Autor Thema: [SH] Widerspruch amtsangemessener Alimentation / Sonderzahlung  (Read 26960 times)

SwenTanortsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,061
Die Aussage "'Die Verfahren aus Schleswig-Holstein werden derzeit bearbeitet', bestätigte ein Sprecher des Verfassungsgerichts" ist die typische Formulierung des Bundesverfassungsgericht, vgl. bspw.

https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2022/03/Entscheidung_nicht_2022_anonym.png
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2022/03/BVerfG_Antwortschreiben-vom-24.03.2022.pdf

Dennoch halte ich es für wahrscheinlich, dass nach der angekündigten Entscheidung über die anhängige konkrete Normenkontrollverfahren des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen (2 BvL 2/16 bis 6/16) Geschwindigkeit in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt. Denn wenn ich es richtig sehe, könnte das Bundesverfassungsgericht mit jener Entscheidung den mit dem Urteil vom 14.02.2012 - 2 BvL 4/10 - eingeleiteten Rechtsprechungswandel insofern zu einem vorläufigen Ende bringen, als dass nun die letzten substanziellen Fragen zur neuen, also seit 2012 entwickelten Besoldungsdogmatik beantwortet werden. Sofern das der Fall wäre, bedürfte es keiner Senatsentscheidungen mehr, sondern dann wären Kammerentscheidungen nach § 81a BVerfGG möglich, was hieße, dass nun nicht mehr der sechsköpfige Senat, sondern eine aus nur drei Richtern bestehende Kammer die jeweilige Entscheidung in den heute mehr als 40 offenen Normenkontrollverfahren fällen würde.

Kammerentscheidungen trifft das Bundesverfassungsgericht in dem Moment, wenn ein Fall auf Grundlage der vorliegenden Dogmatik von vornherein klar ist, sodass es nicht mehr nötig ist, noch den Senat entscheiden zu lassen. Voraussetzung für einen Kammerbeschluss ist die Einstimmigkeit (deshalb muss eine ausgeformte Dogmatik vorliegen, die wiederum zu einem von vornherein klaren Ergebnis führt). Das Ziel der Anwendung von Kammerbeschlüssen ist es, die generell immer (zu) hohe Zahl an konkreten Normenkontrollverfahren beschleunigt bearbeiten und entscheiden zu können.

Denn Senatsbeschlüssen geht zunächst die umfangreiche Bearbeitung des Falls durch den Berichterstatter und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter voraus. Der Berichterstatter erstellt zunächst die Vorlage für ein Votum. Hierzu wird das Klageverfahren als Ganzes mitsamt der dafür notwendigerweise zu beachtenden Rechtsprechung der Vergangenheit betrachtet, einschließlich der Sichtung der maßgeblichen rechtswissenschaftlichen Literatur. Ist die Vorlage erstellt, beinhaltet sie ebenfalls einen Entscheidungsvorschlag. Auf Grundlage dieses Vorlage erfolgt dann die in vielen Fällen langwierige Beratung des Senats, die eben das Für und Wider für oder gegen den Entscheidungsvorschlag diskutiert und abwägt. Nicht selten wird dabei die Vorlage - insbesondere in im Senat strittigen Fällen - wiederholt um weitere Argumente ergänzt, ggf. sogar noch einmal (ganz) neu geschrieben, je nachdem, welche der kontroversen Argumente sich in der Beratung durchsetzen. Am Ende der Beratung steht schließlich die Senatsentscheidung, also ein mit Mehrheit für oder gegen den Entscheidungsvorschlag getroffenes Votum des Senats, womit die Entscheidung des Senats feststeht. Auf Grundlage der Beratung und des Votums arbeitet der Berichterstatter im Anschluss das Votum als sog. Entscheidungsentwurf aus. Im Anschluss wird dann dieser Entwurf erneut vom Senat in der sog. Leseberatung ggf. noch einmal ausführlich diskutiert und auch verändert (ohne dass sich das Votum oder die Entscheidung noch änderte). Dieses umfangreiches Procedere - das nach Möglichkeit gerne zu einer einstimmigen oder deutlichen Mehrheitsentscheidung geführt wird, weshalb es ggf. langwierige beratende Diskussionen um das Für und Wider von Argumenten gibt - ist der tiefere Grund, wieso Senatsentscheidungen vielfach recht lange dauern. Denn sie sind vielfach mit der Erweiterung oder gar dem Bruch einer bestehenden Dogmatik verbunden. Auch deshalb fallen weniger als ein Prozent aller bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen als Senatsentscheidungen und also mehr als 99 Prozent als Kammerentscheidungen. Bislang waren Senatsentscheidungen nötig, da das Bundesverfassungsgericht seit 2012 eine vollständig neue Dogmatik zum Besoldungsrecht entwickelt hat, die den weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers zunehmend eingeengt hat. Mit der nun anstehenden Entscheidung könnte diese Dogmatik praktisch abgeschlossen vorliegen, sodass keine Senatsentscheidungen mehr nötig wären, was wiederum zu einer deutlichen Beschleunigung der Verfahren führen dürfte.

Denn da bei Kammerentscheidungen davon auszugehen ist, dass der Fall - auf Grundlage der vorhandenen Dogmatik - klar ist, was dazu führt, dass es i.d.R. keine Beratung gibt, erstellt der Berichterstatter zunächst einen vollständigen Begründungsentwurf, über den dann im sog. Umlaufverfahren entschieden wird, soll heißen, wenn es keinen Widerspruch von den anderen beiden Richtern gibt, erfolgt das Votum ohne Beratung. Ist dieses Votum einstimmig - und das ist es i.d.R., da die zugrunde zu legende Dogmatik den Fall klar macht -, ist die Entscheidung gefallen. Kann keine Einstimmigkeit hergestellt werden - was ob der wegen der Dogmatik i.d.R. gegebenen Klarheit des Falls eben weit überwiegend nicht geschieht -, kommt es zu einer Senatsentscheidung. Senatsentscheidungen werden in jedem Fall in der Amtlichen Sammlung "Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts" veröffentlicht, sie weisen vielfach eine umfassende Begründung der Entscheidung auf; beides gilt für Kammerentscheidungen vielfach nicht.

Der langen Rede kurzer Sinn: Nach der für dieses Jahr angekündigten und wohl im nächsten Jahr zu fällenden Entscheidung über die Bremer Vorlagebeschlüsse wissen wir mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit mehr. Diese Vorlagebeschlüsse ermöglichen es dem Bundesverfassungsgericht sowohl hinsichtlich przozeduraler als auch materieller Fragen eindeutige Antworten zu geben. Das dürfte der Grund sein, vermute ich, dass genau diese Vorlagebeschlüsse ausgewählt worden sind.

Nordlicht97

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 77
Letzte Woche gab's offenbar ein Schreiben der DGB-Gewerkschaften aus S-H mit folgendem Inhalt:

"Besoldung und Versorgung:
Sachstand der amtsangemessenen Alimentation in Schleswig-Holstein


Mit der Kürzung bzw. Streichung der Sonderzahlung im Jahr 2007 war seitdem stets die jährliche Zusage des Finanzministeriums verbunden, dass im Falle einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Musterverfahren gegen das Land die entsprechende Entscheidung für alle Beamtinnen und Beamten gelten sollte. Eigene Anträge und Klagen auf amtsangemessene Alimentation waren damit bisher nicht notwendig. Es wurden durch die Gewerkschaften Musterverfahren geführt, andere Anträge wurden ruhend gestellt. Mittlerweile liegen die Musterverfahren dem Bundesverfassungsgericht vor. Zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes könnte es im Jahr 2023 kommen. Eine Gleichbehandlung aller Beamtinnen und Beamten mit den Klägerinnen und Klägern wird nach den bisherigen Zusagen für die Jahre 2007 bis 2021 erfolgen.

Keine Gleichbehandlungszusage mehr ab 2022

Für 2022 ist aktuell keine Gleichbehandlungszusage des Landes mehr für alle Beamtinnen und Beamten geplant. Das Finanzministerium geht vielmehr davon aus, dass mit den im Frühjahr 2022 beschlossenen Besoldungsgesetzen eine verfassungsgemäße Alimentation für das Jahr 2022 sichergestellt ist. Das Finanzministerium beabsichtigt deshalb, Anträge und Klagen auf amtsangemessene Alimentation im Jahr 2022 nicht mehr ruhend zu stellen, sondern einzeln zu bescheiden. Dann bleibt es den Antragstellerinnen und Antragsstellern überlassen, ob sie nach Durchführung eines erfolglosen Widerspruchsverfahrens Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.

Hintergrund ist, dass in den Jahren 2021 und 2022 auf Druck der Gewerkschaften und zur Sicherung einer amtsangemessenen Alimentation eine Reihe von besoldungsrechtlichen Maßnahmen beschlossen wurden. Hierzu gehörte unter anderem eine Erhöhung des Familienzuschlags um 40 Euro pro Kind, die Erhöhung der Besoldung und Versorgung um zusätzlich ein Prozent neben der zeit- und wirkungsgleichen Übernahme der tariflichen Steigerungen und die Streichung unterer Besoldungsgruppen. Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinen bisherigen Entscheidungen von einem rückwärtigen Betrachtungszeitraum von 15 Jahren bei der Prüfung der amtsangemessenen Alimentation ausgeht. Da die Kürzung bzw. Streichung der Sonderzahlung nun mehr als 15 Jahre zurückliegt, kommt sie ab 2022 bei der Prüfung der amtsangemessenen Alimentation nicht mehr zum Tragen. Beide Faktoren zusammen führen dazu, dass die Landesregierung nun ab 2022 von einer amtsangemessenen Alimentation ausgeht.

Was bedeutet das nun konkret?

Wie bereits dargelegt, gibt es eine Gleichbehandlungszusage des Finanzministeriums mit den Klägerinnen und Klägern der Musterverfahren für die Jahre 2007 bis 2021. Ob und in welchem Umfang es hier zu Nachzahlungen kommen wird, hängt von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes und dem anschließend eventuell notwendigen Gesetzge-bungsverfahren ab.

Ab dem Jahr 2022 müssten Beamtinnen und Beamten eigene Anträge auf amtsangemessene Alimentation einreichen und nach dem Widerspruchsverfahren Klage erheben. Die Erfolgsaussichten hierfür sind angesichts der oben skizzierten Rahmenbedingungen allerdings als gering einzuschätzen. Der DGB und seine Gewerkschaften rufen deswegen nach dem aktuellen Stand im Jahr 2022 nicht zu Anträgen auf amtsangemessene Alimentation auf und werden hierfür voraussichtlich auch keinen Rechtsschutz gewähren.

Eine besondere Situation ergibt sich jedoch bei Beamtenfamilien, die aufgrund der Einbeziehung des Familieneinkommens keinen Anspruch auf die neuen Familienergänzungszuschläge haben. Dies betrifft insbesondere kinderreiche Beamtenfamilien mit Doppeleinkommen oberhalb der neuen Freigrenzen. Hier besteht die Möglichkeit, durch Anträge, Widersprüche und Klagen eine rechtliche Überprüfung der neuen Regelungen herbeizuführen. Die Gewerkschaften des DGB werden hier im Einzelfall auf Antrag von Mitgliedern über die Gewährung von Rechtsschutz entscheiden.

Wie geht es weiter? Was ist noch offen?

Wie sich das Besoldungs- und Versorgungsrecht in Schleswig-Holstein weiter entwickeln wird, hängt stark von den weiteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes ab. Offen sind dabei nicht nur die Musterverfahren aus Schleswig-Holstein, die anlässlich der Kürzung bzw. Streichung der Sonderzahlung eingereicht wurden. Offen ist auch, welche Maßstäbe das Bundesverfassungsgericht an eine amtsangemessene Alimentation von Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfängern anlegen wird. Hierzu liegen dem Bundesverfassungsgericht ebenfalls Vorlagebeschlüsse aus anderen Ländern vor. Die bisherige Rechtsprechung bezieht sich ausschließlich auf die amtsangemessene Alimentation aktiver Beamtinnen und Beamter. Nach entsprechenden Entscheidungen werden eventuell Gesetzesanpassungen im Besoldungs- und Versorgungsrecht notwendig. Diese werden der DGB und seine Gewerkschaften politisch eng begleiten.
Ebenfalls noch offen ist die Frage, welche Auswirkungen die Einführung des Bürgergeldes ab dem Jahr 2023 auf die Besoldung haben wird. Hier ist ein Mindestabstand zu den untersten Besoldungsgruppen einzuhalten. Entsprechende Berechnungen müssen allerdings eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen und liegen aktuell noch nicht vor. Hier sind aber durchaus rückwirkende Regelungen durch den Gesetzgeber möglich. Der DGB und seine Gewerkschaften bleiben auch hier am Ball."


Ich weiß ehrlich nicht, was ich dazu sagen soll.

Die Gewerkschaften rufen dazu auf, keinen Widerspruch einzulegen?!
Die gehen doch nicht wirklich davon aus, dass die Alimentation jetzt verfassungskonform ist mit den bisherigen Maßnahmen?
Und offenbar halten sie die Einbeziehung von Familieneinkommen für eine rechtssichere Maßnahme...

Irgendwie kann ich gerade nur den Kopf schütteln...

Finanzer

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 587
@Nordlicht: Mit Kopfschütteln ist es dabei echt nicht mehr getan.
In anderen Bundesländern schafft es zumindest die regionale Dependance des Deutschen Richterbundes sich ordentlich zu der Thematik zu äussern... wie sieht es mit dem SH-Ableger aus?

tantekaethe

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 15
Ich habe folgendes von der DSTG-SH (inkl. Widerspruchsformular) bekommen:

Zitat
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

infolge der im Jahr 2007 vorgenommen Streichung bzw. Kürzung der jährlichen Sonderzahlung („Weihnachtsgeld“) sind wir auf politischer und juristischer Ebene aktiv, um diesen nach unserer Überzeugung ungerechtfertigten und rechtswidrigen Eingriff zu korrigieren. Durch neue Entwicklungen sehen wir uns durchaus bestätigt. Gern informieren wir Sie über die aktuelle Lage:

Bekanntlich ist es gelungen, Musterfällen aus Schleswig-Holstein dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Da kürzlich Stellungnahmen angefordert wurden, spricht einiges dafür, dass in absehbarer Zeit – hoffentlich in 2023 – eine Entscheidung ansteht. Der dbb hat Stellungnahmen abgegeben und unsere Überzeugung, dass die Kürzungen ein wesentlicher Grund für eine verfassungswidrige Alimentation sind, untermauert. Da es auch gelungen ist, dass das Land im Falle einer Verurteilung Nachzahlungen für die Jahre 2007 bis 2021 zugesagt hat, wird es sehr spannend und hoffentlich gerechtigkeitsfördernd.

Davon losgelöst ist die Situation ab dem Jahr 2022 zu sehen. Das Land hat Korrekturen im Besoldungsrecht vorgenommen und geht davon aus, damit die verfassungsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Das sehen wir allerdings anders. Die Konzentration auf familienbezogene Leistungen und die Abhängigkeit vom Familieneinkommen ist erneut verfassungsrechtlich bedenklich und lässt viele von den Kürzungen Betroffene weiterhin vollständig im Regen stehen. Das kann uns nicht zufrieden stellen. Deshalb gehen wir auch gegen die neue Rechtslage vor. Der dbb sh hat dafür einige Musterfälle ausgewählt. Unser Ziel sind Korrekturen des Besoldungsrechts.

Ob und in welcher Höhe für den Fall einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde auch rückwirkende Ansprüche ab dem Jahr 2022 realistisch sind, kann derzeit kaum beurteilt werden. Für die Absicherung eventueller Ansprüche wären Anträge an den Dienstherren erforderlich. Diese würden nach dem Stand der Dinge allerdings auch jeweils ein Klageerfordernis nach sich ziehen, da das Land keine Bereitschaft erkennen lässt, Anträge ruhend zu stellen.

Mitglieder, die ungeachtet dessen sicherstellen möchten, dass eventuelle Ansprüche auch des Jahres 2022 nachgezahlt werden, müssten noch in diesem Jahr einen entsprechenden Antrag stellen. Dafür kann auf das von uns bereitgestellte Muster zurückgegriffen werden.

Sobald neue relevante Erkenntnisse vorliegen, werden wir darüber entscheiden, ob wir unsere Mitglieder zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen zur Antragstellung aufrufen.

Wir bitten um Mitteilung, wenn Sie einen Antrag gestellt haben, um Sie über das weitere Vorgehen – auch hinsichtlich eventueller Klageerfordernisse - zu informieren. Unabhängig davon werden wir über unsere üblichen Informationswegen über die weitere Entwicklung informieren.

Viele Grüße

Michael Jasper

Landesvorsitzender
DSTG Schleswig-Holstein

Was ist jetzt richtig, doch Widerspruch einlegen?

Finanzer

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 587

Was ist jetzt richtig, doch Widerspruch einlegen?

Das sollten Sie. Sie haben nichts zu verlieren und sehr viel zu gewinnen.

tantekaethe

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 15
Ist dieser Vordruck von der DSTG dafür ausreichend?

Zitat
Sehr geehrte Damen und Herren,

Beamtinnen und Beamte haben Anspruch auf Erhalt einer jeweils amtsangemessenen Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG.

Den daraus resultierenden und durch die Rechtsprechung ausgeschärften Vorgaben (insbes. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 17. November 2015 mit dem Az.: 2 BvL 5/13 sowie vom 4. Mai 2020 mit dem Az.: 2 BvL 4/18 sowie dem Az.: 2 BvL 6/17) ist der Besoldungsgesetzgeber in Schleswig-Holstein auch im Jahr 2022 nicht nachgekommen.

Auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2022 vorgenommen Änderungen des SHBesG (insbesondere „Gesetz zur Gewährleistung eines ausreichenden Abstandes der Alimentation zur sozialen Grundsicherung und zur amtsangemessenen Alimentation von Beamtinnen und Beamten mit mehr als zwei Kindern“ vom 24. März 2022) gehe ich davon aus, dass die mir gewährte Besoldung nicht ausreichend ist, sodass ich gegen diese

Widerspruch einlege und beantrage,

mir eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren, die den in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015 sowie aus dem 2020 aufgestellten Parametern und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.

Der dbb schleswig-holstein nimmt anhand von Musterfällen eine gerichtliche Überprüfung auch des ab dem Jahr 2022 geltenden schleswig-holsteinischen Besoldungsrechts vor. Die Aktenzeichen werden Ihnen vom dbb schleswig-holstein mitgeteilt, sobald diese vorliegen. Ich beziehe mich auf diese Fälle und bitte, meinen Antrag bis zur Entscheidung über diese Fälle ruhen zu lassen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und mir dies neben dem Antragseingang entsprechend zu bestätigen.

ursus

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 26
Keiner der 17 Besoldungsgesetzgeber erfüllt derzeit die Vorgaben des BVerfG, weder hinsichtlich des "Abstandsgebotes" noch hinsichtlich der "prozeduralen Anforderungen". Kein derzeit gültiges Besoldungsgesetz ist verfassungskonform. Um es mit den Worten von Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Humboldt Universität zu Berlin zu sagen: " Angesichts der „Dreistigkeit“ dieses offensichtlich inzwischen über Jahre hinweg „länderübergreifend konzertierten Verfassungsbruchs“ verbietet sich inzwischen jegliche diplomatische Zurückhaltung. Vielmehr ist einmal mehr herauszustellen, dass hier mit voller Absicht (und damit vorsätzlich! Ergänzung durch Verfasser!) die eindeutige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, deren Bindungswirkung § 31 BVerfGG sowie zuletzt auch die Verfassung selbst, insbesondere die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums aus Art. 33 Abs. 5 GG, offen missachtet werden. Diese fortgesetzte Missachtung der Judikate von Bundesverfassungsgericht und Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, nicht nur „rechtsstaatsgefährdend“, wie bekanntermaßen u. a. a. bereits der DRB – Berlin angemerkt hat. Die Besoldungsgesetzgeber führen mit dieser Art der Gesetzgebung letztlich eine Verfassungskrise herbei, die über den eigentlichen Regelungsbereich hinaus weitreichende Auswirkungen haben wird. Nicht nur wird damit die Autorität des Bundesverfassungsgerichts beschädigt, sondern darüber hinaus die Integrität und damit auch die Funktionalität des Beamtentums insgesamt untergraben. Damit steuern die Besoldungsgesetzgeber im Ergebnis genau in die entgegengesetzte Richtung der vom Bundesverfassungsgericht mit seiner Rechtsprechung verfolgten Zielsetzung." (https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf ) Daher kann Jedem nur geraten werden Widerspruch zu erheben bis das BVerfG sämtliche Vorlagebeschlüsse abgearbeitet und so für Klarheit und Rechtssicherheit gesorgt hat. Die Untersuchung der Verfassungskonformität der Alimentation hat auf der ersten Prüfungsstufe möglichst einfachen und klaren Regeln zu folgen (vergl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn.183: „Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird.“ Der DRB NRW führt hierzu aus: „Die Mustertexte (des DRB NRW Ergänzung durch Verfasser!) sind allgemein gehalten. Sie richten sich ausdrücklich gegen alle Bestandteile der Besoldung bzw. Versorgung, umfassen also auch etwaige Familienzuschläge. Von der Zurverfügungstellung eines Musterwiderspruches bezüglich des Familienzuschlages für (kinderreiche Familien) haben wir daher abgesehen. Außerdem haben wir ausdrücklich – unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz – gebeten, die Verfassungsmäßigkeit der gewährten Besoldung bzw. Versorgung umfassend unter allen denkbaren Gesichtspunkten zu prüfen. Die Widerspruchsbegründung soll nicht als Begrenzung der Prüfung zu verstehen sein, sondern vielmehr als Anregung für die Prüfung. Damit soll eine enge Auslegung des jeweiligen Widerspruchs durch das LBV ausgeschlossen werden. Besonders wichtig: Die Widersprüche müssen bis Jahresende beim LBV eingegangen sein. Nach den bisherigen Erfahrungen sollten Sie darauf achten, die Widerspruchseinlegung auch in einigen Jahren noch nachweisen zu können. Ein Fax-Bericht ist so lange ausreichend, wie er inhaltlich nicht angezweifelt wird. Ein Einschreiben mit Rückschein beweist im Zweifel nicht den Inhalt der Übermittlung. Volle Kontrolle über den Nachweis des Datums sowie des Inhaltes der Zustellung haben Sie, wenn Sie Ihren Besoldungswiderspruch über die Gerichtsvollzieherin / den Gerichtsvollzieher Ihres Gerichts per ZU zustellen lassen! (https://www.drb-nrw.de/nachrichten-1/meldungen-des-landesverbandes/nachricht/news/musterwidersprueche-2022 ).



SwenTanortsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,061
Festzuhalten ist, dass der Wissenschaftliche Dienst des Landtags das aktuelle Besoldungsgesetz als offesichtlich verfassungswidrig betrachtet hat (vgl. den Umdruck 19/7271 vom 02.03.2022; https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/07200/umdruck-19-07271.pdf). Ulrich Battis hat den Gesetzentwurf in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 08.02.2022 ohne Wenn und Aber als verfassungswidrig betrachtet (Umdruck 19/7135; https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/07100/umdruck-19-07135.pdf). Entsprechend hat sich auch der BDR in seiner Stellungnahme v. 18.02.2022 geäußert (Umdruck 19/7169; https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/07100/umdruck-19-07169.pdf). Auch hier wurden die vielfältigen Problematiken noch einmal umfassender betrachtet, die unter keinen Umständen Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht haben können (https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2022/02/Besoldungsrechtliche-Entwicklungen-in-Bund-und-Laendern-Februar-2022.pdf). Entsprechend verwegen dürfte es sein, wenn nun die Landesregierung weiterhin ihre kunterbunte Vorstellungswelt aus dem Frühling aufrechterhalten wollte, die letztlich nur noch als sachlich hilflos zu bezeichnen ist und entsprechend als Beitrag zum diesjährigen Karneval etwas zu spät kam, aber als Narretei zweifellos von großem Erfolg gekrönt war (vgl. nicht zuletzt den Umdruck 19/7321 v. 14.03.2022; https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/07300/umdruck-19-07321.pdf). Wenn nun auch noch Gewerkschaftsvertreter anfangen sollten, solche sachlichen Narreteien im Nachhinein als offensichtlich sachgerecht zu betrachten, dann wüsste ich auch nicht mehr, was dazu noch zu sagen wäre - oder vielleicht doch eines: Endete der Karneval in Schleswig-Holstein nun gar nicht mehr? Wer sich von solch sachlichem Unsinn von einem Widerspruch abhalten lassen wollte, der wird sich später deutlich ärgern.

HansGeorg

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 194
Für mich steht ganz klar fest, dass ich nächstes Jahr (sobald der Bescheid zu meinem Widerspruch vorliegt) klagen werde. Ich bin entsprechend versichert. Ich werde mich jetzt ran machen und einen geeignetes Anwalt suchen, welcher sich auch in dem Thema auskennt. Wer Interesse hat, dem kann ich dann gerne meine Wahl zusenden um eventuell auch einen Gemeinschaftseffekt zu erzeugen. Schickt mir einfach per  Nachricht eure Emailadresse und ich sende euch die Adresse wenn ich einen habe.


Nordlicht97

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 77
Der BDK hat in einem offenen Brief an die Regierung nachgefragt und als Antwort bekommen, dass das Land von einer verfassungskonformen Besoldung ausgeht.
Ich poste die Antwort hier, wenn ich zuhause bin.

Aufgrunddessen hat der BDK empfohlen, unbedingt Widerspruch einzulegen.
Dazu gibts auch ein Musterschreiben, falls es gewünscht wird, poste ich das auch.

Außerdem wurde angegeben, dass die Mitglieder des BDK bei dem Klageweg auf den Rechtsschutz der Gewerkschaft zurückgreifen können.

In diesem Lichte finde ich es überaus verwerflich, was GDP, Verdi und Co. gemacht haben!

Finanzer

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 587
Der BDK hat in einem offenen Brief an die Regierung nachgefragt und als Antwort bekommen, dass das Land von einer verfassungskonformen Besoldung ausgeht.
Ich poste die Antwort hier, wenn ich zuhause bin.

Aufgrunddessen hat der BDK empfohlen, unbedingt Widerspruch einzulegen.
Dazu gibts auch ein Musterschreiben, falls es gewünscht wird, poste ich das auch.

Außerdem wurde angegeben, dass die Mitglieder des BDK bei dem Klageweg auf den Rechtsschutz der Gewerkschaft zurückgreifen können.

In diesem Lichte finde ich es überaus verwerflich, was GDP, Verdi und Co. gemacht haben!


Bitte posten, immer nützlich sowas. Und danke vorab.
Chapeau für den BDK, so macht man das.

Man Vergleiche das bitte mit dem Schreiben des BBB im bayrischen Thread.

Nordlicht97

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 77
Hier zunächst einmal die Antwort auf den offenen Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihren offenen Brief vom 12. Dezember 2022 zum Stand der amtsangemes- senen Alimentation in Schleswig-Holstein.
Gern möchten wir mit diesem Schreiben zu Ihren Fragen und Anmerkungen Stellung nehmen.
Im Jahr 2022 und den Folgejahren wird es kein Rundschreiben zu den Rechtsstreitverfahren zur Sonderzahlung geben. Hintergrund ist das Inkrafttreten des Gesetzes vom 24. März 2022, das Sie in Ihrem Brief bereits zitierten. Mit den Regelungen dieses Gesetzes wird eine amtsangemessene Alimentation der Beamtinnen und Beamten sowie der Richterinnen und Richter im Jahr 2022 sichergestellt. Im Rahmen der Gesetzesbe- gründung der Landtagsdrucksache 19/3428 (sowie dem zugehörigen Umdruck 19/7321) wurde detailliert dargelegt, dass der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 hinreichend Rechnung getragen wurde.
Für das Jahr 2022 besteht nicht die Notwendigkeit, weitere Zusagen, die sich an den Rundschreiben der vergangenen Jahre orientieren, zu geben. Im Jahr 2022 wird bzw. wurde eine amtsangemessene Alimentation gezahlt. Zur Geltendmachung von Ansprü-chen sind individuell eingelegte Anträge bzw. Widersprüche im Sinne einer zeitnahen Gel- tendmachung notwendig. Alle Anträge bzw. Widersprüche, die sich auf die amtsangemes- sene Alimentation im Jahr 2022 beziehen, werden beschieden. Eine Ruhendstellung von Verfahren ist dabei nicht vorgesehen. Dieses Verfahren wurde den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften gegenüber kommuniziert.

Für die Sicherstellung der amtsangemessenen Alimentation im Jahr 2022 und den Folgejahren ist die Gewährung einer Jahressonderzahlung im Übrigen nicht zwingend erforderlich. Vielmehr ist die Höhe der Gesamtalimentation entscheidend, die Sonderzahlung steht dabei zur Disposition des Gesetzgebers, sofern die übrige Alimentation die zwingenden Kriterien bereits erfüllt. Die Landesregierung überprüft die Besoldung dabei in regelmäßigen Abständen und leitet erforderliche gesetzgeberische Maßnahmen ein, wenn ein Handlungsbedarf identifiziert wurde.
In Bezug auf die Rechtsstreitverfahren zur Sonderzahlung aus 2007 bleibt anzumerken, dass die abschließende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Vorlageverfah- ren 2 BvL 13/18 noch immer aussteht. Das Land hat auf Aufforderung des Bundesverfas- sungsgerichts bereits eine Stellungnahme im Verfahren abgegeben.
Mit einer Entscheidung im Jahr 2023 wird gerechnet.



Und der Musterwiderspruch ist hier:

Betr.: Antrag auf Neufestsetzung einer amtsangemessenen Besoldung und Widerspruch gegen die Verdienstabrechnungen für das Kalenderjahr 2022.
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich gegen die Verdienstabrechnung / Mitteilungen zur Beamtenversorgung für das Kalenderjahr 2022
Widerspruch
ein und beantrage gleichzeitig die Neufestsetzung einer höheren, amtsangemessenen Besol- dung/Beamtenversorgung.
Begründung:
Beamtinnen und Beamte haben gem. Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes Anspruch auf Erhalt einer amtsangemessenen Alimentation.
Dazu hat das Bundesverfassungsgericht in grundlegenden und umfassenden Entscheidungen ausdrückliche und verbindliche Festlegungen getroffen. Diese Vorgaben hat der Zweite Senat in seinem Beschluss vom 4.Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – zur Besoldung von Richterinnen und Richter im Land Berlin ausdrücklich bestätigt, konkretisiert und die Berechnungsparameter präzisiert, in- dem er ein indizielles Prüfsystem anhand volkswirtschaftlich nachvollziehbarer Parameter entwi- ckelt hat.
Beim systeminternen Besoldungsvergleich, so das BVerfG in der zitierten Entscheidung, sei ne- ben der Veränderung der Abstände zu anderen Besoldungsgruppen in den Blick zu nehmen, ob in den untersten Besoldungsgruppen der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau eingehalten sei. Ein Verstoß gegen dieses Mindestabstandsgebot betreffe insofern das gesamte Besoldungsgefüge.
Mit Beschluss vom 23. März 2021, Az. 2 LB 93/18, stellte das Schleswig-Holsteinische Oberver- waltungsgericht für die Beamtinnen und Beamten für das Jahr 2007 bis zur Gehaltsgruppe A 7 eine nicht amtsangemessene Alimentierung deshalb fest, weil das Mindestabstandsgebot zum Grundsicherungsniveau in diesen Gehaltsstufen verletzt worden sei. Gleichzeitig ging das OVG ausdrücklich davon aus, dass von diesem Ergebnis eine Indizwirkung für das gesamte Besol- dungsgefüge ausgehe und teilte insoweit die Einschätzung des BVerfG.
Personalnummer:
 
Mit dem „Gesetz zur Gewährleistung eines ausreichenden Abstandes der Alimentation zur sozi- alen Grundsicherung und zur amtsangemessenen Alimentation von Beamtinnen und Beamten mit mehr als zwei Kindern“ vom 24.03.2022 (GVOBL. Schl.-H. S. 309) hat der Landesgesetzgeber neue Wege beschritten, indem das Familieneinkommen der Beamtinnen und Beamten berück- sichtigt wird und ein Familienergänzungszuschlag nur bedarfsbezogen gewährt wird, wenn dieses in den unteren Besoldungsgruppen einen verfassungswidrigen Mindestabstand zur Grundsiche- rung unterschreitet. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens nimmt das Finanzministerium Schleswig-Holstein Stellung (Umdruck 19/7321 des Schleswig-Holsteinischen Landtags m.D.v. 14.03.2022) zu einem kritischen Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages (Um- druck 19/7271 m.D.v. 02.03.2022). Dort führt es aus, dass der Familienergänzungszuschlag nur etwa 100 von 40.000 Landesbeamtinnen und -beamten zugutekommen wird. Aufgrund dieser geringen Anzahl sei keine Verletzung des Abstandsgebots zwischen den Besoldungsgruppen gegeben, die lineare Veränderungen im darauf aufbauenden Besoldungsgefüge erforderlich machten (Umdruck 19/7321, Anlage 1, S. 12ff.)
In den ersten 2000er-Jahren blieben die Gehaltsanpassungen der Beamtinnen und Beamten re- gelmäßig hinter dem Durchschnitt der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zurück. Es folgten die Abschaffung von Urlaubsgeld, Arbeitszeiterhöhung um 2,5-Wochenstunden, Einführung eines Eigenanteils zur Heilfürsorge und in 2007 auch die Abschaffung des Weihnachtsgeldes. Allein mit diesen Einschnitten waren je nach Gehaltsstufe Einbußen bis zu 80% eines Monatsgehalts ver- bunden.
Das Finanzministerium beziffert in seiner Stellungnahme den Betrag für die erforderliche Anhe- bung der niedrigstmöglichen Besoldung mit 475 EUR. Dort wird weiter ausgeführt:
„Um das vom Bundesverfassungsgericht postulierte Abstandsgebot zwischen den Besol- dungsgruppen zu wahren, müsste die Grundbesoldung für alle Besoldungsempfängerin- nen und Besoldungsempfänger (d. h. bis zur Ministerebene hinauf) monatlich um diesen Betrag erhöht werden.“ (Umdruck 19/7321, Anlage 1, S. 2)
In einem Antwortschreiben vom 03.06.2022, welches die Finanzministerin zur Frage der amtsan- gemessenen Alimentation an den Bund Deutscher Kriminalbeamte in Schleswig-Holstein richtete, werden Maßnahmen aufgeführt, die für alle Besoldungsstufen in der Landespolizei in den Jahren 2021 (0,4 %) und 2022 (0,6%) zusammen mit einer Absenkung des Eigenanteils zur Heilfürsorge um 0,4 % zu einer positiven Anpassung von insgesamt nur 1,4 % führen. Bei einem Grundgehalt von 4.000 EUR wären das mithin ca. 56 EUR. Die Verbesserungen bei der Heilfürsorge betreffen zudem nur aktive Polizeibeamte und bleiben somit u.a. für Versorgungsempfänger ohne Effekt. Der wissenschaftliche Dienst stellt in seinem Ergebnis folgendes fest:
„Jedoch begegnet der Gesetzentwurf bezogen auf den Familienergänzungszuschlag für die unteren Besoldungsgruppen sowie den Familienergänzungszuschlag ab dem dritten Kind erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn hierin liegt eine Verletzung des aus Art. 33 Absatz 5 GG folgenden Mindestabstandsgebots sowie des allgemeinen Ab- standsgebots.“ (Umdruck 19/7271, S. 28)
Insgesamt gehe ich davon aus, dass die erfolgten Anpassungen nicht ausreichen und die mir gewährte Besoldung bzw. Beamtenversorgung weiterhin nicht amtsangemessen ist. Ich bean- trage daher,
die Gewährung einer verfassungsgemäßen, höheren und amtsangemessenen Besol- dung/Beamtenversorgung.

Sollte es im Hinblick auf weitere Verfahren zu einer Musterprozessvereinbarung kommen, erkläre ich mich schon jetzt mit dem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Musterfälle einverstanden, wenn Sie für die Dauer der Durchführung der Musterverfahren auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichten. Dieser Widerspruch/Antrag erfolgt fristwahrend. Ich be- halte mir vor, nach rechtlicher Beratung weitere Begründungen vorzutragen.
Ich bitte um entsprechende schriftliche Eingangsbestätigung meines Antrags.

Mit freundlichen Grüßen



Etwaige Rechtschreibfehler sind auf das Copy&Paste Verfahren zurückzuführen.

Alphonso

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 167
Vom BTB gab es jetzt auch eine Mail zum Thema. BTB ist eine Spartengewerkschaft für technische Beamte. Inhaltlich wie beim DBB inklusive Muster.

boysetsfire

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 49
Alle Anträge bzw. Widersprüche, die sich auf die amtsangemessene Alimentation im Jahr 2022 beziehen, werden beschieden. Eine Ruhendstellung von Verfahren ist dabei nicht vorgesehen.
Cool! Nach nunmehr fast 4 Jahrzehnten im öffentlichen Dienst werde ich also zum ersten mal gegen meinen Dienstherren klagen. Und wisst ihr was? Ich hab' da richtig Bock drauf! Diese kleinen Pisser....  >:(

@Nordlicht97: Danke für die Info!