Autor Thema: Flüchtende: Zwei-Klassen-Gesellschaft, Sozialsystem, (wann) fällt das AsylbLG?  (Read 2549 times)

henrikknilch

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Hallo,

ich arbeite aktuell im Bereich AsylbLG, war davor in der kurz in der Ausländerbehörde (war nichts für mich!) und davor im Jobcenter tätig.

Der Ukraine-Krieg zeigt hier und dort und auch im Privaten eine krasse Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Flüchtenden.

Immer und immer wieder kommt die Frage von Nicht-Ukraine-Flüchtenden: Warum? Warum werden Ukrainer besser behandelt?

Jetzt nur mal in Bezug auf die Leistungen, wann fällt endlich das AsylbLG und alle Flüchtende erhalten Leistungen nach dem SGB II?

Man hört immer wieder, dass es solche Überlegungen oder gar konkrete Pläne in der Politik gibt.

Was ist da dran?

Oder bleibt das AsylbLG immer bestehen und es wird immer (wieder) Flüchtende geben, die besser gestellt sind, wie z. B. auch Türken, Afghanen, Marrokaner ...?

Dankeschön.

LG

FGL

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Immer und immer wieder kommt die Frage von Nicht-Ukraine-Flüchtenden: Warum? Warum werden Ukrainer besser behandelt?
Wie viele sichere Drittstaaten haben diese Nicht-Ukraine-Flüchtenden auf ihrer "Flucht" durchquert?

Jetzt nur mal in Bezug auf die Leistungen, wann fällt endlich das AsylbLG und alle Flüchtende erhalten Leistungen nach dem SGB II?

Man hört immer wieder, dass es solche Überlegungen oder gar konkrete Pläne in der Politik gibt.

Was ist da dran?
Das ist abhängig von der politischen Großwetterlage. Derzeit eher aussichtslos, weil die unionsgeführten Bundesländer das mit guten Gründen im Bundesrat voraussichtlich blockieren würden.

Eukalyptus

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Du hast dieselbe Frage schon einmal gestellt: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,118899.msg252550.html#msg252550. Falls dieser Beitrag doch nicht von dir stammen sollte, kannst du dennoch deine gewünschten Antworten daraus entnehmen.


WasDennNun

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Wie viele sichere Drittstaaten haben diese Nicht-Ukraine-Flüchtenden auf ihrer "Flucht" durchquert?
Inwiefern würde es den Status als Flüchtling berühren oder uns von unseren vertraglichen Verpflichtungen sie als Flüchtling anzusehen und zu behandeln entheben?
Ich wüsste nicht wo in der Flüchtlingskonvention stehen würde, dass man, sobald man ein sicheren Drittstaat erreicht hat, kein Flüchtling mehr ist oder das man im dort verweilen muss.

Matze1986

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Wie viele sichere Drittstaaten haben diese Nicht-Ukraine-Flüchtenden auf ihrer "Flucht" durchquert?
Inwiefern würde es den Status als Flüchtling berühren oder uns von unseren vertraglichen Verpflichtungen sie als Flüchtling anzusehen und zu behandeln entheben?
Ich wüsste nicht wo in der Flüchtlingskonvention stehen würde, dass man, sobald man ein sicheren Drittstaat erreicht hat, kein Flüchtling mehr ist oder das man im dort verweilen muss.

Die Drittstaatenregelung i.V.m. dem Dubliner Abkommen von 1997 spielen hier eine wichtige Rolle.

FGL

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Wie viele sichere Drittstaaten haben diese Nicht-Ukraine-Flüchtenden auf ihrer "Flucht" durchquert?
Inwiefern würde es den Status als Flüchtling berühren oder uns von unseren vertraglichen Verpflichtungen sie als Flüchtling anzusehen und zu behandeln entheben?
Ich wüsste nicht wo in der Flüchtlingskonvention stehen würde, dass man, sobald man ein sicheren Drittstaat erreicht hat, kein Flüchtling mehr ist oder das man im dort verweilen muss.
Inwiefern hätte jemand behauptet, die Fortsetzung der Wanderungsbewegung nach Erreichen des ersten sicheren Drittstaats würde die Flüchtlings-Eigenschaft beeinträchtigen? Hier geht es lediglich um die Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Flüchtlingen.

WasDennNun

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Wie viele sichere Drittstaaten haben diese Nicht-Ukraine-Flüchtenden auf ihrer "Flucht" durchquert?
Inwiefern würde es den Status als Flüchtling berühren oder uns von unseren vertraglichen Verpflichtungen sie als Flüchtling anzusehen und zu behandeln entheben?
Ich wüsste nicht wo in der Flüchtlingskonvention stehen würde, dass man, sobald man ein sicheren Drittstaat erreicht hat, kein Flüchtling mehr ist oder das man im dort verweilen muss.
Inwiefern hätte jemand behauptet, die Fortsetzung der Wanderungsbewegung nach Erreichen des ersten sicheren Drittstaats würde die Flüchtlings-Eigenschaft beeinträchtigen? Hier geht es lediglich um die Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Flüchtlingen.
Das "Flucht"  hat mich zur Annahme geführt, dass du die Flucht nicht mehr als Flucht ansiehst.
Also wenn alle Flüchtlinge somit gleich sind, dann verstehe nicht worin deine Gegenfrage zur Beantwortung der Ungleichbehandlung beigetragen hat oder haben sollte.

Für mich ist es klar, warum Ukrainer besser behandelt werden.
Weil es politisch opportun ist, weniger Ablehnung gegenüber diesen Flüchtlingen in der Bevölkerung besteht.
Man deren Leid eher nachvollziehen kann (ist ja permanent in der Presse), als das selbe Leid anderer Kriegsflüchtlinge, die aus anderen Regionen kommen (wo der Krieg halt nicht in der Presse ist).
Einige Menschen könnte ja auf die Idee kommen Zeltlager in der Westukraine (wo keine Kampfhandlungen sind)  zu unterstützen, anstelle diese Menschen hier zu unterstützen.
Für mich persönlich ist eine Kriegsflüchtling ein Kriegsflüchtling und man sollte alle gleich behandeln.

Eukalyptus

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Immer und immer wieder kommt die Frage von Nicht-Ukraine-Flüchtenden: Warum? Warum werden Ukrainer besser behandelt?
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Nur weil laut dieser Aussage viele "Nicht-Ukraine-Flüchtenden" Neidgefühle haben, müssen bestehende Regelungen nicht geändert werden.

Organisator

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Immer und immer wieder kommt die Frage von Nicht-Ukraine-Flüchtenden: Warum? Warum werden Ukrainer besser behandelt?
..

Nur weil laut dieser Aussage viele "Nicht-Ukraine-Flüchtenden" Neidgefühle haben, müssen bestehende Regelungen nicht geändert werden.
Die Regelungen für die Ukraine-Flüchtlinge wurden meines Wissens übergeordnet auf europäischer Ebene getroffen. Dort dürfte es sicherlich auch Begründungen dafür geben, die man an Interessierte weiterreichen kann.

FGL

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Das "Flucht"  hat mich zur Annahme geführt, dass du die Flucht nicht mehr als Flucht ansiehst.
Ich sehe die Flucht mit dem Erreichen des ersten sicheren Drittlandes als beendet hat. Der Rest ist FReizügigkeit unter dem Feigenblatt "Flucht". Das ändert bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen (Krieg im Herkunftsland) nichts am rechlichen Status als Flüchtling und damit dem Anspruch auf Schutz. Hier stellt sich dann nur die Frage, ob dieser Anspruch durch Deutschland zu erfüllen ist.

Also wenn alle Flüchtlinge somit gleich sind, dann verstehe nicht worin deine Gegenfrage zur Beantwortung der Ungleichbehandlung beigetragen hat oder haben sollte.
Sie sind nicht gleich. Ob jemand auf dem Weg in sein Wunsch-Asyl ein halbes Dutzend sicherer Herkunftsländer durchquert hat, ist meiner Ansicht nach ein legitimer Unterscheidungsgrund.

Einige Menschen könnte ja auf die Idee kommen Zeltlager in der Westukraine (wo keine Kampfhandlungen sind)  zu unterstützen, anstelle diese Menschen hier zu unterstützen.
Daran wäre nichts verkehrt. Auch in Bezug auf andere Staaten bezieht sich die Frage etwa nach Abschiebungshindernissen auch darauf, ob die Gefahrenlage im gesamten Staatsgebiet besteht. Da sehe ich nicht, warum das in der Ukraine anders sein sollte. Wir haben hier im Kreisgebiet ein aus der Ostukraine umgesiedeltes Kinderheim, das nun - eine Entscheidung der ukrainischen Behörden und der Heimleitung - wieder in die Ukraine zurückkehren sollte, zunächst in die Westukraine.

WasDennNun

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Fein, dann sind wir einer Meinung.
"Hier stellt sich dann nur die Frage, ob dieser Anspruch durch Deutschland zu erfüllen ist."
Ja, grundsätzlich schon, insbesondere da wir ja keine Außengrenzen haben könnten wir uns bequem zurücklehnen und die anderen machen lassen.
"ist meiner Ansicht nach ein legitimer Unterscheidungsgrund"
Und zur Ukraine haben wir auch keine Grenze, also kommen die Ukrainer ebenso durch sicherer Herkunftsländer zu Ihren Wunsch-Asyl.

FGL

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Und zur Ukraine haben wir auch keine Grenze, also kommen die Ukrainer ebenso durch sicherer Herkunftsländer zu Ihren Wunsch-Asyl.
Die Ukraine grenzt an vier Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Massenzustrom-Richtlinie, deren Anwendung im Falle der Ukraine ausgerufen wurde, sieht auch eine Verteilung auf die Mitgliedstaaten vor. Hier geht es also nicht um Wunsch-Asyl, sondern um solidarische Aufteilung der Lasten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Ja, grundsätzlich schon, insbesondere da wir ja keine Außengrenzen haben könnten wir uns bequem zurücklehnen und die anderen machen lassen.
Deutschland hat Außengrenzen. Oder meinst Du bestimmte? Und ja, wenn wir keine verbindliche Verteilungsregelungen mit den jeweiligen ersten sicheren Drittstaaten haben, sollten wir uns zur Abwechselung mal heraushalten.

WasDennNun

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Wir haben keine Außengrenze zu unsicheren Drittstaaten.

Ja, bei der Verteilung müssen wir endlich in Europa eine Regelung finden.
Entweder aufnehmen und oder nicht Aufnehmen und die anderen für das Aufnehmen bezahlen lassen.
Deutschland ist mWn auf Platz 5 der Aufnehmenden Länder (was die pro Kopf Verteilung angeht) und das muss sich ändern, insbesondere was das Gefälle ist.


BalBund

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Um mal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen und in völliger Ignoranz der versuchten Polemik und Hetze des TE, etwas aus dem Schmuckkästchen des BMI.

Abteilung M (Migration) hat bereits vor einiger Zeit den Auftrag aus der Ampel bekommen, zu prüfen inwieweit künftige "Spurwechsler" im lindnerischen "Chanceneinwanderungsrecht" bereits vor Rücknahme des Asylantrags finanziell besser gestellt werden können. Das ganze dreht eine ziemliche Runde, weil Abteilung V (Verfassungsrecht) hier "gerinfügige" Bedenken hat, sollten die beseitigt werden können, kommt die Abteilung Europarecht dran und dann wird es erst richtig lustig.

Kurzum: Eine Abschaffung des AsylbLG steht nicht im Raum, unter den derzeitigen politischen Akteuren wäre aber eine Angleichung an den geplanten Bürgergeldsatz denkbar. In der Zeit, als das Haus schwarzgeführt war, wurde hingegen geprüft, wie viele Leistungen verfassungsgemäß als Sachleistung erbracht werden können, sprich wie wenig noch faktisch ausbezahlt werden muss.

Finanzer

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@BalBund: Ich freue mich persönlich sehr über Ihre Beiträge, sowohl hier wie auch in den Besoldungs-Threads.
Danke dafür.