.
Das offensichtliche Originalschreiben sagt aus, dass ein in der Vergangenheit bereits bekanntgegebenes Verfahren hier ggf. konkretisiert werde, nämlich dass verschiedene Musterverfahren gegen die Sonderzahlungsregelung, das Jahr 2007 betreffend, geführt werden würden und dass bis zu der rechtskräftigen Entscheidung über jene Verfahren entsprechende Widersprüche im Landesbereich ruhend gestellt worden seien und ggf. zukünftige Widersprüche ebenfalls ruhend zu stellen seien; für die weiteren Verfahren, Beamte betreffend, die nicht direkt der Landesverwaltung unterstehen, wird bittend angeregt, entsprechende Verfahren ebenso ruhend zu stellen. Darüber hinaus wird mit einem unbestimmten Rechtsbegriff ("sollte") die Ansicht des Landesregierung mitgeteilt, dass alle Beamten für den Fall einer rechtskräftigen höchstrichterlichen Verurteilung gleichbehandelt werden sollten. Die dargelegt Auffassung lässt sich m.E. entsprechend als eine Anregung auffassen, dass Widerspruchsführer und Beamte, die keinen Widerspruch eingelegt hätten oder zukünftig keinen einlegten, gleichbehandelt werden könnten. Schwieriger zu bewerten ist hingegen zunächst der letzte Satz des zweiten Absatzes. Denn zwar wird hier mit dem Konjunktiv ebenfalls eine zunächst unbestimmte Aussage getätigt. Andererseits bezieht sich der Gebrauch jenes Konjunktivs offensichtlich auf die Möglichkeit, dass wider der Erwartung der Landesregierung der Fall eintreten könnte, dass 2007 ein amtsangemessene Gehalt der Alimentation nicht gewährt worden sein könnte. Als Folge einer solchen Auslegung, dass der Konjunktiv sich ausschließlich auf die Aussage dieses Falls bezöge, könnte man die Aussage dieses Satzes wie folgt übersetzen: „Gemäß dem Fall, dass rechtskräftig entschieden ist, dass die Alimentation im Jahr 2007 als Folge der gesetzlichen Veränderung des Sonderzahlungsrechts nicht hinreichend gewesen ist,
wird die Landesregierung ein entsprechend verfassungskonformes Gesetzgebungsverfahren auf den Weg bringen.“ Eine solche Auslegung müsste als bestimmte Aussage begriffen werden - sie wäre aber andererseits auch nicht anders möglich, da im Besoldungsrecht der Gesetzesvorbehalt zu beachten ist: Die Besoldung des Beamten ist ausnahmslos durch ein Gesetz zu regeln. Erweist sich ein Gesetz als nicht verfassungskonform, ist es durch eine verfassungskonforme gesetzliche Regelung zu ersetzen.
Damit sagt der letzte Satz des zweiten Absatzes m.E. nur aus, was verfassungsrechtlich zwingend von der Exekutive zu beachten ist: Zur Umsetzung der Folgen aus einer höchstrichterlichen Verurteilung werde die Exekutive in Gestalt der Landesregierung unter allen Umständen eine verfassungskonforme gesetzliche Regelung auf den Weg bringen. Über das weitere Verfahren kann darüber hinaus in dem Schreiben nichts gesagt werden. Denn die Exekutive kann keine Gesetzentwürfe verabschieden – deren Verabschiedung unterliegt der Legislative. Nur sie kann Gesetze verabschieden, die darüber hinaus verfassungskonform sein müssen. Damit aber würde der letzte Satz des zweiten Absatzes allein aussagen, dass die Landesregierung im Gefolge einer rechtskräftigen Verurteilung einen verfassungskonformen Gesetzentwurf erstellen würde - über dessen Gesetzeskraft, also seine Verabschiedung, müsste dann der Gesetzgeber entscheiden. Dazu kann die Exekutive allerdings qua ihrer Stellung in der verfassungsmäßigen Ordnung keine hinreichende Aussage machen; denn die Ausarbeitung eines Gesetzes ist nicht mit dessen Verabschiedung gleichzusetzen. Verfassungsrechtlich zwingend wäre nach der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugleich, dass sowohl Widerspruchsführer als auch Kläger, die statthafte Rechtsbehelfe vollzogen hätten, zu entschädigen sind.
Damit also sagt der letzte Satz des zweiten Absatzes nur aus, dass die Landesregierung als Folge einer rechtskräftigen Verurteilung des Landes einen verfassungskonformen Gesetzentwurf erstellen wird. Innerhalb dieses Gesetzesentwurfs - das ist die Aussage des ersten Satzes des zweiten Absatzes - muss dann
nicht zwingend eine Gleichbehandlung von Widerspruchsführern und jenen Beamten, die keinen Widerspruch geführt haben, vollzogen werden (da dieser Zwang nicht vom Bundesverfassungsgericht als notwendig betrachtet wird), sondern die Absichtserklärung der Landesregierung war im Jahr 2008, dass sie eine entsprechende Gleichbehandlung in Erwägung ziehe - deshalb im ersten Satz "sollte". Denn selbst, wenn der konjunktivische Gebrauch hier entsprechend dem zweiten Satz zu verstehen wäre, würde er sich auf den Indikativ "sollen" beziehen, der anders als der Indikativ "wird" zum Konjunktiv "würde" kein bestimmter, sondern weiterhin ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, der also interpretativ auszulegen ist und rechtlich bedeutet: "im Regelfall muss". Da es aber hier keinen Regelfall gibt - bzw. dieser sich nur auf Kläger und Widerspruchsführer bezieht (hier liegt der Regelfall von Nachzahlungen vor) -, bleibt die unbestimmte Aussage weiterhin Auslegungssache. Meine Auslegung bleibt im Kontext des gesamten Schreibens weiterhin: Der erste Satz des zweiten Absatzes formuliert eine Absichtserklärung, die aber keinen verbindlichen Charakter hat. Denn eine Absicht kann man haben oder nicht haben – sie bietet aber keine hinreichende Gewähr, dass man sie auch vollzieht. Rechtlich hinreichend wäre ausschließlich eine Formulierung auf Basis eines bestimmten Rechtsbegriffs, also z.B.: „Wird zukünftig wider Erwarten eine rechtskräftige Verurteilung des Landes geschehen, wird die Landesregierung alle Beamte unabhängig davon, ob sie einen Widerspruch geführt haben oder zukünftig führen werden oder nicht, gleichbehandeln.“ Damit läge keine Absichtserklärung, sondern die Ankündigung einer zwingend verbindlichen Handlungsweise auf Grundlage eines bestimmten Rechtsbegriffs vor. Da als Folge einer rechtskräftigen Verurteilung Kläger und Widerspruchsführer, sofern sie statthafte Rechtsbehelfe formuliert haben, zu entschädigen sind, müssten in diesem geschilderten Fall ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der vorsehen würde, dass ausnahmslos alle Beamte entschädigt werden würden – nach meiner gerade getätigten Interpretation gilt das aber nicht als Folge für die Formulierung aus dem Jahr 2008. Eine Absichtserklärung bleibt eine Absichtserklärung und ist keine verbindliche Aussage hinsichtlich des zukünftigen Handelns.
Ihre Absichtserklärung hat die Landesregierung darüber hinaus nach 2008 jährlich regelmäßig wiederholt und dabei offensichtlich um keine sachliche Konkretisierung erweitert. Nicht umsonst wurde bspw. 2018 einleitend hervorgehoben, dass sich an der Absichtserklärung des Jahres 2008 weiterhin nichts geändert habe, um im Anschluss jene Absichtserklärung vollständig zu zitieren (
https://transparenz.schleswig-holstein.de/dataset/e168ca96-a4e5-4fac-aea3-d650138b9ec2/resource/20563a70-ceb6-4577-967b-7c147a142368/download/erlass-sonderzahlung-20181488542114669390358.pdf). Damit verblieb es m.E. weiterhin in der individuellen Verantwortung jedes Beamten, wie er jenes Schreiben aus dem Jahre 2018 nach der Erlangung seiner Kenntnis mitsamt des eingeschlossenen Zitats des ursprünglichen Schreibens bewertete. Nicht umsonst hebt der erste Absatz des Schreibens aus dem Jahr 2018 ausschließlich auf die weitere Ruhendstellung von bereits gemachten Anträgen ab – über den weiteren Rechtsgehalt sagt jenes Schreiben allerdings nicht aus, vielmehr zitiert es im Anschluss nur das ursprüngliche Schreiben aus dem Jahr 2008. Von daher wendet sich der erste Absatz des 2018er Schreibens ausschließlich an Widerspruchsführer und teilt ihnen mit, dass ein weiterer Widerspruch ihrerseits für das Jahr 2018 nicht nötig sei. Es macht damit zugleich allen Beamten ersichtlich, dass es entsprechende Widersprüche nicht nur das Jahr 2007 betreffend, sondern auch darüber hinausgehend kontinuierlich gegeben haben muss. Gegebenenfalls unschlüssige Beamte, die bis 2018 für das jeweilige Kalenderjahr noch keinen Widerspruch geführt hatten, werden mit dem zweiten Absatz auf die m.E. fortgeführte Absichtserklärung verwiesen, die also fortzuführen die Landesregierung augenscheinlich mit dem Zitat geplant hat. Sie macht darüber hinaus jeden Beamten darauf aufmerksam, dass es kontinuierlich Widerspruchsschreiben gegeben hat und dass ein einmal ruhend gestellter Widerspruch nicht wiederholt werden müsse. Das sind nach meiner Lesart die rechtsverbindlich getätigten Aussagen. Da abschließend weiterhin klargestellt worden ist, dass jedem Beamten der Inhalt auch jenes 2018er Schreiben in geeigneter Weise bekanntgegeben worden ist, ist die Verantwortung für das eigene Handeln wie eingangs dieses Absatzes hervorgehoben weiterhin ausschließlich beim jeweiligen Beamten verblieben.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich sehe es anders als die genannte juristische Stellungnahme aus dem Finanzministerium. Ich sehe dessen Argumentation, die Sachlage bis Ende 2021 betreffend, als schlüssig an, kann aber für diese Argumentation keine dem ursprünglichen Schreiben direkt zu entnehmende Basis erkennen. Man kann das ursprüngliche Schreiben aus dem Jahr 2008 so verstehen, wie es die juristische Stellungnahme vornimmt – man muss es aber nicht so verstehen und kann es – denke ich – durchaus auch so verstehen, wie ich es verstehe. Denn ich sehe für viele der in der juristischen Stellungnahmen gemachten Aussagen keine dem ursprünglichen Schreiben aus dem Jahr 2008 direkt zu entnehmende Basis, sodass ich jener Interpretation sachlich nicht folgen kann. Darüber hinaus handelt es sich bei der juristischen Stellungnahme um eine Interpretation auf Basis der aktuellen Lage, nicht aber um eine Festlegung darauf, wie die Landesregierung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht tatsächlich handeln wird. Denn das kann nicht durch eine juristische Stellungnahme aus dem Haus des Finanzministeriums festgelegt werden – sondern die zukünftigen Maßnahmen der Landesregierung unterliegen ausnahmslos ihrem politischen Willen zu jenem Zeitpunkt, an dem sie jenen Willen vollziehen. Die juristische Stellungnahme hat entsprechend keine verbindliche oder die Landesregierung bindende Wirkung. Sie gibt die juristische Meinung dessen wieder, der auf Grundlage der heutigen Sachlage eine Einschätzung über das laufende Widerspruchsverfahren und seine möglichen Folgen abgibt. Auch solche Einschätzungen mögen sich ändern, sofern sie andere Argumente als sachlich schlüssiger ansehen wollten.
Ergo: Ich würde mich freuen, wenn nach der anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zunächst alle Beamten des Landes Schleswig-Holstein, den Zeitraum 2007 bis 2021 betreffend, amtsangemessen entschädigt werden würden. Ich gehe aber davon aus, dass die Landesregierung heute zunächst einmal nur zur Kenntnis nehmen muss, dass nach der angekündigten Entscheidung rechtskräftig über das Jahr 2007 entschieden sein wird. Es dürfte nicht gänzlich unwahrscheinlich sein, dass die Landesregierung dann entsprechend jener bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zur Heilung der 2007 gewährten Alimentation schreiten wird. Sofern sie das tut, wird sie einen Gesetzesentwurf erstellen, der Klägern und Widerspruchsführern ggf. eine Nachzahlung für das Jahr 2007 in einer Höhe gewährt, zu der der Dienstherr verpflichtet sein wird (und deren Höhe sie jeweils nach jener Entscheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin - noch - selbst wird feststellen müssen und dürfen). Zu einer Nachzahlung für weitere Beamten dürfte das Land m.E. nicht verpflichtet sein und auch nicht vom Bundesverfassungsgericht verpflichtet werden. Der Gesetzentwurf wird also ggf. Nachzahlungen an alle Beamten, das Jahr 2007 betreffend, vollziehen, ohne dazu verpflichtet zu sein, denke ich. Gegebenenfalls wird er das aber auch nicht tun und dann wohl im weiteren Rahmen im Sinne meiner hier getätigten Argumentation entsprechende Begründungen abgeben. Für welche der beiden prinzipiellen Wege sich die Landesregierung in einem entsprechenden Gesetzentwurf entscheiden wollte, darüber habe ich eine deutliche Vermutung, aber ich kann nicht in die Zukunft schauen.
Sofern sie darangehen wird, nach der anstehenden bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung hinsichtlich von Klägern und Widerspruchsführern über das Jahr 2007 hinaus Nachzahlungen in einem Gesetzentwurf vorzubereiten, wäre das erfreulich (und auch nach einer entsprechenden Entscheidung moralisch erwartbar – jedoch nicht zwingend erforderlich, da die angekündigte Entscheidung des Bundesverfassungsgericht formal nur das Jahr 2007 betrifft). Genauso wäre es erfreulich, wenn das Land dann auch allen anderen Beamten eine entsprechende Nachzahlung über das Jahr 2007 hinaus gewähren würde. Ich gehe aber davon aus, dass es das nicht tun wird und dazu auch nicht verpflichtet werden kann. Denn eine solche rechtsverbindliche Aussage kann ich weder dem ursprünglichen Schreiben aus dem Jahre 2008 entnehmen noch dem Schreiben aus dem Jahr 2018. Denn die Rechtslage ist eindeutig: Nur auf Grundlage eines statthaften Rechtsbehelf bleiben die Ansprüche hinsichtlich eines Kalenderjahrs gewahrt. Das muss jedem Beamten als solchem bekannt sein oder sollte es zumindest. Er kann sich jedenfalls nicht darauf berufen, dass es ihm nicht bekannt (gewesen) war. Jeder Beamte dürfte sowohl 2008 als auch bis 2021 jährlich regelmäßig darauf hingewiesen worden sein, dass entsprechende Rechtsbehelfe nicht jährlich wiederholt werden müssen, sondern nach ihrem Eingang ruhend gestellt werden bzw. in der Vergangenheit ruhend gestellt worden sind. Weitere Aussagen auch über das Jahr 2007 hinaus sind weder dem ursprünglichen Schreiben aus dem Jahr 2008 zu entnehmen noch dem aus dem Jahr 2018. Sie sind darüber hinaus m.E. sachlich so deutlich formuliert, dass sie genau die Argumentation vorbereiten, die ich in diesem Beitrag skizziere - wäre also das von mir hier begründet vermutete Ergebnis nicht mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit vorbereitet und erwartbar, hätte ich diese Zeilen nicht formuliert. Leider liegt das Ergebnis m.E. aber sachlich auf der Hand und ist spätestens seit 2008 entsprechend so vorbereitet worden.
Und insofern würde ich mich erstens natürlich freuen, wenn ich mich irrte und ich solche Zusagen übersehen hätte, und zweitens, wenn der Gesetzgeber in Schleswig-Holstein anders handeln würde, nämlich im Sinne der juristischen Stellungnahme. Landesregierungen und Gesetzgeber, die allerdings selbst unabhängige Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags trotz deren eindeutigen Gehalt als sachlich nicht beachtenswert betrachten, dürften m.E. mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit kaum anders handeln, wenn sie zukünftig ggf. an juristische Stellungnahme aus dem Haus ihres Finanzministeriums erinnert werden würden. Wer über mehr als 15 Jahre hinweg gemeinschaftlich - also konzertiert - entsprechende Gesetzentwürfe formuliert und sie danach mit Gesetzeskraft verabschiedet hat, wie das die jeweilige Landesregierung und der jeweilige Landtag vorbereitet und vollzogen haben, der dürfte für all jene Jahre kaum begründeten Anlass zur Vermutung geben, dass er gleichzeitig vorgehabt hätte, jederzeit nachträglich zu einer amtsangemessenen Alimentation zurückzukehren. Denn wenn ihn jene Motivation geleitet hätte, dann hätte er von vornherein verfassungskonform gehandelt und also nicht regelmäßig wissentlich und willentlich, also zielgerichtet, den konzertierten Verfassungsbruch vollzogen.