Autor Thema: Steuerschaden nach Gehaltsnachzahlung aufgrund Eingruppierungskorrektur?  (Read 7582 times)

Ozymandias

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so,
nun  ist eine neue Frage aufgetaucht. In der Abrechung gehen Beiträge für die Krankenkasse ab. Nun habe ich die Kasse angerufen. Da heißt es, dass das Krankengeld nachträglich nicht erhöht wird. Das ist ja nicht logisch.
Gibt es eine Möglichkeit, dass zu kippen?

Man könnte einen Überprüfungsantrag bezüglich Neuberechnung und Nachzahlung von Krankengeld stellen.
Kenne mich mit dem Krankengeld nicht so aus, aber man muss nicht alles glauben was Sachbearbeiter von sich geben. Problem ist aber, dass das Arbeitsentgelt erst später zugeflossen ist.

Die Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers hätte ja ebenfalls höher sein müssen.

Isie

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Ja, der Entgeltfortzahlzahlungsanspruch hat sich natürlich erhöht. Diese Nachzahlung sollte in den Nachzahlungsbeträgen enthalten sein.

Ich habe inzwischen zum Thema Einbehaltung der SV-Arbeitnehmeranteile nach Auswirkungen der Rechtsprechung des BSG gesucht. Da diese Thematik wie von SVA beschrieben der Arbeitsgerichtsbarkeit unterliegt, ist die BAG-Rechtsprechung m. E. nicht überholt.
@SVA: Du könntest recht haben. Diese veränderte Rechtsprechung kenne ich nur sehr oberflächlich, aber sie könnte tatsächlich bewirken, dass für die Nachzahlung § 28 g SGB IV gilt. Das dürfte dann aber wohl nicht der Arbeitsgerichtbarkeit, sondern der Sozialgerichtsbarkeit unterliegen, nehme ich an.
Die vorstehende Einschätzung halte ich nicht mehr aufrecht, sondern halte an meiner bisherigen Einschätzung fest, dass § 28 g SGB IV hier nicht gilt oder besser gesagt dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Siehe auch https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/jansen-sgbiv-28g-beitragsabzug-2-rechtspraxis_idesk_PI42323_HI2177625.html

Ich sehe keine Chance, der Einbehaltung der SV-Arbeitnehmeranteile von der Nachzahlung erfolgreich zu widersprechen. M. E. bleibt nur noch, die Höhe der Bruttonachzahlung und der Abzüge zu prüfen und diese eventuell mit denen zu vergleichen, die bei pünktlicher Gehaltszahlung angefallen wären.

SVAbackagain

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Auf die Überholtheit aufgrund aktueller Rechtsprechung u.a. dieser Kommentarmeinung hatte ich abgehoben.

Isie

  • Gast
Ja, das hast du. Aber es gibt keinen Grund, gegen den Wortlaut des § 28 g SGB IV dessen Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Eine Einbehaltung der SV-Beiträge erfolgt von dem Entgelt, das die Beitragspflicht begründet. Das Verbot der nachträglichen Einbehaltung erfordert, dass es eine unterbliebene Einbehaltung gab, d. h. Entgelt ausgezahlt wurde, das nicht um die SV-Arbeitnehmeranteile vermindert wurde. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

SVAbackagain

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Genau die Annahme, dass Entgelt tatsächlich ausbezahlt sein muss, um eine Beitragspflicht zu begründen, ist doch durch die referenzierte neuere Rechtsprechung widerlegt. Vielmehr genügt der Anspruch auf Entgelt, um eine Beitragspflicht zu begründen, selbst wenn es nicht gezahlt wurde oder auch dann, wenn kein Anspruch mehr darauf besteht, siehe auch die neue sozialversicherungsrechtliche Rechtsfigur des Phantomlohns. Und genau deshalb sind die älteren Kommentarmeinungen zur Beteiligung des Arbeitnehmers nicht mehr haltbar.

Isie

  • Gast
Ja, aber die Beitragspflicht des Arbeitgebers hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und das Recht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmeranteil vom Entgelt einzubehalten, sind völlig verschiedene Regelungen. § 28 g SGB IV soll den Arbeitnehmer davor schützen, dass der Arbeitgeber unterbliebene Einbehaltungen länger als 3 Monate nachholt. Dabei ist es völlig egal, ob und wann der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt hat. Entscheidend ist nur, dass der Arbeitgeber Entgelt ausgezahlt hat, von dem er den auf dieses Entgelt entfallenden  Arbeitnehmeranteil nicht einbehalten hat.

SVAbackagain

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Sowohl Kommentare als auch das zugrundeliegende BAG-Urteil heben darauf ab, dass die Beitragsschuld noch überhaupt nicht entstanden war. Diese Annahme ist überholt. Sie ist entstanden, der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer nicht beteiligt und kann das nun nur noch sehr eingeschränkt nachholen. Auch die Herleitung des Schutzzwecks beruht ja auf der überholten Annahme und kann nicht mehr herangezogen werden.

Isie

  • Gast
Vielleicht möchte toas ja dafür sorgen, dass die BAG-Rechtsprechung bestätigt oder geändert wird...

SVAbackagain

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Der 8. Senat scheint meiner Sichtweise ja zuzuneigen. Schwer einzuschätzen, wie die Geschäftsverteilung in 3-5 Jahren aussieht. Angesichts der Altersstruktur ist auch die Zusammensetzung des Großen Senats in 3-5 Jahren schwer einzuschätzen.

Ozymandias

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so,
nun  ist eine neue Frage aufgetaucht. In der Abrechung gehen Beiträge für die Krankenkasse ab. Nun habe ich die Kasse angerufen. Da heißt es, dass das Krankengeld nachträglich nicht erhöht wird. Das ist ja nicht logisch.
Gibt es eine Möglichkeit, dass zu kippen?

Habe noch mal kurz nachgeschaut. Für das Krankengeld gibt es anscheinend wirklich keine Korrekturmöglichkeit bei so einer Konstellation. Wobei ich mich frage, wie es aussieht, wenn ein Arbeitgeber wegen drohender Zahlungsunfähigkeit kein Gehalt zahlt und der Arbeitnehmer dann krank wird. In dem Fall würde man doch auch zu wenig Krankengeld bekommen?

Für Steuerschäden und den Schaden für das zu niedrige Krankengeld müsste man ggf. Schadensersatz vom Arbeitgeber verlangen.

toas

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Isie schrieb: "Vielleicht möchte toas ja dafür sorgen, dass die BAG-Rechtsprechung bestätigt oder geändert wird... "

Was genau müsste ich meinen Anwalt denn jetzt bitten, einzuklagen, so dass es zu einer entsprechenden Rechtssprechung kommt.
Das Thema ist ja doch recht komplex

Isie

  • Gast
Du solltest zunächst deinen Anwalt um seine Einschätzung bitten, ob dein Arbeitgeber berechtigt war, den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Nachzahlung einzubehalten, oder ob § 28g SGB IV hinsichtlich des Verbots der Einbehaltung wegen Ablaufs der 3-Monats-Frist greift. Wenn der Anwalt die Einbehaltung für rechtmäßig hält, hat eine Klage keinen Sinn, jedenfalls nicht mit diesem Anwalt.

SVAbackagain

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Zeig ihm am besten diesen Thread, dann kann er sich mit der zwischen Isie und mir geführten Diskussion auseinandersetzen. Das wird sicherlich zielführender sein als eine Wiedergabe des Inhalts durch Dich oder eine anleitungslose Recherche ins Blaue durch den Anwalt.