Das Prüfungsverfahren soll tatsächlich letztlich nicht oder in den Worten des Rundschreibens nur "niederschwellig" vollzogen werden:
"Die Anspruchsprüfung und Gewährung des Familienergänzungszuschlages erfolgt von Amts wegen. Dabei sind die für die Bezügezahlung zuständigen Dienststellen allerdings auf die Mitwirkung der Betroffenen angewiesen. Für die Beamtinnen und Beamten im Landesbereich werden entsprechende Erklärungsvordrucke, in denen die Beamtinnen und Beamten die erforderlichen Angaben zur Anspruchsprüfung abgeben können, auf der Internetseite des DLZP zum Download bereitgestellt. In den Erklärungsvordrucken sind detaillierte Ausfüllhinweise enthalten, damit die Beamtinnen und Beamten bereits im Vorfeld erkennen können, ob dem Grunde nach ein Anspruch auf einen Ergänzungszuschlag besteht. Die Anspruchsprüfung für die Gewährung des Ergänzungszuschlags ab dem 1. Mai 2022 ist dabei niedrigschwellig ausgelegt.
Die Beamtinnen und Beamten müssen dazu im Vordruck nur angeben, ob der Gesamtbetrag der Einkünfte der Ehegatten, Elternteile oder Lebenspartner im Gewährungszeitraum unter der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze der Anlage 10 zum SHBesG liegt. Dieses Verfahren wurde gewählt, um einen angemessenen Ausgleich zwischen den Datenschutzinteressen der Betroffenen und dem Datenerhebungsinteresse des Dienstherrn zu schaffen. Die Beamtinnen und Beamten sind dabei zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet und müssen jede Änderung der Einkommensverhältnisse anzeigen, denn eine Änderung der Einkommensverhältnisse kann zu einem Verlust des Anspruchs auf Familienergänzungszuschlag führen." (S. 5; Hervorhebung durch mich)
Die hervorgehobene Passage ist dabei bestenfalls ein Euphemismus, der zugleich wie schon hervorgehoben Missbrauch Tür und Tor öffnet. Denn wie gestern von Malkav hervorgehoben, gibt es augenscheinlich keine hinreichende Möglichkeit der Prüfung - jedenfalls mindestens hinsichtlich geschiedener Elternteile. Denn sofern die Beweislast auf den Beamten abgewälzt werden sollte, würde für den Zeitraum der Abwälzung (also bis er ggf. eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auf Herausgabe der nötigen Unterlagen erwirkt hätte) der absolute Alimentationsschutz verletzt werden, womit eine Verletzung eines grundrechtsgleichen Rechts vollzogen werden würde, was - wenn ich das richtig sehe - nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen wäre, auch da damit mindestens mittelbar ein Grundrecht des Kindes verletzt werden würde. Der Dienstherr selbst dürfte hingegen gesetzlich kein Mittel haben, jene Unterlagen vom geschiedenen Elternteil einzufordern, weshalb er auf die zitierte "Mitwirkung der Betroffenen angewiesen" ist. Der Euphemismus (dieses Stilmittel wird seit geraumer Zeit generell, also auch von anderen Dienstherrn, benutzt, wenn sie zumeist offensichtlich sowohl wissentlich als auch willentlich verfassungswidrig handeln) liegt nun darin, dass es nicht um einen "angemessenen Ausgleich" geht, sondern dass eine Prüfung im Rahmen der Norm offensichtlich nicht möglich ist, ohne entweder die Grundrechte des geschiedenen Elternteils oder das grundrechtsgleiche Recht des Beamten bzw. mittelbar das sich aus Art. 6 Abs. 5 GG ergebende Grundrecht des Kindes zu verletzen. Deshalb ist der postulierte "Ausgleich" eben nicht "angemessen", sondern gesteht als Euphemismus ein, dass offensichtlich im Rahmen des Gesetzes keine wirkliche Prüfung möglich ist.
Damit haben wir dann mit hoher Wahrscheinlichkeit den ebenfalls im Gesetzgebungsverfahren bereits betrachteten Fall vorliegen, auf den auch das Finanzministerium und der Gesetzgeber hingewiesen worden sind, dass hier wohl eine elementare Verletzung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 5 GG spätestens in dem Moment vorläge, wenn der Dienstherr nun tatsächlich eine "angemessene" Prüfung vornehmen würde. Denn diese könnte offensichtlich hinsichtlich der geschiedenen Elternteile nicht rechtssicher durchgeführt werden - die Prüfung würde augenscheinlich in jedem Fall entweder Grundrechte (nämlich das Recht auf informelle Selbstbestimmung des geschiedenen Elternteils nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. das Gleichheitsrecht aller Kinder, die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft vorzufinden nach Art. 6 Abs. 5 GG) oder grundrechtsgleiches Recht (nämlich das Recht des Beamten, in jedem Fall zeitlich uneingeschränkt mindestens auf Höhe der vom absoluten Alimentationsschutz umfassten Mindestalimentation alimentiert zu werden, wie es sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ergibt) verletzen, sodass eine "angemessene Prüfung" wohl nur hinsichtlich der verheirateten Beamten möglich wäre, worin sich am Ende eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs 1 GG zeigte. Nimmt er hingegen wie dargestellt keine Prüfung vor, die dann mit dem nächsten Euphemismus als "niederschwellig" verbrämt wird, ist dieses Handeln offensichtlich materiell rechtswidrig, da der Verwaltungsakt nicht zum von der Norm geforderten Ergebnis führt, das da lautet: "Unterschreitet das Nettoeinkommen der für die im Familienzuschlag nach § 44 berücksichtigten ersten und zweiten Kinder unterhaltspflichtigen Eheleute, Lebenspartner oder Elternteile die für die Herstellung eines Abstands zur Grundsicherung in Höhe von 15 Prozent notwendige Nettosumme der Besoldung der Beamtin oder des Beamten, wird ein kindbezogener Familienergänzungszuschlag nach Anlage 10 gewährt." (§ 45a (1) SHbesG) Denn ohne entsprechende Prüfung, wird der kinderbezogene Familienergänzungszuschlag wahllos auch dann gewährt, wenn gar keine Berechtigung im Sinne der Norm vorliegt.
Letztlich ist hier eine Norm geschaffen worden, die zu Missbrauch regelrecht einlädt. Denn wer sich im Sinne des Gesetzes verhält und damit den Hinweisen des Antrags folgt, die ausführen: "Falls Sie nach Durchsicht dieser Hinweise zu dem Ergebnis kommen, dass Sie keinen Anspruch auf einen Familienergänzungszuschlag haben, ist eine Erklärung nicht erforderlich" (S. 3; Hervorhebungen wie im Original), also davon ausgehen muss, dass er über keinen Anspruch verfügt, sofern er nach der von ihm erfolgten Prüfung zu diesem Schluss kommt, wird keinen Antrag stellen und keinen Familienergänzungszuschlag erhalten, während hingegen jener, der fälschlicherweise (ob vorsätzlich oder versehentlich fehlerhaft, ist vom Ergebnis her hier unerheblich) davon ausgeht, dass er über einen Anspruch verfügt und also einen fehlerhaften Antrag stellt, den Familienergänzungszuschlag erhält.
Da es hier zunächst einmal nicht um die Frage nach der Verfassungskonformität des Gesetzes geht, sondern der Verwaltungsakt zu hinterfragen wäre, der als solcher für die Adressaten des Rundschreibens wie folgt eingeführt wird: "Da es sich dabei [dem Familienergänzungszuschlag; ST] um ein neuartiges Regelungskonzept handelt, erhalten Sie mit diesem Rundschreiben Durchführungshinweise zum weiteren Verfahren. Es ist beabsichtigt, die nachfolgenden Hinweise zukünftig in die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein (SHBesGVwV) aufzunehmen. Bis auf Weiteres möchte ich Sie bitten, nach den folgenden Grundsätzen zu verfahren" (S. 4 des Rundschreibens), sollte das Verfahren wie gestern schon hervorgehoben über § 47 (1) Nr. 2 VwGO i.V.m. § 67 LJG direkt vor dem OVG angegriffen werden können. Denn neben den bereits genannten Sachwidrigkeiten dürften ebenso - zumindest derzeit - gar keine hinreichend bestimmten Verwaltungsvorschriften vollzogen werden können, da es im Gesetz hierzu offensichtlich keine formelle Ermächtigung gibt - wie gestern schon gesagt, mangelt es dem Gesetz an der augenscheinlich hinreichenden Bestimmtheit für entsprechende Verwaltungsvorschriften.
Wenn ich es also richtig sehe, steht der Weg frei für einen indirekten Angriff des Gesetzes auf dem kurzen verwaltungsgerichtlichen Weg - nicht das Gesetz, sondern die Rechtsvorschrift sollte über § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 67 LJG direkt angegriffen werden können. Denn § 67 LJG führt entsprechend aus: "Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften (§ 47 Absatz 1 Nummer 2 VwGO)."