Autor Thema: [SH] Widerspruch amtsangemessener Alimentation / Sonderzahlung  (Read 29458 times)

clarion

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Und wieder kein Wort darüber,  wie skandalös es ist,  von den Beamten derart hohe Sonderopfer abverlangt zu haben. Und die Beamten  in der B, R und W- Besoldung wurden offenbar auch nicht bei den 1,5 Milliarden einkalkuliert.

boysetsfire

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Und es geht heiter weiter. Das Finanzministerium hat die Kommunalen Landesverbände über den Fortgang der Rechtsstreitverfahren zur Sonderzahlung/Alimentation informiert und Verfahrenshinweise zu aktuellen Anträgen auf eine amtsangemes-sene Alimentation im Jahr 2022 gegeben:

Zitat
"Zunächst möchte ich auf den Sachstand der Rechtsstreitverfahren eingehen. Nachdem das Verwaltungsgericht Schleswig im Jahr 2018 in einem Einzelverfahren die Alimentation im Jahre 2007 nicht als verfassungskonform erachtet hatte, wurde das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Bezüglich dieses Verfahrens wird erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr zu einer Entscheidung kommen wird. Der Ausgang dieses Verfahrens bleibt also vorerst abzuwarten. Ob weitere Verfahren, die vom OVG Schleswig-Holstein im Jahr 2021 dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurden, noch in das Verfahren aus 2018 einfließen werden, bleibt ebenso abzuwarten.

Für das Jahr 2022 wird aufgrund der in diesem Jahr in Kraft getretenen Regelungen nach dem Gesetz zur Gewährleis-tung eines ausreichenden Abstandes der Alimentation zur sozialen Grundsicherung vom 24.3.2022 (GVOBl. Schl.-H.S. 309) und des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2022 vom 27.4.2022 die Alimentation als verfassungskonform bewertet. Damit wird auch das Thema der Sonderzahlung ab 2007 als rechtlich bereinigt erachtet. Vor diesem Hintergrund wird kein Erfordernis zur Herausgabe eines Rundschreibens wie in den Vorjahren gesehen. Sofern die Beamtinnen und Beamten anderer Rechtsauffassung sind, bleibt Ihnen die Möglichkeit der Überprüfung durch einen entsprechenden Antrag auf amtsangemessene Alimentation unbenommen. Zwischenzeitlich sind beim Dienstleistungszentrum Personal bereits Anträge von Landesbeamtinnen oder Landesbeamten eingegangen.

Schon aufgrund einer fehlenden Rechtsgrundlage für die Gewährung einer höheren als der gesetzlich geregelten Ali-mentation (Gesetzesvorbehalt der Besoldung und Versorgung) sind die Anträge durch einen entsprechenden Bescheid abzulehnen. Der weitere Rechtsweg (Widerspruch und Klage) bleibt damit eröffnet.
Für die bei den kommunalen und sonstigen Dienstherren zuständigen Dienststellen ist anliegend ein mit dem DLZP abgestimmtes Muster eines ablehnenden Bescheides, der auf entsprechende Musteranträge rekurriert, beigefügt (An-lage). Je nach Antragstext wäre der Bescheid ggf. anzupassen. Für den Landesbereich ist eine Ruhendstellung von Verfahren nicht vorgesehen. Soweit Widersprüche erhoben werden, werden diese zurückgewiesen. Es bleibt dann den Betroffenen überlassen, zu entscheiden, ob sie den Klageweg beschreiten wollen. Diese Verfahrensweise ist in Übereinstimmung mit der Praxis in anderen Ländern geboten, um zu verhindern, dass für die Dienstherren angesichts der langen Dauer verwaltungsgerichtlicher und verfassungsrechtlicher Gerichtsverfahren unkalkulierbare Kostenrisiken entstehen.

Es wird eine entsprechende Vorgehensweise empfohlen.

Es ist beabsichtigt, auch noch Musterformulierungen für Widerspruchsbescheide zu erarbeiten, wenn und soweit Wider-sprüche eingehen werden. Dafür müssen aber zunächst die Inhalte der Widersprüche bekannt werden. Diese Muster-formulierungen können auch anderen Dienstherrn nach Bedarf zur Verfügung gestellt werden."

Und so sieht der Muster-Ablehnungsbescheid aus (Spoileralarm: Es folgt Feudalismus 2.0):

Zitat
"mit Ihrem oben angegebenem Schreiben beantragen Sie Besoldungsbestandteile nachzuzahlen die Ihnen zu Unrecht vorenthalten worden seien.

Dieser Antrag wird abgelehnt.

Begründung:
Gemäß § 3 Absatz 1 des Besoldungsgesetzes Schleswig-Holstein (SHBesG) wird die Besoldung der Beamten durch Gesetz geregelt.

Die Überprüfung hat ergeben, dass die Ihnen gezahlte Besoldung in der jeweils nach dem Gesetz bestimmten Höhe gezahlt wurde.

Somit besteht kein Anspruch auf eine höhere Besoldung.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch beim
Zuständige Behörde schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden.
Es wird darauf hingewiesen, dass E-Mails an das DLZP nicht den Schriftformerfordernissen eines Widerspruchs genügen, da kein Zugang für elektronisch signierte oder verschlüsselte Dokumente besteht.
Das Schriftstück, mit dem Widerspruch erhoben wird, muss mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen sein. Neben der Zusendung eines schriftlichen Widerspruchs auf dem Postweg besteht auch die Möglichkeit der Übermittlung per Fax.
Mit freundlichen Grüßen"

Nordlicht97

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Na dann können wir uns ja schon darauf einstellen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.
Und dann bleibt ja nur der Klageweg.
Da hat sich das Land ja schön selbst ein Ei gelegt...

xap

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Wird Zeit für etwas Eskalation vorm BVerfG. Bin gespannt was aus dem Bremer Vorlagebeschluss wird. Auch ob dort schon Bezug auf das Schindluder, welches die Länder seit 2020 betreiben, genommen wird .

Bastel

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Hoffentlich klagen möglichst viele...

Freddy24

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Hallo in die Runde, meine Empfehlung, jeder,  der das finanzielle Risiko irgendwie tragen kann, möge bitte nach der ablehnenden Widerspruchsentscheidung Klage erheben. Nur gemeinsam können wir etwas bewirken. Jedes Jahr von jedem Beamten ein Antrag, Widerspruch gegen jeden Ablehnungsbescheid und dann letztlich möglichst viele Klageverfahren. Wenn das DLZP-SH sich anwaltlich vertreten lassen sollte, tun wir das auch. Bei den Verbänden kann man die schon bisher von diesen beauftragten Rechtsanwaltskanzleien erfragen. Von den Beamten und Richtern dieses Landes wird zu Recht verfassungstreues Verhalten erwartet. Das sollte auch vom Dienstherrn erwartet werden können. Leider verhält dieser sich nicht entsprechend.

Freddy24

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Hier eine Empfehlung des DRB NRW zur Zustellung:
Besonders wichtig: Die Widersprüche müssen bis Jahresende beim LBV eingegangen sein. Nach den bisherigen Erfahrungen sollten Sie darauf achten, die Widerspruchseinlegung auch in einigen Jahren noch nachweisen zu können. Ein Fax-Bericht ist so lange ausreichend, wie er inhaltlich nicht angezweifelt wird. Ein Einschreiben mit Rückschein beweist im Zweifel nicht den Inhalt der Übermittlung. Volle Kontrolle über den Nachweis des Datums sowie des Inhaltes der Zustellung haben Sie, wenn Sie Ihren Besoldungswiderspruch über die Gerichtsvollzieherin / den Gerichtsvollzieher Ihres Gerichts per ZU zustellen lassen.

Ich persönlich gebe meinen Widerspruch immer bei meiner Dienststelle ab, lasse einen Eingangsstempel aufbringen und bitte um eine Kopie.

Freddy24

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Das DLZP-SH versucht sich in einem künftigen Rechtsstreit Vorteile zu verschaffen, indem es weder für Anträge, noch für Widersprüche Eingangsmitteilungen verschickt, selbst auf ausdrückliche Anforderung nicht. Auch auf ausdrückliche Bitte benennt es keine Stelle, bei der man Anträge gegen EB abgeben kann. Es verweist auf den Postweg, wohlwissend, dass auf dem Postweg nur der Zugang eines Briefumschlages, nicht eines bestimmten Schriftstückes belegt werden kann. Im zivilrechtlichen Bereich käme die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher in Betracht. M.E. nicht im verwaltungsrechtlichen Bereich gegen Behörden. Der Gesetzgeber hat wohl ein besseren Eindruck von der Rechtstreue von Behörden, als es der Realität entspricht. Oder hat jemand in Forum erfolgreich per GV einen Antrag gestellt? Ggfs. wäre ich für detaillierte Angaben (Welcher GV hat sich für zuständig erklärt?) dankbar.


xap

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Jetzt übertreibt mal nicht. Zur Not nimmt man einen Zeugen hinzu, um das Schriftstück zu verpacken, zu frankieren und zu versenden. Zur Not filmt man das Ganze noch, um diesen Vorgang komplett per Video am Postkasten zu dokumentieren. Den Beamten der Bezügestelle möchte ich sehen, der vor Gericht verneint, dass Schreiben hätte einen Inhalt gehabt bzw behauptet es hätte nur aus einem Umschlag bestanden. Und das ggf auch noch massenhaft. Welches Gericht würde solchen Ausführungen der Bezügestelle folgen? Vermutlich keins.
« Last Edit: 26.12.2022 21:23 von xap »

Freddy24

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Träum weiter. Ich selbst habe einmal vor dem AG Kiel einen Prozess verloren, weil sich der RA der Gegenseite darauf berief, sein Mandant habe den Benachrichtigungszettel des ESchRSchs nicht erhalten. Damit war der Zugang des Kündigungsschreibens nicht bewiesen. Der Sachbearbeiter des DLZP wird vor Gericht vortragen, keinen Antrag bzw. kein Widerspruchsschreiben in der Akte vorgefunden zu haben. Oder nur ein Schreiben ohne Eingangsdatum.  Sofern der frühere Sachbearbeiter noch lebt, wird er sich an den konkreten Einzelfall nicht erinnern können. Der rechtzeitige
Zugang eines Antrag und Widerspruches wird nicht bewiesen sein. Kein Verwaltungsrichter kann das anders sehen.

xap

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Spekulation. Ich habe schon einen Prozess ohne Einschreiben Rückschein mit einem Vergleich beendet weil der Richter meinem Vortrag geglaubt hat. Die Gegenseite hatte ebenso wie in deinem Fall argumentiert ist damit aber nicht durchgekommen. Und wir reden in deinem beschriebenen Szenario nicht von einem Einzelfall sondern von sehr vielen Fällen. Ich sehe da kein Problem. Muss aber jeder selbst wissen. Wenn man als Kläger glaubhaft, z Bsp mittels Video, nachweisen kann was und wann verschickt wurde, reicht das vollkommen aus. Wo das Schreiben nach Zustellung versackt ist, obliegt der Verantwortung des Empfängers. Er kann sich nicht einfach damit herausreden, dass das Schreiben nicht in der Akte ist. Das ist Schwachsinn.

Freddy24

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"Das ist Schwachsinn" ist starker Tobak. Ich erinnere mich nicht in meiner 40jährigen Richterlaufbahn jemals so einen Kommentar gehört zu haben. Ich glaube nicht, dass gegenseitige Beschimpfungen der gemeinsamen Sache dienlich sind. Ich verliere die Lust, mich an diesem Forum, dem ich erst
 heute beigetreten bin, zu beteiligen

Malkav

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Hallo alle miteinander,

das Dienstleistungszentrum Personal beantwortet Anfragen nach dem Informationszugangsgesetzt (IZG) recht schnell und zuverlässig. Dabei kamen einige interessante Informationen raus, welche ich mit euch teilen möchte:

1. Es gibt eine direkte schriftliche Anweisung des FM an das DLZP Widersprüche gegen die Alimentation zu bescheiden (Mail liegt mir wg. Anfrage nach IZG-SH vor). Eine Ruhendstellung ist damit definitiv vom Tisch und jeder wird klagen dürfen/müssen.

2. Seit 01.05.22 gab es über 300 Anträge auf Gewährung eines einkommensabhängigen Familienergänzungszuschlages von denen knapp 240 positiv beschieden wurden. Nur knapp 60 wurden abgelehnt.

Damit dürfte sich die Argumentation des FM, bei den Anspruchsberechtigten handele es sich um absolute "Orchideenbeamte", erledigt haben. Leider lagen keine Zahlen vor, wie viel Beamtinnen und Beamte grundsätzlich Anspruchsberechtigt wären, jedoch keinen Antrag stellen. Dies mag daran liegen, dass das DLZP antürlich keine Ahnung hat wie hoch das Partnereinkommen ist.

Da ich jedoch weiß, wie schwach die Kommunikation der Möglichkeit zur Antragsstellung seitens der Behördenleitungen an die Mitarbeiter war (Übersendung des gesamten Gesetzestextes mit der Bitte die eigene BEtroffenheit zu prüfen), ist davon auszugehen, dass sehr viele BeamtInnen im eD und mD gar nicht wissen, dass es sowas gibt.

SwenTanortsch

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Danke für die interessanten Infos, Malkav. Wie ist in Schleswig-Holstein eigentlich das konkrete Antragsverfahren hinsichtlich des Familienergänzungszuschlags geregelt worden? Wenn ich es richtig erinnere, finden sich dazu weder im Gesetz zur Gewährleistung eines ausreichenden Abstandes der Alimentation zur sozialen Grundsicherung und zur amtsangemessenen Alimentation von Beamtinnen und Beamten mit mehr als zwei Kindern vom 24.03.2022 eine Klärung oder konkrete gesetzliche Ermächtigung der Verwaltung noch habe ich entsprechende, also konkrete Ausführungen in der SH-Drs. 19/3428 in Erinnerung (was jeweils an mir liegen kann, weil das Gesetzgebungsverfahren bereits wieder recht weit zurückliegt). Ist tatsächlich nur die Möglichkeit zur Antragsstellung seitens der Behördenleitungen an die Mitarbeiter mitgeteilt worden und gibt es dazu ein Antragsformular? In der genannten Drs. finde ich im Moment auf die Schnelle nur auf der S. 17 den Satz: "Das konkrete Verfahren wird zwischen DLZP und FM im Weiteren abgestimmt werden." Sollte das die gesamte Ermächtigung zum Verwaltungshandeln gewesen sein? Denn auch die S. 57 und 59 ff. (hier insbesondere die S. 67 und 72) werden diesbezüglich offensichtlich nicht wirklich konkret.

tantekaethe

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