Autor Thema: Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion I  (Read 804993 times)

pascal

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3030 am: 28.02.2023 16:29 »
Hallo an alle,

ich bin nun schon seit Monaten stiller Mitleser und möchte nun auch meine Meinung zu den Tarifverhandlungen kundtun:

Ich arbeite seit gut 13 Jahren als Krankenpfleger im ÖD, habe mich stets weiterentwickelt, eine 2-jährige Weiterbildung absolviert und auch sonst Zusatzaufgaben übernommen etc.
Ich lese hier sehr häufig von ITlern, Büroangestellten etc.

Das was mir hier aber in der Diskussion tatsächlich zu kurz kommt sind die Krankenhäuser und die Pflegekräfte.

Ja, in sämtlichen Sparten herrscht Fachkräftemangel. Ja alle hatten während der Pandemie Schwierigkeiten und mussten bei den letzten Verhandlungen zurückstecken....

Allerdings muss ich nun wirklich sagen: Wir in der Pflege erleben seit zig Jahren eine stetig steigende Problematik, um neue Mitarbeiter zu gewinnen und zusätzlich eine stetig zunehmende Mehrarbeit (mehr Dokumentation, mehr Patienten für weniger Fachkräfte etc.)
Natürlich haben wir beim letzten Abschluss etwas mehr profitiert als manch andere Berufsgruppen.
Allerdings war das auch nur ein Tropfen auf dem heissen Stein....

Nun aber von der AG-Seite zu hören, dass sie sich das Recht herausnehmen bzw. den Krankenhäusern die Erlaubnis erteilen wollen, den Beschäftigen mir nichts dir nichts einfach 6% Lohn kürzen zu können.... Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden von uns, der während der Pandemie sich stets der Gefahr ausgesetzt sah, infiziert zu werden, der Angst hatte, sich und seine liebsten zu gefährden, der letztes Jahr durch die Impfpflicht ein weiteres mal unter Druck gesetzt wurde......

Statt uns ernst zu nehmen, das Problem des Pflegenotstands tatsächlich als Gefahr anzusehen (denn das ist es!!!) möchte man von uns ein weiteres mal Opferbereitschaft und Entgegegnkommen.... Für was???

Immer mehr Kollegen gehen in die Zeitarbeit weil sie dort minimum 1000€ mehr verdienen + noch einige Benefits zusätzlich erhalten....

Bitte jetzt nicht irgendwelche Kommentare wie "Dann geh doch, hält dich doch keiner auf!"
So einfach ist das nicht.... ich liebe meinen Bereich und ich mag mein Klientel.... warum sollte ich meinen Arbeitsplatz verlassen wollen und nicht dafür kämpfen bzw. nicht den Mund aufmachen, damit sich die Lage irgendwann einmal bessert?

Ich hoffe sehr, dass das Gegenteil von dem eintritt, was die AG-Seite vorschlägt und z.B. für uns die Pflegezulage und die Zulagen erhöht werden.... denn auch da ist noch viel Spielraum....
Ehrlich gesagt habe ich so etwas fast erwartet.... nun aber 6%-Kürzung..... alleine dieser Ansatz macht mich so wütend und gleichzeitig traurig... Ich fühle mich absolut nicht wertgeschätzt... ja, so richtig veräppelt....
Seit meiner 2-jährigen Weiterbildung bin ich nun in P9 eingestuft und erhalte sage und schreibe 150€ mehr als ohne WB.... auch da wäre eine Verbesserung nötig....

kann ich nur zustimmen. Für mich ist nicht ganz klar, warum VERDI die Pflege diesmal garnicht im Blick hat, obwohl alles kurz vor dem Kollaps steht. Das System kollabiert gerade. Man solte sich mal ein Beispiel an den Aufwertungen der Löhne der Erzieher*innen nehmen. Und Weiterbildung muss sich lohnen.

Ich bin Lehrer an einer Pflegeschule. Die Abbrecherquoten liegen teilweise bei über 50%. Warum? Stress, keine Anleitung, kein Personal. Lohnsteigerungen ist nicht die eine Lösung, aber ein wichtiger Baustein. Vielen arbeiten in Teilzeit, weil es anders garnicht zu schaffen ist. Entsprechend sind die realen Löhne für PK noch niedriger...

KeuleMS

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3031 am: 28.02.2023 16:29 »
Es war ja jetzt mehrfach zu lesen, dass Krankenhäuser/ Pflege, Sparkassen und Versorgungsbetriebe Sonderopfer bringen müssen. In dem Angebot der AG ist da ja auch ein bisschen was von zu finden zumindest bei der Sparkasse. Bei den Versorgungsbetrieben ist ja einzig die Rahmenzeit bis 22 Uhr "besonders". Ich konnte für mich aber noch keinen Grund finden warum diese Bereiche schlechter gestellt werden sollen als der restliche ÖD. Gibt es dafür eine plausible Erklärung?

Tagelöhner

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« Antwort #3032 am: 28.02.2023 16:31 »
Arbeitsverhältnisse sind Rechtsverhältnisse, in denen Arbeit gegen Geld getauscht wird.

Ziemlich trockene aber schlicht zutreffende Feststellung, es soll helfen sich das immer mal wieder zu vergegenwärtigen anstatt das Arbeitsverhältnis mit der sentimentalen Brille zu betrachten.  ;D

Toho86

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« Antwort #3033 am: 28.02.2023 16:35 »
Ich bin Lehrer an einer Pflegeschule. Die Abbrecherquoten liegen teilweise bei über 50%. Warum? Stress, keine Anleitung, kein Personal. Lohnsteigerungen ist nicht die eine Lösung, aber ein wichtiger Baustein. Vielen arbeiten in Teilzeit, weil es anders garnicht zu schaffen ist. Entsprechend sind die realen Löhne für PK noch niedriger...

Ach ja, das habe ich fast unterschlagen  ;D Ich bin auch ausgebildeter Praxisanleiter/Mentor und was erhalte ich für diese zusätzliche offiziell beglaubigte 2(!!) Weiterbildung? Na? 0,0000% mehr Gehalt

Noch ein weiterer Baustein, der einfach nicht in Ordnung ist.

Sternschnuppe

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3034 am: 28.02.2023 16:55 »
Es war ja jetzt mehrfach zu lesen, dass Krankenhäuser/ Pflege, Sparkassen und Versorgungsbetriebe Sonderopfer bringen müssen. In dem Angebot der AG ist da ja auch ein bisschen was von zu finden zumindest bei der Sparkasse. Bei den Versorgungsbetrieben ist ja einzig die Rahmenzeit bis 22 Uhr "besonders". Ich konnte für mich aber noch keinen Grund finden warum diese Bereiche schlechter gestellt werden sollen als der restliche ÖD. Gibt es dafür eine plausible Erklärung?

Bei den Sparkassen wird es mit der Zinswende und der damit kritischen Situation begründet, ebenso der hohe Bedarf an Risikovorsorgen im Depot A Bereich (Anlagen bei Schuldverschreibung mit Kursverlust wegen Zinswende) sowie dem eingetrübten wirtschaftlichen Ausblick (auch hier RiVo bedarf)

Krankenhäuser schreiben ebenfalls oft rote Zahlen - besonders belastet durch Corona. Versorgungsbetriebe sieht es wegen den gestiegen Energiekosten ähnlich aus

Bei Sparkassen soll ja die Erhöhung deutlich später erfolgen sowie die Sonderzahlung auf Niveau 22 eingefroren bleiben. Gibt es zu den anderen Bereichen genaues?

xirot

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3035 am: 28.02.2023 16:57 »

...Ich bin Lehrer an einer Pflegeschule. Die Abbrecherquoten liegen teilweise bei über 50%. ...

dann ist es wie bei Studium und Ausbildung - also soweit so normal

MalZu

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3036 am: 28.02.2023 17:14 »
Erneut darf ich einwerfen, dass die Höhe der Vergütungen der TB (besonders in Psych-sozialen und pflegerischen Bereichen) stets mit der Kassenlage / Wirtschaftlichen Situation der Dienstgeber in Beziehung gesetzt werden.
Jedoch erleben wir täglich, welche Aufgaben ohne "Murren" finanziell bestens ausgestattet, angegangen werden.
Also werden einfach andere Prioritäten gesetzt und von der Gesellschaft seit Jahrzahnten so gewollt; gewünscht!

aronzo

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3037 am: 28.02.2023 17:15 »
Ach ja, das habe ich fast unterschlagen  ;D Ich bin auch ausgebildeter Praxisanleiter/Mentor und was erhalte ich für diese zusätzliche offiziell beglaubigte 2(!!) Weiterbildung? Na? 0,0000% mehr Gehalt
Dies machen Sie doch in der vertraglichen Arbeitszeit. Soweit es hierfür keine Zulage oder Höhergruppierung gibt, aus welcher Motivation heraus tun Sie dies? Haben Sie eine solche Zulage mal angefragt?

Prüfer SH

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« Antwort #3038 am: 28.02.2023 17:25 »
Man müsste nur 2 Einrichtungen wochenlang Bundesweit bestreiken. Die Jobcenter und die Kitas. Die 10,5 Prozent auf 12 Monate sind dann plötzlich möglich.

Warum grade die? Gibt es eigentlich in Finanzämtern auch Angestellte? DAS würde weh tun...

Gibt es, allerdings zu einem sehr geringen Anteil und dann in der Regel nicht für die Festsetzung. Bescheide ergehen also leider weiter dann.

FearOfTheDuck

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3039 am: 28.02.2023 17:30 »
Mit Studium wüssten die eventuell, dass der Plural von Bonus Boni ist und nicht Bonis.

Eben. Bonis sind ja auch diese kleinen Pferde. ;)

Toho86

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3040 am: 28.02.2023 17:31 »
Dies machen Sie doch in der vertraglichen Arbeitszeit. Soweit es hierfür keine Zulage oder Höhergruppierung gibt, aus welcher Motivation heraus tun Sie dies? Haben Sie eine solche Zulage mal angefragt?

Zum einen weil das zu dieser Zeit tatsächlich vertraglich Pflicht war, die Praxisanleiter-Fortbildung zu absolvieren. Ich hätte sonst meine eigentliche 2-jährige Fachweiterbildung nicht antreten dürfen.

Zum anderen weil ich es sehr wichtig empfinde, dass die Auszubildenden eine kompetente und gute Anleitung erhalten. Wo kämen wir denn hin, wenn aus Protest diese niemand mehr machen wollen würde? Wir stünden noch schlechter da als es eh schon der Fall ist -> daher: ich mache das aus meiner intrinsischen Motivation heraus :-)
Angeregt habe ich meinen Wunsch nach Lohnerhöhung allerdings mal tatsächlich - Antwort war: Ist tariflich nicht vorgesehen, ich könne aber klagen, wenn ich möchte....
Daher: Auch da könnten Verdi und Co. an den Stellschrauben drehen, das wird nur leider nie getan.

Username2000

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« Antwort #3041 am: 28.02.2023 18:52 »
Was passiert, wenn es nach der dritten Verhandlungsrunde Ende März keine Einigung gibt?

Sozialarbeiter

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3042 am: 28.02.2023 19:47 »
Dann kommt es zur Schlichtung.
Sollte das Schlichtungsergebnis der Gewerkschaft nicht zusagen, kann über eine Urabstimmung zum Streik aufgerufen werden, um ein besseres Verhandlungsergebnis zu erzwingen.

Dann hat das ganze zwei Szenarien: Entweder die Arbeitgeberseite knickt irgendwann ein und macht Zugeständnisse oder die Gewerkschaft ist irgendwann pleite und macht Zugeständnisse, da der Streik nicht weiter durchgehalten wird.
Mail-Aktion zur TV-L Tarifrunde:
Solidarisch zeigen und die Verantwortlichen in Hamburg via Mail auffordern auf eine bessere Bezahlung hinzuwirken: https://wastunfuerhamburg.de/

Ich empfehle den Thread zur Hamburg Zulage unter der Rubik Allgemeines, den ich seit 1-2 Jahren stetig füttere.

skiveren

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3043 am: 28.02.2023 19:57 »
"Penny" bietet Kassierern und Regalauffüllern mittlerweile 17,48 € Stundenlohn...Hochgerechnet bei einem 170 Stundenmonat sind das knapp 3000 €.., weitere "Extras" 10% auf jeden Einkauf..
Bei einem monatlichen Einkauf, von sagen wir mal 500 € sind das 50 € Nettoersparnis.
Das wären je nach Steuerklasse ca. 80 - 100 € brutto...
Das sind dann knapp 3100 € brutto im Monat..
Dazu gibt es Weihnachts und Urlaubsgeld.

Und dann suchen städtische Werkstätten engagierte Mechatroniker mit einem Anfangsgehalt von 2755 € brutto mit allen Vorteilen des öffentlichen Dienst.
Elektriker mit Abenddiensten für 2755 €.
Schulhausmeister mit mindestens 2 ausgelernten Berufen für 2755 €.
Und die Bürgermeister verzweifeln.., warum gibt es keine Bewerber..
LACHHAFT!

Erschreckend, wie die Politik unabhängig von den Parteien den öffentlichen Dienst platt macht...

Dazu die Presse mit unwahren Berichten zu den Tarifverhandlungen.
O-Ton einer Nachrichtensendung heute zum Warnstreik:
Die Forderung sind 10,5%
Die Arbeitgeber bieten mit 5% fast die Hälfte...
Wenn man so was ver/ge..logenes hört..fährt man fast in den Straßengraben..

Prüfer SH

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Antw:Tarifverhandlungen TVöD 2023 - Diskussion
« Antwort #3044 am: 28.02.2023 20:04 »
"Penny" bietet Kassierern und Regalauffüllern mittlerweile 17,48 € Stundenlohn...Hochgerechnet bei einem 170 Stundenmonat sind das knapp 3000 €.., weitere "Extras" 10% auf jeden Einkauf..
Bei einem monatlichen Einkauf, von sagen wir mal 500 € sind das 50 € Nettoersparnis.
Das wären je nach Steuerklasse ca. 80 - 100 € brutto...
Das sind dann knapp 3100 € brutto im Monat..
Dazu gibt es Weihnachts und Urlaubsgeld.

Und dann suchen städtische Werkstätten engagierte Mechatroniker mit einem Anfangsgehalt von 2755 € brutto mit allen Vorteilen des öffentlichen Dienst.
Elektriker mit Abenddiensten für 2755 €.
Schulhausmeister mit mindestens 2 ausgelernten Berufen für 2755 €.
Und die Bürgermeister verzweifeln.., warum gibt es keine Bewerber..
LACHHAFT!

Erschreckend, wie die Politik unabhängig von den Parteien den öffentlichen Dienst platt macht...

Dazu die Presse mit unwahren Berichten zu den Tarifverhandlungen.
O-Ton einer Nachrichtensendung heute zum Warnstreik:
Die Forderung sind 10,5%
Die Arbeitgeber bieten mit 5% fast die Hälfte...
Wenn man so was ver/ge..logenes hört..fährt man fast in den Straßengraben..

Da fragt man sich doch, ist die Presse wirklich so bescheuert, oder werden die dafür bezahlt? In jedem Fall traurig