Autor Thema: Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität  (Read 108172 times)

Masterofdesaster

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Da der Vorgänger Chat wegen wiederholter Verstöße geschlossen wurde anbei ein neuer Versuch. In der Hoffnung, dass diesmal alle beim Thema bleiben…

Masterofdesaster

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Zum Start noch mal meine Prognose:

Ich verstehe gar nicht warum so viele so negativ denken. Habe nun schon einige Tarifrunden miterlebt. Ich habe keine Zweifel, dass wir mindestens das IGM Ergebnis erzielen! Wir gehen doch nicht mit 10,5 für 12 Monate rein (eigentlich sogar eher Richtung 15% wenn man den Sockel berücksichtigt), um dann nicht mindestens 8,5 für 2 Jahre zu erreichen!?!?!?! Also ganz ehrlich, so schwach ist nicht mal VERDI  ::)
Ich bin mir zu 90% sicher, das wir das IGM Ergebnis toppen werden. 24 Monate und in Summe 9-11% (die 10er Marke wird für beide Seiten die Schmerzgrenze sein). Daher ggf. 9,8% und damit Sieg für die AG. Und Verdi kann das auch sehr gut verkaufen….
Damit haben wir immer noch einen starken Reallohnverlust, aber damit müssen leider alle leben…

mrkanister

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Ich fände einen Abschluss zwischen 8 und 10% auf maximal zwei Jahre akzeptabel.

Was ich mir wünschen würde, wäre, dass für Gewerkschaftsmitglieder ein zusätzlicher Bonus ins Spiel kommt.
Momentan lassen sich viele, oftmals diejenigen die dann am lautesten schreien, von den Beiträgen der Mitglieder aushalten. Das empfinde ich als unsolidarisch.

skiveren

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Wir werden unterhalb der IGM abschließen..
Man muss junge Leute warnen in den öffentlichen Dienst zu gehen..!
Tut das nicht!
Erhebliche Einkommensverluste in den nächsten Jahren wirds geben.
In den Jahren sprudelner Steuereinnahmen gabs schon Tariferhöhungen unterhalb der Inflationsrate...Urlaubsgeld wurde gestrichen.., "Weihnachtsgeld" gekürzt..
Die Presse/Medien werden den Hass auf den öffentlichen Dienst ab Januar 2023 schon schüren..
RTL/SAT1/ZDF/ARD/Frankfurter Allgemeine..Bild sowieso..die freuen sich schon Falschmeldungen zu verbreiten..
Unwahrheiten berichten...
Hass schüren > Ordnungsämter >Sozialämter > Wohngeldämter das werden die oben genannten schon machen..
Das ist sicher..
"Wetten dass "!

Tagelöhner

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...Das empfinde ich als unsolidarisch.

Und ich empfinde es als unsolidarisch, wenn das "ungeschriebene Gesetz" nicht aufgehoben wird, dass Tarifabschlüsse 1 zu 1 auf beamtenrechtliche Dienstverhältnisse zu übertragen sind.

Dies führt letztendlich nämlich dazu, dass den öffentlichen Arbeitgebern, die zugleich auch Dienstherren sind und damit aktive und pensionierte Beamte alimentieren müssen, noch mehr vom Kuchen abhanden kommt, der an Tarifbeschäftigte verteilt werden könnte.

Beamte sind noch viel unsolidarischer, und der vermeintliche Schulterschluss bei Tarifverhandlungen ist nichts mehr als Schauspielerei. Die 1 zu 1 Übertragung nimmt man gerne als Standarderhöhung mit und setzt dann gerichtlich und in den Hinterzimmern für die eigene Zunft weitergehende Alimentationserhöhungen durch, weil man sich auf in der heutigen Zeit eher einseitig wirkende althergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums berufen kann. So kommen hunderttausende Beamte in den Genuss einer Besserstellung, obwohl sie bei genauerem Blick nicht einmal hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und im Nachbarbüro ein Tarifbeschäftigter die gleiche Arbeit bei weniger Netto vom Brutto übernimmt, während er keine Karnickelprämie für den Nachwuchs erhält oder monatelang auf Arzttermine warten muss, Sehhilfe + Zahnersatz zum Großteil aus der eigenen Tasche bezahlen muss und vom meistens geringeren Nettolohn private Altersvorsorge betreiben muss usw.

Viel wichtiger wäre daher eine Reform des Gesamtsystems. Beamtenverhältnisse sind nur noch an den wichtigsten Schaltstellen zu befürworten und dürfen keinen Fehlanreiz darstellen, um der Privatwirtschaft wichtige Arbeitskräfte abzuwerben, die sich dann wohlsituiert und nicht ausgelastet im Öffentlichen Dienst einrichten möchten und nur sinnlos die Staatsquote weiter mit Bullshitjobs nach oben schrauben, was wiederum verstärkte Bürokratie und anderen Schwachsinn nach sich zieht.
« Last Edit: 04.12.2022 07:15 von Tagelöhner »

mrkanister

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Volle Zustimmung.

Britta2

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An den Beamtenverhältnissen und Beamtenpensionen wird definitiv auch künftig nichts verändert.
Es bleibt also nur die Option, unbedingt zu berücksichttigen, welche konkreten Kostensteigerungen für die restliche Belegschaft (alle Angestellten) im Zeitfenster der anstehenden Tarifabschlüsse kommen - z.B. KK-Beiträge etc.
Selbst dass angepriesene 49-Euro-Ticket wackelt plötzlich seit vorgestern wieder. Zuvor hieß es, es startet nun doch nicht ab Januar sondern erst ab Mai (wo viele Leute den ersten Urlaub nehmen statt täglich zur Arbeit zu fahren, bzw wieder aufs Rad umsteigen und das Monatsticket dann sowieso nicht brauchen) Man hört aber überall immer nur von "gewaltigen Entlastungen". Zur 3.000 Euro steuerfreie Pauschale wurde es auch gerade im ÖD mittlerweile auffallend sehr still ...
Ich bin für 8% in 12 Monaten plus die 3.000 Euro. Wunschdenken ohne Chanse auf Erfüllung. Man schadet sich nur selbst, verscherbelt man sich selbst von Anfang an. Dann darf man sich aber auch nicht später beschweren.

Bastel

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10% +3000€ für 24 Monate wären ganz nett.

Gleichzeitig freue ich mich auf meine Karnickelprämie für 2023. In Kombination mit dem Ehezuschlag besser als jedes Verdi Ergebnis.

Organisator

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...Das empfinde ich als unsolidarisch.

Und ich empfinde es als unsolidarisch, wenn das "ungeschriebene Gesetz" nicht aufgehoben wird, dass Tarifabschlüsse 1 zu 1 auf beamtenrechtliche Dienstverhältnisse zu übertragen sind.

Dies führt letztendlich nämlich dazu, dass den öffentlichen Arbeitgebern, die zugleich auch Dienstherren sind und damit aktive und pensionierte Beamte alimentieren müssen, noch mehr vom Kuchen abhanden kommt, der an Tarifbeschäftigte verteilt werden könnte.

Beamte sind noch viel unsolidarischer, und der vermeintliche Schulterschluss bei Tarifverhandlungen ist nichts mehr als Schauspielerei. Die 1 zu 1 Übertragung nimmt man gerne als Standarderhöhung mit und setzt dann gerichtlich und in den Hinterzimmern für die eigene Zunft weitergehende Alimentationserhöhungen durch, weil man sich auf in der heutigen Zeit eher einseitig wirkende althergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums berufen kann. So kommen hunderttausende Beamte in den Genuss einer Besserstellung, obwohl sie bei genauerem Blick nicht einmal hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und im Nachbarbüro ein Tarifbeschäftigter die gleiche Arbeit bei weniger Netto vom Brutto übernimmt, während er keine Karnickelprämie für den Nachwuchs erhält oder monatelang auf Arzttermine warten muss, Sehhilfe + Zahnersatz zum Großteil aus der eigenen Tasche bezahlen muss und vom meistens geringeren Nettolohn private Altersvorsorge betreiben muss usw.

Viel wichtiger wäre daher eine Reform des Gesamtsystems. Beamtenverhältnisse sind nur noch an den wichtigsten Schaltstellen zu befürworten und dürfen keinen Fehlanreiz darstellen, um der Privatwirtschaft wichtige Arbeitskräfte abzuwerben, die sich dann wohlsituiert und nicht ausgelastet im Öffentlichen Dienst einrichten möchten und nur sinnlos die Staatsquote weiter mit Bullshitjobs nach oben schrauben, was wiederum verstärkte Bürokratie und anderen Schwachsinn nach sich zieht.
Wenn das Beamtensein so toll ist, dann werde doch einer! Ist doch jedem nach Eignung, Leistung und Befähigung möglich.

Tagelöhner

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An den Beamtenverhältnissen und Beamtenpensionen wird definitiv auch künftig nichts verändert.

Alles eine Frage des politischen Willens und dem Zustand öffentlicher Haushalte sowie der Einnahmensituation durch den Fiskus. Wenn hier genug Druck auf den Kessel kommt wird auch an dieser Stellschraube gedreht werden müssen, insbesondere dann wenn zeitgleich das Alterssicherungssystem der wertschöpfenden Bevölkerung immer noch stärker ins Straucheln gerät, indem diejenigen immer länger arbeiten sollen, weniger Leistungen beziehen werden und gleichzeitig deren Beiträge weiter erhöht werden müssen.

Da freue ich mich jetzt schon auf die Diskussion, ob Beamtenpensionen nicht ebenfalls nach unten angepasst werden müssen, wenn es die deren System finanzierende große Mehrheit auch mit einer Selbstverständlichkeit trifft.

Wenn das Beamtensein so toll ist, dann werde doch einer! Ist doch jedem nach Eignung, Leistung und Befähigung möglich.

Soviel Intellekt von einem Staatsdiener habe ich dann tatsächlich nicht erwartet. "Hey Leute, lasst uns einfach alle Beamte werden, wer unsere Alimente erwirtschaftet spielt ja keine Rolle". Sitzen sechs.

Bastel

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Antw:Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität
« Antwort #10 am: 04.12.2022 10:10 »

Soviel Intellekt von einem Staatsdiener habe ich dann tatsächlich nicht erwartet. "Hey Leute, lasst uns einfach alle Beamte werden, wer unsere Alimente erwirtschaftet spielt ja keine Rolle". Sitzen sechs.

Da die Bestenauslese laut dir nicht mehr funktioniert ist anscheinend die Verbeamtung nicht mehr attraktiv genug.

Tagelöhner

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Antw:Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität
« Antwort #11 am: 04.12.2022 11:55 »
Ich vertrete eher die These, dass Menschen, die eine Vollkaskomentalität an den Tag legen und dem Anreiz verfallen, es sich im Schoß von Väterchen Staat gemütlich zu machen, viel eher einer Negativauslese unterliegen.  ;D Adverse Selektion halt, davon gibt's im Bundestag ja auch hunderte Beispiele.

Phoenix

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Antw:Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität
« Antwort #12 am: 04.12.2022 12:53 »
Ich vertrete eher die These, dass Menschen, die eine Vollkaskomentalität an den Tag legen und dem Anreiz verfallen, es sich im Schoß von Väterchen Staat gemütlich zu machen, viel eher einer Negativauslese unterliegen.  ;D Adverse Selektion halt, davon gibt's im Bundestag ja auch hunderte Beispiele.


Mal abgesehen davon, dass der Zoll circa die Hälfte der jährlich erhobenen Steuern erwirtschaftet^^

Tagelöhner

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Antw:Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität
« Antwort #13 am: 04.12.2022 13:01 »
Genau... ;D der Zoll erwirtschaftet die Hälfte der jährlichen Steuern. Der war jetzt echt gut, noch so ein Kadett.

Etwas Nachhilfe für Dich:

Der Zoll als Finanzbehörde treibt ansonsten nicht entrichtete Steuern ein, aber erwirtschaften tut er sie mit Sicherheit nicht. Es bedarf eines Wertschöpfungsprozesses, um Geld nachhaltig zu erwirtschaften, wovon in einem gesunden und nicht überbordenden Staat dann Steuern im gerade ausreichenden Maß zur Aufrechterhaltung staatlicher Kernaufgaben und des Gemeinwohls zu entrichten sind.

Johannes1893

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Antw:Tarifverhandlungen - Wunschvorstellungen vs. Realität
« Antwort #14 am: 04.12.2022 13:03 »
ver.di hat doch schon deutlich gesagt das der Fokus auf dem Mindestbetrag und den unteren EG‘s liegt. Der Arbeitgeber wird das dankend aufnehmen und die Presse kann das „bis zu x,x% Ergebnis“ unreflektiert ohne den Zusatz „bis zu“ verbreiten. Alles in Kombination mit einer gestaffelten Einmalzahlung, welche im Vergleich zur IG Metall auch noch gleich in die Prozente eingerechnet werden. Am Ende stehen dann zweistellige prozentuale Lohnerhöhungen….für die meisten hier wird es aber eine herbe Enttäuschung und sicher ein Ergebnis deutlich unter IG Metall.