Autor Thema: Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion I  (Read 804976 times)

Wdd3

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #2085 am: 17.02.2023 15:42 »

...geh und applaudiere dem Sonnenaufgang. Irgendwo geht sie immer auf.

FearOfTheDuck

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« Antwort #2086 am: 17.02.2023 15:43 »
Was uns wieder zur überflüssigen und wertlosen Emotionalisierung und Romantisierung von Arbeitsverhältnissen führt.

Ich denke nicht. Die (auch emotional) wichtigen Möglichkeiten der Mitgestaltung des Arbeitsverhältnisses ob z.B. der Lage der Arbeitszeit oder des Arbeitsortes spielen eine wichtige Rolle für den AN sich für den einen oder anderen AG zu entscheiden und sorgen somit für Zufriedenheit beim AN. Die Folgen daraus für den AG liegen auf der Hand.

Das bringt uns aber nicht zu Gefühlen, Emotionalisierung und Romantisierung, es bringt uns zu Präferenzordnungen, nach denen der Marktwert des gehandelten Gutes Arbeit bestimmt wird. Es geht nicht darum, was man fühlt, sondern ob man einen bestimmten Arbeitsort oder ein bestimmtes Arbeitszeitmodell (strikt) präferiert und wo sich diese Präferenzen in der Präferenzordnung relativ zueinander befinden - und zwar in den Präferenzordnungem beider Vertragsparteien. Danach bestimmen sich der Preis der Ware Arbeit und ob aufgrund strikter Präferenzen ein Vertrag geschlossen wird. Ist er zu den am Markt ermittelten Konditionen geschlossen, hat das Produktionsmittel Arbeitnehmer gefälligst zu funktionieren.

Bei Präferenzordnungen stimme ich dir zu. Und wenn man sich auf entsprechende Spielregeln (vertraglich) geeinigt hat, haben beide Seiten sich daran zu halten und zu "funktionieren". Gefühle kommen dann ins Spiel, wenn es um dem Umfang der (nicht) erreichten Präferenzen geht, im Zweifel hat man dann aber schlecht verhandelt. Oder bei bestehendem Arbeitsverhältnis, wenn Änderungen anstehen, die üblicherweise nicht arbeitsvertraglich festgehalten werden.

Also spielen Gefühle an sich keine Rolle für das Arbeitsverhältnis, sondern sind schlicht die Folgen eigenen Versagens.

Oder eigenen Erfolgs.
Also ist jedwedes Gefühl Folge der ausgehandelten Bedingungen, die aus einem vollkommen emotionslosen Prozess erwachsen, das in einem ebenso emotionsfreiem Rechtsgeschäft mündete.
Welches Maß man der Emotionalität anfangs und später beimisst, unterliegt der individuellen Präferenz. Und welche Folgen aus einem Wandel der Bedingungen erwachsen auch.

SVAbackagain

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« Antwort #2087 am: 17.02.2023 15:49 »
Also ist jeder seines Glückes Schmied, indem er entweder die Konditionen aushandelt, die seiner Präferenzordnung entsprechen oder dabei versagt. Es handelt sich also um einen dem Arbeitsverhältnis selbst fremden Aspekt.

Wdd3

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« Antwort #2088 am: 17.02.2023 15:59 »
Warum sollte ich? Balkonklatschen und Co. sind doch eher Dein intellektuelles Niveau. Also wenn Du Dich ganz doll konzentrierst. Naja, möglicherweise aber doch zu schwierig für Dich. Macht aber nichts, die Sonne könnte es eh nicht hören…

Zum Balkonklatschen hätte ich folgenden Kommentar:

Ich bin Akademiker, gut bezahlt, Personalverantwortung, eine kleine Familie, eine teure Wohnung in einem sich rasch gentrifizierenden großstädtischen Viertel von Hamburg – von der Krise zwar überrascht, bestürzt, aber bisher nur mäßig betroffen.
Mein Home-Office aus der fünften Etage, die Nachbarschaft überschauend, mit neuestem Laptop und Premium-Videokonferenz-Account ausgestattet, lässt fast nichts zu wünschen übrig. Abends wird gekocht: frisches Gemüse vom Bio-Bauern aus dem Alten Land, häufiger ein Glas südfranzösischer Rotwein. Und um 21 Uhr wird geklatscht, sehr laut, oft mit Gejohle, viele junge Familien stehen auf den hell erleuchteten Balkonen rundum. Ich sehe Bärte, manchmal Weingläser; es menschelt.
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Seit ein paar Tagen gehe ich jetzt immer um kurz vor 21 Uhr raus. Geht man nach Norden, drängen Hamburgs rote Backsteinviertel die hohen, weißen Altbauwohnungen rasch beiseite. Die Wohnungen werden kleiner, die Decken niedriger. Nur fünf Minuten von meiner Wohnung entfernt klatscht niemand mehr. Niemand steht auf dem Balkon. Es gibt auch keine Balkone mehr.
Dort, wo niemand mehr klatscht, spür’ ich die Krise wie ein Brennglas. Sie verschärft und vergrößert die Ungerechtigkeiten, die seit vielen Jahren das Zusammen- und Auseinanderleben in diesem, unserem Land bestimmen. Sie beißt die Zähne in unsere alltägliche Gleichgültigkeit. Sie reißt die Menschen auseinander – jetzt auch sehr sichtbar in der Schlange vorm Bäcker. So gesehen, ist sie die logische Fortsetzung der bestimmenden Marktlogik, die zu ökonomischen Abständen, zu Oben, Mitte-Oben und zunehmend viel Unten führt. Die Krise entblößt und klärt auf.
Es kann nicht so weitergehen
Denn spätestens jetzt wissen wir, wer die „Systemrelevanten“ sind. Es sind die ausländischen Erntehelfer, die Sanitäter, die Kassierer, die Putzkräfte, die Busfahrerinnen, die Systemadministratoren, die Verwaltungsangestellten, die Krankenschwestern und Altenpfleger. Es sind all jene, die jetzt nicht klatschen.
Spätestens jetzt wissen wir auch, dass es falsch war, Sozialeinrichtungen, Renten und Krankenhäuser zu privatisieren, dass es ein Menetekel war als die Kommunen Bibliotheken und Schwimmbäder dichtmachten, dass Menschen eben keine Ich-AGs sind, dass Gesellschaften mehr als nur Investitionsmasse sind, dass globale Lieferketten neben globaler Abhängigkeit vor allem auch viele regionale Verlierer und wenige global agierende Gewinner generieren.
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Und schließlich wissen wir jetzt, dass es so nicht weitergehen kann, dass es mehr als nur ein paar Schüler braucht, die sich am Freitag Sorgen um ihre Zukunft machen und dass es mehr als ein paar linke Ökonomen braucht, die das Ende der Wachstumsgesellschaft herbeireden.
Jetzt wäre es an der Zeit rauszugehen und miteinander ins Gespräch zu kommen – mit jenen, die uns täglich zur Arbeit bringen, die die Straße aufräumen, die unseren Alten das Essen bringen, die das Obst im Laden auslegen, die den Kranken im Bett wenden, die uns Paket und Pizza zustellen, die abends auf keinem Balkon stehen. Aber nur Reden und Beifall wird nicht reichen.
Vielleicht sollten wir zunächst aufhören zu klatschen und stattdessen eine ehrliche Diskussion darüber beginnen, wie die „Systemrelevanten“ auch systematisch gerecht bezahlt und respektiert werden.
Vorschläge dazu gibt es eine ganze Reihe. So könnte beispielsweise die flächendeckende Einführung von Tarifverträgen für alle Pflegekräfte oder für Angestellte in Supermärkten zu besserer Bezahlung führen – umgekehrt müssten wir dafür aber wohl auch höhere Preise akzeptieren.
Letztlich wird es nur gemeinsam gehen. Ob nun Engagement in Gewerkschaft oder Ehrenamt, durch Spenden oder die Unterstützung spezifischer Petitionen für bessere Bezahlung systemrelevanter Berufe – jeder Einzelne kann etwas beitragen. Dafür darf es dann auch gerne etwas mehr sein als nur zwei Minuten Beifall.


SVAbackagain

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« Antwort #2089 am: 17.02.2023 16:15 »
Na bitte, lass es raus. Heulst Du halt nicht dem Sonnenuntergang hinterher, sondern den Minions. Gleiche Qualität.

Wdd3

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« Antwort #2090 am: 17.02.2023 16:21 »

...geh und applaudiere dem Sonnenaufgang. Irgendwo geht sie immer auf.

Wdd3

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« Antwort #2091 am: 17.02.2023 16:25 »
sondern den Minions. Gleiche Qualität.

Deine Geringschätzung anderen Menschen gegenüber hast zur genüge kundgetan gerade denen gegenüber die du als Minions bezeichnest aber du hast dich nie dazu geäußert was du tun willst wenn es sie nicht gäbe...

SVAbackagain

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« Antwort #2092 am: 17.02.2023 16:41 »
Dann gibt es andere. Das macht Minions aus: Ersetzbarkeit.

FearOfTheDuck

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« Antwort #2093 am: 17.02.2023 16:43 »
Also ist jeder seines Glückes Schmied, indem er entweder die Konditionen aushandelt, die seiner Präferenzordnung entsprechen oder dabei versagt. Es handelt sich also um einen dem Arbeitsverhältnis selbst fremden Aspekt.

So ist es oder sollte es zumindest sein. Der Bandarbeiter oder der Maurer kann genauso zufrieden sein mit den Konditionen oder nicht wie der Bankmanager oder der Vorgesetzte im ÖD.

Wobei ich dem Bereich, den Organisator anspricht, durchaus Bedeutung zumesse. Aber es ist gewissermaßen die zweite Ebene, die aus der ersten erwächst, also Folge des ausgehandelten AV. Dennoch kann Zufriedenheit auf beiden Ebenen eine Rolle spielen.

Das Arbeitsverhältnis an sich ist ein Akt ohne Liebe. ;)

Wdd3

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« Antwort #2094 am: 17.02.2023 16:44 »
 :) :D ;D

SVAbackagain

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« Antwort #2095 am: 17.02.2023 17:04 »
Da ist sie wieder, die völlig verfehlte Romantisierung und Emotionalisierung des Rechtsverhältnisses, in dem Arbeit gegen Geld getauscht wird.

armerknecht

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« Antwort #2096 am: 17.02.2023 17:06 »
was würde denn passieren wenn die Arbeitgeberseite den 10,5 % zustimmen würde,
wäre Verdi dann zufrieden oder zählt als Maßstab weiterhin mindestens 500€ ?

die 10,5 % wären ja weit weit entfernt von 500€ in den unteren Entgeltgruppen.

Wdd3

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« Antwort #2097 am: 17.02.2023 17:09 »
Das die AG 10,5% zustimmen ist etwa so wahrscheinlich wie die Deutsche Meisterschaft für Schalke 2023 ;)

Wdd3

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« Antwort #2098 am: 17.02.2023 17:36 »
Die Folklore Veranstaltung ist doch nur für die Öffentlichkeit. Das Ergebnis stand fest bevor der erste Verhandlungstag angesetzt war.

1. Verhandlungsrunde: AG machen kein Angebot
2. Verhandlungsrunde: AG machen ein Angebot das 80% unter den Forderungen ist.
3. Verhandlungsrunde: Wir setzen einen weiteren Termin an denn: Es gibt noch Canapés und Champagner.
Ergebnis: beinahe 10% ab Juni ´23 aufgeteilt in 3 Scheibchen mit einer Laufzeit von 28 - 34 Monaten und eine Einmalzahlung (Steuerfrei!!!) von 500 € - ab EG 9a 250 €

Bestes Ergebnis aller Zeiten!!11!

Damit machen die AG einen guten Schnitt. Nicht zu vergessen das die Inflation z. Z. sinkt. Evtl. reichen auch 6% über die Laufzeit....

FearOfTheDuck

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« Antwort #2099 am: 17.02.2023 18:05 »
Da ist sie wieder, die völlig verfehlte Romantisierung und Emotionalisierung des Rechtsverhältnisses, in dem Arbeit gegen Geld getauscht wird.

Wobei Zufriedenheit nicht unbedingt emotionalisiert sein muss.